Abb. 3: iTunes von Apple hat Podcasts in der Welt bekannt gemacht (Quelle: Medienproduktion München/Apple iTunes)

1.1.1 Definition – Podcast, was ist das?

In den USA entwickelte sich schnell eine recht klare Definition, was ein »Podcast« ist und was nicht. Im Prinzip gilt diese Definition bis heute:

• Ein Podcast ist eine seriell angelegte Audio-Serie, es erscheinen in regelmäßigen zeitlichen Abständen aufeinanderfolgende Episoden.
• Ein Podcast ist mittels eines RSS-Feeds (eine Art Online-Adresse) und eines Feedreaders/Podcatchers abonnierbar und wird automatisch bei Erscheinen einer neuen Episode auf das jeweilige Abspielgerät übertragen.
• Ein Podcast ist kostenlos und auf diversen Plattformen anhör- und abonnierbar, von denen (Stand Frühjahr 2021) die bekanntesten Spotify, Youtube, Apple Podcastsoder die Audiotheken der Radiosender sind.

Nach dieser Definition sind Audiodateien ohne RSS-Feed, ohne Abo-Funktion, streng genommen keine Podcasts. Allerdings: Schon in der ersten Welle wurde das Wort Podcast als Gattungsbegriff für »Audio-Beitrag im Internet« verwendet. Und dieser Geist geht auch nicht mehr zurück in die Flasche. Daraus folgt eine wichtige wie auch für Marketer schwierige Erkenntnis: Was ein echter Podcast ist, ist lediglich über die Dreieinigkeit der technischen Aspekte definiert: RSS-Feed – Serie von Audio-Beiträgen – abonnierbar.

Darüber hinaus ist das Podcast-Universum undefinierbar vielfältig. Es podcasten Privatpersonen wie auch Freiberufler oder große Unternehmen. Es gibt sehr gute, mittelprächtige und abgründig schlechte Podcasts. Es gibt Podcasts an verschiedenen Stellen im Internet, meistens kostenlos, manchmal als Abo. Und inhaltlich ist sowieso alles möglich, was als Audio-Beitrag umgesetzt werden kann, vom Monolog bis zum aufwändigen Hörspiel. Eine riesige kommunikative Spielwiese ohne klares, einheitliches Bild oder gar klare Kennzahlen und Studienergebnisse. Gerade für Marken, Unternehmen, Marketingexpert:innen mag das eine schwierige Vorstellung sein. Aber dazu soll dieses Buch ja dienen: Wo ist Ihr sinnvoller Platz auf dieser Spielwiese, wenn Sie podcasten wollen?

Eine Antwort darauf ergibt sich, wenn wir den Bogen etwas weiterspannen. Lassen Sie mich zunächst erklären, wie alles so kam, wie es heute ist.

1.1.2 Die Pioniere der ersten Welle ab 2004

Im deutschsprachigen Bereich war die erste Welle eher eine Sache der privaten, der Hobby-Podcaster. Jeder konnte zum Sender werden und viele wurden das auch: mit wenig Aufwand, aber viel Sendungsbewusstsein. Aber auch im Unternehmens- bzw. im Corporate-Bereich gab es einige Pioniere, die in dem neuen Audio-Medium eine kommunikative Chance sahen. Einige »Funktürme« dieser ersten Welle waren:

• Die BASF, die mit dem »Chemie Reporter« Alltagsfragen aus dem Bereich Chemie beantwortete – die 100 (!) Episoden lassen sich immer noch downloaden, da zeitlos: https://www.basf.com/global/de/media/multimedia/podcasts.html
• Mercedes-Benz erzielte mit dem Mixed-Tape-Podcast einen großen Erfolg bei den Fans elektronischer Musik – die Episoden wurden bis zu 150.000-mal pro Woche heruntergeladen.3
• Viele Einzelunternehmer:innen unterstrichen durch Podcasts ihre Expertise im jeweiligen Bereich, Alexander Wunschel etwa mit dem »Blick über den Tellerrand« im Bereich Marketing/Podcasting oder Hans-Jürgen Walter von »Abenteuer Leben«, der schon damals eine Plattform für Coaching-/Beratungs-Podcasts gründete.
• Die »Großmutter« aller Corporate-Podcasts auf Meta-Ebene war »The American Family« vom US-Elektrogerätehersteller Whirlpool. Hier ging es keineswegs um die Geräte des Unternehmens, sondern um Familienthemen – von Adoption über Schwangerschaft bis Geschenktipps zum Valentine’s Day.

Und natürlich rochen Radio- und Fernsehsender den Duft des Erfolgs – von Tagesschau über Comedy bis Wissenschaft im Deutschlandfunk: Sie flanschten an ihre Radio- und TV-Beiträge einen RSS-Feed und fanden damit in der Zweitverwertung weitere Zuschauer und Hörer:innen.

Interessant finde ich den »Long Tail«-Aspekt beim BASF-Podcast. Der Chemie-Riese setzte damals auf zeitunabhängige Wissensthemen, ließ aufwändig und professionell produzieren und profitiert noch heute davon.

Das also möge ein erster Strategie-Tipp sein: Wer auf zeitlose Themen setzt, schafft sich mit einem Podcast ein Audio-Denkmal im Internet – mit Nicht-Verfalls-Garantie.

Warum die Welle nicht bis heute anhielt? Ohne Smartphones als mobile »Allzeit-überall-Geräte« und größeren Bandbreiten waren die Hörer:innen- oder Download-Zahlen vor allem für Corporate-Podcasts annehmbar bis enttäuschend. Sowohl für die große Reichweite als auch für spitze Zielgruppen waren die Verbreitungswege noch suboptimal. Es entstand eine lebendige und begeisterte Podcast-Subkultur, davon abgesehen schaffte es das...