DeMUT (eBook)

Leise Führung für eine laute Zeit
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
163 Seiten
Vahlen (Verlag)
978-3-8006-6832-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

DeMUT - Dietrich Oelsnitz
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Die Demut einer Organisation ist ein echter Wettbewerbsvorteil; das Fehlen von Demut ein gefährlicher Nachteil.
'Eines der besten Bücher der letzten Jahre zum Thema Führung. Detailliertes Fachwissen ergänzt um viele lehrreiche Praxiseinblicke. Prädikat: Absolut lesenswert!'
Dr. Lorenz Zwingmann, Multi-Aufsichtsrat und langjähriger Geschäftsführer, u.a. bei Philips, Knorr Bremse und der Linde-Gruppe
'Nach jahrzehntelanger Prüfung potenzieller Führungskräfte auf Charme und Charisma stellen einige Arbeitgeber fest, dass sie eine der wichtigsten Eigenschaften übersehen haben: Demut!'
The Wall Street Journal 2018
Die Kombination von Risikofreudigkeit und fehlenden Schuldgefühlen - den beiden zentralen Säulen der Psychopathie - kann je nach Umstand zu einer erfolgreichen Karriere im kriminellen Milieu oder im Geschäft führen. In Organisationen hat das zur Folge, dass aus Arbeitskraft ganz schnell Fliehkraft wird.
Nicht selten vertrauen wir den Falschen. Man benötigt nicht unbedingt knackige Geschichten von Bilanzfälschung, Datenmissbrauch, Gehaltsexzessen oder Mobbing, um die Frage nach einer erneuerten Führungskultur oder gar einem komplett veränderten Führungsethos zu rechtfertigen. Denn offensichtlich hat sich etwas verändert in den westlichen Wohlstandsnationen.
Diesem 'Etwas', nämlich wie es gelingen kann, im renditeorientierten Business mehr Mensch zu bleiben, geht dieses Buch nach - und natürlich wird auch gefragt, wie man es besser machen kann.

252 Negative Traits als Gegenteil demütig-leiser Führung


Wer zugrunde gehen soll, der wird zuvor stolz; und Hochmut kommt vor dem Fall.

– Bibel: Sprüche 16, Vers 18

In diesem Kapitel klären wir den Begriff der Führung und greifen anschließend das Gegenteil demütigen Führens auf: Was kennzeichnet narzisstische und machtverliebte Leader? Haben die in unserer wettbewerbsorientierten Arbeitswelt nicht vielleicht doch die besseren Karten? Wie gehen diese mit ihrer Macht um und welche Folgen hat das für die Beschäftigten?

26Was ist das eigentlich: Führung?


Welche Organisation man sich auch ansieht – Verwaltungen, Parteien oder eben auch Unternehmen –, die Führungswelt hat neue Regeln. Es geht immer weniger um Konformität und Gehorsam, dafür mehr um Delegation, Eigeninitiative und Mitdenken. Das schon überstrapazierte Modell des agilen Unternehmens zielt nicht zufällig in genau diese Richtung. Dabei haben alle mit Führung beauftragten Personen neben der Erfolgs- immer auch eine Humanverantwortung; es geht unter anderem darum, seinen Mitarbeitern dabei zu helfen, ihr Potenzial auszuschöpfen. Leader müssen Ziele erreichen und sich gleichzeitig gegenüber ihren Untergebenen offen und fair verhalten. Oder anders: „All leaders face the challenge of how to be both ethical and effective in their work“.24

Bevor wir im nächsten Kapitel zu den Merkmalen einer sowohl effektiven aus auch ethisch integren Führung kommen, lohnt es sich, das Gegenteil davon in den Blick zu nehmen. Die dadurch aufscheinenden Unterschiede werden das anschließend vorgestellte Konzept der demütigen Führung („Humble Leadership“) noch schärfer konturieren. Aber vielleicht definieren wir erst einmal, was wir unter Leadership bzw. Führung verstehen. Schillernd ist der Begriff – und unterlag in den Jahrhunderten vielfältigen Richtungswechseln. Jeder und jede von uns definiert Führung wohl etwas anders und betont dabei andere Aspekte.

