Transformation der Nationen (AT) -  Reinhard Schneider

Transformation der Nationen (AT) (eBook)

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2024 | 1. Auflage
336 Seiten
Wiley-VCH (Verlag)
978-3-527-84707-5 (ISBN)
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Jahrzehntelang waren die technologisch fortgeschrittenen Länder des Westens die Nutznießer der Globalisierung auf Basis der von ihnen geschaffenen Wirtschaftsordnung. Jetzt ändern sich die geopolitischen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit Wucht. Gleichzeitig hat sich in den letzten Jahren die Erkenntnis durchgesetzt, dass wir unsere Wirtschaft auf CO2-freies Wirtschaften umstellen müssen. Zudem altern viele Gesellschaften. Deutschland und Europa tun sich sichtlich dabei schwer, ihre Nationen zukunftsfähig zu gestalten. Gerade bei der passenden Wirtschaftspolitik hakt es.
Reinhard Schneiders These ist: Es braucht in Deutschland und Europa dringend einen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel. Diesen schaffen wir aber nur, wenn wir die Grundlagen unseres Wohlstands verstehen. Leider ist das Verständnis der wirtschaftlichen Zusammenhänge in der Politik und der breiten Bevölkerung oft lückenhaft und es kommt zu Fehleinschätzungen. Dies beginnt schon bei der mangelnden Unterscheidung zwischen Tätigkeiten, die Kosten für eine Gesellschaft auslösen, und Tätigkeiten, die Einkommen für eine Gesellschaft generieren. Eine wesentliche Ursache ist die Art, wie wir Wertschöpfung und Einkommen von Nationen bzw. Staaten wie Deutschland definieren und messen.
Fest steht: Wenn Nationen ihren Wohlstand halten wollen, müssen sie konkurrenzfähig sein. Attraktive und konkurrenzfähige Produkte werden mittlerweile überall angeboten; bei Amazon ist man nur einen Klick vom weltweiten Angebot entfernt. Während die USA und China verstehen, dass sie ihr Einkommen steigern müssen, wenn sie mehr Wohlstand haben wollen, rümpfen die Europäer die Nase über den Neoliberalismus. Sie rufen lieber nach Geld vom Staat oder der EU zur Steigerung der Nachfrage. Auf diesem Weg werden Deutschland und Europa Gefahr laufen, abgehängt zu werden.
Das Buch liefert eine längst überfällige Darstellung der Realität der Wirtschaft. Es soll helfen, richtige Entscheidungen zu treffen. Nur so gelingt uns, vor dem Hintergrund der aktuellen globalen Herausforderungen, der Wandel in eine erfolgreiche Zukunft - die Transformation der Nationen.


Dr. Reinhard Schneider war nach dem Studium zunächst mehrere Jahre in einem international tätigen Consulting-Unternehmen des Ingenieurwesens (im Bereich Finanzen) beschäftigt. Danach war er mehrere Jahre in einem US-amerikanischen Unternehmen der Konsumgüterindustrie tätig, zuletzt als Finanzdirektor. Die letzten zwanzig Jahre seiner beruflichen Laufbahn war er CFO bei einem weltbekannten Bonner Unternehmen aus der Süßwarenindustrie (HARIBO). Nach seinem Ausscheiden aus der operativen Tätigkeit im Unternehmen wechselte Dr. Reinhard Schneider in den Aufsichtsrat der nach dem Tode der beiden Gesellschafter in eine Holding umstrukturierten Gesellschaft. Er ist Gesellschaftervertreter des Gesellschafterstammes Dr. Riegel im Aufsichtsrat von Haribo. Rechtsnachfolger des verstorbenen, kinderlosen Dr. Riegel ist die Dr. Hans Riegel Stiftung, deren Vorsitzender er ist.

1
Einleitung


Aus der Atomkraft-Gegner-Szene und der Umweltbewegung heraus haben sich in vielen Ländern die grünen Parteien gebildet. In Deutschland haben die Grünen die Energiewende – die Abkehr von der Nutzung fossiler Energie und die Umstellung auf erneuerbare Energieträger – jahrzehntelang wie eine Monstranz vor sich hergetragen. Als auf die Stromerzeugung mit erneuerbaren Energieträgern im Jahr 2020 mit 45 %1 nahezu die Hälfte der gesamten Stromerzeugung in Deutschland entfiel, wurde das als Durchbruch der Energiewende gefeiert. Das noch im März 2022 herausgegebene Informationsblatt des deutschen Bundesministeriums für Wirtschaft und Klima trägt den Titel: Die Energiewende, Erneuerbare Energien 2021. Der kriegerische Einzug Russlands in die Ukraine und das Vorgehen Putins, Energie als strategisches Druckmittel einzusetzen, haben diesen Selbstbetrug der Grünen und ihrer Gefolgschaft auf brutale Weise aufgedeckt. Denn die über Jahrzehnte mit Dutzenden Milliarden Euro geförderten erneuerbaren Energieträger Wind und Solar lieferten in 2021 gerade einmal 8,2 % bzw. 3,4 % zum Primärenergieverbrauch.2

