Die Zombiewirtschaft (eBook)

Warum die Politik Innovation behindert und die Unternehmen in Deutschland zu Wohlstandsbremsen geworden sind
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2021 | 1. Auflage
377 Seiten
Novo Argumente Verlag GmbH
978-3-944610-63-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Zombiewirtschaft -  Alexander Horn,  Michael von Prollius,  Phil Mullan
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Seit der Finanzkrise 2008 explodieren Aktienkurse und andere Vermögenspreise. Die deutschen Unternehmen schwimmen in Geld. Sie wissen aber nichts damit anzufangen, weil sie keine profitablen Investitionsmöglichkeiten sehen. Die Erwerbseinkommen entwickeln sich dagegen kaum. Die Politik versucht, die soziale Realität so gut es geht zu kaschieren. Die für die breite Bevölkerung spürbare Wohlstandsstagnation ist hausgemacht. Schuld ist eine auf Stabilität ausgerichtete wirtschaftspolitische Agenda, die Wandel und Innovation behindert. Statt unproduktives privates Kapitalvermögen aus dem Markt zu drängen, wird dessen Werteverfall verhindert. Statt die notwendige Korrektur der Vermögenspreise zuzulassen, sorgt der Staat dafür, dass die Blasen nicht platzen, sondern ständig neue Nahrung erhalten. Diese Wirtschaftspolitik hat die Fähigkeit der Unternehmen ausgehöhlt, für mehr Wohlstand für alle zu sorgen. Es ist eine Zombiewirtschaft entstanden, in der es die große Masse der Unternehmen in Deutschland nicht mehr schafft, die Arbeitsproduktivität zu steigern.

Alexander Horn ist Redaktionsmitglied und Geschäftsführer beim Politikmagazin Novo. Außerdem ist er selbständiger Unternehmensberater, berät und coacht Führungskräfte bei Prozessverbesserungen und in der Mitarbeiterentwicklung. Er ist Diplom-Wirtschaftsingenieur und arbeitete vor seiner Beratertätigkeit viele Jahre in den Bereichen Produktion und Logistik bei verschiedenen mittelständischen Automobilzulieferern. Zuletzt war er Logistikleiter bei einem großen deutschen Mittelständler.

Alexander Horn ist Redaktionsmitglied und Geschäftsführer beim Politikmagazin Novo. Außerdem ist er selbständiger Unternehmensberater, berät und coacht Führungskräfte bei Prozessverbesserungen und in der Mitarbeiterentwicklung. Er ist Diplom-Wirtschaftsingenieur und arbeitete vor seiner Beratertätigkeit viele Jahre in den Bereichen Produktion und Logistik bei verschiedenen mittelständischen Automobilzulieferern. Zuletzt war er Logistikleiter bei einem großen deutschen Mittelständler.

Einleitung


Das Drehbuch der Corona-Epidemie ist noch nicht geschrieben. Und doch behaupten viele Amateur-Regisseure in den Medien, es werde „nichts mehr so sein wie zuvor“. Die Schwierigkeit zu beantworten, was genau anders wird, umgehen sie mit der apokalyptischen Vorahnung, es werde sich eben „alles“ ändern. Was die Wirtschaft betrifft, ist es jedoch sehr wahrscheinlich, dass sich auch nach der Corona-Pandemie nicht allzu viel ändern wird, sofern die Krise nicht wesentlich gravierendere Ausmaße annimmt als die Finanzkrise 2008. „Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen“, aber es spricht einiges dafür, dass ähnlich wie nach der Finanzkrise auch heute gilt: „Nach der Krise ist vor der Krise.“

Erstens gibt es gute Gründe anzunehmen, dass sich das marktwirtschaftliche System erneut als robust erweist und eine eskalierende wirtschaftliche Krise von international koordinierten Staaten eingedämmt werden kann. Zweitens blieben nach 2008 die bereits zuvor erkennbaren sozioökonomischen und wirtschaftspolitischen Trends bestehen. Auch heute liegt kein radikaler Bruch in der Luft. Zu schwach ist das Murren der Bürger, zu wenig Widerspruch kommt von der politischen Opposition und zu einig sind sich die Wirtschaftswissenschaftler.

