Happiness at Work - Der essenzielle Faktor für Unternehmenserfolg (eBook)
204 Seiten
Haufe Verlag
978-3-648-15859-3 (ISBN)
Selma Fehrmann ist Organisationspsychologin und verfügt über langjährige internationale HR-Erfahrung. Sie ist Executive Coach und Inhaberin der Unternehmensberatung FLORITIVE.
Selma Fehrmann Selma Fehrmann ist Organisationspsychologin und verfügt über langjährige internationale HR-Erfahrung. Sie ist Executive Coach und Inhaberin der Unternehmensberatung FLORITIVE.
5.1 Spotlight Deutschland
Pünktlich, effizient, formal, fleißig und genau – das sind einige gängige Stereotypen über Deutschen bei der Arbeit. Wohlbefinden, Spaß, Glück und Selbstführung werden nicht unbedingt mit der deutschen Arbeitskultur in Verbindung gebracht. Warum ist das so?
Deutschland, bekannt für seine wirtschaftliche Stärke und produktive Arbeitskultur, hat das Glück am Arbeitsplatz lange Zeit nicht vollständig angenommen. Ich sehe drei Erklärungen dafür:
Erklärung 1: Kulturelle Werte
Interkulturelle Forschung bestätigt, dass die deutsche Kultur traditionell einen starken Schwerpunkt auf Disziplin, harte Arbeit, Leistung und Erfolg legt (Hofstede, 2001, 1984). Das Wertesystem wird bereits in der Grundschule geformt. Die Schule ist in Deutschland geprägt vom »Ernst des Lebens«. Leistung und das Streben nach Exzellenz in einem Bereich sind oft die vorherrschenden Ziele, sowohl in der Schule, als auch im beruflichen Umfeld. Es gibt auch Länder, in denen Lebensqualität ein Zeichen für Erfolg ist und es kein Ziel ist, sich von der Masse abzuheben (zum Beispiel in den Niederlanden und Dänemark). In diesen Kulturen ist »Liebe, was du tust« ein stärkerer Motivator als »Sei der Beste«. In Ländern mit solchen kulturellen Ausprägungen wird es kulturell bedingt als erstrebenswerter oder normal angesehen, persönliches Glück bei der Arbeit und im Leben zu priorisieren.
Erklärung 2: Historisches Erbe
Deutschland hat eine Geschichte der Industrialisierung und einen starken Fokus auf Produktivität. Dies könnte in der Vergangenheit die Bedeutung von Mitarbeiterwohlbefinden und Glück überlagert haben. Ein gutes Beispiel dafür findet sich in dem Wort »Feierabend«. Es umfasst die Idee, dass die Menschen erst nach getaner Arbeit Zeit für Persönliches, für Genuss, soziale Kontakte und vergnügliche Aktivitäten haben. Das Wort »Feierabend« entstammt den Zeiten der Industrialisierung im 19. Jahrhundert in Deutschland, als Arbeiter für bessere Arbeitsbedingungen und kürzere Arbeitszeiten kämpften. Die Idee, nach der Arbeit Zeit für Entspannung und Vergnügen zu haben, gewann daher an Bedeutung. Obwohl das Markieren des Endes des Arbeitstages zu einer gesunden Work-Life-Balance beitragen kann, impliziert das Wort »Feierabend« auch, dass die Arbeitszeit das Gegenteil von etwas ist, das mit Freude, positive Emotionen und Selbstverwirklichung verknüpft ist.
Erklärung 3: Führungsstile
Die berufliche Landschaft Deutschlands wird oft noch von hierarchischen Strukturen geprägt, die Respekt vor Autorität betonen. Diese Strukturen fördern möglicherweise nicht immer eine offene Kommunikation und den Umgang mit persönlichen Emotionen, die entscheidenden Faktoren für das Fördern von Arbeitsglück sind. Historisch gesehen wurden Arbeit und Privatleben in Deutschland als streng getrennt betrachtet, was durch die förmliche Anrede aller, die mit der Arbeit verbunden sind, wie Kollegen, Führungskräfte, Kunden, Lieferanten und anderen Schnittstellen, mit dem »Sie« betont wurde. Als ich angefangen habe in Deutschland zu arbeiten, war das verwirrend für mich. Warum werden die Menschen, mit denen man so viel Zeit verbringt, gesiezt? Warum werden sie damit »auf Abstand« gehalten?
