Diversity Management (eBook)
228 Seiten
Kohlhammer Verlag
978-3-17-043355-7 (ISBN)
Prof. Dr. Martin Bauer ist Studiengangsleiter im Master Wirtschaftspädagogik (M.A.) an der Allensbach Hochschule (Konstanz). Prof. Dr. Patrick Peters ist dort Prorektor für Forschung und Lehrmittelentwicklung.
Prof. Dr. Martin Bauer ist Studiengangsleiter im Master Wirtschaftspädagogik (M.A.) an der Allensbach Hochschule (Konstanz). Prof. Dr. Patrick Peters ist dort Prorektor für Forschung und Lehrmittelentwicklung.
Einleitung
Wer sich heute in Medien gehobener Qualität und einschlägigen Business-Plattformen umsieht, der stolpert unweigerlich und häufig über die Begriffe Diversity und Diversity Management. Diversity ist also zu einem breit diskutierten Schlagwort in Wirtschaft und Gesellschaft geworden. Und wie bei jedem neuen Begriff, gerade internationaler Herkunft, stellt sich die Frage: Was ist das eigentlich und muss ich hier etwas tun? Denn um Diversity zu verstehen, zu fördern und die Akzeptanz für eine neue Lebenshaltung im privaten und organisationalen Kontext zu erhöhen, sollten erst einmal so viele Menschen wie möglich verstehen, worum es sich dabei handelt, wo und wann sie mit Diversity in Berührung kommen, wie sie damit umgehen und welche Integrationsbereitschaft hier von ihnen im täglichen Leben gefordert ist.
Kurz gesagt: Das Diversity-Konzept umfasst Akzeptanz von und Respekt vor Vielfalt. Diversity ist das umfassende und nachhaltige Verständnis, dass jeder Mensch einzigartig ist und individuelle Unterschiede beispielsweise hinsichtlich Rasse, ethnischer Zugehörigkeit, Geschlecht, sexueller Orientierung, sozioökonomischen Status, Alter, körperlicher Fähigkeiten, religiöser und politischer Überzeugungen etc. keine Rolle spielen.
Allerdings emergieren hier, wie bei vielen gesellschaftlich determinierten Themenstellungen, mehrere große polarisierende Herausforderungen: Auf der einen Seite wird Diversity enthusiastisch als das allein Seligmachende für die Weltgemeinschaft herausgestellt oder als Fantasie einer „links-grünen Woke-Bubble“ abgetan. Was beide Pole eint: Details werden ebenso wie die wirkliche Bedeutung ignoriert, miteinander problematisch vermischt und einfach bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt – ob bewusst oder unbewusst. Und nicht minder problematisch ist die wachsende Zahl von vermeintlichen Expert:innen für Diversity. Bar jeder Kenntnis der historischen Ursprünge und der relevanten Theorien von Diversity werden fadenscheinige, oberflächliche und politisch motivierte, also mithin aktivistische Statements abgegeben, fragwürdige Beratungsprogramme vermarktet oder auch in Form einer anbiedernden, nach Aufmerksamkeit heischenden selbstreferentiellen Esoterik in eine persönliche Leidens- bzw. Entwicklungsgeschichte gepresst. Was leider allzu selten vorkommt, ist echte Kenntnis in der Sache gepaart mit einem individuellen, praxisorientierten und wissenschaftsbasierten Ansatz, der die Relevanz von Diversity und Diversity Management für Wirtschaft und Gesellschaft herausstellt und die Systematik einer diversityorientierten Unternehmens- und Mitarbeiter:innenführung akzentuiert.
Relevanz und Adäquanz im Umgang mit Diversity und Diversity Management entstehen nicht, indem man sie ungefiltert bejubelt oder verunglimpft, und genauso hat die emotionalisierte Präsentation persönlicher Betroffenheit (tatsächlich oder gefühlt) nichts mit einem professionellen Umgang zu tun. Das lässt sich z. B. anhand vielfältiger Einträge im Business-Portal LinkedIn nachvollziehen: Jüngere User:innen beklagen sich u. a. häufig darüber, von „alten weißen Männern“ nicht ernstgenommen zu werden. Das passiert in der Regel unbegründet, wodurch Diversity-Merkmale nur gegeneinander ausgespielt werden, ohne dass es zu einer sinnvollen Diskussion über dieses hochrelevante Thema kommen kann und kommen soll.
