Die neue Vielfalt des Geldes (eBook)
144 Seiten
Schäffer-Poeschel Verlag
978-3-7910-5601-2 (ISBN)
Dr. Cyrus de la Rubia ist Chefvolkswirt bei der Hamburg Commercial Bank. Er befasst sich seit vielen Jahren nicht nur mit traditionellen geldpolitischen Themen und den gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen, sondern auch intensiv mit der Welt der digitalen Währungen. In den vergangenen Jahren hat sich der Ökonom verstärkt dem Thema Bitcoin und Blockchain zugewandt, dem er perspektivisch große Bedeutung zumisst, und sich durch zahlreiche Zeitungsartikel, Podcastbeiträge, Vorträge und Studien zu Kryptowährungen und der Tokenisierung von Vermögenswerten einen Namen gemacht.
Cyrus de la Rubia Dr. Cyrus de la Rubia ist Chefvolkswirt bei der Hamburg Commercial Bank. Er befasst sich seit vielen Jahren nicht nur mit traditionellen geldpolitischen Themen und den gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen, sondern auch intensiv mit der Welt der digitalen Währungen. In den vergangenen Jahren hat sich der Ökonom verstärkt dem Thema Bitcoin und Blockchain zugewandt, dem er perspektivisch große Bedeutung zumisst, und sich durch zahlreiche Zeitungsartikel, Podcastbeiträge, Vorträge und Studien zu Kryptowährungen und der Tokenisierung von Vermögenswerten einen Namen gemacht.
Einleitung: Die neue Vielfalt des Geldes
Wir schreiben das Jahr 2035. Sie haben gerade einen wunderbaren Sommerurlaub am Strand verbracht und heute ist der Tag der Abreise. Mit der Vermieterin haben Sie vereinbart, dass Sie in der Kryptowährung Ether bezahlen werden. Sie zücken ihr niederländisches Fairphone x12, das mittlerweile globaler Marktführer ist, öffnen Ihre elektronische Wallet, scannen den QR-Code der Vermieterin und überweisen die Miete. Das letzte Frühstück im Strandcafé bezahlen Sie mit Bitcoin, die Zugfahrt kann mit dem digitalen Euro überwiesen werden. Ihr elektronisches Portemonnaie zeigt neben Ether, Bitcoin und digitalem Euro auch Token verschiedener Immobilien an. Außerdem listet die Wallet neben zahlreichen Aktien-Token die Stablecoin Dai sowie die Token eines Oldtimers, dreier Kunstwerke und mehrerer teurer Weine auf. Einen Teil der Wein-Token haben Sie neulich eingesetzt, als Sie auf dem Trödelmarkt einen 20-DM-Schein erworben haben.
Könnte so die Zukunft des Geldes aussehen? Eine Zukunft, in der Geld nicht nur wie eine E-Mail verschickt werden kann, sondern außerdem durch Kryptowährungen und die Tokenisierung von Vermögenswerten neue Zahlungsmittel entstehen, die den staatlichen Währungen Konkurrenz machen? Vieles deutet sich bereits heute an. Bitcoin existiert seit 2009. Ether ist 2015 hinzugekommen. Die dazugehörige Blockchain Ethereum hat einen Tokenisierungsschub ausgelöst, denn Ethereum erlaubt es, digitale Abbilder von Vermögenswerten zu schaffen und in beliebig viele Einheiten zu teilen. Weitere offene und bedingt offene Blockchains wurden geschaffen, die mit neuen Token verbunden sind und die letztlich auch zu Bezahlzwecken eingesetzt werden können. Die Staaten reagieren auf die neue Konkurrenz und planen zum Beispiel im Falle Europas, über die Europäische Zentralbank (EZB) eine digitale Zentralbankwährung herauszugeben.
All diese Aspekte und ihre gesellschaftlichen Folgen werden in diesem Buch beleuchtet. Die folgenden Thesen fassen wesentliche, aber bei Weitem nicht alle Gedanken über eine mögliche künftige Entwicklung unseres Geldsystems zusammen:
- Bargeld verschwindet (fast): Die Staaten der entwickelten Volkswirtschaften werden in einigen Jahrzehnten weiterhin Bargeld herausgeben, aber es wird im Alltag wahrscheinlich kaum noch eine Rolle spielen. Bargeld hat dann nur noch die Funktion, im Katastrophenfall den Zahlungsverkehr aufrechterhalten zu können.
