Arbeit besser machen (eBook)
412 Seiten
Haufe Verlag
978-3-648-14972-0 (ISBN)
Nico Rose ist Professor für Wirtschaftspsychologie an der International School of Management (ISM) in Dortmund. Zuvor war er Vice President im Stab des Personal-vorstands bei der Bertelsmann-Gruppe. Er ist Diplom-Psychologe und einer der führenden Experten für Positive Psychologie im deutschsprachigen Raum.
Nico Rose Nico Rose ist Professor für Wirtschaftspsychologie an der International School of Management (ISM) in Dortmund. Zuvor war er Vice President im Stab des Personal-vorstands bei der Bertelsmann-Gruppe. Er ist Diplom-Psychologe und einer der führenden Experten für Positive Psychologie im deutschsprachigen Raum.
1.2 Warum Arbeit besser machen?
Ziel dieses Buches ist, auf Basis der Positiven Psychologie15 jene eben erwähnte Luft nach oben auszuloten – und zwar in puncto Führung ebenso wie im Hinblick auf die Personalarbeit. Während ich Feedback zu verschiedenen Varianten eines Buchtitels eingeholt habe, bin ich von einigen Menschen darauf hingewiesen worden, dass der gewählte Name ein wenig ambitionslos sei für ein Management-Buch. Irgendetwas mit »revolutionär« oder »radikal« müsse schon auftauchen. Obgleich ich diesen Vorschlag unter dem Gesichtspunkt des Marketings nachvollziehen kann, habe ich mich anders entschieden. Ursprünglich wollte ich das Buch schlicht »Gute Arbeit« nennen, aber es gibt schon ein – wie ich annehme – vortreffliches Werk gleichen Namens über Hundeerziehung.
Nach einem Gedankenaustausch mit dem Verlag einigten wir uns auf einen Komparativ: »Arbeit besser machen«. Je länger ich in die Tasten haute, umso mehr wurde mir bewusst, dass dies eine stimmige Beschreibung ist für das, was ich mit diesem Buch erreichen will. Ich möchte Sie befähigen, Arbeit und Arbeiten in Organisationen besser zu machen – sei es für Sie ganz persönlich, für jene Menschen, die Sie möglicherweise führen oder in der Zukunft führen werden, oder für jene Kollegen, für die Sie sich verantwortlich fühlen, sei es als Personaler, oder einfach, weil Ihnen etwas an den Menschen liegt, mit denen Sie gemeinsam arbeiten.
Was besser werden muss: Die Perspektive der Arbeitgeber
Worin besteht sie denn, diese Luft nach oben? Deutschland geht es, rein wirtschaftlich betrachtet, immer noch vergleichsweise gut. Trotz aller Unkenrufe brummt es bei den meisten Unternehmen, die Arbeitslosenquote oszilliert um einen historischen Tiefstwert (»Zahl der Arbeitslosen«, 2018). Zwar wird moniert, dass die großen Tech-Giganten – SAP ausgenommen – alle in anderen Ländern entstanden sind (Forrest, 2018), aber Deutschland scheint mit seiner diversifizierten Struktur aus immens vielen KMUs (viele davon von Familien geführt) sowie einigen erfolgreichen Großkonzernen recht gut dagegenhalten zu können. Die Nebenwirkungen der Bekämpfung der Coronapandemie sind durch Instrumente wie Kurzarbeit und finanzielle Stützen vergleichsweise milde ausgefallen. Auch gab es dank vorausschauender Maßnahmen keinen Energie-Blackout als Folge des Angriffs Russlands auf die Ukraine. Menschen und Unternehmen haben durchaus mit den hohen Energiekosten und der sonstigen Inflation zu kämpfen. Trotzdem habe ich den Eindruck, dass die mannigfaltig vorhandenen düsteren Zukunftsprognosen zu einem guten Teil der typisch deutschen Angstlust entspringen.
