Mitarbeiterbefragungen (eBook)

Anwendungsfelder - Vorgehen - Praxismethoden?
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
132 Seiten
Schäffer-Poeschel Verlag
978-3-7910-5980-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Mitarbeiterbefragungen -  Ralf Mielke,  Christian Bleis
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Mitarbeiterbefragungen gehören heute viel stärker zum Repertoire in Unternehmen als in der Vergangenheit. Dennoch spielen Ängste rund um Anonymität sowie Furcht vor Konsequenzen eine wichtige Rolle bei der Durchführung jedweder Form von Mitarbeiterbefragungen, weshalb Vorsicht und Fingerspitzengefühl bei der Planung gefragt sind.  Das Buch stellt den Facettenreichtum rund um das Thema Mitarbeiterbefragungen kompakt, mit vielen Beispielen, praxisnah und umsetzungsorientiert dar. Die Autoren betrachten zentrale und wiederkehrende Aspekte bei der Konzeption, Durchführung und Bearbeitung von Mitarbeiterbefragungen und bieten? geeignete Vorgehensweisen für unterschiedliche Zwecke und Situationen an. Dabei berücksichtigen sie unterschiedliche Blickwinkel auf das Thema, insbesondere die Management-, die HR- und die Organisationsperspektive, die im Rahmen der Prozessarchitektur einen relevanten Beitrag zum Gelingen von Befragungen leisten. ?   ?Die digitale und kostenfreie Ergänzung zu Ihrem Buch auf myBook+: - E-Book direkt online lesen im BrowserJetzt nutzen auf mybookplus.de. ?

Ralf Mielke studierte Soziologie und Statistik in Frankfurt am Main und Essex. Er gründete mehrere Unternehmen, u. a. die Goldpark AG, für die er heute noch beratend aktiv ist. Beruflich kümmert er sich am liebsten um komplexe Veränderungsprozesse, wie z. B. Post Merger Integration oder die Begleitung von Executives in Fragen der Unternehmensentwicklung.

Ralf Mielke Ralf Mielke studierte Soziologie und Statistik in Frankfurt am Main und Essex. Er gründete mehrere Unternehmen, u. a. die Goldpark AG, für die er heute noch beratend aktiv ist. Beruflich kümmert er sich am liebsten um komplexe Veränderungsprozesse, wie z. B. Post Merger Integration oder die Begleitung von Executives in Fragen der Unternehmensentwicklung. Christian Bleis Prof. Dr. Christian Bleis hat eine Professur für internes Finanz- und Rechnungswesen an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin und forscht u. a. zu den Themen Kommunikation und Corporate Finance. Er lehrt im In- und Ausland, ist gefragter Gastredner und Autor zahlreicher Veröffentlichungen. Er war zunächst in der Bankwirtschaft tätig und später geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung A+b Consulting + Training GbR.

1.4 Die Mitarbeiterbefragung – historisch betrachtet


Mitarbeiterbefragungen sind in!

Mitarbeiterbefragungen sind in! Das ist nicht überraschend. Es ist die logische Konsequenz der beschriebenen Entwicklungen der Organisationen, der Arbeitsausgestaltung und der Rolle des arbeitenden Menschen. Es gibt heutzutage kaum noch ein erfolgreich geführtes Unternehmen, das nicht regelmäßig Mitarbeiterbefragungen durchführt. Anders formuliert: Erfolgsorientierte Unternehmen können es sich schlichtweg nicht mehr erlauben, auf Mitarbeiterbefragungen zu verzichten.

Anlässe zur Durchführung einer Mitarbeiterbefragung gibt es viele. Die Palette reicht von der Kurzabfrage der allgemeinen Zufriedenheit bis zur Initialzündung für eine strategische Neuausrichtung des Unternehmens. Um die zunehmende Bedeutung, aber auch die häufig so unterschiedlichen Anlässe und Arten einer Mitarbeiterbefragung besser zu verstehen, lohnt sich auch hier ein Blick in die Vergangenheit.

Was ist schon schwierig an einer Befragung?

Richtig! Menschen werden befragt. Man zeichnet ihre Antworten auf und fasst die Ergebnisse zusammen. So what?

Die ursprünglichste Form einer solchen Erfassung lässt sich bereits um 3.800 v. Chr. in Form einer Volkszählung in Babylonien nachweisen. Seitdem wurden immer wieder Menschen – oder zumindest waffenfähige Männer – vor allem für steuerliche oder militärische Zwecke gezählt. Auch das Römische Reich führte Volkszählungen seit 600 v. Chr. regelmäßig alle fünf Jahre durch. Eine dieser Volkszählungen war Hintergrund der bekanntesten Geschichte der Welt.