- Ether als globale Währung: Unter den Kryptowährungen hat Ether das größte Potenzial, sich als eigenständige globale Währung durchzusetzen. Schon heute können zahllose digitale Dienstleistungen nur mithilfe von Ether angeboten und nachgefragt werden. Ether könnte sich daher etwa im Bereich der Finanzdienstleistungen als Recheneinheit etablieren.
- Bitcoin insbesondere für kleinere Zahlungen: Die bislang führende Kryptowährung Bitcoin wird sich mithilfe des stark wachsenden Lightning-Netzwerkes vermutlich als Währung für kleinere Zahlungsbeträge etablieren. Darüber hinaus wird es weiterhin eine Nachfrage nach Bitcoin – ähnlich wie Gold – als Wertaufbewahrungsmittel geben.
- Verschärfte Regulierung von Kryptobörsen: Schrittweise dürften Regierungen die Kryptomärkte regulieren und dabei in erster Linie bei zentralisierten Kryptobörsen sowie Wallets ansetzen. Wallet-Anbieter werden in Zukunft angehalten sein, ihre Nutzer:innen zu registrieren und Verdachtsfälle von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu melden. Dezentrale und daher nur schwer kontrollierbare Börsen und Wallets werden zur größten Herausforderung für die staatlichen Institutionen.
- Geldwäsche explodiert – nicht: Weder wird die Verdrängung des Bargelds Geldwäsche verhindern, noch dürfte der Boom bei Kryptowährungen Geldwäsche explodieren lassen. Schon heute gibt es zahlreiche Techniken, um Zahlungen auf Blockchain-basierten Netzwerken nachzuverfolgen. Staaten werden diese Techniken ausbauen und – ähnlich wie beim Bargeld – in einen Wettlauf mit illegal agierenden Marktteilnehmenden treten.
- Bewahrung monetärer Souveränität dank digitalem Euro: Indem Staaten ihr eigenes Geld drucken können, haben sie eines der mächtigsten wirtschaftspolitischen Werkzeuge in der Hand, mit dem sie staatliche Prioritäten für Investitionen, Bildung, Sozialausgaben usw. setzen können. Daher werden sie niemals freiwillig auf eine eigene Währung verzichten und der Bedrohung durch die Verdrängung von Bargeld sowie dem Aufstieg von Stablecoins eher früher als später mit einer eigenen digitalen Zentralbankwährung (CBDC) begegnen, auch die EZB.
- Stärkere Zinsausschläge: Für Zentralbanken wird es schwieriger, die Inflation und die Konjunktur geldpolitisch zu steuern, da die Marktteilnehmenden in Zukunft nur noch teilweise staatliches Geld verwenden dürften. Umso höher müssen dann die Zinsveränderungen ausfallen, um einen Effekt zu erzielen. Zinsausschläge nach unten, auch in den negativen Bereich, werden ebenso zunehmen wie Zinsausschläge nach oben.
- Durchsetzung der am schärfsten regulierten Stablecoins: Es gibt hunderte von Stablecoins. Für den täglichen Zahlungsverkehr dürften sich aber nur diejenigen durchsetzen, die sich für die Aufsichtsbehörden als am besten regulierbar erweisen. Nur eine Stablecoin, die nicht im Verdacht illegaler Transaktionen steht, wird dauerhaft als Handelswährung Akzeptanz finden.
- Banken unter Anpassungsdruck: Banken werden vor allem als Stablecoin-Emittenten, in der Bonitätsanalyse und im internationalen Zahlungsverkehr weiterhin eine Rolle spielen, ihr traditionelles Geschäftsmodell aber weitestgehend aufgeben müssen. Der Versuch, über das Einsammeln von Geldern und Kreditvergabe weiterhin Gewinne zu erzielen, wird wahrscheinlich scheitern, da Blockchain-basierte dezentralisierte Finanzdienstleistungen (DeFis) in diesen Geschäftszweig eindringen werden. Die aussichtsreichsten Chancen haben diejenigen Kreditinstitute, die das notwendige Know-how über DeFi-Anwendungen aufbauen und ihrer Kundschaft die besten Anlage- und Finanzierungslösungen aus diesem Spektrum anbieten können.
