Psychologisches Projektmanagement (eBook)
252 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7526-7688-4 (ISBN)
Vita: Master of Social Science in Projektmanagement Bachelor of Science in Biomedizinischen Wissenschaften Betriebswirt (IWW) Six Sigma Green Belt Mitgliedschaften: Project Management Institute (PMI) Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement (GPM / IPMA) Deutsche Gesellschaft für Qualität (DGQ)
1. Einführung: Projekte
„Projekt“ hört man heute in allen möglichen Kontexten. Im Privaten wird beispielsweise das „Mit den Kindern in den Urlaub fahren“ als ein privates Projekt bezeichnet. Oftmals kann man auch beobachten, dass Unternehmen Routineaufgaben als Projekte verkaufen. In der Wissenschaft arbeiten Forschungsgruppen an Forschungsprojekten, oder junge, noch nicht etablierte Musikgruppen bezeichnen sich selbst als Projekte. Politiker sprechen gerne über z. B. Wohnprojekte oder Arbeitslosenprojekte. In Unternehmen gibt es inzwischen viele Stellen, die als „Projektleiter“ oder „Projektmanager“ bezeichnet werden, unabhängig von den tatsächlichen Arbeitsaufgaben.
Die große Bandbreite an Verwendungsmöglichkeiten des Wortes ‚Projekt‘ erschwert die Definition und Abgrenzung eines Projekts in betriebswirtschaftlichem Sinne. Das Wort Projekt stammt im Übrigen aus dem Lateinischen „proiectum“ und bedeutet ‚nach vorn geworfen‘. Auch, wenn eine einheitliche Definition eines Projektes noch fehlt, wird Projekt in diesem Buch als ‚eine betriebswirtschaftliche Organisationsform, in welcher eine Person (oder Gruppe) die einmalige Aufgabe erhält, ein bestimmtes Ziel mit einem bestimmten Budget zu erreichen.‘ In den nächsten Abschnitten wird diese Definition näher erläutert. Die Frage ist also nicht, ob eine Aufgabe ein Projekt ist, sondern vielmehr, ob es sinnvoll ist, die Aufgabe in Form eines Projekts zu betreiben.
1.1. Definition des Projektbegriffes
Als Projekt in einem unternehmerischen Kontext wird eine betriebliche Organisations- und Arbeitsform mit den folgenden Merkmalen definiert:
- einmalige Aufgabe
- zeitliche Begrenzung
- Zustandsveränderung
- Wertsteigerung
- unternehmerischer Kontext der Initiierung
1.1.1. Eine einmalige Aufgabe
Typische Routinearbeiten in einem Unternehmen sind z. B. das Auszahlen von Löhnen oder das Putzen der Räumlichkeiten. Bei Routinearbeiten hat man gewöhnlich Zeit, sich einzuarbeiten. Man lernt immer wieder dazu und sammelt Erfahrungswerte, und das Ergebnis lässt sich ohne größere Mühe auf einem ausreichend hohen Niveau aufrechterhalten. Hier kann eine weitere Optimierung aufgrund eines Vergleichs mit festen Arbeitsabläufen, Erfahrungswerten und Prozessen (SOPs) vorangetrieben werden. Projekte dagegen sind einmalige Vorhaben, bei denen das Ergebnis am Ende des Projektes an die auftraggebende Organisation übergeben und dort entweder in eine Routinearbeit überführt oder als Ausgangspunkt für ein neues Projekt verwendet wird. Allerdings können auch Routinearbeiten als Projekte betrieben werden, so z. B., wenn ein Autohersteller, der im Normalbetrieb 100 Autos pro Monat baut, plötzlich einen Auftrag über 1.000 Autos zum Monatsende erhält. Da dieses Auftragsvolumen in diesem Fall einmalig ist, könnte es sich lohnen, die Arbeit als Projekt zu organisieren. Auch die Komplexität einer Aufgabe kann zu dem Projektcharakter beitragen.
1.1.2. Zeitliche Begrenzung
Ein Auto zu bauen (entwickeln) ist ein Projekt, 100 Autos pro Monat zu bauen ist repetitive ‚Fließbandarbeit‘. Für repetitive Arbeiten erstellt man normalerweise Richtlinien und Arbeitsanweisungen. Es ergibt wenig Sinn, für jedes Auto einen neuen Projektplan zu schreiben und ein neues Projektteam zu benennen. Wenn man aber nur ein Auto bauen (oder entwickeln) möchte, kann man problemlos einen Plan davor und einen Plan danach erstellen. Bei der Fertigung eines Autos ist die zeitliche Begrenzung eines Projektes leicht zu sehen, da es einen natürlichen Punkt gibt, an welchem das Projektergebnis an die Organisation übergeben wird und das Projektteam sich neuen Aufgaben widmen kann.
1.1.3. Zustandsveränderung
In einem Projekt entsteht immer etwas Neues, unabhängig davon, ob es sich um ein neues Produkt oder einen neuen Prozess handelt. Vor einem Projekt gibt es immer den Ist-Zustand. Nach dem Projekt wird sich dieser Zustand in einen zukünftigen Soll-Zustand umwandeln, indem man das Projektziel erfüllt hat.