Auf einen Schlag wurde klar: Kohle, Gas und Atomkraft liefern nicht nur zuverlässig Strom, wenn er gebraucht wird. Viel deutlicher wurde noch, dass ohne fossile Energie die Wohnungen kalt bleiben und den Unternehmen die notwendige Prozessenergie zur Herstellung der Güter fehlt. Wenn aber die Wirtschaft zusammenbricht, bricht auch das Gesellschaftssystem zusammen. Die Fakten waren keineswegs unbekannt. Politisch schien es jedoch erfolgversprechender, die Energiewende nicht auf der Basis vollständiger Information umsetzen zu wollen, sondern so zu tun, als würde der Austausch der ungeliebten Atom- und Kohlemeiler gegen Windräder und Photovoltaikanlagen genügen, die Energiewende herbeizuführen.

Einen ähnlichen Selbstbetrug erleben wir bei dem Maßstab für Einkommen und Leistung einer Nation. »Das Bruttoinlandsprodukt ist das Maß für die wirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft in einem bestimmten Zeitraum. Es misst den Wert der im Inland hergestellten Waren und Dienstleistungen (Wertschöpfung)«, schreibt das statistische Bundesamt in Deutschland.3 Nicht nur lässt diese Definition der wirtschaftlichen Leistung den Wert der nicht bezahlten Leistungen der Bürger, etwa bei der Kindererziehung oder der Pflege, außer Betracht. Auch erhöht die Beseitigung von Umweltschäden das Bruttoinlandsprodukt (BIP), während die Umweltschäden selbst nicht als Malus berücksichtigt werden. Die Berechnung führt entsprechend zu viel Kritik und alternativen Vorschlägen, die regelmäßig in der Forderung nach einer Erweiterung des BIP durch die Erfassung dieser bisher nicht berücksichtigten Leistungen mündet. Die Fixierung des Maßstabs der Wertschöpfung nur auf finanziell entgoltene Leistungen führe zu einer Fehlsteuerung der Wirtschaft und sei mit ursächlich für ökologische und soziale Schieflagen. Manche sehen im BIP gar die Wurzel allen Übels.4 Als Ergebnis der Analyse wird regelmäßig die Forderung nach stärkerer und direkterer Steuerung der Wirtschaft durch den Staat postuliert.

Das wirklich Problematische am heutigen BIP ist aber nicht, dass nicht alle für die Gesellschaft relevanten Leistungen erfasst werden, sondern dass die finanzwirksame Wertschöpfung und damit das volkswirtschaftliche Einkommen zu hoch ausgewiesen wird. Wer in Deutschland ein Auto für 40 000 Euro kauft, muss knapp 48 000 Euro auf den Tisch des Verkäufers legen. Das Unternehmen, das ihm das Auto verkauft, muss die rund 8000 Euro Umsatzsteuer bis zum Zehnten des Folgemonats an das zuständige Finanzamt weiterleiten. Als durchlaufenden Posten bezeichnen die Unternehmen diese Verbrauchssteuer, die in der Gewinn- und Verlustrechnung der Unternehmen auf der Einnahmenseite deshalb auch nichts zu suchen hat. Anders beim BIP. Dort ist die Umsatzsteuer Teil der Marktpreise und erhöht das BIP. Dass die Umsatzsteuer keine werthaltige Leistung ist, erkennt man daran, dass sie bei der Wertschöpfung hinzuaddiert werden muss. Und es bleibt auch nicht nur bei der Umsatzsteuer. Beim Kraftstoff betragen die diversen Verbrauchssteuern etwa die Hälfte des Preises oder das Doppelte des Warenwertes. Gütersteuern nennen sich diese Posten, von denen die Umsatzsteuer nur die größte ist. Weiter werden die in den Gütermarktpreisen bereits in der Kalkulation der Bruttolöhne enthaltenen staatlichen Leistungen im BIP noch einmal, also doppelt erfasst. Das erkennt man leicht daran, dass sie auf der Verwendungsseite, also der Erlösseite, als »Staatsverbrauch« hinzuaddiert werden müssen, weil es keine Markterlöse dafür gibt. Denn der Staatsverbrauch ist ja bereits als Steuer und Sozialabgabe in den Löhnen und damit in den Preisen der marktfähigen Güter enthalten. Würden Unternehmen in dieser Art und Weise bilanzieren, erhielten sie niemals das Testat einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, womit diese die Ordnungsmäßigkeit des Jahresabschlusses bestätigen. An der falschen Bilanzierung staatlicher Einnahmen scheint sich hingegen niemand zu stören.

