Adaption von neuen Nonfood-Produkten im Handel -  Carsten Kortum

Adaption von neuen Nonfood-Produkten im Handel (eBook)

Eine Analyse von Kriterien und Methoden im Einkauf
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
144 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7543-8703-0 (ISBN)
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Band 13 beschäftigt sich mit der Adaption von neuen Nonfood-Produkten im Handel. Wie können kleinere unbekannte Lieferanten bei den Einkaufsorganisationen großer Handelsunternehmen innovative Artikel platzieren? Welche Hindernisse gibt es da in der Black-Box Nonfood-Einkauf und nach welchen Kriterien wird entschieden über die Aufnahme neuer Artikel? Gibt es überhaupt Chancen für neue Anbieter oder werden die Aufträge nur innerhalb des eigenen Netzwerkes verteilt? Wie gehen die Einkäufer mit Risiken um, die ihre eigene Performance bedrohen? Dabei benötigt der Handel insbesondere bei Nonfood-Artikeln einen beständigen Fluss an innovativen Produkten, um bei den kurzen Lebenszyklen von Mode- und Saisonprodukten und der zunehmenden Alterung des Standardsortiments nicht mit sinkenden Umsätzen konfrontiert zu werden. Neue Anbieter verdienen eine Chance.

Mit dem Buying-Center-Ansatz nach Webster/ Wind und dem Einkaufsmodell nach Sheth gibt es etablierte theoretische Grundgerüste zum Verständnis des Einkaufsverhaltens von Organisationen.

In Lehrbüchern der Handelsbetriebswirtschaftslehre werden für die Entscheidungsfindung Scoring-Modelle mit einer Zielgewichtung und Normierung von Nutzenwerten dargestellt.

Zu den Kriterien gibt es in der Handelsforschung eine breite Diskussion basierend auf empirischen Studien.

2. Theoretische Grundlagen zu Einkaufsentscheidungen im Handel


2.1 Sortimentspolitik und die Adaption neuer Artikel

Der Einkauf hat bei den Restriktionen „working capital" und begrenzte Regalflächen im stationären Handel die Aufgabe im Rahmen der Sortimentspolitik aus der Menge von möglichen Artikeln durch einen Entscheidungsprozess das optimale Sortiment zusammenzustellen25. Nach Ahlert und Kenning ist die Kernleistung des Handels die attraktive Sortimentsbildung, von der alle anderen Leistung abhängen26. Gemäß Rudolph sind die drei konstituierenden Leistungen der Handelstätigkeit neben Warenfluss mit Logistik und Verkauf die Sortimentsbildung. Die Sortimentsbildung ist in der ersten Kaufphase wichtig, um Interesse beim Kunden zu gewinnen, um dann in der zweiten Phase die Bedürfnisse durch entsprechende Präsentation und Verständlichkeit zu konkretisieren27. Maßgebend für den Erfolg im Handel sind attraktive Sortimente, hohe Qualität der Lieferanten, Kundenbegeisterung, Einkaufsmacht und Umsatz, wobei Letzteres eher eine Ergebnisgröße darstellt28. Zentral sind also die Sortimente, die kontinuierlich bearbeitet und auf die Kundenbedürfnisse ausgerichtet werden. Die Einkaufsmacht über die Konditionen wirkt direkt auf die Ertragssituation. Die hohe Qualität der Lieferanten wird in dieser Erfolgslogik sehr vereinfacht nur durch die Lieferantenbeurteilung erreicht. Erfolg im Handel ohne Sortimentsgestaltung ist somit nicht darstellbar.

Diese Zusammenhänge werden in empirischen Studien belegt. In einer neueren Studie im südkoreanischen Fashioneinzelhandel in Seoul ist beispielsweise der Zusammenhang zwischen einer erfolgreichen Sortimentsplanung mit den Einkaufsentscheidungen und dem wirtschaftlichen Erfolg des Händlers gemessen an Marktanteilen, Rentabilität (ROA, ROI, EBT), Produktqualität, Kundenservicelevel und Wettbewerbsposition ausgeprägt und signifikanter als der Zusammenhang mit einer operativen Exzellenz im „store management".

