Marktorientierte Bewertung und Finanzierung (eBook)

Strategische Implikationen
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2023 | 1. Auflage
240 Seiten
Tectum-Wissenschaftsverlag
978-3-8288-7995-9 (ISBN)

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Marktorientierte Bewertung und Finanzierung -  Tim Alexander Herberger
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Eine Marktorientierung bei der finanzwirtschaftlichen Bewertung von Investitionsprojekten auf Basis sich wechselseitig einstellender Preise ist grundlegend für die ökonomische Entscheidungsfindung verschiedener Wirtschaftsakteure. In diesem Buch beschäftigt sich Tim Alexander Herberger mit den damit verbundenen Herausforderungen aus verschiedenen Perspektiven im Kontext aktueller Themenfelder wie z. B. der Humankapitalbewertung anhand des Profifußballs, der Bewertung von Finanzierungsinstrumenten im Profifußball sowie der Rolle von Diversität in Führungsgremien von Unternehmen als Bewertungsfaktor und der Frage nach einer erfolgreichen Implementierung klassischer Trading-Strategien im Intraday-Aktienhandel.

2 Theoretische und begriffliche Grundlagen

2.1 Finanzierungstheoretischer Hintergrund

2.1.1 Neo-klassische Kapitalmarkttheorie

Grundlegend für die neo-klassische Kapitalmarkttheorie9 und die dortige Bewertung von Projekten ist das Verständnis über den Zusammenhang zwischen den finanzwirtschaftlichen Größen Rendite und Risiko. Hierbei wird seitens der neo-klassischen Kapitalmarkttheorie zwar nicht grundsätzlich eine komplexe Umwelt sowie ein ebensolches Beziehungsgeflecht der Akteure untereinander negiert, sondern durch das Setzen von Annahmen im Sinne einer „as-if“-Betrachtung bewusst ausgeblendet (heterogene Motivations- und Interessenlagen von Akteuren sowie gegebenenfalls nicht rationales Verhalten auf dem Kapitalmarkt bleiben unberücksichtigt), um das Zusammenspiel der Größen Rendite und Risiko und deren Einfluss auf die Bewertung in den Analysefokus zu rücken (Perridon, Steiner & Rathgeber, 2017, S. 23f.; Oehler, 2002, S. 843f.). Folglich ist die neo-klassische Kapitalmarkttheorie nicht von ihrer Motivation her als realitäts- und praxisfern sowie normativ anzusehen – wie häufig von Nicht-Wirtschaftswissenschaftlern vorschnell geäußert; vielmehr zeichnet sie ein homomorphes Abbild der Kapitalmarktrealität im Rahmen einer Modellbetrachtung (Götze, 2014, 35ff.; Herberger, 2013, S. 38). Zwar entspricht eine Bewertung von Projekten in der neo-klassischen Kapitalmarktumgebung der marktorientierten Bewertung, gleichwohl nimmt die neo-klassische Kapitalmarkttheorie bei der Interpretation der Bewertungsergebnisse nicht für sich in Anspruch, eine marktorientierte Bewertung von Projekten in einem real existierenden Marktumfeld vorzunehmen, sondern sie versteht sich mit Fokus auf die Relation zwischen Rendite und Risiko vielmehr als eine Benchmark, mit deren Hilfe Abweichungen von der neo-klassisch marktorientierten Bewertung quantifiziert werden können. Dies ermöglicht überhaupt erst eine Identifikation möglicher „Bewertungsblasen“ an real existierenden Märkten (wenn die Relation zwischen Rendite und Risiko im Vergleich zur neo-klassischen Kapitalmarkttheorie nicht übereinstimmt). Wird eine solche Abweichung identifiziert, lassen sich die in der neo-klassischen Kapitalmarkttheorie getroffenen Annahmen dahingehend analysieren, ob diese bei der in der Realität zu beobachtenden marktorientierten Bewertung nicht erfüllt bzw. verletzt sind und dies ursächlich für die Bewertungsabweichung und deren Stärke ist. Einen Zusammenhang zwischen Corporate Governance & Control und marktorientierter Bewertung vor dem Hintergrund heterogener Motivations- und Interessenlagen von Share- und Stakeholdern, wie in der Einleitung dargestellt, existiert folglich nicht in der neo-klassischen Kapitalmarkttheorie. Anstrengungen im Zusammenhang mit Corporate Governance & Control hätten sogar keine Existenzberechtigung in der neo-klassischen Kapitalmarkttheorie, da diese Transaktionskosten verursachen, aber keinen Gegenwert liefern würden.

