New Work Utopia (eBook)

167 Seiten
Haufe Verlag
978-3-648-15935-4 (ISBN)
Prof. Dr. Carsten C. Schermuly (habil.) ist Diplom-Psychologe, Professor für Wirtschaftspsychologie und geschäftsführender Direktor des Instituts for New Work and Coaching (INWOC) an der SRH Berlin University of Applied Sciences. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Themen Empowerment, New Work und Coaching. Er ist weiterhin als Organisationsberater und Speaker tätig. 2021 und 2023 wurde Carsten C. Schermuly vom Personalmagazin in die Gruppe der 40 führenden HR-Köpfe gewählt. Für seine Forschung wurde er mit Preisen der Henley Business School, Harvard Medical School oder dem European Journal of Work and Organizational Psychology ausgezeichnet.
Carsten C. Schermuly Prof. Dr. Carsten C. Schermuly (habil.) ist Diplom-Psychologe, Professor für Wirtschaftspsychologie und geschäftsführender Direktor des Instituts for New Work and Coaching (INWOC) an der SRH Berlin University of Applied Sciences. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Themen Empowerment, New Work und Coaching. Er ist weiterhin als Organisationsberater und Speaker tätig. 2021 und 2023 wurde Carsten C. Schermuly vom Personalmagazin in die Gruppe der 40 führenden HR-Köpfe gewählt. Für seine Forschung wurde er mit Preisen der Henley Business School, Harvard Medical School oder dem European Journal of Work and Organizational Psychology ausgezeichnet.
Die Geschäftsfelder von Stärkande
Stärkande hat 1.160 Mitarbeitende, so der letzte mir mitgeteilte Stand. Das Unternehmen hat dadurch viele Gesichter. Diese arbeiten in vier Geschäftsfeldern: Software for HR, Office Design/Schreinerei, Organizational Consulting und CoCreate – Onlinecoaching.
Abb. 2: Die vier Geschäftsfelder von Stärkande
Diese Geschäftsfelder sind keine klassischen Geschäftsbereiche, Abteilungen oder gar Profitcenter. Stärkande ist anders als ein klassisches Unternehmen organisiert: Das Unternehmen arbeitet in sogenannten Phylen, die ich Ihnen weiter unten erläutere (siehe Axiom 9). Stellen Sie sich die folgenden Cluster also eher als die Themen- oder Produktbereiche vor, an denen die Stärkanderinnen arbeiten und mit denen sie Geld verdienen. Letzteres ist wichtig: Die Stärkanderinnen setzen sich für New Work und Empowerment ein; sie kommen aber nicht primär am Arbeitsplatz zusammen, um New Work zu betreiben, sondern um Geld zu verdienen (siehe auch Axiom 1).
Software for HR
Nukleus und Beginn der Erfolgsgeschichte von Stärkande war die Entwicklung von Softwareprodukten, die vor allem im Personalbereich zur Anwendung kommen. Für viele Menschen ist es kaum noch vorstellbar, wie wenig digitalisiert das Arbeitsleben am Anfang der 2000er-Jahre war. Computer waren Schreibmaschinen und fast alle Personalprozesse wurden noch »händisch« durchgeführt. Wenn digitale Hilfsmittel eingesetzt wurden, dann funktionierten diese nicht gut und die Menschen fühlten sich bei der Bedienung hilflos.
Schon während ihres Studiums entwickelten die Schwestern eine Software, mit der Urlaubstage und Dienstreisen softwarebasiert eingereicht, verwaltet und abgearbeitet werden konnten. Das war damals eine Revolution! Jessica hatte ein Praktikum in einem Softwareunternehmen gemacht und war irritiert, dass selbst in der IT-Avantgarde Urlaubsanträge umständlich ausgedruckt, per Hand ausgefüllt und dann von einer Sachbearbeiterin wieder in eine Excel-Datei zurückdigitalisiert werden mussten. Eine absurde Vorstellung, aber so war das vor 20 Jahren! Anders als bei der Entwicklung des Adventure-Games für den C64 machten die Konzeption und Programmierung des Produktes den Schwestern nicht nur Spaß, sondern die Software funktionierte auch. Sie lief, und vor allem war sie so nutzerfreundlich, dass die Anwenderinnen gern mit ihr arbeiteten. Danach folgten Softwareprodukte zur vereinfachten Verwaltung von hohen Bewerberinnenanzahlen und für die Bewertung von Bewerberinnen in Auswahlprozessen. Mit dem Stärkande-Check können Anforderungsanalysen sowie im Anschluss Auswahlgespräche und Assessment-Center strukturiert und treffsicherer durchgeführt werden.
