Schiedsverfahren in der Unternehmenspraxis -  Michael Hofstätter,  Gustav Flecke-Giammarco

Schiedsverfahren in der Unternehmenspraxis (eBook)

Rechtliche und wirtschaftliche Grundlagen der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
508 Seiten
Schäffer-Poeschel Verlag
978-3-7910-5727-9 (ISBN)
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Schiedsverfahren gewinnen sowohl auf nationaler wie internationaler Ebene zunehmend an Bedeutung. Dies gilt für mittelständische Unternehmen in gleicher Weise wie für Großkonzerne. Grund hierfür sind zahlreiche Vorteile, die Schiedsverfahren den Parteien im Vergleich zu staatlichen Gerichtsverfahren bieten: eigene Auswahl der Schiedsrichter und flexible Ausgestaltung des Verfahrens, kurze Verfahrensdauer und Vertraulichkeit sind nur einige hiervon. In der Praxis führen die zahlreichen Gestaltungsmöglichkeiten jedoch bei Parteien und ihren internen sowie externen Vertretern des Öfteren zu der Frage, welche Maßnahmen zur Steigerung der Verfahrenseffizienz für die konkrete Streitigkeit am besten geeignet sind.  In diesem Handbuch werden neben den allgemeinen Rechtsquellen der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit bestehende Möglichkeiten der Gestaltung von Schiedsverfahren aus juristischer, ökonomischer und vertragsgestalterischer Sicht beleuchtet. Dieses Handbuch nimmt Jurist:innen und Unternehmensvertreter:innen mit konkreten Handlungsanweisungen und Formulierungsvorschlägen bei der Planung und Durchführung des gesamten Schiedsverfahrens - vom Abschluss der Schiedsvereinbarung bis zur Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs - an die Hand und dient als praktischer Leitfaden zur Lösung häufig auftretender Probleme. Das Buch richtet sich insbesondere an Führungskräfte in international tätigen Unternehmen und Jurist:innen in Rechtsabteilungen, unterstützt aber auch Rechtsanwält:innen sowie Mediator:innen mit entsprechendem Schwerpunkt in ihrer täglichen Praxis. 

Michael Hofstätter Michael Hofstätter ist Gründungspartner der Kanzlei Peters Ortner Partners. Sein Schwerpunkt liegt auf der Vertretung in nationalen und internationalen Schiedsverfahren sowie in Ad-hoc-Schiedsverfahren. Des Weiteren wird er regelmäßig als Schiedsrichter bestellt. Neben der Schiedsgerichtsbarkeit ist er auch als Parteienvertreter in komplexen Gerichtsverfahren tätig. Gustav Flecke-Giammarco Gustav Flecke-Giammarco ist Gründungspartner der Kanzlei Seven Summits Arbitration. Er ist überwiegend als Parteivertreter und Schiedsrichter in komplexen nationalen und internationalen Schiedsverfahren tätig. Er verfügt über umfangreiche Erfahrung mit Ad-hoc-Schiedsverfahren und dient als Vorsitzender, Mitschiedsrichter, Einzelschiedsrichter und Eilschiedsrichter an zahlreichen europäischen Schiedsorten.

Michael Hofstätter Michael Hofstätter ist Gründungspartner der Kanzlei Peters Ortner Partners. Sein Schwerpunkt liegt auf der Vertretung in nationalen und internationalen Schiedsverfahren sowie in Ad-hoc-Schiedsverfahren. Des Weiteren wird er regelmäßig als Schiedsrichter bestellt. Neben der Schiedsgerichtsbarkeit ist er auch als Parteienvertreter in komplexen Gerichtsverfahren tätig. Gustav Flecke-Giammarco Gustav Flecke-Giammarco ist Gründungspartner der Kanzlei Seven Summits Arbitration. Er ist überwiegend als Parteivertreter und Schiedsrichter in komplexen nationalen und internationalen Schiedsverfahren tätig. Er verfügt über umfangreiche Erfahrung mit Ad-hoc-Schiedsverfahren und dient als Vorsitzender, Mitschiedsrichter, Einzelschiedsrichter und Eilschiedsrichter an zahlreichen europäischen Schiedsorten.