Allerdings scheint der dauerhaft hohe Level an Produktivität einen Tribut zu fordern. Aus einem Bericht der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) geht hervor, dass sich die Anzahl der Fehltage in Deutschland aufgrund von psychischen Beschwerden zwischen 2007 und 2017 mehr als verdoppelt habe, konkret: von 48 auf 107 Millionen (Schäfer, 2018). Ein Report der Techniker Krankenkasse kommt für den gleichen Zeitraum auf ähnliche Werte (Weßling, 2018). Nun lässt sich dieser Anstieg nicht allein als Folgeerscheinung des Arbeitslebens erklären. Es erscheint plausibel, dass einfach mehr psychische Erkrankungen diagnostiziert wurden. Das ist an sich eine gute Entwicklung, weil sichergestellt ist, dass betroffene Menschen relevante Unterstützung erhalten – trotzdem bleibt die schiere Zahl erschreckend. Zudem sollten Arbeitgeber verstehen, dass der Arbeitsausfall aufgrund psychologischer Beeinträchtigungen laut einer AOK-Studie im Mittel etwa doppelt so lang anhält wie bei körperlichen Erkrankungen (Ilg, 2019).
Achtung
Die Anzahl der ausgefallenen Arbeitstage aufgrund psychologischer Erkrankungen hat sich im Laufe der ersten Jahre des neuen Jahrtausends verdoppelt. Ein Arbeitsausfall wegen psychologischer Beeinträchtigungen dauert im Mittel zweimal so lange wie die Arbeitsunfähigkeit durch körperliche Erkrankungen.
Auch wenn Arbeit – wie bereits erwähnt – nicht die alleinige Ursache für die Zunahme der Häufigkeit psychologischer Beeinträchtigungen ist, so dürfte sie eine gewichtige Rolle spielen. Gemäß einer Studie des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) fühlen sich 52 Prozent der deutschen Arbeitnehmer »sehr oft oder oft bei der Arbeit gehetzt und unter Zeitdruck«. Zudem berichtet die Mehrzahl über widersprüchliche Arbeitsanforderungen und einen Mangel an Kontrolle, z. B. in Bezug auf die Arbeitsmenge und -zeit (»Millionen Arbeitnehmer fühlen sich gehetzt«, 2018). Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat errechnet, dass die Anzahl der geleisteten Überstunden ein Rekordniveau erreicht hat, höher war es zuletzt 1991 (»Die Deutschen arbeiten und arbeiten und arbeiten«, 2018). Für diesen Einsatz zahlen viele Arbeitnehmer einen hohen Preis (»Arbeitsstress steckt den Partner an«, 2018). In der Forschung ist gut bekannt, dass es einen klar messbaren Spillover Effect vom Arbeitsleben ins Privatleben gibt, dass sich also Stress, der durch Belastungen während der Arbeitszeit entsteht, negativ auf die Beziehungen zum Partner und zur Familie auswirkt. Andererseits kann sich Stress im Privatleben bekanntermaßen auch negativ auf die Arbeitsleistung auswirken (Byron, 2005). Umso wichtiger ist es, dass Arbeitnehmer ausreichend Zeit zur Erholung erhalten (Sonntag, 2003). Dies ist nicht nur eine moralische Verpflichtung, sondern letztlich auch im Bürgerlichen Gesetzbuch festgeschrieben (§ 618 Pflicht zu Schutzmaßnahmen, o. D.).
Die Unzufriedenheit mit dem Arbeitsleben zeigt sich auch auf großer Linie. Ruckriegel, Niklewski und Haupt (2014) zitieren Daten aus dem sozioökonomischen Panel (SOEP), wonach die Arbeitszufriedenheit seit Mitte der 1980er-Jahre in Westdeutschland signifikant gesunken ist. Während Menschen vor 30 Jahren im Mittel zufriedener mit ihrem Arbeitsleben als mit der Lebenssituation allgemein waren, hat sich dies in der Zwischenzeit ins Gegenteil verkehrt. Die Lebenszufriedenheit als solche liegt im Durchschnitt über der Arbeitszufriedenheit (S. 38).
