Die Nachwuchs-Führungskraft (eBook)
350 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7534-1375-4 (ISBN)
Antreiber und Getriebener – wenn auch noch mehr Effektivität nicht hilft
Erfolgsfördernde Energien kultivieren
Kornelia Becker-Oberender und Erwin Oberender
Marco M. kommt zum Coaching, nachdem er aufgrund eines körperlichen Zusammenbruchs in einer Klinik psychosomatisch behandelt wurde. Er hatte vor gut einem Jahr eine Führungsposition übernommen und der zuständige Psychiater rät ihm nun zum Wechsel seiner Arbeitsstelle, da er den Belastungen einer Führungskraft offensichtlich nicht gewachsen sei. Er selbst beschreibt den Zusammenbruch als ein völliges Versagen und daher könne er aktuell die Arbeit auch nicht wieder aufnehmen. Dies steht im Gegensatz zu den Aussagen seiner Geschäftsführung. Sie möchte nicht auf seine Leistungen verzichten und bietet ihm an, seine Situation in einem externen Coaching zu überdenken. Was ist geschehen?
Nachdem er sein Abitur mit der Note 1.3 „hinter sich gebracht“ (Zitat Marco M.) hatte, studierte er Betriebswirtschaft. Er fiel durch hervorragende Leistungen auf und hatte schon vor Abschluss seines Studiums mehrere lukrative und herausfordernde Stellenangebote zur Auswahl. Er entschied sich für das anspruchsvollste Angebot. Nach kurzer Zeit hatte er seinen Aufgabenbereich erfasst und übertraf die Erwartungen seines Arbeitgebers. Die positive Meinung der Geschäftsleitung bezüglich seiner Führungsqualitäten konnte er jedoch nicht teilen, da er immer wieder eigene Fehleinschätzungen und Fehler erkannte. Dank seiner großen Flexibilität konnte er diese gut ausgleichen, ging dabei allerdings oftmals mit seinem Engagement über die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit hinaus. Den Hinweis eines Vorgesetzten, sorgsam mit den eigenen Kräften umzugehen, wertete er als Kritik an seinen Führungsqualitäten.
Nun gönnte sich Marco M. kaum noch Zeit für sich und seine Partnerin. Er brachte viele neue Ideen in den Arbeitsprozess ein, die er in hoher Geschwindigkeit umzusetzen versuchte. Er überprüfte jeden seiner Schritte detailliert, um so noch präziser zu handeln. Auch seine Mitarbeiter mühten sich aufrichtig, seine oftmals sprunghaften Ideen umzusetzen. Er selbst hatte das Gefühl, nicht schnell genug zu sein, und ärgerte sich über jeden Fehler seiner Mitarbeiter, die er als persönlichen Angriff verspürte. Schließlich hatte er für diese alle möglichen Unterstützungen auf den Weg gebracht. Er war immer für sie ansprechbar und konnte seine Verärgerung kaum unter Kontrolle halten, wenn dann doch etwas nicht hundert Prozent so lief, wie er es geplant hatte. Da konnte er auch schon einmal laut und ungerecht werden. Mit sich selbst ging er noch unnachgiebiger um. Er steigerte sein Engagement stetig, sodass es keine Ausnahme mehr war, dass er nur drei bis vier Stunden Schlaf bekam. Seine Beziehung zu seiner Lebensgefährtin entwickelte sich auch immer schwieriger, vor allem weil diese „nicht verstehen konnte, dass er nicht zuletzt wegen ihr solche Belastungen auf sich nehme. Er wolle schließlich ihre Ansprüche an ein angenehmes Leben erfüllen“. Die Stimmung in seinem Team veränderte sich immer mehr hin zu einem misstrauischen, unsicheren Umgang miteinander. Seine Mitarbeiter konnten ihn immer schlechter einschätzen. Er wechselte unvermittelt von einem umgänglichen, mitfühlenden Vorgesetzten hin zu einem unberechenbaren Choleriker. Nach eineinhalb Jahren kam es zum Zusammenbruch.
Während unseres ersten Treffens berichtete Marco M., dass ihn seine Lebensgefährtin vor drei Monaten verlassen habe. Dies habe ihn „tief getroffen und er hege eine große innere Wut“ in sich, für die er sich allerdings schäme. Er habe auch noch niemandem davon erzählt.
Auf den ersten Blick scheint es sich um ein nachvollziehbares Überforderungssyndrom zu handeln. Lange Jahre haben wir in solchen Situationen mit unseren Klienten an einer besseren Ressourcenausschöpfung, einer effektiven Organisation der Arbeitsprozesse oder einer Stabilisierung bzw. dem Aufbau von Führungsqualitäten gearbeitet. (Siehe auch weitere Informationen für Sie zum Download auf unserer Unterstützungsseite zu den Themen: energetisches Persönlichkeitsprofil; FREI-Modell; REIS-Modell; Haltung zum Erfolg kreieren; Er-Lebensfeld).