Die in diesem Buch vorgebrachte Analyse lässt darauf schließen, dass sich drei wirtschaftspolitisch entscheidende Trends der letzten Jahre und Jahrzehnte nun durchsetzen oder verfestigen. Erstens wird sich das hartnäckige Problem sinkenden Produktivitätswachstums sowie der dadurch stagnierende Lebensstandard der breiten Masse weiter verschärfen, und dennoch auch weiterhin ignoriert, beschönigt oder verschleiert werden. Zweitens ist nach mehr als zehnjähriger wirtschaftlicher Malaise in den entwickelten Volkswirtschaften offenbar die Einsicht gewachsen, dass die Niedrigzinspolitik der Zentralbanken an ihr Ende gelangt ist und keinen wirtschaftlichen Aufschwung mehr bewirken wird. Deutlich zeichnet sich – weit über die unmittelbare Überwindung der Corona-Krise hinaus – die Stunde der Fiskalpolitik und starker staatlicher Intervention ab. Drittens wird die Entpolitisierung wirtschaftspolitischer Themen im Zuge der Corona-Krise voraussichtlich weiter voranschreiten. Schon heute werden viele wirtschaftspolitische Entscheidungen nicht als Interessensabwägung verstanden, sondern als reine Sachfragen, die an demokratieferne Experten delegiert werden können. Die Reaktion auf die Corona-Krise zeigt auch eine andere Art der Entpolitisierung, die bislang eher im Hintergrund blieb. Wirtschaftspolitische Eingriffe werden nun sehr klar übergeordneten Prinzipien oder Notwendigkeiten untergeordnet. Nach Ansicht von Bundesfinanzminister Olaf Scholz sind Überlegungen, die nicht die Verhinderung des Corona-Todes als oberste Prämisse anerkennen, zynisch und daher indiskutabel. Gegenüber der Bild am Sonntag [1], sagte er, er wende sich gegen „jede dieser zynischen Erwägungen, dass man den Tod von Menschen in Kauf nehmen muss, damit die Wirtschaft läuft“.

Bedrohungsszenarien haben zwar schon in der fernen Vergangenheit zur Legitimation von harten Entscheidungen gedient, werden aber immer häufiger herangezogen. Sie drohen zur Normalität zu werden. In ähnlicher Weise wurde bereits die Rettung des Euros mit dem vermeintlich drohenden Ende Europas legitimiert.

In einer Talkshow des ZDF-Moderators Markus Lanz vom 31. März 2020 vertrat Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), prototypisch die eben angesprochene neue Normalität der Wirtschaftspolitik. Auf die Frage, worin sich die Finanzkrise 2008 von der Corona-Krise unterscheide, antwortete Fratzscher, die damalige Krise sei aus dem Finanzsystem gekommen: „Das Finanzsystem war marode, die Banken sind zu viele Risiken eingegangen, aber die Realwirtschaft war eigentlich gesund.“ Dass die Realwirtschaft – vor allem in Deutschland, „der Insel der Glückseligen“, wie er meinte – weder zur Zeit der Finanzkrise, noch heute ein Problem hat, ist das herrschende Narrativ.

Wie wir in diesem Buch zeigen, lagen die Auslöser der Finanzkrise 2008 zwar in den Finanzmärkten, das zugrundeliegende wirtschaftliche Problem lag jedoch schon damals in der wertschöpfenden Wirtschaft. Die Finanzwirtschaft war nur die Überbringerin der schlechten Botschaft, die man hinterher verantwortlich machte und zur Rechenschaft zog. Schon Jahrzehnte vor der Finanzkrise wurden in den entwickelten Volkswirtschaften Bedingungen geschaffen, durch die die Finanzwirtschaft und die Zentralbanken eine bedeutendere Rolle spielen konnten. Der Antrieb hierfür war die zunehmende Schwäche der nichtfinanziellen Wirtschaft. Zwar gelang es, die Wirtschaft zu stabilisieren, die neuen finanzpolitischen Hebel konnten jedoch nicht verhindern, dass die für neue wirtschaftliche Aufschwünge wichtigen Unternehmensinvestitionen immer schwächer wurden. Die Unternehmen benötigen immer weniger Kapital von den Kapitalmärkten, um ihre Investitionen zu finanzieren. Dieser Trend hat sich so sehr verschärft, dass sie in Deutschland – aber auch in anderen entwickelten Ländern – bereits seit der Finanzkrise nicht mehr auf die Kapitalmärkte angewiesen sind, um neue Projekte zu finanzieren. Die Verhältnisse stehen auf dem Kopf. Erstmals in der kapitalistischen Entwicklung finanzieren die Unternehmen andere wirtschaftliche Sektoren, vor allem die privaten Verbraucher und Staaten. Die Folge dieser Entwicklung war bereits lange vor der Finanzkrise 2008 eine Geldschwemme, die unter anderem vom ehemaligen Chef der US-Notenbank Ben Bernanke als „Sparschwemme“ interpretiert wurde, obwohl sie von dieser Investitionsschwäche verursacht wurde. Da die Unternehmen also schon lange vor der Finanzkrise immer weniger Kapital benötigten, drängte das überschüssige Kapital in die Finanzmärkte und bewirkte Preisblasen. Da die Vermögenspreise zwar stiegen, die wertschöpfende Basis aufgrund schwächelnder Investitionen jedoch kaum durch die Einführung von produktivitätssteigernden Innovationen verbessert wurde, klafften Realwirtschaft und Finanzwirtschaft immer weiter auseinander, was das System destabilisierte. Die Finanzkrise 2008 resultierte daher – entgegen Fratzschers Einschätzung – ursächlich aus dieser Investitionsschwäche der wertschöpfenden Wirtschaft.