Wir wollen Diversity und Diversity Management mit einem anderen Blick betrachten. Als wissenschaftlich tätige Autoren ist uns eine theoriefeste Basis genauso wichtig wie ein abgesicherter Blick auf die praktische Umsetzung im Unternehmen oder jeder anderen Organisation. Unsere Betrachtung basiert nicht auf Spekulation oder Hörensagen, sondern auf theoretisch und praktisch erprobtem Wissen und Können. Und genauso liegt der Fokus auf einem emotions- und bewertungsfreien Ansatz: Unsere Aufgabe als Autoren ist es nicht, eine Pro- oder Contra-Position einzunehmen, dabei zu emotionalisieren und zu personalisieren, sondern die Bandbreite von Diversity darzustellen, die Ideen miteinander zu vernetzen und die Brücke in die Praxis zu schlagen. Das ist auch ganz im Sinne der Reihe „Wirtschaft kontrovers“, in der dieser Band erscheint. Ziel ist es, die beiden Seiten einer Medaille zu zeigen, zu analysieren und zu bewerten. Denn Diversity kann nicht per se „gut“ oder „schlecht“ sein, da die Grenzen zwischen „gut gemeint“ und „gut gemacht“ fluid sind – und allzu oft kann es passieren, dass diese Grenze überschritten wird und damit Kontroversen ausgelöst werden. Kontroversen, die wiederum zum Teil so erbittert geführt werden, dass die gute Idee hinter Diversity – nämlich Gleichberechtigung und Fairness für alle Menschen ohne Beachtung von Herkunft, Hautfarbe, Weltanschauung oder sexueller Identität – völlig erdrückt und zwischen den oft unversöhnlichen Fronten zermalmt wird.
Wir wollen also mit dem vorliegenden Band zeigen, was Diversity in der ganzen Vielfalt des Begriffes bedeutet, wie öffentliche, privatwirtschaftliche und gemeinnützige Organisationen Diversity integrieren und managen könn(t)en und welche Vorteile ihnen daraus entstehen – und letztlich auch, wo die Grenzen von Diversity gerade in der praktischen Umsetzung liegen und welche Kontroversen damit eben verbunden sein können. Man denke an fragwürdige und teilweise demokratiegefährdende Entwicklungen wie Cancel Culture an Hochschulen und im öffentlichen Raum, wo bestimmte Gruppen Wissenschaftler:innen, Autor:innen, Institutionen etc. aufgrund vermeintlicher bzw. individuell gefühlter Verstöße gegen Diversity-Gebote so massiv unter Druck setzen, dass Veranstaltungen, die diesen oft aktivistisch agierenden Gruppen nicht zusagen, abgesagt und damit die Möglichkeit des öffentlichen Diskurses unmöglich gemacht wird.
Der Band „Diversity Management“ in der Reihe „Wirtschaft kontrovers“ nimmt also breit Stellung, ohne Partei zu ergreifen. Vielmehr will das vorliegende Werk Sie als Leser:innen qualifizieren und begleiten, sich eine eigene Meinung zu bilden und bestimmte Entwicklungen besser einordnen zu können. Ebenso sollen Sie, sofern Sie in Ihrer Organisation für Diversity Management, Personalentwicklung oder ein ähnliches Gebiet verantwortlich sind, das grundsätzliche Handwerkszeug erhalten, um Diversität zu verstehen, zu implementieren, zu administrieren, zu messen und zu optimieren. Und nicht zuletzt sollen auch Studierende und wissenschaftlich tätige Personen von diesem Band profitieren und eine aktuelle Einführung in das Thema erhalten, das aufgrund der meinungsfreien Ausrichtung in jedem Kontext auch zitierfähig ist. Um es nochmals zu verdeutlichen: Wir wollen informieren und aufklären, ohne zu missionieren, wir wollen Zugänge eröffnen und für eine begründete Diskussion qualifizieren. Unser Ziel ist es, dass Sie nach der Lektüre dieses Buches Diversity und Diversity Management verstanden haben und in der Praxis damit umgehen können. Und sie sollen vor allem zwischen argumentativ und theoretisch abgesicherten Aussagen und Standpunkten einerseits und emotional-aktivistisch getriebenen Äußerungen andererseits unterscheiden können, um eine begründete Position einzunehmen und sich nicht von gegebenenfalls fragwürdigen Haltungen beeinflussen zu lassen.