Welche Annahmen sind jedoch mit der neo-klassischen Modellwelt konkret verbunden? Das Postulat nach dem Homo oeconomicus als Marktakteur in einem solchen Marktumfeld mit seinen speziellen Verhaltensannahmen nimmt hierbei eine zentrale Rolle ein. Dieser Akteur lässt sich nach Franz (2004) anhand von sechs Eigenschaften beschreiben: Der „Homo oeconomicus“ handelt stets interessiert an seinem eigenen Nutzen (1) und geht dabei immer rational vor (2). Er maximiert hierbei seinen eigenen Nutzen (3), wobei er gleichzeitig Restriktionen unterliegt (4). Ferner hat er feststehende Präferenzen (5) und verfügt über alle am Markt existierenden Informationen (6) (Franz, 2004, S. 4–9). Erlei, Leschke und Sauerland (2016) wählen zwar eine ähnliche inhaltliche Ausrichtung, unterscheiden bei der Charakterisierung ihres „Homo oeconomicus-Modells“ aber zwischen drei grundlegenden Bausteinen (1. die Präferenzen des entscheidenden Individuums sind gegeben und konstant; 2. der Handlungsraum des entscheidenden Individuums ist bekannt, vollständig aber von Restriktionen betroffen; 3. die Wahlhandlung ergibt sich aus Präferenzen und Restriktionen) sowie sechs grundlegenden Prinzipien (1. Individualprinzip; 2. Prinzip der Problemorientierung; 3. Prinzip der Trennung zwischen Präferenzen und Restriktionen; 4. Rationalitätsprinzip; 5. Prinzip der Nicht-Einzelfall-Betrachtung; 6. Prinzip des methodologischen Individualismus) (Erlei, Leschke & Sauerland, 2016, S. 2–6). Somit stellt der „Homo oeconomicus“ einen Marktakteur dar, der immer als Nutzenoptimierer unter Nebenbedingungen (Restriktionen) zu verstehen ist und dieses Verhalten mit strikter Rationalität gleichzusetzen ist. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass ein Marktakteur als irrational in seinem Handeln gilt, wenn dieser nicht seinen Nutzen stets maximiert (Söllner, 2021, S. 97).

Neben dem Modellcharakter Homo oeconomicus stellt der vollkommene Markt ein zentrales Element der neoklassischen Kapitalmarkttheorie dar. Dieser Markttypus zeichnet sich dadurch aus, dass er den Homo oeconomicus als handelnden Akteur unterstellt und sich darüber hinaus folgendermaßen charakterisieren lässt: (1) Es fallen keinerlei Informationskosten für den Homo oeconomicus an, da jeder Akteur jederzeit über alle Informationen verfügt. (2) Es existieren weder Transaktionskosten noch Steuern. (1) und (2) zusammengenommen bedeuten, dass der vollkommene Markt auch als friktionslos bezeichnet werden kann. (3) Die auf dem Markt befindlichen Wertpapiere sind beliebig oft teilbar. (4) Es herrschen homogene Erwartungen unter den Marktteilnehmern, die alle dem Modell des Homo oeconomicus entsprechen. (5) Auf dem vollkommenen Kapitalmarkt herrscht vollkommene (atomistische) Konkurrenz. (6) Es besteht gleicher, ungehinderter und kostenloser Marktzugang für die Marktteilnehmer. Dieses Charakteristikum hat zur Folge, dass die gehandelten Wertpapiere unbeschränkt leerverkauft werden können und die Wertpapiere zu identischen Preisen ge- und verkauft werden können (Oehler et al., 2015, S. 36f.; Herberger, 2013, S. 40; Wendt, 2011, S. 12; Braun, 2009, S. 34f.; Laux & Schabel, 2009, S. 156; Oehler, 2006a, S. 298f.; Rudolph, 2006, S. 47; Oehler & Unser, 2002, S. 3; Laux, 1998, S. 105).

Neben der Forderung, dass ein neo-klassischer Kapitalmarkt die Eigenschaft aufweisen muss, vollkommen zu sein, hat dieser zusätzlich noch vollständig zu sein. Die genannten Eigenschaften sind folglich keine Synonyme. Ein vollständiger Markt ist so ausgestaltet, dass auf diesem jede beliebige Zahlungsstromcharakteristik mit Hilfe am Markt existierender Wertpapiere nachgebildet werden kann. Hierbei ist zu beachten, dass die Charakteristika der Wertpapiere und die zukünftigen Zahlungszeitpunkte als linear unabhängig voneinander anzusehen sind (Herberger, 2013, S. 40; Braun, 2009, S. 35 f; Dangl & Kopel, 2003, S. 45; Laux, 1998, S. 139). Jeder beliebige Zahlungsstrom, der ein Projekt repräsentiert, wäre dann unabhängig von der individuellen zeitlichen Struktur und Unsicherheit handelbar (Oehler et al., 2015, S. 37; Herberger, 2013, S. 40; Oehler & Unser, 2002, S. 3; Schmidt & Terberger, 1997, S. 91).

