Nachbarschaftsrecht (eBook)

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2024 | 4. Auflage
316 Seiten
Haufe Verlag
978-3-648-17582-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Nachbarschaftsrecht -  Kathrin Gerber,  Andrea Nasemann
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Hier erhalten Sie rechtssichere und leicht verständliche Antworten auf alle Fragen zum Nachbarschaftsrecht. Die erfahrenen Rechtsexpertinnen und Beraterinnen von Haus + Grund München Kathrin Gerber und Andrea Nasemann beschreiben, welche Rechte und Pflichten Nachbar:innen haben. Das Buch ist übersichtlich nach Themen geordnet: Baunachbarrecht, Geruchsbelästigung, Grenzverlauf, Lärm, Tierhaltung, Wegerecht etc. Sie erfahren, was Sie tun können, um den Gang vor Gericht zu vermeiden und eine gütliche Einigung mit den Nachbar:innen zu erreichen. So können Sie sich auch über Schlichtungsverfahren und ihren Ablauf informieren und bekommen praktische Unterstützung für alle Aufgaben und Probleme, die bei Streitigkeiten anfallen. Inhalte: - Wo beginnt und endet ein Grundstück? Häufige Probleme und ihre Lösungen - Das Baunachbarrecht - Rechte und Pflichten von Wohnungseigentümer:innen - Ansprüche und Rechte bei Störungen - Das Schlichtungsverfahren und Hilfen zur Konfliktvermeidung - Neu in der 4. Auflage: alles Wichtige zu Balkonkraftwerken, aktuelle Urteile u. a. zur Barrierefreiheit, zu baulichen Maßnahmen und E-LadegerätenDie digitale und kostenfreie Ergänzung zu Ihrem Buch auf myBook+: - Zugriff auf ergänzende Materialien und Inhalte - E-Book direkt online lesen im Browser - Persönliche Fachbibliothek mit Ihren BüchernJetzt nutzen auf mybookplus.de.  

Kathrin Gerber ist Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht sowie Fachanwältin für Steuerrecht. Frau Gerber ist insbesondere auf Miet- und Immobilienrecht sowie Erbrecht spezialisiert. Ihre Rechtsanwaltskanzlei in München betreibt Frau Gerber in Kooperation mit Rechtsanwältin Andrea Nasemann. Seit 2001 ist Frau Gerber als Beraterin für den Haus- und Grundbesitzerverein München tätig.

Kathrin Gerber Kathrin Gerber ist Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht sowie Fachanwältin für Steuerrecht. Frau Gerber ist insbesondere auf Miet- und Immobilienrecht sowie Erbrecht spezialisiert. Ihre Rechtsanwaltskanzlei in München betreibt Frau Gerber in Kooperation mit Rechtsanwältin Andrea Nasemann. Seit 2001 ist Frau Gerber als Beraterin für den Haus- und Grundbesitzerverein München tätig. Andrea Nasemann Andrea Nasemann ist Volljuristin und arbeitet als Rechtsanwältin in der Rechtsabteilung des Haus- und Grundbesitzervereins in München. Sie berät überwiegend in Fragen des Miet- und Wohnungseigentumsrechts. Daneben schreibt sie seit über 20 Jahren als Immobilienrechtsexpertin für die Süddeutsche Zeitung und hat Hunderte von Artikeln verfasst. Auch für die Zeitschrift Das Haus, die im Burda-Verlag erscheint, ist sie journalistisch tätig. Andrea Nasemann hat zahlreiche Rechtsratgeber verfasst, die sich überwiegend mit Fragen des Mietrechts beschäftigen.

3.1 Das Eigentum am Grundstück


Eigentum nennt man das umfassende Recht, das die Rechtsordnung an einer Sache, zum Beispiel einem Grundstück, zulässt. Sie können als Eigentümer mit Ihrem Grundstück nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen, soweit dem nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen (§ 903 Satz 1 BGB). Sie können also Ihr Grundstück grundsätzlich nach Belieben veräußern oder belasten sowie bepflanzen und bebauen.

Grundsätzlich erstreckt sich das Eigentum auch auf den Erdkörper unter der Erdoberfläche. Allerdings sind folgende Dinge davon ausgenommen:

  • Grundwasser: Das Eigentum des Grundstückseigentümers am Erdkörper unter der Oberfläche umfasst nicht das Quell- und Grundwasser. Die Nutzungsbefugnisse bestimmen sich vielmehr nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und den Landeswassergesetzen. Wollen Sie zum Beispiel Grundwasser zum Betrieb einer Grundwasserwärmepumpe zum Heizen nutzen, benötigen Sie eine wasserrechtliche Erlaubnis. Gleiches gilt für Brunnenbohrungen.

  • Bergfreie Bodenschätze: Die in § 3 Bundesberggesetz (BbergG) aufgezählten bergfreien Bodenschätze gehören ebenfalls nicht dem Grundstückseigentümer. Hierzu gehören unter anderem Kohle- und Erdölvorkommen sowie wertvolle Minerale wie Gold, Silber, Eisen und Kupfer. Wer solche Bodenschätze auf seinem Grundbesitz findet und abbauen will, benötigt eine bergrechtliche Bewilligung.