Daher gliedert sich das Buch in mehrere Teile. Zunächst befassen wir uns mit Begriffen und Grundlagen von Diversity und schließen die rechtlichen Grundlagen und die Beschreibung und Bewertung der öffentlichen Wahrnehmung an. Um die theoretische Basis zu erweitern, werden wir uns dann mit den Gender Studies als Hinleitung zur Diversity befassen. Das ist ein relevanter Aspekt, denn Gender und Diversity sind nicht nur aufgrund der heute so virulenten Gender-Debatte eng miteinander verbunden. Vielmehr stammt vieles, das wir gegenwärtig unter diesem Begriff subsumieren, historisch aus der Gender-Theorie bzw. der Sozialgeschichte. Apropos Geschichte: Wir zeigen auch die Entwicklung von Diversity in der Gesellschaft im historischen Kontext auf und bilden damit die Brücke vom Gestern ins Heute. Diese Herleitung im Kontext von Diversity in der Gesellschaft ist insofern relevant, als auch die Bandbreite von Diversity im zyklisch konfligierenden gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Verständnis dargestellt wird. Diese Widersprüchlichkeit ist nur im soziohistorischen Kontext zu verstehen. Sodann stellen wir die hochaktuelle Frage, warum di Gesellschaft, Wirtschaft und Industrie Diversity brauchen. Das soll die Relevanz von Diversity für sozial und ökonomisch Handelnde akzentuieren und steht in enger Verbindung zu einem weiteren Großkapitel, das Diversity in der unternehmerischen Praxis referiert und verschiedene Kategorien wie Leadership, Employer Branding, Werte- und Purpose-Management, Performance-Attribution, Stakeholder-Management, interkulturelles Management/Integrationsmanagement, Reputations- im Positionierungsmanagement vorgestellt. Auch die Betrachtung von Diversity als strategische Entscheidung und die exemplarische Umsetzung einer Diversity-Management-Leitlinie ist in diesem Zusammenhang wichtig und soll ein praxisnahes Instrument zur weiteren Vertiefung im Unternehmens- und Organisationskontext liefern. Daraus leitet sich der nachfolgende Diskurs ab, wo Schwachstellen für die Gesellschaft und in weiterer Folge für Unternehmen liegen können – denn wie bereits angesprochen, wird durch Diversität und das diesbezügliche Management nicht per se alle Probleme lösen kann. Das Kapitel soll die Grenzen von Diversity auch anhand praktischer Beispiele aufzeigen und zur Diskussion anregen.
Zum Abschluss wird die provokante Frage gestellt: Brauchen wir das wirklich? Ist das alles wirklich nötig? Das schließt die Klammer zum Titel der Reihe „Wirtschaft kontrovers“ – denn dass Diversity auch...
Erscheint lt. Verlag | 13.12.2023 |
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Mitarbeit |
Herausgeber (Serie): Patrick Peters |
Verlagsort | Stuttgart |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Wirtschaft ► Betriebswirtschaft / Management ► Unternehmensführung / Management |
Schlagworte | Change Management • Geschlechtergerechtigkeit • Personalführung |
ISBN-10 | 3-17-043355-5 / 3170433555 |
ISBN-13 | 978-3-17-043355-7 / 9783170433557 |
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