Die neo-klassische Kapitalmarkttheorie unterstellt somit ein Wirtschaftssystem, in dem der Homo oeconomicus als einziger Akteurstyp zukunftsgerichtet seine Ressourcen über seine gesamte Lebenszeit immer rational einsetzt, sensitiv auf Umweltveränderungen reagiert und alle verfügbaren Informationen, zu denen er durchweg ungehinderten und kostenlosen Zugang hat, in dieser holzschnittartigen Welt vollkommen eigenständig und richtig verarbeitet. Dies hat zur Folge, dass ein solches Wirtschaftssystem als Geflecht an vollständigen Verträgen zu interpretieren ist (Herberger, 2013, S. 40; Oehler, 2006a, S. 298ff.; Oehler, 2004a, S. 1).

Zwar sind die getroffenen Annahmen in der neo-klassischen Kapitalmarkttheorie zur Feststellung von in der Realität beobachtbaren Abweichungen durchaus nützlich, allerdings stellen diese ohne Frage auch einen sehr hohen Abstraktionsgrad von der Realität dar und führen zu einer starken Simplifizierung auf deskriptiver Ebene, da neben strengen (Verhaltens-)Annahmen über und zu den handelnden Akteuren folglich auch Institutionen und deren Rolle in realen Märkten sowie Corporate Governance & Control keine Rolle spielen. Faktisch hilft also die neo-klassische Kapitalmarkttheorie bei der Ursachenforschung für etwaige Bewertungsabweichungen zwischen neo-klassischer Kapitalmarktwelt und realem Marktumfeld (also über die Identifikation der Abweichung hinausgehend) und bei der Entwicklung eines Verständnisses hierüber kaum weiter (Richter & Furubotn, 2010, S. 1f.; Oehler, 2002, S. 844f.; Göbel, 2002, S. 29ff.; Oehler, 2000a, S. 978f.).

Die neuere Finanzierungstheorie, bestehend aus den Teildisziplinen neue Institutionenökonomik, Marktmikrostrukturtheorie, Behavioral Economics & Finance und Theorie der Finanzintermediation, wirft genau auf die Ursachenanalyse dieser möglichen Abweichungen ihr Schlaglicht und versucht, nicht als geschlossene Modellwelt, sondern als ein sich zum Teil ergänzendes zum Teil überlappendes Theoriengebilde Gründe für die Abweichungen zu finden, die beispielsweise in speziellen Marktstrukturen, in nicht rationalem Verhalten der Marktakteure, in einer Asymmetrie in der Informationsverteilung zwischen den Akteuren sowie in dem Wirken von Intermediären begründet sein können. In den nachfolgenden Subkapiteln werden die einzelnen Teildisziplinen der neueren Finanzierungstheorie kurz erläutert, um ein besseres Verständnis für das Beziehungsgeflecht sowie das mögliche Spannungsverhältnis zwischen den Akteuren in der Corporate Governance & Control in Verbindung mit der marktorientierten Bewertung zu...

Erscheint lt. Verlag 13.7.2023
Reihe/Serie Wissenschaftliche Beiträge aus dem Tectum Verlag: Wirtschaftswissenschaften
Verlagsort Baden-Baden
Sprache deutsch
Themenwelt Wirtschaft Betriebswirtschaft / Management Finanzierung
Schlagworte Bewertungsfaktor • companies • Diversität • Diversity • Economic Decision Making • Financial Valuation • Financing • financing tools • Finanzierung • Finanzierungsinstrumente • finanzwirtschaftliche Bewertung • führungsgremien • Fußball • GOVERNING BODIES • human capital valuation • Humankapitalbewertung • impleme • Implementierung • Intraday-Aktienhandel • Investitionsprojekte • investment projects • klassischer Trading-Strategien • market-based valuation • marktorientierte Bewertung • ökonomische Entscheidungsfindung • professional soccer • Profifußball • Sport • strategic implications • strategische Implikationen • Unternehmen • valuation factor
ISBN-10 3-8288-7995-0 / 3828879950
ISBN-13 978-3-8288-7995-9 / 9783828879959
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