Die Psychologie des Totalitarismus (eBook)
272 Seiten
Europa Verlag GmbH & Co. KG
978-3-95890-543-6 (ISBN)
Mattias Desmet ist Professor für Klinische Psychologie an der Abteilung für Psychoanalyse und klinische Beratung der Universität Gent. Die Forschung der Abteilung ist stark klinisch und praxisorientiert ausgerichtet. In seinem Forschungsprogramm konzentriert er sich auf Prozess und Ergebnis psychoanalytischer Psychotherapie. Auf methodischer Ebene kombiniert er Einzelfallmethodik mit randomisierten Gruppendesigns und quantitative mit qualitativer Bewertung. Darüber hinaus arbeitet er als Klinischer Psychologe in seiner eigenen psychoanalytischen Praxis, veröffentlichte an die 50 wissenschaftliche Artikel und ist Autor von mehreren Büchern wie 'The pursuit of objectivity in psychology' und 'Lacan's logic of subjectivity'. Mattias Desmet ist außerdem einer der Gründer des Single Case Archive (www.singlecasearchive.com), einer Datenbank, die eine große Anzahl veröffentlichter Einzelfallstudien zum Verlauf und Ergebnis von Psychotherapie sammelt und kategorisiert. Arne Braun studierte Germanistik und Niederlandistik und arbeitete anschließend als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Abteilung Niederlandistik der Universität Leipzig. Heute lebt sie als freie Übersetzerin in Leipzig und überträgt Romane, Erzählungen und Sachbücher aus dem Niederländischen ins Deutsche.
Mattias Desmet ist Professor für Klinische Psychologie an der Abteilung für Psychoanalyse und klinische Beratung der Universität Gent. Die Forschung der Abteilung ist stark klinisch und praxisorientiert ausgerichtet. In seinem Forschungsprogramm konzentriert er sich auf Prozess und Ergebnis psychoanalytischer Psychotherapie. Auf methodischer Ebene kombiniert er Einzelfallmethodik mit randomisierten Gruppendesigns und quantitative mit qualitativer Bewertung. Darüber hinaus arbeitet er als Klinischer Psychologe in seiner eigenen psychoanalytischen Praxis, veröffentlichte an die 50 wissenschaftliche Artikel und ist Autor von mehreren Büchern wie "The pursuit of objectivity in psychology" und "Lacan's logic of subjectivity". Mattias Desmet ist außerdem einer der Gründer des Single Case Archive (www.singlecasearchive.com), einer Datenbank, die eine große Anzahl veröffentlichter Einzelfallstudien zum Verlauf und Ergebnis von Psychotherapie sammelt und kategorisiert. Arne Braun studierte Germanistik und Niederlandistik und arbeitete anschließend als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Abteilung Niederlandistik der Universität Leipzig. Heute lebt sie als freie Übersetzerin in Leipzig und überträgt Romane, Erzählungen und Sachbücher aus dem Niederländischen ins Deutsche.
„Über medizinische Kontroversen hinaus bietet dieses Buch einen unverzichtbaren Einblick in das soziale Phänomen, das wir COVID nennen.“
Charles Eisenstein (Autor u.a. von "Die Krönung")
„Mattias Desmets [Theorie der Massenbildungshypnose] ist großartig … Als ich anfing, danach Ausschau zu halten, sah ich sie überall.“
Eric Clapton
„Mattias Desmet ist der weltweit führende Experte für das Phänomen der Massenbildung – und einer der aufrichtigsten, nachdenklichsten und bedeutendsten Intellektuellen des 21. Jahrhunderts. Wenn Sie verstehen wollen, warum und wie sich die Reaktion auf die Coronavirus-Pandemie auf gesellschaftlicher Ebene so entwickelt hat und – was noch wichtiger ist – wie man verhindern kann, dass sich eine solche Travestie wiederholt, ist Die Psychologie des Totalitarismus eine unverzichtbare Lektüre. Desmet zeigt uns, wie wir unsere Menschlichkeit in einer zunehmend entmenschlichten und mechanisierten Welt zurückgewinnen können.“
Dr. Reiner Fuellmich (Prozessanwalt, Mitbegründer des Berliner Corona-Untersuchungsausschusses)
„Desmets Buch ist ein Weckruf an viele Menschen, er macht uns klar, in welch gefährlicher Lage wir uns befinden, indem er auf brillante Weise beschreibt, was uns an diesen Punkt gebracht hat.“
Robert F. Kennedy jr.