»Es geschah aber in jenen Tagen, dass eine Verordnung vom Kaiser Augustus ausging, den ganzen Erdkreis einzuschreiben. … Und alle gingen hin, um sich einschreiben zu lassen, ein jeder in seine Stadt. Es ging aber auch Josef von Galiläa … mit Maria, seiner Verlobten, die schwanger war.«

Elberfelder Bibel, revidierte Fassung, Wuppertal 2006, Lukas 2

Die Ergebnisse solcher Erhebungen wurden meist geheim gehalten. Bis ins 18. Jahrhundert galten sie überwiegend als streng vertrauliche, vor konkurrierenden Staaten zu schützende Informationen und blieben im Labyrinth der staatlichen Verwaltung verborgen. Dieses Schattendasein änderte sich vor 200 Jahren grundlegend. Verantwortlich dafür sind vor allem vier wissenschaftliche Meilensteine, die zu der Professionalisierung von Befragungen führten.

Die moderne Befragung ist eine Forschungsmethode. Sie gewinnt systematisch Informationen über Einstellungen, Meinungen, Wissen und Verhaltensweisen von Menschen, die für die heutige Wirtschaftswelt so immens wichtig sind. Welches waren nun aber die vier entscheidenden Entwicklungssprünge, die der Befragung den Weg zu ihrer heutigen Bedeutung ebneten?

Dem gemeinen Bürger oder gar Leibeigenen wurde nicht zugetraut, korrekt zu antworten.

Der erste Meilenstein ist die direkte Befragung. Bis ins 19. Jahrhundert wurden Befragungen meist indirekt durchgeführt. So wurde im Mittelalter nicht etwa das Volk direkt befragt, sondern in der Regel besondere Autoritäten wie Kleriker oder Adlige. Dem gemeinen Bürger oder gar Leibeigenen wurde nicht zugetraut, korrekt zu antworten. Selbst Karl Marx erhob die Informationen über die Arbeitsbedingungen des gemeinen Mannes nicht bei den Arbeitern selbst, sondern befragte Fabrikeigentümer oder »glaubwürdige« Sozialisten. Es war also revolutionär, als Henry Mayhew im frühen 19. Jahrhundert Fabrikarbeiter und Slumbewohner in England direkt nach ihren Lebens- und Arbeitsbedingungen befragte.

Charles Dickens (1812–1870) wurde stark von den Studien Meyhews beeinflusst. So prangerte Dickens beispielsweise in Oliver Twist die gesellschaftlichen Missstände des viktorianischen Zeitalters an. Der Waisenknabe Oliver wird körperlich und seelisch misshandelt, er erfährt nur von wenigen Menschen Güte und Barmherzigkeit. Die Armen und Kranken erscheinen als Aussätzige in einer Welt der Stärkeren und gesellschaftlich Höhergestellten. Ungerechtigkeit, Hunger und Tod sind ständige Wegbegleiter. So schafft es Dickens gekonnt, seiner Leserschaft das Problem der Armut und daraus folgender Kriminalität nahezubringen. Dies waren genau die Aspekte, die Meyhew in seinen Studien herausgearbeitet hatte. Der überragende Erfolg des Gesellschaftsromans Oliver Twist machte auf die schwierige Lage der Bevölkerung von Jacob’s Island, dem Slum in London, in dem Oliver Twist spielt, aufmerksam und löste einige erste Veränderungen aus. Es ist ein frühes, wenn auch etwas ungewöhnliches Beispiel, das den Sinn und die Wirkungsweise einer (Mitarbeiter-)Befragung aufzeigt.

Mit dem Wechsel zur direkten Befragung entfielen die geheimen Motive der Mittelmänner.

Ein entscheidender Vorteil der von Meyhew eingeführten direkten Befragung war: Mit dem Wechsel zur direkten Befragung entfielen die geheimen Motive der Mittelmänner, die die Befragungsergebnisse häufig verzerrten.

Die Kehrseite der direkten Befragung: Es handelt sich um groß angelegte Unterfangen. Zum Beispiel wurden von Meyhew Zehntausende Menschen befragt, um unvoreingenommene, wertfreie Ergebnisse zu generieren. Diesen Nachteil eliminierte der zweite Entwicklungssprung – die Stichprobe. So reichen heutzutage beeindruckende 1.000–1.600 Antworten aus, um akkurate Ergebnisse landesweiter Befragungen zu erhalten. Dies bedeutete eine drastische Senkung des Zeitaufwands und der Kosten direkter Befragungen.