Obwohl Deutschland das Arbeitsglück historisch gesehen vielleicht nicht vollständig angenommen hat, ist meine Beobachtung, dass in den letzten Jahren in viele Unternehmen in Deutschland – beschleunigt durch die Pandemie – das Bewusstsein für die Bedeutung des Mitarbeiterwohlbefindens stärker geworden ist. Immer mehr Unternehmen beschäftigen sich damit, glücklichere und ausgewogenere Arbeitsumgebungen zu schaffen. Ich sehe sehr viel Potenzial für deutsche Organisationen, Tradition mit neuen Arbeitsrichtungen in Einklang zu bringen und Arbeitsplätze zu schaffen, in denen sowohl Produktivität als auch Wohlbefinden gedeihen können.
Fünf Fragen zum deutschen Arbeitsrecht und Happiness at Work an Smaro Sideri, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Podcast Host »Attraktive Arbeitgeber«
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Welche gesetzlichen Verpflichtungen gibt es in Deutschland bezüglich Wohlbefinden und Glück der Arbeitnehmer, insbesondere in Bezug auf Stress, psychische Gesundheit und Prävention?
In Deutschland gibt es mehrere Gesetze, die den Schutz und die Förderung des Wohlbefindens der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz regeln. Insgesamt bilden diese Gesetze den rechtlichen Rahmen für das Wohlbefinden der Arbeitnehmer:
Das Arbeitszeitgesetz legt beispielsweise Höchstarbeitszeiten (maximal zehn Stunden am Tag), Pausen- und Ruhezeiten fest, um die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer zu gewährleisten. So gibt § 5 des Arbeitszeitgesetzes vor, dass zwischen zwei Arbeitstagen zwingend eine Ruhepause von elf Stunden einzuhalten ist (Ausnahmen in bestimmten Branchen und durch Tarifvertrag möglich). Verstöße gegen diese Vorgaben können mit Bußgeldern bis zu 30.000 Euro pro Verstoß geahndet werden.
Das Arbeitsschutzgesetz und das Arbeitssicherheitsgesetz verpflichten Arbeitgeber, die Arbeitsplätze so zu gestalten, dass Gefährdungen vermieden und die Sicherheit im Betrieb gewährleistet wird. In § 4 des Arbeitsschutzgesetzes steht zum Beispiel, dass die Arbeit so zu gestalten ist, dass eine Gefährdung für das Leben sowie die physische und psychische Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zielt darauf ab, Diskriminierung oder Ungleichbehandlung aufgrund bestimmter Merkmale zu verhindern. Die geschützten Merkmale nach diesem Gesetz sind: Geschlecht, Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Alter, Behinderung und sexuelle Identität. Betroffene können bei Diskriminierung bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes Beschwerde einreichen. Je nach Fall und Situation bestehen Entschädigungsansprüche.
Das Grundgesetz schützt die freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 GG) und regelt den Grundsatz der Gleichbehandlung (Art. 3 GG).
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Die Schaffung einer Arbeitsumgebung, die das Wohlbefinden der Mitarbeiter fördert, erfordert unter anderem die Berücksichtigung individueller Bedürfnisse und damit die Einführung neuer Arbeitsmodelle wie Remote-Arbeit, flexiblen Arbeitszeiten oder Jobsharing. Wo siehst du dafür gesetzliche Einschränkungen und wo bietet die Gesetzgebung Chancen?
Neue Arbeitsmodelle sind in deutschen Gesetzen so gut wie gar nicht ausdrücklich geregelt. Dennoch bieten bestehende Gesetze Raum für individuelle oder betriebliche Regelungen.