Mit vielen Softwarelösungen hat Stärkande die Personalsachverwaltung verändert. Gleichzeitig wird aber Stärkande immer wieder vorgeworfen, dass es mit seinen Produkten vor allem die Ebene der Sachbearbeitenden im Personalbereich arbeitslos gemacht habe. Heute verdient Stärkande neben den Standardprodukten im Softwarebereich Geld mit Teamkollaborationslösungen. Hier haben sich insbesondere seit Beginn der Covid-19-Pandemie immense Geschäftsfelder aufgetan. Softwarelösungen wie Rolemapp, Skillmapp und Teamorg (siehe Axiom 7), die für den Eigengebrauch entwickelt wurden, sind mittlerweile Verkaufsschlager.
Office Design
Karl Stärkande, der Vater von Alia und Jessica, führte bis 2004 die heimische Schreinerei und ein Sägewerk. Schon vor ihm hatten drei Generationen das Familienunternehmen geleitet. Gegründet worden war es von Gustav Stärkande, dessen Foto bei den Stärkanders über der Bank im Esszimmer hing. Als die Schwestern noch jünger waren, blickten sie bei jeder Mahlzeit auf ihre Eltern auf der Bank und darüber auf Gustav Stärkande. Gustav versteckte auf der alten Fotografie seine rechte Hand hinter dem Rücken, weil er drei Finger bei einem Arbeitsunfall verloren hatte (bei Karl Stärkande waren es nur zwei Fingerkuppen).
Über 80 Mitarbeitende sägten und schreinerten für Karl Stärkande im Taunus. Viele Menschen im Dorf verbrachten ihr ganzes Arbeitsleben im Unternehmen der Stärkanders. Karl Stärkande sponsorte den heimischen Fußballverein und sorgte dafür, dass der Club sich in der Verbandsliga halten konnte. 1994 geriet das Unternehmen in die Krise. Karl Stärkande hatte mehrere Spieler aus Litauen verpflichtet und diese zum Schein in seinem Unternehmen angestellt. Sowohl das Finanzamt als auch der Betriebsrat waren davon nicht begeistert. Die Lokalpresse berichtete ausgiebig über die Spielerposse. Mitarbeitende kündigten. Alia und Jessica war das Verhalten ihres fußball- und statusverrückten Vaters peinlich. Die Lage beruhigte sich erst wieder, als Karl Stärkande vom Vorsitz des Vereins zurücktrat. Im Jahr 2004 starb er an Lungenkrebs.
Die Töchter, die damals schon fünf Jahre erfolgreiche Softwareunternehmerinnen waren, führten lange Diskussionen untereinander und mit der Mutter, wie es mit dem Betrieb des Vaters weitergehen könnte. Der eine Teil, das Sägewerk, wurde im Jahr 2005 an einen alten Konkurrenten verkauft. Über die Schreinerei jedoch dachten die Schwestern länger nach und stellten sich die Frage, ob man mit Möbeln Menschen empowern könne, denn schließlich ist »empowering people« der Markenkern von Stärkande. Ihre Antwort: Das ist möglich. Die Schreinerei wurde in das Unternehmen der Schwestern integriert, aber neu ausgerichtet. Seit 2005 werden hochwertige und individuelle Büromöbel von den Stärkanderinnen produziert. Eine Besonderheit der Möbel ist ihre Flexibilität. Möbel von Stärkande sind so gestaltet und gefertigt, dass sie bewegt und einige auch verändert werden können. Sie sollen sich an den Arbeitsort und die Arbeitsbedürfnisse der Menschen anpassen und ihnen helfen, gut und gesund zu arbeiten.