In kleineren Fashionhandelsfirmen wird der Sortimentsplanung ein höheres Gewicht beigemessen als in größeren29. Wichtigste Determinante des Händlererfolges ist „assortment planing" über die „store operations“. Einkäufer müssen daher eng mit dem Vertrieb zusammenarbeiten. Ein Feedback zum Sortiment durch die Verkaufsmitarbeiter an den Einkauf ist kritisch für den Erfolg. Die Charakteristika der Einkäufer und der Händler spielen interessanterweise nur eine untergeordnete Rolle30.

Abbildung 1: Einflussfaktoren auf die Händlerperformance im Fashion-Einzelhandel 31

Die Artikelauswahl muss beständig auf dem Prüfstand stehen, beginnend mit der Planung der Sortimentsbreite und im zweiten Schritt der Sortimentstiefe32. Diese beiden Kriterien sind auch konstituierend für den Betriebstyp33. Die Sortimentspolitik unterliegt dabei unterschiedlichen Zyklen abhängig von der „category“. Im Lebensmitteleinzelhandel werden vergleichsweise wenig neue Artikel eingeführt im Vergleich zum Textilhandel mit einem mehrfachen Sortimentswechsel über das gesamte Verkaufsjahr34.

Zu den generellen Einflussfaktoren auf die Sortimentsgestaltung zählen die Wirtschaftlichkeit, der Absatzmarkt, der Beschaffungsmarkt, unternehmensinterne Faktoren und Faktoren aus der Umwelt zu den unternehmensinternen Faktoren die Entscheider im Einkauf. Letztere sollen Untersuchungsobjekt dieser Studie sein und der Einfluss der übrigen Faktoren auf diese Entscheider herausgearbeitet werden.

Die Instrumente der Sortimentspolitik sind Sortimentsmodifikation mit dem Austausch von Artikeln in einer Entscheidung, Sortimentsexpansion mit Differenzierung in der Sortimentstiefe und Diversifikation in der Sortimentsbreite und als dritte Alternative die Sortimentsbereinigung mit der Reduzierung der Anzahl der Warengruppen oder der Artikel in einer Warengruppe35. Die Aufnahme neuer Artikel erfolgt folglich in der Sortimentsmodifikation und in der Sortimentsexpansion. Bevor der einzelne Artikel bewertet wird, erfolgt eine strategische Einordnung des Sortimentsbereiches im Sortimentsportfolio mit den Dimensionen Marktentwicklung und Sortimentspotenzial36 oder auch konkreter mit Kennzahlen wie Deckungsbeiträge und Umschlagsgeschwindigkeit37.

Fehler bei der Sortimentsplanung sind ein zu gering gewählter Ausschnitt aus der gesamten Nachfrage der Zielgruppe und damit eine zu niedrige Bedarfsdeckungsrate, die Nichtberücksichtigung von Bedarfs- und Nachfrageverbund, die geringe Ansprache von Convenience beim Einkauf und der Nachfrage nach höherwertigen Artikeln, der Fokus auf Schnäppchenjägern und eine wenig attraktive Warenpräsentation38.

Der Aufnahme neuer Artikel im Rahmen der kontinuierlichen Sortimentsoptimierung kommt damit eine besondere Bedeutung zu. In der betrieblichen Praxis stellen sich die Fragen nach den Entscheidern in der Einkaufsorganisation, dem Einkaufsverhalten, der Systematisierung des Informationsbedarfs und den Arten der Informationsbeschaffung und der Einordnung der Entscheidungskriterien und Bewertungstools bei der Adaption neuer Artikel und deren Merkmalen39. Die Gliederung dieser Studie orientiert sich an diesen Fragen.