Das BIP führt zu einem zu niedrigen Ausweis der Sozialkosten- und Verschuldungsquoten. So wird die Abgabenquote in Deutschland für das Jahr 2020 mit 41 % vom BIP angegeben. Davon entfallen 23 % auf die Steuern und 18 % auf die Sozialabgaben.5 Die Zahlen suggerieren, dass die Abgabenquote insgesamt nicht überhöht ist und den Einkommensbeziehern immerhin fast 60 % für den privaten Konsum bleiben. Dem ist aber nicht so. Die Abgabenquote für Durchschnittsverdiener, bezogen auf die Lohnkosten – also inklusive der Arbeitgeberanteile –, liegt in Deutschland zwischen 40,8 und 47,8 % laut einer jüngsten Studie des Finanzministeriums.6 Dass Deutschland mit diesen Zahlen in Europa an der Spitze liegt, knapp vor Frankreich und Italien, beunruhigt bereits. Wirklich erschreckend ist jedoch, dass Länder, mit denen Europa konkurriert wie Japan, Kanada, Großbritannien und die USA um 10 – 15 Prozentpunkte darunter liegen.7

Vor allem aber zeigen die Werte des Durchschnittsverdieners nur die halbe Wahrheit. In Deutschland ist man bereits mit 68 210 Euro (rund 4830 Euro pro Monat bei 13 Gehältern) Spitzenverdiener, für die nach der Grundtabelle der Spitzensteuersatz von 42 % beginnt. Im Schnitt beträgt die Steuer bei diesem Einkommen 27,4 %. Zuzüglich 20 % Arbeitnehmeranteil an den Sozialkosten verbleiben dem Arbeitnehmer 53,6 % netto. Da der Arbeitgeber ebenfalls Sozialkosten zahlt, belaufen sich die Lohnkosten, die er kalkulieren muss, auf 81 852 Euro. Davon erhält der Arbeitnehmer einen Nettolohn in Höhe von 35 889 Euro und der Staat erhält 45 963 Euro. Bereits bei qualifizierten Arbeitnehmern, die als Fachkräfte dringend gesucht werden, kassiert der Staat 56 % der Lohnkosten. Beim Konsum des Arbeitnehmers reduzieren Verbrauchssteuern noch einmal deutlich das Nettoentgelt und erhöhen die staatlichen Einnahmen. In diesen Zahlen drückt sich nicht nur das Schröpfen der Arbeitnehmer durch den Staat aus, was dieser durch die Quoten auf das BIP verschleiert. Vielmehr zeigt sich die Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland. Wer will als qualifizierte Fachkraft bei diesen Abzügen noch in Deutschland arbeiten? Dazu noch hohe Energie- und Bürokratiekosten. Da wird es für Deutschland schwierig, Unternehmen vom Standort Deutschland zu überzeugen. Was für Deutschland gilt, gilt in vergleichbarer Weise für andere technologisch fortgeschrittene Länder in Westeuropa, für die die soziale Marktwirtschaft das prägende Wirtschaftssystem des Landes ist.

In der Summe ist das BIP, insbesondere als Maßstab für finanzwirksame Ausgaben, wie Zahlungen für Zinsen, Renten oder vielerlei Sozialleistungen, deutlich zu hoch ausgewiesen. Tatsächlich betragen die realen, konsolidierten Einnahmen für Deutschland lediglich 55 % des BIP.8 Die Verschuldung in Deutschland übersteigt die jährlichen Einnahmen der Nation bereits deutlich. In Italien sind die Staatsschulden fast dreimal so hoch wie die jährlichen Einnahmen. Die Staaten sind also viel weniger leistungsfähig, als die BIP glauben machen wollen. Da die Politiker zwecks Wiederwahl die Bürger mit Leistungen aller Art gerne bedienen, sind die staatlichen Budgets bereits in Boomzeiten am Limit. Die kleinste konjunkturelle Delle führt dazu, dass die Ausgaben die Einnahmen übersteigen.

Bisher gab es dafür einen scheinbar eleganten Ausweg. Unter Führung der Notenbanken und tätiger Mithilfe der Geschäftsbanken wurde Geld in unvorstellbarem Ausmaß geschaffen. In Abhängigkeit von der Umschlagsgeschwindigkeit verschwindet das Geld zum großen Teil wieder, weil es entweder für Investitionen in Produktivkapital oder den Bau von Immobilien verwendet wird. Schulden werden aber auch für Spekulationen oder für vorgezogenen Konsum aufgenommen. Konsum also, der noch nicht durch Einnahmen gedeckt ist. Gerade bei Letzterem tun sich Staaten bzw. die Politiker besonders leicht. Sie nennen das Konjunkturstützung oder Stützung der Nachfrage. Was bleibt von der scheinbar...

Erscheint lt. Verlag 2.4.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Wirtschaft
ISBN-10 3-527-84707-3 / 3527847073
ISBN-13 978-3-527-84707-5 / 9783527847075
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