Bildungsreformen praxisnah (eBook)
myMorawa von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99129-573-0 (ISBN)
Simone Reichenberger:
„Wir kommen gut zurecht!“ Plädoyer für eine Pädagogik der Ermutigung
Abstract
Eine Schulkultur, die durch Verbundenheit und Kooperation gekennzeichnet ist, fördert ein positives soziales Miteinander und schafft ideale Bedingungen, um Kindern Entwicklungsmöglichkeiten zu eröffnen. Diese Ansicht findet sich schon in der Reformpädagogik, die aber in Theorie und Praxis kaum Spuren in Österreich hinterlassen hat.
Auf wissenschaftlicher Basis veranschaulicht der Beitrag, wie in der Sternschule versucht wird, eine Schulkultur zu leben, die alle Kinder bestmöglich fördert, um ihnen ein geeignetes geistiges und seelisches Rüstzeug für die Zukunft mitzugeben. Wertschätzung, Empathie und vertrauensvolle Beziehungen sind wesentliche Faktoren für die schulische Unterstützung, die jedem Kind zuteilwerden sollte. Dazu braucht es eine innere Haltung bei den Lehrenden, die von Respekt vor der anderen Person getragen ist und die jeden Menschen als gleichwürdig achtet.
Die Integration von Kindern in das soziale System Schule wird anhand von vier Fallbeispielen beschrieben. Sie zeigen, wie traumatisierten, verängstigten und verunsicherten Kindern mit förderlichen Einflüssen positive Lebensperspektiven eröffnet werden können. Schule, die zudem ein gesundheitsförderndes Umfeld bietet, stellt ein Handlungsfeld dar, um wichtige Kompetenzen zu erwerben und Resilienz auszubilden.
Praxisnah wird aufgezeigt, mit welchen Strategien Herausforderungen an der Sternschule bewältigt werden. Mit Bezug auf den Daltonplan von Helen Parkhurst nennt die Autorin schließlich Voraussetzungen, die eine ermutigende Pädagogik gelingen lassen können. Letztere geht mit Herzensbildung einher.
Schlüsselwörter:
Daltonplan, Ermutigungspädagogik, Herzensbildung, Lebensschule, Reformpädagogik, Resilienz, Selbstbildung, Schulkultur, Sternschule
1. Schule – Ort der Ermutigung
In Österreich liegen kaum Schulreformen vor, die das Kind in das Zentrum des pädagogischen Bemühens stellen. Auch eine Tradition hinsichtlich reformpädagogischer Einsichten oder danach ausgerichteter Schulen ist nicht erkennbar. In reformpädagogischen Ideen spiegeln sich nämlich eine Wertehaltung und eine selbstverantwortliche Arbeitsweise wider, die als förderlich gelten, um gegenwärtige und zukünftige Anforderungen zu bewältigen. Eine Pädagogik, in deren Fokus das Kind steht und die auf zukünftige Herausforderungen Antworten bereithält, ist anzustreben. Schule soll ein Ort der Lernfreude, des Entdeckens und der Ermutigung sein. Ein Ort, an dem Wissen und Emotionen zur Geltung kommen können.
Zum Thema Schule, Schulentwicklung, Bildung und Erziehung gibt es viele Publikationen, jedoch findet man nur evidenzbasierte, aber keine empirische Forschung, die eine Analyse und Dokumentation über die Wirksamkeit schulischer Lernprozesse und Erfahrungen abbildet (Hermann, 2015). Im Bildungsbereich Tätige tragen eine große Verantwortung und es ist nötig, dass diese Tatsache vor allem in das Bewusstsein aller Beteiligten, aber auch der gesamten Gesellschaft gelangt. Es ist dringend erforderlich, dass alte eingefahrene Muster und Strukturen im Schul- und Unterrichtswesen überwunden, neu konzipiert und implementiert werden, damit Kinder und Jugendliche die Chance auf ein positives Zukunftsbild erhalten. Es braucht die Flexibilität von Schule als Organisation, die beispielgebend für die in Zukunft benötigte Wandelbarkeit von jungen Menschen ist, damit Herausforderungen positiv bewältigt werden können. Schule braucht zusätzlich zu ihren bisherigen Bemühungen, die sich im Wesentlichen auf gesellschaftspolitische und ökonomische Aspekte reduzieren, eine Bereicherung im Sinne eines förderlichen Lernsettings, das einer Ermutigungspädagogik verpflichtet ist, um zukunftsfähig zu sein. Dadurch soll es diesen jungen Menschen ermöglicht werden, geeignete Kompetenzen und Haltungen zu erwerben, sich eine zunächst unbestimmte und unsichere Zukunft zu erschließen, anstatt sie sich zu verschließen.