Die Geldpolitik der EZB ist ein deutlicher Ausdruck für die Malaise, in der sich Deutschland und andere entwickelte Volkswirtschaften befinden. Mehr als zehn Jahre nach der Finanzkrise von 2008 ist es noch immer nicht gelungen, den offenbar nicht enden wollenden Krisenmodus, zu überwinden. Im Gegenteil: Noch bevor die Corona-Krise am Horizont erschien, sackte die europäische Wirtschaft ab. Wie neue Zahlen des Statistischen Bundesamts belegen, befand sich die Industrie in Deutschland schon vorher in der Rezession. Die Geldflut nahm kein Ende. Im September 2019 entschied der EZB-Rat, die Zinsen für Einlagen der Banken von minus 0,4 auf minus 0,5 Prozent weiter abzusenken und das 2,6 Billionen Euro schwere Anleihekaufprogramm um 20 Milliarden Euro pro Monat aufzustocken. Die EZB sei über „das Ziel hinausgeschossen“, kommentierte sogar Bundesbankpräsident Jens Weidmann. Obwohl sie immer weitere Geschütze aufgefahren hat, führt all das keineswegs zu neuer wirtschaftlicher Blüte, neuen und besser bezahlten Jobs oder einer technologischen und digitalen Revolution – von der aber umso mehr geredet wird.

Die geldpolitische Stimulierung bewirkt kaum mehr die erhoffte Stabilisierung und schafft neue Probleme. Sie hält Unternehmen wie auch Staaten über Wasser. Dadurch werden jedoch auch geschwächte Unternehmen erhalten, die unter anderen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen die Segel streichen müssten. So überleben Zombieunternehmen, die trotz der günstigen Rahmenbedingungen nicht mehr, oder nur noch gerade so, profitabel arbeiten. Unternehmen, die viel zu geschwächt sind, um in neue Technologien zu investieren. Sie hemmen die Entwicklung der Arbeitsproduktivität. Von ihnen geht keine wohlstandssteigernde Wirkung mehr aus. Da die profitableren Unternehmen mit Blick auf die Investitionen inzwischen die gleichen Merkmale wie die Zombies aufweisen, ist die Wirtschaft umfassend geschwächt. Die magische Wirkung des Kapitalismus, die darin bestand, den Wohlstand der Massen enorm zu steigern, ist in den entwickelten Volkswirtschaften inzwischen versiegt. Sie sind zu Zombiewirtschaften geworden.

Die Corona-Krise birgt aufgrund des herrschenden Narrativs, dass die „Realwirtschaft eigentlich gesund“ sei, eine große Gefahr. Es steht zu befürchten, dass Entscheidungen getroffen werden, die die Zombifizierung weiter vorantreiben. Da die Corona-Krise keine typische Wirtschaftskrise ist, trifft sie nicht in erster Linie die unprofitablen Unternehmen. Wenn durch die politischen Eingriffe Absatzmärkte oder Lieferketten zusammenbrechen, sind profitable Unternehmen und Zombies gleichermaßen betroffen. Um den dann resultierenden Stillstand zu überbrücken, ist Liquidität entscheidend. Die Verfügbarkeit hoher Cash-Reserven ist jedoch kein geeigneter Indikator, die Profitabilität zu messen. Gerade Unternehmen, die viel investieren, verfügen in der Regel über geringe liquide Mittel. Um weitere Schäden an der wirtschaftlichen Substanz zu vermeiden, ist es daher so wichtig, dass allen Unternehmen über die Durststrecke geholfen wird. Sonst könnten die falschen Unternehmen aus dem Markt gedrängt werden. Gehen jetzt Unternehmen unter, brechen die komplexen und anfälligen Wertschöpfungsketten auf und lösen Kettenreaktionen aus.

Die Grenzen der Zentralbankpolitik sind in den letzten Jahren deutlich geworden. Zwar gelang es, die Wirtschaft zu stabilisieren, ein Aufschwung ist jedoch ausgeblieben, und die...

Erscheint lt. Verlag 15.6.2021
Reihe/Serie Novo
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Wirtschaft
Schlagworte Arbeitsproduktivität • Politik • Wachstum • Wirtschaftskrise
ISBN-10 3-944610-63-6 / 3944610636
ISBN-13 978-3-944610-63-4 / 9783944610634
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