In den Wirtschaftswissenschaften hat man sich angewöhnt, den intentionalen Charakter von (Mitarbeiter-)Führung herauszustellen: Die Führung von Beschäftigten ist dann sinngemäß ein „systematischer Einflussprozess zur Erreichung betrieblicher Ziele“ (sog. funktionaler Führungsbegriff). Laien glauben, Leadership würde bedeuten, Menschen zu etwas motivieren zu können, was sie ansonsten nicht getan hätten. Dies geschähe durch inspirierende, emotionale Apelle oder auch charismatisch vorgetragene Visionen, denen sich keiner zu entziehen vermag.

Organisationssoziologen würden dagegen wohl eher eine besondere Position betonen, die jemand in einem Kollektiv innehat (sog. strukturaler Führungsbegriff) bzw. Führung als die Durchsetzung eines Fremdwillens sehen – im Sinne einer asymmetrischen Fremdbestimmung (sog. machtbezogener Führungsbegriff). Wieder andere machen es sich ganz einfach und meinen, Führung sei eben ein allgegenwärtiges 27Phänomen (neutraler Führungsbegriff). Philosophisch angehauchte Autoren schließlich vergleichen Führung mit Wasser: Man braucht es zum Leben, es kann aber im Übermaß auch schaden. Wie soll man Wasser einem Blinden beschreiben? Es ist eben diffus, bildlich schwer zu greifen. Mal blau, mal grün, mal grau. Manchmal rauscht es laut, manchmal ist es still und geheimnisvoll wie ein Spiegel. So, wie eben auch die Führung. Mir gefällt hier am besten die von John C. Maxwell gelieferte Deutung: „A leader is one who knows the way, goes the way, and shows the way.“

Führung ist auch nicht dasselbe wie Management. Der bekannte Autor und Berater Reinhard Sprenger unterscheidet beide Konzepte strikt voneinander. Während sich Management vor allem um Zahlen und Prozesse dreht – und insofern ein erlernbares Handwerk ist –, dreht sich Führung allein um Menschen. Sie tritt dann auf den Plan, wenn die Dinge schwierig werden, wenn das Unternehmen (oder der Staat) vor neuartigen Herausforderungen steht. Wenn Konflikte moderiert, unterschiedliche Interessen austariert, Neuland betreten werden muss. Wenn „business as usual“ eben nicht mehr ausreicht. Hierfür braucht es eine konkrete Haltung.

Management ist Handwerk, Führung bedeutet Haltung,

d. h. ein glaubwürdiges Set persönlicher Werte und Überzeugungen. Führung ist letztlich Charaktersache.

Schon in der Antike – aber durchaus auch noch später – dachte man, Führer wird und bleibt, wer über bestimmte Merkmale und Persönlichkeitszüge verfügt. Diese eher grundsätzlichen, überdauernden Eigenschaften einer Person nennt man in der psychologischen Führungsforschung Traits. Diese „prädisponieren“ einen Menschen dazu, sich über unterschiedliche Situationen hinweg konsistent, d. h. widerspruchsfrei und berechenbar, zu verhalten. So könnten Sie Ihre Eltern sicherlich über drei, vier Grundattribute wie „ehrlich“, „lebensfroh“ oder auch „dominant“ oder „ängstlich“ gut beschreiben. Auch Demut ist ein menschlicher Grundzug, ein Trait.

Der große Vordenker auf diesem Gebiet war der US-Forscher Gordon Allport. Er bezeichnet die Traits eines Menschen als „Bausteine der Persönlichkeit und Quelle ihrer Individualität“. Allport glaubt, dass unsere charakterlichen Grundeigenschaften im Laufe des Erwachsenwerdens 28durch Sozialisation, also durch Erziehung oder Hineinwachsen in eine Kultur, erworben werden. Möchte man hier noch weiterbohren, dann wären drei Qualitäten oder „Intensitäten“ von Traits zu differenzieren:

  • kardinale Traits, um die herum eine Person ihr ganzes Leben aufbaut (z. B. Mutter Theresa);
  • zentrale Traits, die wesentlichen Charakteristika einer Person fixieren (z. B. Muhammad Ali), sowie
  • sekundäre Traits als allgemeine persönliche Merkmale, die das Verhalten vorhersagbar machen, aber nicht helfen, den Kern einer Person zu verstehen (z. B. Bob Dylan).