„Eines der wichtigsten Bücher, die ich je gelesen habe.“
Ivor Cummins (The Fat Emperor Podcast)
EINLEITUNG
Ein Buch über Totalitarismus zu schreiben – dieser Gedanke kam mir zum ersten Mal am 4. November 2017. Oder besser gesagt: An diesem Tag tauchte er zum ersten Mal in meinem wissenschaftlichen Tagebuch auf – einem Heft, in das ich alles hineinkritzele, was ich möglicherweise irgendwann einmal für einen Artikel oder ein Buch gebrauchen könnte.
Zu dieser Zeit hielt ich mich im Chalet eines befreundeten Paares in den Ardennen auf. Am frühen Morgen, wenn das aufkommende Licht den Wäldern rings um das Chalet ihre Farben und Klänge zurückgibt, schlage ich dort gern mein Tagebuch auf, um die Gedanken aufzuschreiben, die sich nachts gesponnen haben. Vielleicht war es die Ruhe der mich umgebenden Natur, die mich empfänglicher dafür machte – an jenem Morgen im November nahm ich real und akut einen neuen Totalitarismus wahr, der sich langsam aus seinem Samen löste und das Gewebe der Gesellschaft erstarren ließ.
Man konnte es damals eigentlich schon nicht mehr leugnen: Der Einfluss des Staates auf das Privatleben des Individuums nahm immer mehr zu. Das Recht auf Privacy bröckelte (insbesondere seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001), alternative Stimmen wurden zunehmend zensiert und sanktioniert (vor allem im Kontext der Klimadebatte), die Zahl übergriffiger Aktionen der Sicherheitsbehörden stieg exponentiell usw. Die Initiative ging dabei nicht nur vom Staat aus. Mit dem Aufkommen der Woke-Kultur und der Klimabewegung erhob sich der Ruf nach einem neuen, hyperstrengen Staat auch aus der Bevölkerung selbst. Terroristen, Klimawandel, heterosexuelle Männer und später auch Viren waren zu gefährlich, um ihnen mit antiquierten Mitteln beizukommen. Das technologische »Tracking und Tracing« der Bevölkerung wurde zunehmend für vertretbar und sogar notwendig erachtet. Die von Hannah Arendt beschworene dystopische Zukunftsvision, dass nach dem Fall des Nationalsozialismus und des Stalinismus eine neue Form des Totalitarismus entstehen würde – ein Totalitarismus, der nicht mehr von markanten »Mobführern« wie Josef Stalin oder Adolf Hitler bestimmt werden würde, sondern von trockenen Bürokraten und Technokraten –, zeichnete sich bereits realistisch am gesellschaftlichen Horizont ab.
An dem bewussten Morgen skizzierte ich den Grundriss eines Buchs, in dem ich die psychologischen Wurzeln des Totalitarismus untersuchen wollte. Ich stellte mir zunächst die Frage: Warum entstand diese radikal neue Staatsform zum ersten Mal in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts? Und: Worin unterscheidet sie sich von den klassischen Diktaturen der Vergangenheit? Der Kern dieses Unterschieds liegt auf psychologischer Ebene. Diktaturen beruhen auf einem primitiven psychologischen Mechanismus, nämlich auf der Furcht, die das aggressive Potenzial des diktatorischen Regimes der Bevölkerung einflößt. Der totalitäre Staat dagegen basiert auf dem beeindruckenden psychologischen Prozess der Massenbildung. Nur eine gründliche Analyse dieses Prozesses erlaubt es, die geradezu verblüffenden Merkmale einer totalitarisierten Bevölkerung zu verstehen, wie die radikale Bereitschaft der Individuen, ihre persönlichen Interessen aus Solidarität mit dem Kollektiv (d. h. mit der Masse) zu opfern, die Intoleranz gegenüber dissidenten Stimmen und die Empfänglichkeit für absurde (pseudowissenschaftliche) Indoktrination und Propaganda.