2. Mehr Vertrauen – weniger Ängste
Als Pädagogin und Direktorin der Sternschule bin ich häufig mit Kindern und Jugendlichen, die sich in Krisensituationen befinden, konfrontiert. Im Besonderen trifft dies auch zu, weil die Sternschule einen reformpädagogischen Schwerpunkt hat und manchmal die ‚letzte‘ Rettung für Schüler und Schülerinnen ist, die in anderen Schulsystemen nicht bestehen. Es kommt immer wieder vor, dass Kinder aufgrund traumatischer Erfahrungen die Schule verweigern und es ihnen schwerfällt, Vertrauen aufzubauen. Vertrauen ist einer der wichtigsten Einflüsse, wenn Schüler und Schülerinnen Krisensituationen positiv bewältigen sollen. Sie sollen von Beginn an spüren, dass sie als Personen wertgeschätzt werden und in ihrem Wesen angenommen sind. Bei vielen Kindern kommen auch noch Jahre nach dem Wechsel ihre schulischen Vorerfahrungen zur Sprache, auch häufig unter Tränen. Die Leistungsanforderungen, die an Kinder in der Schule gestellt werden sind herausfordernd für den Selbstwert (Resch, 1999). Eine Schule, die der Kooperation einen großen Stellenwert einräumt sowie ein Lehrerkollegium, das wertschätzend, positiv verstärkend und unterstützend agiert, ist nötig. In meinem beruflichen Erfahrungsschatz finden sich leider sehr viele Fälle, in denen verzweifelte Kinder die Schule verweigerten, körperliche Beschwerden bekamen oder ihre Lebensfreude verloren. Es bedarf viel Einfühlungsvermögen, Geduld aber auch Klarheit, um die jungen Menschen aufzufangen.
Sehr emotional berührend und motivierend ist es mitzuerleben, dass Ängste schnell verschwinden, wenn Kinder die Akzeptanz durch die Schulgemeinschaft spüren. Dabei spielen das soziale Umfeld und das Klassenkollektiv eine bedeutsame Rolle. Soziales Lernen als durchgängiges Lernthema einer Schule ist unumgänglich. Wunderbare Erfahrungen in meinem Beruf sind Kinder, denen ein „Sonderpädagogischer Förderbedarf“ bescheinigt wurde, die dann jedoch sukzessive Selbstvertrauen aufbauen und gute Leistungen in ihrem späteren Beruf bzw. in der weiterführenden Schule erbringen konnten.
3. Schulkultur – „Seele der Schule“
Schulkultur ist entscheidend für das Wohlbefinden von allen Beteiligten innerhalb der Schulgemeinschaft. Diese ist schwer fassbar und bildet sich vorwiegend in Verhaltensweisen, Einstellungen zur Schule und gefühlsmäßiger Verbundenheit ab. Schulkultur kann zwar im Schulkonzept in Worte gefasst und niedergeschrieben sein, zeigt jedoch erst in der Wirkung von Handlungskonzepten ihre wahre Ausprägung. Gebunden an kollektive Eindrücke kann Schulkultur als Voraussetzung für Unterrichtsqualität bezeichnet werden (Helmke, 2002). Nach Holger Gärtner (2016), Professor für Unterrichts- und Schulevaluation, korreliert die Unterrichtsqualität an einer Schule am deutlichsten mit der Organisationsstruktur. Im Qualitätsrahmen für Schulen werden die Qualitätsdimensionen in ‚Qualitätsmanagement‘, ‚Führen und Leiten‘, ‚Lernen und Lehren‘, ‚Schulpartnerschaft und Außenbeziehungen‘, ‚Ergebnisse und Wirkungen‘ eingeteilt (Qualitätsmanagement 2021). Die Qualität einer Schule zeigt sich demnach vom Schulklima, das von der Organisation der Schule und von der pädagogischen Grundausrichtung beeinflusst ist, geprägt. Schulkultur, die aus einer inneren Haltung heraus erwächst und aus voller Überzeugung und Begeisterung gelebt wird, ist die Seele einer Schule. Um dieser Innenwelt näher zu kommen, wird die Schulkultur der Sternschule näher betrachtet.
3.1 Sternschule
Die Sternschule ist eine Privatschule der Stiftung der Gräfin Elvine de la Tour mit einem reformpädagogischen Schwerpunkt für Kinder von 6 bis 14 Jahren. Gegründet wurde die Sternschule, die ursprünglich als häuslicher Unterricht konzipiert war, 2004 über einen Verein. Nach fünf Jahren übernahm die Diakonie de la Tour die Trägerschaft, seitdem hat die Sternschule, als Schule mit einem eigenen Organisationsstatut, das Öffentlichkeitsrecht.
Situiert ist die Privatschule in Deutschlandsberg, im Südwesten der Steiermark. Als Bildungseinrichtung der Diakonie ist die Sternschule nach evangelisch-christlichen Prinzipien ausgerichtet, die als Grundlage und Orientierung dienen. Laut diesen Lebensgrundsätzen (Diakonie de La Tour, o.J.-a) sind Kinder Geschenke Gottes und Bildung ist das Wichtigste, das man ihnen auf ihren Weg mitgeben kann. Des Weiteren haben alle Menschen das Recht in ihrem Wachstum und in ihrem Fortschritt, unabhängig von anderen Faktoren, unterstützt zu werden. Die Entwicklung von Kindern zu selbstbestimmten und verantwortungsbewussten Persönlichkeiten wird dem Erwerb von Wissen zur Seite gestellt. Eine Grundeinstellung ist das Bemühen,...
Erscheint lt. Verlag | 25.1.2022 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Wirtschaft |
ISBN-10 | 3-99129-573-3 / 3991295733 |
ISBN-13 | 978-3-99129-573-0 / 9783991295730 |
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