Ermittelt werden die Wesenszüge einer Person über verschiedene Zugänge. Entweder über ihre direkte Befragung oder aber eine teilnehmende Beobachtung, d. h. man begleitet diese Person einige Tage und notiert dabei penibel ihr Verhalten. Heute werden zusätzlich auch die digitalen Aktivitäten untersucht, beispielsweise Zahl und Grundton der Mails, zeitliche Arbeitsschwerpunkte usw. Man versucht damit z. B. die Frage zu beantworten, ob es erkennbare Unterschiede zwischen Führern und Geführten gibt oder auch, welche Faktoren besonders wirksame Vorgesetzte auszeichnen.

Interessant ist auch ein systematischer Vergleich der Eigenschaften zwischen Führenden – z. B. unterschiedlicher Branchen oder Hierarchiestufen. Sind Topmanager z. B. anfälliger für ein narzisstisches Selbstbild als Middle-Manager? Oder Bankmanager erfolgshungriger als Führungskräfte in Kulturbetrieben? Und unterscheiden sich effiziente von weniger effizienten Vorgesetzten vielleicht vor allem über ihr persönliches Charisma oder ihre jeweilige Kommunikationsfreude? Auch dieser Zugang wäre interessant; er könnte nämlich zeigen, ob es signifikante Unterschiede zwischen guten und schlechten Führern gibt und welche Führungsaspekte besonders wichtig für deren Wirksamkeit sind. Gerade aus dieser Fragestellung könnte man einiges über gutes Management oder Führen lernen.

Eine interessante Abrundung böte schließlich ein analytischer Vergleich der Eigenschaften einer Person vor und nach deren Amtsantritt. So könnte man erkennen, ob und wie sich der oder die Führende im Amt verändert hat. Also ob er oder sie z. B. eine gewisse routinierte Kaltschnäuzigkeit entwickelt hat oder eher offener und bescheidener geworden ist? Sie kennen sicherlich den Begriff „Cäsarenwahn“, der die teilweise destruktive Persönlichkeitsveränderung der römischen 29Kaiser beschreibt. Tiberius, der Nachfolger von Augustus, Caligula oder Nero sollen derart auffällig geworden sein.

In den Anfängen der Leadership-Forschung hat man eher intuitiv wichtige und am besten leicht zu entschlüsselnde Traits untersucht: das Alter, das Geschlecht, aber auch die Intelligenz, Beliebtheit oder soziale Geschicklichkeit einer Person. Machen wir es kurz:

In sämtlichen Metastudien war der Zusammenhang zwischen Führung und Führereigenschaften statistisch lausig.25

Anders gesagt: Der Erklärungsgehalt war minimal. Oder sogar direkt kontraintuitiv. Es gibt sogar Studien, die einen direkt negativen Zusammenhang zwischen vermeintlich hilfreichen Traits wie Intelligenz, Beliebtheit oder Charisma und der sich einstellenden Führungseffizienz nachweisen.

Es kommt noch schlimmer: Stattdessen waren in diversen Studien rein äußerliche Faktoren einer Person wichtig: wie Größe, Attraktivität oder Stimmhöhe. Nicola Persico von der Universität Pennsylvania konnte 2004 belegen, dass große Menschen bessere Schulabschlüsse und später eine höhere berufliche Stellung haben. Sie verdienten auch mehr. Manchmal reicht es schon, das Gesicht zu sehen – und schon trauen wir uns Rückschlüsse auf die Führungseignung einer Person zu. So lautet zumindest das Fazit des britischen Neurowissenschaftlers Daniel Re. In Experimenten legte er 2013 freiwilligen Studienteilnehmern manipulativ veränderte Gesichtsfotos unbekannter Personen vor. Mal in die Länge gezogen, mal in die Breite, manche im Original wiedergegeben. Ergebnis: Männer, deren Gesichtsform auf einen größeren Körper hindeutete, trauten die Studienteilnehmer eine größere Disziplin und die beste Wirksamkeit in einer Führungsposition zu. Der optimale CEO sollte demnach schlank sein, ein schmales...

Erscheint lt. Verlag 5.4.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Wirtschaft Betriebswirtschaft / Management Unternehmensführung / Management
Schlagworte Führung • Leadership • Management • Personalführung • Soft Skills
ISBN-10 3-8006-6832-7 / 3800668327
ISBN-13 978-3-8006-6832-8 / 9783800668328
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