John Maynard Keynes (eBook)

Die größten Ökonomen
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2020 | 2. Auflage
186 Seiten
UTB (Verlag)
978-3-8463-5279-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

John Maynard Keynes -  Jürgen Kromphardt
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Große Ökonomen, ihr Werk und ihre Bedeutung kennenlernen. Bis zur Finanzkrise war es in wirtschaftspolitischen Debatten hierzulande oftmals verpönt, im Sinne von Keynes zu argumentieren. Heute hat sich dieses Bild gewandelt: Viele Ökonomen und Politiker nehmen Bezug auf den genialen Briten - auch wegen seiner Betonung der Unsicherheit der Zukunft. Jürgen Kromphardt zeigt auf, wie Keynes die ökonomische Theorie auf eine neue Grundlage stellte und welche wirtschaftspolitischen Empfehlungen er daraus ableitete, in späteren Jahren insbesondere für die Weltwährungsordnung. Für deren Umsetzung setzte er sich intensiv ein.

Prof. Dr. Jürgen Kromphardt (emeritiert) lehrte an der TU Berlin und ist Vorsitzender der Keynes-Gesellschaft.

Prof. Dr. Jürgen Kromphardt (emeritiert) lehrte an der TU Berlin und ist Vorsitzender der Keynes-Gesellschaft.

Vorwort zur 2. Auflage
Vorwort zur 1. Auflage
Ein Quereinsteiger in die Ökonomie
Elternhaus und Schulzeit
Studium der Mathematik, Philosophie und Geschichte
Eintritt in den Staatsdienst und Rückkehr an die Universität
Kunstliebhaber, Mäzen, Finanzmanager
Ein streitbarer Politökonom (Vom 1. Weltkrieg bis zur Weltwirtschaftskrise)
Berater und Repräsentant des Schatzamtes
Die wirtschaftlichen Folgen des Friedensvertrages
Kampf für eine preisniveaustabilisierende Währungspolitik
Unterstützung der "Liberalen Partei" bei ihrer programmatischen Erneuerung
Erster Versuch einer makroökonomischen Fundierung der wirtschaftspolitischen Forderungen
Kernelemente der "Abhandlung vom Gelde" (1930/1932)
Widersprüche und ungelöste Probleme
Die stillschweigende Annahme der Vollbeschäftigung
Übereinstimmung von Sparen und Investieren: Definition oder Gleichgewicht?
Wodurch werden die Ersparnisse bestimmt?
Der Schock der Weltwirtschaftskrise und die Reaktion von Keynes
Zum Ausmaß der Weltwirtschaftskrise
Keynes' Kampf für seine wirtschaftspolitischen Überzeugungen
Ausbruch aus den Fesseln der herrschenden Theorie
Die Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes
Anspruch und Ziel der "Allgemeinen Theorie
Das Prinzip der effektiven Nachfrage
Bestimmung der Konsumgüternachfrage
Bestimmungsgründe der Investitionen
Das kurzfristige Gleichgewicht auf dem Gütermarkt
Bestimmungsgründe für das Zinsniveau
Bestimmung von Einkommen und Zinssatz durch Güter- und Geldmarkt
Flexibles Lohnniveau und Gesamtnachfrage
Wirtschaftspolitische Forderungen im Anschluss an die "Allgemeine Theorie
Frühe Reaktionen auf die "Allgemeine Theorie
Hohe Erwartungen – gegensätzliche Reaktionen
Die Unsicherheit der Zukunft
"Liquiditätstheorie des Zinses" versus "Theorie der ausleihbaren Fonds
Zum IS/LM-Modell von Hicks
Problemlösungen für die Kriegs- und Nachkriegszeit
Kriegsfinanzierung ohne Inflation
Vorfinanzierung kriegswichtiger Importe (Lend Lease)
Finanzielle Förderung der Künste
Für eine neue Weltwährungsordnung (Bretton Woods / IMF)
Vorschlag einer "International Clearing Union
Die Vereinbarungen von Bretton Woods
Überlegungen zur Fiskalpolitik und zur Beschäftigungsentwicklung in der Nachkriegszeit
Sorgen um Großbritanniens Zahlungsbilanz nach Kriegsende
Zähe Verhandlungen um einen Dollarkredit der USA
Auseinandersetzungen mit der Theorie von Keynes nach 1946
Von der Uminterpretation zur Ablehnung
Neoklassische Vereinnahmung von Keynes' Theorie (neoklassische Synthese)
Monetaristische Gegenrevolution
Angebotsökonomie und "Washington Consensus
Die Neue keynesianische Ökonomie (NKE)
Die ablehnende Position der Ordoliberalen
Rückbesinnung der Keynesianer auf Keynes
Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008ff: Weiterer Streit um die Wirtschaftspolitik
Biographie
Glossarium
Übersicht der Kästen
Die vier wichtigsten Werke
Hilfreiche Links
Literatur zur Vertiefung
Hinweise zur Zitierweise
Zitierte Literatur
Stichwörter und Personen

Unterstützung der „Liberalen Partei“ bei ihrer programmatischen Erneuerung


Die beharrlich hohe Arbeitslosenquote und die damit verbundenen sozialen Probleme veranlassten Keynes, der als Liberaler zwischen den Konservativen und der Labour-Party stand, eine Neuausrichtung der Liberalen Partei zu fordern. Diese war umso nötiger, als diese Partei ihre frühere Bedeutung in den Wahlen von 1925 völlig verloren hatte.