Alles in allem werden Arbeitnehmer in Deutschland freilich noch vergleichsweise gut behandelt. Ausgeprägte betriebliche Mitbestimmung, Krankenversicherungspflicht sowie eine akzeptable Grundsicherung im Falle der Arbeitslosigkeit mildern jene Härten ab, denen Menschen in anderen Ländern, darunter den USA, fast schutzlos ausgeliefert sind. Lesen Sie dazu bitte das folgende Interview mit Jeffrey Pfeffer von der Stanford Graduate School of Business.
Schlechte Arbeitsbedingungen sind soziale Umweltverschmutzung
Interview mit Prof. Jeffrey Pfeffer, Ph.D.
Professor Pfeffer, in Ihrem Buch Dying for a Paycheck argumentieren Sie, dass schlechte Arbeitsbedingungen die fünfthäufigste Todesursache in den USA sind. Würden Sie sagen, dies ist ein Sonderfall als Folgeerscheinung des deregulierten Arbeitsmarktes? Ich frage, weil viele Arbeitsbedingungen hier in Deutschland deutlich moderater ausgeprägt sind als in den USA.
Die USA sind dezidiert schlechter dran als viele Länder in Europa. Konkret schätzen meine Kollegen Joel Goh, Stefanos Zenios und ich, dass etwa die Hälfte der Todesfälle durch schlechte Arbeitsbedingungen vermieden werden könnten, wenn die USA den west- und nordeuropäischen Staaten ähnlicher werden würden. Trotzdem sind die Auswirkungen von schädigenden Arbeitsbedingungen auf die Gesundheit ein weltweites Problem. Eine Forschungsarbeit über China kam zu dem Resultat, dass dort jedes Jahr etwa eine Million Menschen an Überarbeitung sterben. Die Chinesen wie auch die Japaner kennen eigene Wörter für den Tod durch übermäßiges Arbeiten. In Korea wird neuerdings sehr hart gegen zu lange Arbeitszeiten vorgegangen, weil die negativen Effekte für die Volksgesundheit immer gravierender werden. Selbst in Europa wird – im Angesicht der vermeintlichen Herausforderung durch aufstrebende Volkswirtschaften – der Ruf nach Liberalisierung der Arbeitsmärkte immer lauter. Die Leiharbeit wurde erheblich ausgeweitet, was mehr und mehr Menschen in wenig geschützte, zum Teil prekäre Arbeitsverhältnisse geführt hat. Auch Massenentlassungen kommen viel häufiger vor als früher.
Die gesundheitliche Belastung in vielen europäischen Ländern ist eindeutig geringer als in den USA und Asien. Aber die Belastung durch chronische Krankheiten ist enorm, laut einer McKinsey-Studie auch in Deutschland. Chronische Krankheiten sind eine Folge von Stress und den ungesunden Verhaltensweisen, die durch Stress ausgelöst werden (Rauchen, Alkoholkonsum und Drogenmissbrauch). Arbeit wiederum ist eine der führenden Ursachen von Stress. Folglich sind schlechte Arbeitsbedingungen ein weltweites Gesundheitsproblem.
Wenn Sie über die Stressoren sprechen, denen Menschen in der Arbeit ausgesetzt sind,...
Erscheint lt. Verlag | 21.2.2024 |
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Reihe/Serie | Haufe Fachbuch | Haufe Fachbuch |
Verlagsort | Freiburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Wirtschaft ► Betriebswirtschaft / Management |
Schlagworte | achievement • Arbeit besser machen • Arbeitsplatz • Coaching • Emotionen • Emotions • Engagement • Führung • Führungskultur • Führungsqualität • Gefühle • Klitschko • Leadership • Management • Mitarbeiter • Motivation • Motivieren • Nico Rose • Organisation • Perma • Personalarbeit • Positive Psychologie • Psychologie • relationships • Sinn • Teamkultur • Unternehmenserfolg |
ISBN-10 | 3-648-14972-5 / 3648149725 |
ISBN-13 | 978-3-648-14972-0 / 9783648149720 |
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