1.3 Wie kann die Schiedsklausel bzw. das Schiedsverfahren ökonomisch gestaltet werden?


Bei Vertragsverhandlungen wird der Bedeutung der Streitbeilegungsklausel häufig nur eine untergeordnete Rolle zugemessen – kein Wunder, dass die wenigsten Vertragspartner bei Abschluss eines Vertrages von einer zukünftigen Streitigkeit ausgehen. Oft werden Schiedsklauseln erst zum Abschluss diskutiert (daher auch häufig die Bezeichnung als »Mitternachts-« oder »Champagnerklauseln«).20 Unglücklicherweise kommt es aus diesen Gründen oftmals zu unpräzise formulierten Schiedsklauseln bzw. zu sogenannten »pathologischen Schiedsklauseln«, die etwa die Vorfrage der schiedsrichterlichen Entscheidungsbefugnis, der Zuständigkeit des angerufenen Schiedsgerichtes oder der Abhaltung und Ausgestaltung des Verfahrens zu strittigen Fragen machen können. Daher ist gerade die Formulierung der Schiedsvereinbarung der erste Schritt zu einer ökonomischen Streitschlichtung.

1.3.1 Modellklausel vs. individuell gestaltete Klausel


Schiedsklauseln werden häufig von den Parteien individuell formuliert. Hier besteht wie erwähnt die erhöhte Gefahr, dass die Klausel nicht klar formuliert und im Extremfall sogar ungültig sein könnte. Bei schlecht formulierten Schiedsklauseln frustrieren die Parteien große Geldsummen allein zur Klärung der Frage, ob das angerufene Schiedsgericht über die notwendige Entscheidungskompetenz über den gegenständlichen Konflikt verfügt. Als Alternative stehen den Vertragsparteien sogenannte Modellklauseln zur Verfügung. Hierbei handelt es sich um vorgefertigte Klauseln von Schiedsinstitutionen, die sämtliche zwingend notwendigen Bestandteile zur wirksamen Begründung der Zuständigkeit eines Schiedsgerichts im Fall einer rechtlichen Auseinandersetzung enthalten. Sind in einem konkreten Fall daher keine speziell berücksichtigungswürdigen Besonderheiten zu bedenken und die Parteien wollen für den Streitfall die Zuständigkeit eines Schiedsgerichtes vorsehen, stellen Modellklauseln eine wirksame Vereinfachung dar (s. hierzu im Detail Kap. 6). Wünschen die Parteien ein Ad-hoc-Verfahren (dazu sogleich), dann ist jedenfalls die Hinzuziehung eines Experten notwendig, wenngleich auch dieser auf bewährte Klauseln zugreift.

1.3.2 Ad-hoc- vs. institutionelle Schiedsverfahren


Grundsätzlich ist zwischen institutionellen und Ad-hoc-Verfahren zu unterscheiden.

Schiedsinstitutionen (etwa DIS, VIAC, ICC, SCA) stellen eigene Verfahrensordnungen, die den Ablauf des Verfahrens regeln, sowie eigene Kostenordnungen, die die Kosten der Verwaltung und der Schiedsrichterhonorare festlegen, zur Verfügung. Zudem nehmen Schiedsinstitutionen auch diverse Unterstützungsleistungen wahr, wie etwa die subsidiäre Ernennung von Schiedsrichtern, die Wahrnehmung von Schiedsrichterablehnungen oder, wie etwa im Falle der ICC, die Vorabüberprüfung des Schiedsspruchentwurfs (»Scrutiny«). Vereinfacht gesagt kümmern sich Schiedsinstitutionen um einen möglichst reibungslosen Ablauf des Verfahrens. Darüber hinaus werden Schiedsordnungen von etablierten Institutionen regelmäßig in Abstimmung mit erfahrenen Praktikern überarbeitet, um neuen Entwicklungen im Recht und in der internationalen Schiedspraxis, Rechnung zu tragen.