In einem in der „Liberal Summer School“ im August 1925 gehaltenen Vortrag „Am I a Liberal?“, den er in demselben Monat in zwei Artikeln in „Nation and Athenaeum“ veröffentlichte, präsentierte Keynes (1925/2007) seine Vorstellungen von einer erneuerten liberalen Partei: Die Konservative Partei biete ihm nichts. Sie sollte eine Version des Individualkapitalismus entwickeln, die den veränderten Umständen angepasst ist. Dazu sei sie nicht in der Lage: „Die Schwierigkeit liegt … darin, daß die kapitalistischen Anführer in der Geschäftswelt und im Parlament unfähig sind, neue Maßnahmen zum Schutz des Kapitalismus von dem zu unterscheiden, was sie Bolschewismus nennen“ (1925/2007, S. 106). Daher werden notwendige Anpassungen jedenfalls von ihrem reaktionären Flügel abgelehnt.

Bei der „Labour Party“ sehe es nicht besser aus. Sie werde immer einen starken Flügel haben, der den Kapitalismus stürzen will. In Großbritannien sei dieser Flügel zahlenmäßig sehr schwach. Trotzdem durchdringt seiner Ansicht nach ihre Philosophie in einer abgeschwächten Form die Arbeiterpartei (ebda, S. 106/7).

Dazwischen sollte – so Keynes – eine Partei existieren, „die unvoreingenommen zwischen den Klassen stehen und frei sein könnte, die Zukunft sowohl unabhängig vom Einfluss des Reaktionismus als auch von dem der Zusammenbruchsdoktrin zu gestalten, die die Grundlage des jeweils anderen ruinieren wollen“ (S. 107). Welche Positionen sollte eine solche liberale Partei vertreten? Sie müsse sich vom altmodischen Individualismus und von Laissez-Faire in strenger Form verabschieden und sich den Fragen zuwenden, die heute von vitalem Interesse und vorrangiger Bedeutung sind (Über „The End of Laissez-Faire“ hatte Keynes schon 1924 einen Vortrag gehalten, den er 1926 in der Hogarth-Presse veröffentlichte).

Im Vordergrund stünden fünf Gruppen von Fragen: 1. Friedensfragen (Keynes spricht sich für Pazifismus aus). 2. Rolle und Ordnung des Staates (Keynes spricht sich für halbautonome Körperschaften aus). 3. Geschlechterfragen. (Keynes fordert die Lockerung rigider Gesetze, z.B. bzgl. der Geburtenregelung) 4. Grenzen des Verbots von Rauschmitteln, insbesondere Alkohol und 5. Wirtschaftliche Fragen. Hier fordert Keynes den „Übergang von wirtschaftlicher Anarchie zu einem Regime, das bewusst auf eine Überwachung und Lenkung der wirtschaftlichen Kräfte im Interesse von sozialer Gerechtigkeit und gesellschaftlicher Stabilität zielt“ (S. 112). Dies „wird enorme technische wie politische Schwierigkeiten mit sich bringen. Dennoch behaupte ich, daß es die wahre Bestimmung des Neuen Liberalismus ist, hier die Lösung zu suchen“ (S. 113).

Einen Ansatz für eine solche Lösung hatte Keynes (1924) in einem Beitrag in der Zeitschrift „The Nation and Athenaeum“ skizziert. Dort forderte er zur Bekämpfung der hohen Arbeitslosenquote eine Kooperation zwischen Staat und Wirtschaft, um langfristig notwendige Investitionen zu finanzieren, vor allem in den Bereichen Wohnungsbau, Verkehrsinfrastruktur und Stromversorgung. Auf diese Weise sollen die privaten Finanzmittel, die bislang in den Kauf ausländischer Papiere fließen, in produktive inländische Projekte gelenkt werden, und damit zugleich die Beschäftigung erhöhen.

Die von Keynes angesprochenen Fragen wurden in und außerhalb der liberalen Partei heftig diskutiert. An der Diskussion der wirtschaftlichen Fragen nahm Keynes intensiv teil. Eine Gelegenheit und Notwendigkeit, die von ihm geforderten neuen Maßnahmen und Instrumente zu präzisieren, ergab sich, nachdem Lloyd George, der Vorsitzende der Liberalen Partei, für die Unterhauswahlen 1929 in seinem Wahlprogramm ein Programm öffentlich finanzierte Maßnahmen vorsah. Dieses sollte jährlich 100 Mio. Pfund Sterling kosten und 500.000 Arbeitnehmern eine Beschäftigung verschaffen.