Darüber hinaus produziert Stärkande weitere innovative Produkte, die aus hochwertigem Holz hergestellt werden und die auf die Innovationskraft einzelner Mitarbeitenden zurückgehen. Seit 2017 werden z. B. Skateboards und Surfboards aus nachhaltigen Bambushölzern gefertigt. Und auch das funktioniert: Die Menschen, die in einem teuren Stärkande-Stuhl sitzen, kaufen sich tatsächlich auch ein Snowboard von Stärkande. Zu diesem Produktbereich gehört auch eine kleine Schlosserei, die metallene Untergestelle für Stühle und Tische produziert. Auch die Polsterungen werden bei Stärkande selbst gefertigt und nicht ausgelagert. Alle Mitarbeitenden der väterlichen Schreinerei konnten auf diese Weise übernommen werden. Doch mussten viele Kolleginnen neue Fertigkeiten in ihrem Handwerk lernen. Neu lernen mussten sie aber auch die Art und Weise, wie die Schreinerei ohne einen Patriarchen und mit einer sogenannten »Holohier« arbeitet (siehe Axiom 9). Denn die Schreinerei wurde zu einer eigenen Phyle im Organisationssystem von Stärkande. Neben den 90 Mitarbeitenden in der Produktion arbeiten heute 30 Innenarchitektinnen und Möbeldesignerinnen für Stärkande. Sie entwerfen neue Möbel und individuelle Bürowelten für ihre Kundinnen.
Organizational Consulting
Durch den engen Kontakt mit Personalabteilungen bei der Implementierung von Softwarelösungen und durch die eigenen Herausforderungen bei der Integration der väterlichen Schreinerei in das Unternehmen erkannten Alia und Jessica, dass Dienstleistungen im Bereich Organisationsberatung eine sinnvolle Ergänzung ihres Portfolios sein könnten. Das Netzwerk von Stärkande im Personalwesen war und ist stark, im Jahr 2010 wurde der Unternehmenszweig Stärkande-Organisationsberatung gegründet. Bei diesem Schritt ging das Unternehmen nicht zimperlich vor. Ursprünglich wollten die Schwestern den neuen Unternehmensbereich langsam und organisch wachsen lassen, denn das entspricht dem zweiten Axiom vom Stärkande. Ein Projekt sollte zum nächsten führen, ein Projekt das Personal des nächsten finanzieren.
Doch die Boule war gegen diesen langsamen Aufbau (siehe Axiom 9 zur Erläuterung der Boule) und überstimmte die Schwestern. Überraschenderweise forderten vor allem die Vertreterinnen der Kolleginnen aus der Schreinerei einen radikaleren Aufbau. Möglicherweise waren hier die Erfahrungen aus der bereits gelungenen Transformation der Möbelsparte entscheidend. Auch die Vertreterinnen des Softwarebereichs schlossen sich der Meinung an, dass man auf dem Markt sofort größer auftreten und dafür Personal bei der Konkurrenz abwerben müsse. Also wurden gezielt Beraterinnen aus bekannten Beratungshäusern angesprochen – allerdings ohne dafür einen Headhunter zu engagieren. Stattdessen wurden Empfehlungen aus den Personalabteilungen der Kundinnen eingeholt. Anschließend machten sich...
Erscheint lt. Verlag | 20.4.2022 |
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Reihe/Serie | Haufe Fachbuch |
Haufe Fachbuch | |
Verlagsort | Freiburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Wirtschaft ► Betriebswirtschaft / Management ► Unternehmensführung / Management |
Schlagworte | Arbeit 4.0 • Arbeitswelt • Arbeitswelten • Beratung • Coaching • Digitalisierung • Empowerment • HR • Leitbild • Methoden • Mission • New Normal • NewNormal • new work • NewWork • Organisation • Organisationsentwicklung • Personalarbeit • Personalwesen • Schermuly • Utopia • Vision • VUKA • Zukunftsvision |
ISBN-10 | 3-648-15935-6 / 3648159356 |
ISBN-13 | 978-3-648-15935-4 / 9783648159354 |
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