- Neufokussierung der Finanzaufsicht auf DeFis: Die Aufsichtsbehörden stehen in den nächsten Jahrzehnten vor der Herausforderung, durch Netzwerkeffekte groß werdende DeFis zu kontrollieren, während der Fokus auf systemrelevanten Banken an Bedeutung verlieren sollte.
- Umstellung des internationalen Zahlungssystems auf Blockchain: Das heutige globale Zahlungssystem ist langsam, teuer und kompliziert. Eine Blockchain-basierte Lösung drängt sich geradezu auf, und Banken haben allen Unkenrufen zum Trotz gute Chancen, beim Aufbau eines effizienten, sekundenschnellen internationalen Zahlungssystems eine Schlüsselrolle einzunehmen.
- Vermengung von Geld und Vermögen: Die Grenze zwischen Geld und Vermögen wird vermutlich verschwimmen, da viele Vermögenswerte in Zukunft tokenisiert werden, was ihre Teilbarkeit und Handelbarkeit massiv erhöht, sodass sie verstärkt für Zahlungszwecke eingesetzt werden.
- Konkurrenz für »The winner takes it all«-Geschäftsmodelle: Viele heutige Plattformunternehmen aus dem Bereich soziale Medien, Transportdienstleistungen und Finanzdienstleistungen dürften dereinst im Wettbewerb mit dezentralen autonomen Organisationen (DAOs) ihre Monopolstellung verlieren oder gar verdrängt werden. Im Ergebnis kommt es zu Geschäftsmodellen, die am ehesten mit genossenschaftlichen Strukturen zu vergleichen sind und bei den Nutzer:innen auf eine höhere Akzeptanz stoßen sollten.
Aufbau des Buches
Im ersten Teil dieses Buches erfolgt zunächst eine Bestandsaufnahme unseres althergebrachten Geld- und Zahlungssystems: Es geht um die Rolle der Zentralbanken und Banken bei der Geldschöpfung, die Funktionsweise der herkömmlichen Zahlungssysteme und wie private Nichtbanken als Zahlungsanbieter mit diesem System interagieren. Sie werden feststellen: Das alles ist kein Hexenwerk, Sie selbst könnten ein Geldsystem aufbauen. Tauchen Sie dann in eine gänzlich neue Welt ein: Es geht um Bitcoin, Ether und Stablecoins, die sich in ihrer Funktionsweise wesentlich von unserem herkömmlichen System unterscheiden.
Im zweiten Teil, dem Herzstück dieses Buchs, dreht sich alles um die Zukunft des Geldes: In Kapitel 2.1 widmen wir uns zunächst der Frage, warum die meisten Zentralbanken dieser Welt – einige kleinere Volkswirtschaften haben diesen Schritt bereits unternommen – in vermutlich nur wenigen Jahren digitale Zentralbankwährungen emittieren werden. Die vereinfachte Antwort kann an dieser Stelle schon gegeben werden: Furcht vor der Konkurrenz. Wie diese Konkurrenz aussehen könnte, darum geht es in den...
Erscheint lt. Verlag | 22.8.2022 |
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Verlagsort | Freiburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Wirtschaft ► Volkswirtschaftslehre |
Schlagworte | Bitcoin • Blockchain • Buchgeld • Decentralized Finance • Decentralized Finance<br /> <br /> • ETH • Ether • Ethereum • fiatgeld • Finanzpolitik • Geld • Geldpolitik • Kryptowährung • Stablecoin • Token • Tokenisierung • wirtschaftspoltik • Zahlungssystem • Zentralbanken |
ISBN-10 | 3-7910-5601-8 / 3791056018 |
ISBN-13 | 978-3-7910-5601-2 / 9783791056012 |
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Größe: 1,4 MB
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