Die beiden letzten Triebfedern hin zur modernen Befragung lieferten die Nutzung multivariater statistischer Analyseformen sowie die rasante Entwicklung der modernen Kommunikations- und Informationstechnologie. Das Zusammenspiel dieser vier wissenschaftlichen Meilensteine ermöglicht es, immer treffsicherer relevante Informationen und entscheidende Zusammenhänge aus dem häufig unübersichtlich wirkenden Datenmeer herauszufiltern – ein Gütesiegel guter (Mitarbeiter-)Befragungen.

Ursprünge der modernen Mitarbeiterbefragung

Befragungen sind, wie gezeigt wurde, also keine Erfindung des 21. Jahrhunderts. Auch die ersten Mitarbeiterbefragungen gehen zurück bis ins 18. Jahrhundert.

18. Jahrhundert

Am 29. September 1736 erließ der »Soldatenkönig« Friedrich Wilhelm I. ein Edikt, um mehr Transparenz und Qualität in wichtigen Positionen zu schaffen. In sogenannten Konduitenlisten wurden in Preußen wesentliche Fragen über Lebenslauf, Verhalten und Befähigung von Predigern, Soldaten und Schullehrern festgehalten. So wurden beispielsweise Soldaten der preußischen Infanterie nach der Stimmung in der Mannschaft und nach dem Verhalten der Offiziere befragt. Unter anderem erkundigte man sich, ob der vorgesetzte Offizier ein Säufer sei.

19. Jahrhundert

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hielt die Mitarbeiterbefragung auch in Wirtschaftsunternehmen Einzug. In französischen Fabriken wurden erste Formen von Mitarbeiterbefragungen genutzt, um mehr über die Lebensverhältnisse der Angestellten zu erfahren.

Anfang des 20. Jahrhunderts

Anfang des 20. Jahrhunderts fanden in den USA erste wirtschaftlich motivierte Studien auf Basis von Mitarbeiterbefragungen statt. Die wohl bekanntesten stellen die von 1924 bis 1932 in den USA durchgeführten Hawthorne-Studien dar. Dabei wurden gut 20.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu ihren Arbeitsbedingungen befragt. Ursprüngliche Intention der Experimente war, den Einfluss diverser Faktoren auf die Arbeitsleistung empirisch festzuhalten, um eine noch schnellere und kostengünstigere Arbeitsbewältigung zu erreichen.

Über Jahre hinweg wurden insgesamt sechs Untersuchungsreihen durchgeführt. Die entscheidenden Erkenntnisse brachte die letzte Studie im Bank Wiring Observation Room (1931–1932), in dem zwei Gruppen von Arbeiterinnen beobachtet wurden. Über einen längeren Zeitraum hielt man die Arbeitsbedingungen in der einen Gruppe strikt konstant, während in der anderen Gruppe kontinuierlich Modifikationen erfolgten.

Im Laufe der Untersuchungen, die immer mit Befragungen beider Gruppen einhergingen, stiegen die Arbeitsergebnisse beider Gruppen. Dies überraschte, denn die eine Gruppe arbeitete ja immer unter den gleichen Arbeitsbedingungen. Die Forscher suchten nach Erklärungen und stießen schließlich auf soziale Phänomene, wie die Motivation, die aus der reinen Anwesenheit der Forscher folgt, den Einfluss von Gruppengesprächen über die Experimente oder die allgemeine Bedeutung der Wertschätzung. Auf ihrer empirischen Entdeckungsreise erkannten die Forscher also eher durch Zufall den Menschen als sozial motiviertes Gruppenwesen.

Die wichtigsten Erkenntnisse der Hawthorne-Studien:

Der Mensch ist ein soziales Wesen mit individuellen Werten, Gefühlen und Erwartungen. Sein Verhalten hängt von vielen Einflüssen ab. So bezieht er seine Motivation vorwiegend aus kommunikativen und sozialen Beziehungen. Auch wird er durch die Einbindung in die Gruppe stärker beeinflusst als durch...

Erscheint lt. Verlag 8.9.2023
Verlagsort Freiburg
Sprache deutsch
Themenwelt Wirtschaft Betriebswirtschaft / Management
Schlagworte Cultural Change • Diagnose • Feedback • Mitarbeiterbefragungen • Mitarbeiter-Feedback • Mitarbeiterleistung • ntervention • Prozessarchitektur • Transformation
ISBN-10 3-7910-5980-7 / 3791059807
ISBN-13 978-3-7910-5980-8 / 9783791059808
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