Massenbildung ist im Grunde eine Form von Gruppenhypnose, die Individuen jeglicher Fähigkeit zu kritischer Distanz und ethischem Bewusstsein beraubt. Dieser Prozess ist schleichend; eine Bevölkerung fällt ihm arglos zum Opfer. Um es mit Yuval Noah Harari zu sagen: Die meisten Menschen würden es nicht bemerken, wenn sich ein totalitärer Staat installieren würde. Wir assoziieren Totalitarismus vor allem mit Arbeits-, Konzentrations- und Vernichtungslagern, aber das ist nur der letzte, erschütternde Schritt in einem langen Prozess.
In den Monaten und Jahren, die jenen ersten Notizen folgten, tauchten mehr und mehr Hinweise auf Totalitarismus in meinem Tagebuch auf. Sie spannen sich zu immer längeren Fäden, die sich organisch mit den anderen Themen meines wissenschaftlichen Interesses verbanden. Das psychologische Problem des Totalitarismus berührte zum Beispiel die tiefe Krise, die 2005 die Wissenschaften ereilte, ein Thema, das ich in meiner Dissertation ausführlich untersucht habe. Es zeigte sich, dass Nachlässigkeiten, Fehler, forcierte Schlussfolgerungen und sogar regelrechter Betrug in wissenschaftlichen Untersuchungen so weit verbreitet waren, dass ein erschütternd hoher Prozentsatz der Forschungsartikel – in manchen Wissenschaftsgebieten bis zu 85 Prozent – zu völlig falschen Ergebnissen kommt. Und was aus psychologischer Sicht am interessantesten ist: Die meisten Wissenschaftler sind dabei der Überzeugung, mehr oder weniger korrekt zu handeln. Aus irgendeinem Grund begreifen sie nicht, dass ihre Forschungsmethode sie nicht näher an die »Fakten« oder die »Realität« bringt, sondern vielmehr eine fiktive Wirklichkeit kreiert.
Das ist natürlich ein ernstes Problem, zumal für eine Gesellschaft, die blindes Vertrauen in die Wissenschaft hat. Und dieses Problem hängt direkt mit dem Phänomen des Totalitarismus zusammen. Genau das zeigt uns die deutsch-jüdische Philosophin Hannah Arendt: Die Grundströmung des Totalitarismus ist der blinde Glaube an eine Art statistisch-zahlenmäßig untermauerte »wissenschaftliche Fiktion«, die eine »bemerkenswerte Verachtung für Tatsachen«1 aufweist: »Das ideale Subjekt der totalitären Herrschaft ist nicht der überzeugte Nazi oder der überzeugte Kommunist, sondern Menschen, für die die Unterscheidung zwischen Fakt und Fiktion […] und die Unterscheidung zwischen wahr und falsch […] nicht mehr existiert.«2
Die mangelhafte Qualität wissenschaftlicher Untersuchungen deckt ein fundamentaleres Problem auf: Mit unserem wissenschaftlichen Weltbild stimmt etwas nicht. Und die Folgen davon reichen weit über die akademische Forschung hinaus. Sie sind auch der Ursprung eines tiefen Unbehagens, das in den letzten Jahrzehnten in der Gesellschaft immer spürbarer wurde. Das Zukunftsbild ist zunehmend von Pessimismus und Perspektivlosigkeit gezeichnet. Wenn unsere Gesellschaft nicht durch die steigenden Meere hinweggespült wird, dann durch den Flüchtlingsstrom. Die Große Erzählung dieser Gesellschaft – die Erzählung der Aufklärung – führt, um es vorsichtig zu formulieren, nicht mehr zu dem Optimismus und Positivismus von einst. Der psychologische Zustand der Gesellschaft zeugt davon. Ein großer Teil der Bevölkerung befindet sich in einer nahezu kompletten sozialen Isolation; die Zahl der Krankschreibungen wegen psychischer Leiden und der Gebrauch von Psychopharmaka steigen exponentiell; die Diagnose Burn-out nimmt epidemische Formen an und gefährdet das Funktionieren von Betrieben und Behörden.