Flexible Arbeitszeiten und Remote-Arbeit können unter Beachtung des Arbeitszeitgesetzes arbeitsvertraglich festgelegt werden. Die Varianten sind dabei vielfältig und richten sich nach den Bedürfnissen der Vertragsparteien. Betriebsvereinbarungen, insbesondere in Betrieben mit Betriebsräten, können Regelungen zu Arbeitszeit und -ort enthalten. Sehr häufig gibt es aktuelle Betriebsvereinbarungen, die das Verhältnis zwischen mobiler Arbeit und Arbeit vor Ort regeln (z. B. drei Tage in Präsenz im Büro, zwei Tage remote). In tarifgebundenen Betrieben regeln verschiedene Tarifverträge je nach Branche die Bedingungen der Arbeitszeiten.
In § 13 Teilzeit- und Befristungsgesetz ist eine Regelung zur Arbeitsplatzteilung (Jobsharing) zu finden. Dort ist lediglich die Möglichkeit der Aufteilung einer Arbeitsstelle auf zwei Personen als Möglichkeit vorgesehen. Erforderlich ist aber die individuelle Vereinbarung mit dem Arbeitgeber.
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Im Kontext von Arbeitsglück wird Transparenz am Arbeitsplatz häufig als ein wichtiger Faktor genannt. Das kann zum Beispiel mit der Offenlegung der Gehälter umgesetzt werden. Welche rechtlichen Aspekte sollten Unternehmen dabei beachten, insbesondere vor dem Hintergrund des Entgelttransparenzgesetzes in Deutschland?
Das Thema Lohntransparenz ist in Deutschland oft immer noch ein Tabu. Dabei ergibt sich der Gleichbehandlungsgrundsatz und damit auch der »equal pay«-Grundsatz direkt aus Art. 3 des Grundgesetzes.
Seit 2017 gilt in Deutschland das Entgelttransparenzgesetz, das die Lohntransparenz fördern und eine gleiche Bezahlung von Frauen und Männern erreichen möchte. Jedoch sind die Hürden in diesem Gesetz hoch. Arbeitnehmer haben nach diesem Gesetz Anspruch darauf, den Mittelwert der Gehälter von vergleichbaren Kollegen oder Kolleginnen zu erfahren. Allerdings gilt dieser Auskunftsanspruch erst ab einer Betriebsgröße von 200 Mitarbeitern und der oder diejenige, der die Auskunft verlangt, muss mindestens sechs vergleichbare Kollegen angeben.
Nach einer aktuellen Lohntransparenzrichtlinie der EU sollen diese Hürden abgeschwächt werden, um mehr Lohntransparenz zu erreichen. Die gesetzliche Umsetzung dieser Richtlinie wird aber noch dauern und die tatsächliche Umsetzung in der Praxis noch länger.
Es ist natürlich allen Unternehmen freigestellt, bereits jetzt offen über Gehälter zu sprechen und sie auch in Stellenanzeigen anzugeben. Bisher setzen dies jedoch wenige Unternehmen um. Ganz im Gegenteil, oft werden Gehaltsgespräche zwischen den Kollegen von Arbeitgebern...
Erscheint lt. Verlag | 10.4.2024 |
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Reihe/Serie | Haufe Fachbuch | Haufe Fachbuch |
Verlagsort | Freiburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Wirtschaft |
Schlagworte | Agilität • Arbeitgebermarke • cultural fit • employee experience • Employer Branding • feelgood • Feelgood Management • Glücksforschung • Happy • happyness • Kultur • Leitbild • Mission • Mitarbeiterbindung • new work • Organisationsentwicklung • Personalentwicklung • Positive Psychologie • Purpose • Recruiting • Unternehmenserfolg • Unternehmenskultur • Vision • Werte • Work |
ISBN-10 | 3-648-15859-7 / 3648158597 |
ISBN-13 | 978-3-648-15859-3 / 9783648158593 |
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