Der Grundsatz, dass Sie mit Ihrem Eigentum machen können, was Sie wollen, und ­jedes Einwirken darauf verbieten können, besteht allerdings nicht schrankenlos. Unter bestimmten Voraussetzungen müssen Sie Einwirkungen dulden, beispielsweise in folgenden Fällen.

3.1.1 Luftverkehr


In § 1 Abs. 1 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) ist der Grundsatz der Freiheit des Luftraums geregelt. Sie sind somit als Eigentümer nicht berechtigt, das Überfliegen Ihres Grundstücks durch Luftfahrzeuge zu verbieten.

3.1.2 Hinweisschilder und Straßenbeleuchtung


§ 126 Baugesetzbuch (BauGB) begründet die gesetzliche Duldungspflicht des Eigentümers für das Anbringen technischer Vorrichtungen für Straßenbeleuchtung sowie Hinweis- und Straßenschilder auf seinem Grundstück.

3.1.3 Straßenbahnoberleitungen


Ebenfalls muss der Eigentümer es dulden, dass technische Einrichtungen im Zusammenhang mit dem Bau von Straßenbahnen auf seinem Grundstück errichtet werden (§ 32 Personenbeförderungsgesetz (PBefG)).

3.1.4 Ver- und Entsorgungsleitungen


Sie müssen als Anschlussnehmer das Verlegen von Ver- und Entsorgungsleitungen für Strom, Gas, Wasser und Fernwärme durch Ihr Grundstück nach folgenden Verordnungen dulden:

  • Verordnung über Allgemeine Bedingungen für den Netzanschluss und dessen Nutzung für die Elektrizitätsversorgung in Niederspannung (Niederspannungsanschlussverordnung, NAV),

  • Verordnung über Allgemeine Bedingungen für den Netzanschluss und dessen Nutzung für die Gasversorgung in Niederdruck (Niederdruckanschlussverordnung, NDAV),

  • Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (­AVBWasserV),

  • Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (­AVBFernwärmeV).

Hinweis

Die Duldungspflicht besteht nur zwischen dem Versorgungsunternehmen und dem Eigentümer, wenn dieser selbst als Kunde auftritt. Ihr Nachbar kann dagegen für sich kein Recht aus den Verordnungen herleiten, dass Leitungen über Ihr Grundstück bis zu ihm verlegt werden dürfen.

3.1.5 Kranausleger


Sie können sich als Eigentümer grundsätzlich sowohl gegen Beeinträchtigungen des Luftraums über Ihrem Grundstück als auch des Erdreichs darunter zur Wehr setzen, es sei denn, die Einwirkungen erfolgen in solcher Höhe oder Tiefe, dass Sie praktisch nicht beeinträchtigt werden. Bei der Frage, ob eine nicht zu duldende Beeinträchtigung vorliegt, kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. Dabei spielen auch die örtlichen Verhältnisse eine Rolle (OLG Düsseldorf, 26.2.2007, 9 W 105/06, NJW 2007, 582).

Das OLG Düsseldorf entschied, dass der Nachbar das Überschwenken eines Kranauslegers, der vorübergehend für auf dem angrenzenden Grundstück durchzuführende Arbeiten benötigt wird, nicht verbieten kann. Für eine Beeinträchtigung reicht zwar aus, dass durch das Überschwenken des Auslegers der Berechtigte sich gefährdet oder belästigt fühlen kann. Solch eine subjektive Einschätzung einer Gefahr ist aber nicht gegeben, wenn mit dem Schwenkarm keine Lasten über das Nachbargrundstück transportiert werden. Allein den Schwenkarm als Gefahrenquelle zu betrachten ­genügt laut OLG Düsseldorf nicht (26.2.2007, 9 W 105/06, NJW 2007, 582).

Hingegen muss der Nachbar nach einer früheren Entscheidung des OLG Düsseldorf nicht dulden, dass ein Bauunternehmer einen auf seinem Betriebsgrundstück dauerhaft installierten Baukran gewerblich nutzt und mit dessen Ausleger ständig Lasten über das Nachbargrundstück in einer Höhe bis zu 4,95 m transportiert (9.8.1989, 9 U 36/89, NJW-RR 1989, 1421).

Ist erkennbar, dass der Kran als solcher mangels hinreichender technischer Absicherung eine Gefahrenquelle darstellt, wird der Nachbar selbst dann Unterlassung verlangen können, wenn keine Lasten transportiert werden. In diesem Fall kommt es auf die vom Kran selbst ausgehende Gefahr an.

Wird ein Kran zu Bau-, Reparatur- oder Renovierungsarbeiten vorübergehend eingesetzt, kann dies durch das sogenannte Hammerschlags- und Leiterrecht (siehe Kapitel 3.11) erlaubt sein.