Im Ad-hoc-Verfahren sind die Parteien bzw. die Schiedsrichter für die Administration zuständig; die Verfahrensregeln können von den Parteien frei vereinbart werden; alternativ können die Parteien auch nur auf die Schiedsverfahrensregelungen einer Rechtsordnung verweisen. Alternativ steht ihnen auch noch die Vereinbarung von etablierten, vorgefassten Regeln zur Verfügung, die einen Rahmen für Schiedsverfahren ohne Involvierung von Schiedsinstitutionen bieten. Von praktischer Relevanz sind hier insbesondere die UNCITRAL Arbitration Rules.

Grob gesagt ist aus ökonomischer Sicht ein institutionelles Schiedsverfahren einem Ad-hoc-Verfahren meistens vorzuziehen. Bei einem Ad-hoc-Verfahren kommt es durch die Abhängigkeit von der Kooperationsbereitschaft der Parteien schnell zu Ineffizienzen. Beispielsweise kann eine Partei das Verfahren bereits zu Beginn erheblich verzögern, indem sie keinen Schiedsrichter ernennt und daher die (oft zeitraubende und somit auch kostenintensive) Hilfe eines staatlichen Gerichts zur Ersatzbestellung in Anspruch genommen werden muss. Außerdem müssen die Parteien selbst mit den potentiellen Schiedsrichtern über Honorare und Kostenvorschüsse verhandeln.21 Dies ist bei einem institutionellen Schiedsgericht nicht notwendig. Die Schiedsinstitution setzt Fristen, ernennt im Zweifelsfall den Schiedsrichter in kurzer Zeit und bestimmt das Honorar der Schiedsrichter. Zusätzlich haben Schiedsinstitutionen in ihren Regeln (auch) häufig Handlungsmöglichkeiten zur Beeinflussung der Verfahrensführung vorgesehen. Beispielsweise kann die Generalsekretärin der VIAC die Schiedsrichter indirekt zu einer effizienten Verfahrensführung bewegen, indem sie bei besonders effizienter Verfahrensführung das Schiedsrichterhonorar um bis zu 40 % erhöhen, und bei besonders ineffizienter Verfahrensführung bis zu 40 % reduzieren kann (vgl. Art. 44 Abs. 7 Wiener Regeln). Vergleichbare Möglichkeiten gibt es bei einem Ad-hoc-Schiedsgericht nicht. Die Kosten der jeweiligen Institution treten daher schnell in den Hintergrund.

Zu beachten bleibt aber in beiden Fällen eines Schiedsverfahrens, dass die nationalen Vorschriften des auf das Schiedsverfahren anwendbaren Rechts, der sog. lex arbitri (dies ist in aller Regel das Recht am Sitz des Schiedsgerichts), nicht nur dispositive Vorschriften, sondern zwingende Vorgaben beinhalten, von denen mittels einer Parteienvereinbarung (also auch bei Einigung auf ein institutionelles Verfahren) keinesfalls abgewichen werden kann und somit einen gewissen, wenngleich üblicherweise einen großzügigen Rahmen vorgeben. Diese nationalen zwingenden gesetzlichen Regelungen zum Schiedsverfahren sind daher immer zu beachten.

1.3.3 Einer vs. drei Schiedsrichter


Primär bestimmen die Parteien die Zusammensetzung des Schiedsgerichtes, wobei sich dieses in aller Regel aus einem oder drei Schiedsrichtern zusammensetzt. Eine Wahl darüber kann bereits in der Schiedsvereinbarung vorgesehen sein, aber auch erst nach Entstehen eines Streits getroffen werden. Die Entscheidung über die Anzahl und die Auswahl der Schiedsrichter kann allerdings auch einem Dritten, wie etwa einer Schiedsinstitution, übertragen werden.