Dabei trafen wir allerdings immer wieder Menschen, die, obwohl sie in diesen Faktoren keinerlei Defizite aufwiesen, trotzdem in solche persönliche „Niederlagen“ schlitterten. Es machte hier auch wenig Sinn, mit konventionellen Techniken des Selbstmanagements zu arbeiten. Es mussten also andere Gründe dafür ursächlich sein, die gerade hochqualifizierte, motivierte und erfolgreiche Menschen in solche, für sie ausweglos erscheinende Situationen brachten. Neugierig forschend machten wir uns auf die Suche und fanden schließlich eine erstaunliche, aber keineswegs überraschende, sondern durchaus logische Begründung. Um zu verstehen, welcher „Orkan“ Marco M. aus der Bahn geworfen hat, unternahmen wir zunächst eine kleine Forschungsreise bis zu den Anfängen unseres individuellen Lebens. Die dort gewonnenen Erkenntnisse führten zu einem Aktionsplan für eine grundlegende Veränderung nicht seines Verhaltens, sondern seiner inneren Haltung zu sich und der Welt.
Wenn aus positiven Eigenschaften Saboteure werden
Wenn wir in diese Welt geboren werden, sind wir vollkommen hilflos auf die Unterstützung wohlwollender Menschen in unserer Umgebung angewiesen. Wir folgen vom ersten Tag an (und das endet erst an unserem letzten) zwei großen Bedürfnissen: Wir wollen zu irgendjemandem dazugehören und wir wollen uns stetig weiterentwickeln1.
Diese beiden Bedürfnisse, bzw. diese uns antreibenden Energien, sind für uns lebensnotwendig. Da wir vollkommen hilflos sind, brauchen wir einen Menschen, der uns versorgt, zu dem wir dazugehören, der uns füttert, die Windel wechselt und uns eine warme Stelle zum Schlafen anbietet. Gleichzeitig haben wir diese Neugierde, die Welt um uns zu erforschen, alles zu erkunden und zu entdecken, und wir haben diesen inneren Trieb, es „alleine“ zu schaffen.
Wir sprechen hier ganz bewusst von antreibenden Energien, denn genauso wirken sie auch. Sie sind wie der Motor, der das Auto antreibt. Jedes Kind hat von Natur aus fünf antreibende Energien als positive Eigenschaften mitbekommen. Es kann sich sehr schnell an neue Situationen anpassen, es ist in einem später nie wieder erreichbaren Maß dazu in der Lage, zu erkennen, wie sein Gegenüber gerade „drauf ist“. Dazu benötigt es keine Worte, sondern es „liest“ in Gestik, Mimik und Tonlage seines Gegenübers. Wer schon einmal erlebt hat, wie geduldig und ausdauernd ein Kind sich mit den Dingen auseinandersetzt, immer im Bestreben, das, was es tut, richtig zu machen, und mit welcher Frustrationstoleranz es sein Ziel verfolgt, der weiß, wovon wir hier schreiben.
Möglicherweise sind Ihnen schon Parallelen zu Marco M. aufgefallen? Unsere Hypothese ist, dass genau das, was ihn in seiner beruflichen Laufbahn zu überdurchschnittlichen Leistungen befähigte, genau das Gleiche ist, was ihn auch zum Zusammenbruch führte und auch genau das, was einem Kind das Überleben sichert:
- eine schnelle Auffassungsgabe (sich schnell an neue Situationen anpassen)
- Durststrecken durchstehen (geduldig und ausdauernd sein)
- sich anderen anpassen (erkennen, wie das Gegenüber drauf ist)
- fehlerfrei handeln (es richtig machen)
- die eigene Befindlichkeit zurückstellen (mit Frustrationen umgehen können)
Das Gleiche, was Marco M. sein Abitur „hinter sich bringen" ließ und ihn dazu befähigte, sein Studium mit Bestnoten abzuschließen, verleiht ihm auch seine schnelle Auffassungsgabe und befähigte ihn auch dazu, sich schnell in ein Team einzufügen und dieses zu führen, sich vollkommen auf seine Aufgabe zu konzentrierten und dabei seine persönlichen Gefühle beiseite zu stellen. All das sind antreibende Energien, die ihm in den ersten Jahren seines Lebens das Überleben sicherten und den kindlichen Entdeckergeist unterstützten.
Wie kann es sein, dass diese doch offensichtlich sehr hilfreichen Energien sich so konsequent gegen ihren „Besitzer“ wenden können? Dafür sorgt das Umfeld, in das wir geboren werden. In der Regel geschieht das nicht böswillig, sondern ganz im Gegenteil mit den besten Absichten unserer Eltern oder Bezugspersonen. Sie können sich das wie ein Muskeltraining vorstellen. Wenn Sie in einem Fitness-Studio Ihre Oberarmmuskulatur stärker trainieren als Ihre Bauchmuskeln, wird diese auch stärker anwachsen als die Bauchmuskeln und natürlich auch leistungsfähiger sein. Nichts anderes geschieht mit den oben beschriebenen Energien. Wenn in Ihrer Umgebung der „Muskel“ des Durchhaltens und Anstrengens stärker gefordert wird als der des „sich gut anpassen Müssens“, dann wird diese Fähigkeit auch...
Erscheint lt. Verlag | 19.7.2021 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Wirtschaft ► Betriebswirtschaft / Management ► Unternehmensführung / Management |
ISBN-10 | 3-7534-1375-5 / 3753413755 |
ISBN-13 | 978-3-7534-1375-4 / 9783753413754 |
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