2.2 Webster/ Wind-Modell des "buying center" in der Einkaufsorganisation

Das Einkaufsverhalten des Handels wird als Spezialfall des Einkaufs von Organisationen eingeordnet. Daher wird im Folgenden ein Modell vorgestellt, in dem Akteuren spezifische Rollen zugesprochen und die Beziehungen zwischen diesen im „buying center" aufgezeigt werden.

Grundsätzlich lassen sich drei Elemente des Einkaufsverhaltens von Organisationen mit den jeweiligen Fragestellungen unterscheiden:

  • 1 Struktur: “the 'who' factor" - Wer nimmt am Entscheidungsprozess teil und nimmt welche Rolle dabei ein? (vgl. hierzu Kapitel 2.2)
  • 2 Prozess: "the ‘how' factor" - Welche Muster der Informationssuche-, -analyse, -bewertung und Entscheidungsfindung kennzeichnen die Entscheidungen in Organisationen? (vgl. Kapitel 2.4)
  • 3 Inhalt: “the ‘what' factor" - Welche Entscheidungskriterien sind relevant in den unterschiedlichen Phasen des Beschaffungsprozesses und bei den unterschiedlichen Entscheidern?40 (vgl. Kap. 2.3 als Totalmodell des Einkaufsverhaltens, 2.5, 2.6, 2.7)

Die Rolle des Einkäufers im „buying center" als vorherrschendes kollektives Entscheidungsgremium ist insofern von Gewicht, da der Einkäufer als Direktkontakt zu den Lieferanten die Empfehlungen und die Entscheidungen maßgebend beeinflusst41. Im „buying center" nach Webster/Wind42 werden die grundsätzlichen Unterschiede im Einkaufsverhalten von Konsumenten und Einkäufern in einem allgemeinen Modell herausgestellt. Einkäufer sind in eine formale Organisation eingebettet und werden maßgebend beeinflusst durch Budgets, Kosten und Profite als Organisationsziele und individuelle Ziele. In den Entscheidungsprozess ist eine Vielzahl von Akteuren involviert mit zahlreichen Interaktionen untereinander. Wissen um Informationen und Entscheidungskriterien sind für die Verkäufer und Key-Accounter von Vorteil bei der Vermarktung. Das Modell erlaubt für den Praktiker die Identifizierung und Bewertung der Relevanz von Variablen.

Aus dem traditionellen Blickwinkel werden rationale, wirtschaftliche und gegensätzliche Variablen unterschieden. Jedoch führt die einseitige Betrachtung oder die Ignoranz von Variablen zu einer limitierten Perspektive. Die Variablen lassen sich in die vier Kategorien individuell, sozial, organisationsbezogen und umweltbezogen einordnen mit direktem Bezug zur Einkaufsaufgabe (Task-Motive) oder ohne (Non-Task-Motive). Zwischen diesen Kategorien gibt es im Regelfall Zusammenhänge. Die Non-Task Motive lassen sich ferner in Leistungsmotive und in Risikoreduktionsmotive unterteilen. Die Reduzierung von Risiken ist dabei ein Schlüsselmotivator von Akteuren in Organisationen. Das wahrgenommene Risiko ist dabei eine Funktion aus der Wahrscheinlichkeit des Eintritts und des Wertes des Ergebnisses. Die Unsicherheit zeigt sich in der Unsicherheit über die verfügbaren Alternativen, die Unsicherheit über mögliche Ergebnisse und die Unsicherheit über die Bewertung und Reaktion von wichtigen Rollen in der Organisation zu verschiedenen Ergebnissen. Letzteres basiert oft auf unzureichende Informationen über die Zielsetzungen. Taktiken von Einkäufern sind hier die...

Erscheint lt. Verlag 22.9.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Wirtschaft
ISBN-10 3-7543-8703-0 / 3754387030
ISBN-13 978-3-7543-8703-0 / 9783754387030
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