2019 wurde dieses Dilemma auch in meinem eigenen beruflichen Umfeld deutlich spürbar. Um mich herum fielen so viele Kollegen wegen psychischer Probleme aus, dass der Fortgang der täglichen Arbeit ernsthaft beeinträchtigt war. Beispielsweise kostete es mich in jenem Jahr fast neun Monate, einen Vertrag unterzeichnet zu bekommen, den ich benötigte, um ein Forschungsprojekt starten zu können. In den universitären Dienststellen, die den Vertrag prüfen und bewilligen mussten, war immer irgendjemand wegen psychischer Probleme krankgeschrieben. Alle gesellschaftlichen Stressindikatoren stiegen in dieser Periode exponentiell an. Wer mit Systemtheorie vertraut ist, weiß sehr gut, was das bedeutet: Das System steuert auf einen Kipppunkt zu; es beginnt, sich zu reorganisieren und nach einem neuen Gleichgewicht zu suchen.
Ende Dezember 2019 – in demselben Ardenner Chalet, von dem schon die Rede war – wagte ich vor der anwesenden Runde von Freunden eine kleine Prophezeiung: Wir werden eines nicht fernen Tages in einer anderen Gesellschaft aufwachen. Diese Eingebung verleitete mich sogar dazu, aktiv zu werden. Einige Tage später ging ich zur Bank, um den Kredit für mein Haus abzubezahlen. Ob das nun vernünftig war oder nicht, ist eine Frage der Perspektive. Aus rein wirtschaftlich-steuerlicher Sicht vielleicht nicht, aber darum ging es mir gar nicht so sehr. Ich wollte vor allem meine Souveränität zurück, wollte nicht mehr einem Finanzsystem verpflichtet und an ihm mitschuldig sein, das meiner Auffassung nach mitverantwortlich war für die gesellschaftliche Sackgasse, in die wir zunehmend gerieten. Der Bankdirektor hörte sich meine Geschichte an – er stimmte mir sogar zu. Doch er wollte unbedingt wissen, woher ich die Entschlossenheit nahm, auch zur Tat überzugehen. Selbst ein anderthalbstündiges Gespräch genügte nicht, um die Leere dieser Frage zu füllen. Ich ließ ihn endlich lange nach Schließzeit nachdenklich und grübelnd in seiner Filiale zurück, die kurz darauf dichtgemacht wurde.
Ein paar Monate später – im Februar 2020 – begann das Weltdorf in seinen Grundfesten zu beben. Es kündigte sich...
Erscheint lt. Verlag | 24.2.2023 |
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Übersetzer | Arne Braun |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft ► Wirtschaft |
Wirtschaft ► Allgemeines / Lexika | |
Schlagworte | Aggression • Ängste • Angstkultur • Aufklärungstradition • cancel culture • Coronavirus • Covid-19 • Covid19-Pandemie • Covid-Krise • Einsamkeit • faschisten • Feminismus • Frustration • Geheimdienste • Gesundheit • Gruppendenken • Hannah Arendt • individuums • Karl Popper • klimabewegung • Klimawandel • kollektiver Hypnose • Kommunismus • Mangels an sozialen Bindungen • Manipulation • manipulativen Technologien • Massenbildung • Massenmedien • Massenpsychose • Mattias Desmet • medienkonsums • Minderheiten • narrativen • Nationalsozialismus • Pandemie • privacy • Privatleben • Rassismus • (Selbst-)Zensur • Sinnhaftigkeit • Stalinismus • Totalitarismus • Totalitarismusmodelle • Unzufriedenheit • Woke-Kultur |
ISBN-10 | 3-95890-543-9 / 3958905439 |
ISBN-13 | 978-3-95890-543-6 / 9783958905436 |
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