Beispiel

Bei in Hanglage gelegenen benachbarten Grundstücken mussten Betonanker zur statischen Sicherung einer tiefer gelegenen Baugrube unterhalb der Grundstücksfläche des höher gelegenen Grundstücks verlegt werden und sollten auf Dauer dort bleiben. Die Betonanker befanden sich circa 13 bis 16 m unterhalb der Bodenplatte des höher gelegenen Hauses. Dies konnte nach Meinung des OLG Stuttgart keine Auswirkungen auf die Grundstücksnutzung haben, weshalb dann auch keine unstatthafte Beeinträchtigung vorlag (2.12.1993, 7 U 23/93, NJW 1994, 739).

3.1.6 Telekommunikationsleitungen


Spezielle Leitungsrechte zum Zwecke der Kommunikation regelt das Telekommunikationsgesetz (TGK). Die umfassende Novelle des Telekommunikationsgesetzes trat am 1.12.2021 in Kraft. Angesichts der zunehmenden Digitalisierung soll das modernisierte Telekommunikationsgesetz den Ausbau der digitalen Infrastruktur im Festnetz- und Mobilfunkbereich schneller voranbringen.

Mit dem neu gefassten Telekommunikationsgesetz soll der flächendeckende Ausbau der Glasfaserversorgung erleichtert und beschleunigt werden. Regelungen über die Pflichten zur Duldung der Benutzung privater Grundstücke und der damit zusammenhängenden Ausgleichs- und Schadensersatzansprüche finden sich in dem neu gefassten § 134 TKG.

Duldungspflicht

Als Grundstückseigentümer dürfen Sie nach § 134 Abs. 1 Nr. 1 TKG die Errichtung, den Betrieb und die Erneuerung von Telekommunikationslinien auf Ihrem Grundstück ­sowie den Anschluss der auf dem Grundstück befindlichen Gebäude an Netze mit sehr hoher Kapazität insoweit nicht verbieten,

  • als auf dem Grundstück einschließlich der Gebäudeanschlüsse eine durch ein Recht gesicherte Leitung oder Anlage auch für die Errichtung, den Betrieb und die Erneuerung einer Telekommunikationslinie genutzt und

  • hierdurch die Nutzbarkeit des Grundstücks nicht dauerhaft zusätzlich eingeschränkt wird.

Die Duldungspflicht besteht auch, wenn das Grundstück einschließlich der Gebäude durch die Benutzung nicht unzumutbar beeinträchtigt wird (§ 134 Abs. 1 Nr. 2 TKG).

Hinweis

Unter »Telekommunikationslinien« versteht man unter- oder oberirdisch geführte Telekommunikationskabelanlagen einschließlich ihrer zugehörigen Schalt- und Verzweigungseinrichtungen, Masten und Unterstützungen, Kabelschächte und Kabelkanalrohre sowie weitere technische Einrichtungen, die für das Erbringen öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste erforderlich sind (§ 3 Nr. 64 TKG).

Überfahrten

Der Eigentümer eines Grundstücks muss auch Überfahrten dulden, wenn sie zur ­Errichtung, zum Betrieb und zur Erneuerung von Telekommunikationslinien auf einem anderen Grundstück notwendig sind (§ 134 Abs. 2 TKG).

Anspruch auf angemessenen Ausgleich in Geld

Hat der Grundstückseigentümer eine Einwirkung nach § 134 Abs. 1 oder Abs. 2 TKG zu dulden, so kann er grundsätzlich einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn durch die Errichtung, die Erneuerung sowie Wartungs-, Reparatur- oder vergleichbare mit dem Betrieb der Telekommunikationslinie unmittelbar zusammenhängende Maßnahmen eine Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt wird (§ 134 Abs. 3 Satz 1 TKG).

Für eine erweiterte Nutzung zu Zwecken der Telekommunikation kann darüber hinaus ein einmaliger Ausgleich in Geld verlangt werden, sofern bisher keine Leitungswege vorhanden waren, die zu Zwecken der Telekommunikation genutzt werden konnten (§ 134 Abs. 3 Satz 2 TKG). Der Anspruch auf einmaligen Geldausgleich besteht jedoch nicht, wenn die erweiterte Nutzung ausschließlich zum Anschluss von Gebäuden auf dem genutzten Grundstück...

Erscheint lt. Verlag 10.6.2024
Reihe/Serie Haufe Fachbuch
Haufe Fachbuch
Verlagsort Freiburg
Sprache deutsch
Themenwelt Wirtschaft
Schlagworte Andrea Nasemann • Eigentum • Grenzeinrichtung • Grundbuch • Grunddienstbarkeit • Grundstück • Hausordnung • Haus und Grund • Immobilien • Kathrin Gerber • Nachbarschaftsrecht • Nachtruhe • Schlichtungsverfahren • Wegerecht
ISBN-10 3-648-17582-3 / 3648175823
ISBN-13 978-3-648-17582-8 / 9783648175828
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