1.1.4. Wertsteigerung
Aus unternehmerischer Sicht müssen betriebliche Projekte immer einen Geschäftswert erzeugen. Projekte – oder wenigstens das Projektziel – führen immer zu einem Mehrwert für das Unternehmen. Dadurch können auch weniger spektakuläre Aufgaben oder sogar Routineaufgaben als Projekte betrieben werden. Ein Beispiel wäre z. B. eine Demonstration für einen potenziellen Neukunden, da man sich dadurch erhofft, einen größeren Auftrag zu erhalten. Mit Blick auf den neuen Auftrag möchte man daher zusätzliche Ressourcen in die Kundendemonstration investieren.
Eine solche Wertsteigerung kann sowohl konkret als auch abstrakt sein. Beispiele für eine konkrete Wertsteigerung wären monetäre Mittel, Marktanteile oder Produkte. Beispiele für eine abstrakte Wertsteigerung wären Markenbekanntheit, öffentliches Interesse und Reputation.
1.1.5. Unternehmerischer Kontext der Initiierung
Unternehmen agieren nicht allein und isoliert, sondern werden von anderen Akteuren (Stakeholdern) z. B. Konkurrenten, Aktionären, Mitarbeitern, Behörden oder den Endkunden beeinflusst. Projekte werden in erster Linie als Reaktion auf innere oder äußere Umweltfaktoren initiiert. Beispiele können die Erfüllung von (neuen) regulatorischen Anforderungen, veränderte Bedürfnisse der Stakeholder oder Shareholder, Anpassung geschäftlicher Strategien oder die Erstellung bzw. Verbesserung von Produkten oder Dienstleistungen sein.
Abbildung 1: Projektmerkmale
1.2. Das Entstehen der modernen Projektmanagementmethoden
Wenn man die gerade beschriebene Projektdefinition betrachtet, versteht man schnell, dass es Projekte als Arbeitsform mindestens schon seit Beginn der Industrialisierung gibt. Auch zu dieser Zeit wurden Betriebsstätten etabliert, außergewöhnlich große Aufträge wurden ausgeführt, neue Produkte wurden entwickelt und betriebliche Prozesse wurden grundlegend überarbeitet. All dies passt zu der modernen Projektdefinition.
Allerdings wurden viele der Werkzeuge, die innerhalb des modernen Projektmanagements selbstverständlich sind, wie etwa die Stakeholderanalyse, der Projektstrukturplan und Gantt-Charts, von der US-amerikanischen Luftwaffe erst in den 1950-er Jahren entwickelt. Grund dafür war damals die Entwicklung mehrerer neuer Kampfflugzeuge. Zu diesem Zeitpunkt waren alle Unternehmen und insbesondere die Armee als hierarchische und starre Aufbauorganisationen aufgebaut. Das Einrichten eines Project Management Office (PMO) in der Luftwaffe war damals ein einschneidendes Ereignis, welches teilweise mit großer Skepsis betrachtet wurde. Auch bekannte Auswertungsmethoden wie „Earned Value“ stammen aus dieser Zeit.
1.3. Psychologisches Projektmanagement
Wer einer Routinearbeit in einer traditionellen Aufbauorganisation nachgeht, z. B. Gehälter in einem Großunternehmen auszahlt oder Schrauben in einer Fabrik herstellt, kann grundsätzlich von der Ausbildung bis zur Rente mit den mehr oder weniger gleichen Arbeitskollegen zusammenarbeiten. Dabei lernt man diese und ihre unterschiedlichen Charaktereigenschaften – sowohl die guten als auch die weniger gute Seiten – sehr gut kennen. Im Laufe der Jahre etabliert sich in der Abteilung eine Ordnung und man lernt, wie man optimal mit den anderen Kollegen umgehen kann.
Innerhalb der Projektarbeit werden ständig neue Aufgaben bewältigt. Da unterschiedliche Aufgaben unterschiedliche Kompetenzen verlangen, werden in der Regel für jedes Projekt die Projektorganisation und das Projektteam neu zusammengesetzt, um die anstehenden Herausforderungen optimal zu bewältigen. Diese Art und Weise der Teamarbeit gewinnt immer mehr an Beliebtheit und lässt sich insbesondere in Matrixorganisationen beobachten.
Wenn die Arbeitsgruppe oder das Projektteam immer wieder neu zusammengestellt wird, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass Kollegen, welche einander nicht so gut kennen, zusammenarbeiten müssen. Damit steigt auch das Risiko für Missverständnisse und Konflikte.
Die Besonderheiten dieser ‚oberflächlichen Beziehungen‘ eines Projektteams ist Thema dieses Buches. Wer die Psychologie solcher Situationen und Konstellationen versteht, kann das Verhalten und die Absichten der Kollegen besser einschätzen und gegebenenfalls in die richtige Richtung lenken. Es geht darum, was passiert, wenn Leute sich zum ersten Mal begegnen, wie unterschiedlich Menschen auf ihnen unbekannte Situationen reagieren, wie sich Verhaltensnormen in Projektteams sehr schnell etablieren, wie die Emotionen von Stakeholdern sich erklären lassen, wie die Unternehmenskultur die Projektarbeit beeinflusst, wie Konflikte schnell zu Störfaktoren der Projektarbeit werden können und wie aus einer Projektgruppe schließlich ein Projektteam entsteht.
Von einem erfolgreichen Projektleiter wird erwartet, dass er mit all diesen Aspekten...
Erscheint lt. Verlag | 21.9.2020 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Wirtschaft ► Betriebswirtschaft / Management ► Projektmanagement |
ISBN-10 | 3-7526-7688-4 / 3752676884 |
ISBN-13 | 978-3-7526-7688-4 / 9783752676884 |
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