Die Durchführung des Verfahrens durch nur einen Schiedsrichter hat einerseits den Vorteil, dass ein geringerer Organisations- und Koordinationsaufwand verursacht wird (etwa vereinfachte Terminkoordination) und naturgemäß weniger Kosten entstehen, sodass ein schnellerer Verfahrensgang möglich ist. Andererseits liegt es zunächst an den Streitparteien, sich auf die Person des Schiedsrichters zu einigen, was sich in der Praxis in einer Konfliktsituation regelmäßig schwierig gestaltet. Dieses Problem kann durch die Vereinbarung eines institutionellen Schiedsverfahrens, wodurch auch die Ernennung bei mangelnder Einigung auf diese Institution übertragen wird, abgefedert werden; denkbar wäre auch – insbesondere in einer Ad-hoc-Schiedsvereinbarung – die Bestimmung einer (ersatz-)benennenden Stelle bereits in der Schiedsklausel.

Der Einsatz von drei Schiedsrichtern lohnt sich vor allem bei komplexen Schiedsverfahren. Bei der Bestellung von drei Schiedsrichtern ist zwar das dreifache Schiedsrichterhonorar zu zahlen, jedoch ist auch die Bündelung des dreifachen Expertenwissens möglich. Jeder der Schiedsrichter könnte eine andere Staatsangehörigkeit haben und möglicherweise in einem anderen kulturellen und rechtlichen Umfeld aufgewachsen sein, sodass beide Parteien ihre Sichtweise auch im Entscheidungsorgan gut vertreten sehen.22

Zusammengefasst sollte insbesondere die Komplexität eines Rechtsstreits, aber auch die Höhe des Streitwertes, die einen Einfluss auf die Anzahl der Schiedsrichter haben. Diese Punkte sind jedoch bei Abschluss einer Schiedsvereinbarung oft nur schwer vorhersehbar. Dem kann in einem gewissen Maß nur dadurch begegnet werden, dass bereits in der Schiedsklausel oder in den institutionellen Schiedsregeln eine Wertgrenze festgelegt wird, ab der nicht mehr ein, sondern drei Schiedsrichter bestellt werden. Die Komplexität einer zukünftigen schiedsgerichtlichen Auseinandersetzung ist kaum vorhersehbar, diesbezüglich ist insbesondere die Erfahrung der Rechtsvertretung von besonderem Wert – weshalb auch bereits bei Vertragsverhandlungen die Beiziehung eines Schiedsrechtsspezialisten einen wesentlichen Mehrwert hat. Zur Auswahl des »richtigen« Schiedsrichters verweisen wir auf das Kap. 8.

1.3.4 Sitz, Sprache und Recht


In einer »optimalen« Schiedsklausel sind bereits der Sitz des Schiedsgerichts und die Verfahrenssprache geregelt. Wird dies nicht durch die Parteien festgelegt, muss dies durch die Schiedsinstitution oder das Schiedsgericht bestimmt werden. Dies kann bereits zu Beginn des Verfahrens zu einer Verzögerung führen, bevor sich das Schiedsgericht dem materiellen Streitinhalt widmen kann.

Die Entscheidung über das anwendbare materielle Recht ist immer dem Schiedsgericht vorbehalten, falls dieses nicht ohnehin schon in dem der Streitigkeit zugrundeliegenden Vertrag bestimmt wurde. Auch insoweit empfiehlt es sich aus Sicht der Autoren zur Vermeidung späterer Streitigkeiten und der damit verbundenen Kostenfolgen oder Verzögerungen des Schiedsverfahrens immer, bei...

Erscheint lt. Verlag 13.6.2024
Verlagsort Freiburg
Sprache deutsch
Themenwelt Wirtschaft Volkswirtschaftslehre
Schlagworte ceta • DIS-Schiedsgerichtsverordnung • Gericht • ICC-Schiedgerichtsverordnung • Internationale Schlichtungsverfahren • Schiedsgerichtsbarkeit • Schiedsverfahren • Vollstreckbarkeit • Wirtschaftsrecht
ISBN-10 3-7910-5727-8 / 3791057278
ISBN-13 978-3-7910-5727-9 / 9783791057279
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