In Großbritannien hatte die Arbeitslosenquote in der Zeit nach dem 1. Weltkrieg in jedem Jahr (außer 1924) bei oder leicht über 10 % gelegen; im April 1929 entsprach dies 1,14 Mio. Arbeitslosen. Für die Arbeitslosen wurden jährlich Unterstützungen von ca. 50 Mio. Pfund Sterling ausgegeben. Angesichts solcher Verschwendung produktiver Ressourcen befürworteten Keynes/Henderson (1929) unter dem Titel „Can Lloyd George do it?“ dieses Programm, und die Autoren wendeten sich gegen die zwei verbreitesten Gegenargumente, nämlich:

  • Die vom Staat dafür aufgenommenen Finanzmittel verringern nur das Kapitalangebot für die Privaten.

  • Kreditfinanzierte Staatsausgaben führen nur zu Inflation.

Das erste Argument entspricht dem ominösen „Treasury View“, den der britische Schatzkanzler in seiner Budgetrede so formulierte: „Es ist die immer mit Festigkeit vertretene Lehre des Schatzamtes, dass durch Staatsverschuldung und Staatsausgaben … sehr wenig zusätzliche Beschäftigung und keine dauerhafte Beschäftigung bewirkt werden kann“ (Keynes/Henderson, 1929/1956, S. 186).

Dieses Argument entbehre jedoch jeder Grundlage. Dafür spreche schon, dass es auch für kreditfinanzierte Investitionen der privaten Unternehmen gelten müsste. Dann gäbe es jedoch keinen Weg, durch mehr private Investitionen Arbeitslose in Beschäftigung zu bringen, was aber niemand behaupte.

In Wirklichkeit gebe es drei Quellen, um Ersparnisse für neue, beschäftigungssteigernde Investitionen bereitzustellen:

  1. Die Summen, die jetzt für die Arbeitslosenunterstützung ausgegeben werden.

  2. Ersparnisse, die nicht den Weg zu Investitionen finden, weil die Banken keine entsprechenden Investitionskredite vergeben.

  3. Ersparnisse, die bislang für Auslandskredite verwendet werden.

In der detaillierten Beweisführung zu (Punkt 2) betonen Keynes/Henderson den Unterschied zwischen Sparen und Investitionen: „Ein Land wird nicht durch die rein negative Handlung einer Person, nicht alles Einkommen für den laufenden Verbrauch auszugeben, bereichert. Bereichert wird es durch die positive Tat des Gebrauchs dieser Ersparnisse zur Vermehrung der Kapitalausrüstungen des Landes“ (ebenda, S. 191).

Hiermit wenden die Autoren sich gegen die auch damals weit verbreitete Gleichsetzung von Sparen und Investieren sowie von Sparern und Investoren, obwohl diese zumeist unterschiedliche Personen sind.

Gegen das zweite Argument, kreditfinanzierte Staatsausgaben führten nur zu Inflation, erwidern Keynes/Henderson, dies gelte erst, wenn in einer Phase der Hochkonjunktur Vollbeschäftigung fast oder ganz erreicht sei, nicht aber bei Unterbeschäftigung. Diese für die makroökonomische Analyse zentrale Unterscheidung zwischen der Situation der Vollbeschäftigung und der Unterbeschäftigung findet sich also bereits hier. Die herrschende Theorie ging dagegen seit Ricardo, der laut Keynes (1936/2009, S. 27f) „England so vollständig erobert (hat) wie die Heilige Inquisition Spanien“, stillschweigend von einer Situation der Vollbeschäftigung aus.

Die Unterstützung durch Keynes’ Pamphlet half Lloyd George zu wenig. Die Liberale Partei erhielt zwar 23 % der bei der Parlamentswahl von 1920 abgegebenen Stimmen, doch die Wahlen gewann die Labour Party, die der Arbeitslosigkeit und vor allem der bald danach (im Herbst 1929) ausbrechenden Weltwirtschaftskrise hilflos gegenüber stand. Premierminister wurde MacDonald, der zwei Jahre später zurücktrat und eine Koalitionsregierung aller drei Parteien bildete, die – wie in Deutschland Reichskanzler Brüning – mit Steuererhöhungen und...

Erscheint lt. Verlag 13.7.2020
Reihe/Serie Kluge Köpfe
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Wirtschaft Volkswirtschaftslehre
Schlagworte Allgemeine Theorie • Bloomsbury • Bretton Woods • General Theory • Hayek • IS-LM-Modell • Keynesianer • Keynesianismus • keynsesianische Ökonomie • Lehrbuch • Makroökonomie • Monetarismus • Neoklassik • Neoklassische Synthese • Neoliberalismus • Ökonomie • Studium Volkswirtschaftslehre • Virgina Woolf • Volkswirtschaftslehre • Weltwirtschaftskrise • Wirtschaftswissenschaften • Zinsen • Zinsniveau
ISBN-10 3-8463-5279-9 / 3846352799
ISBN-13 978-3-8463-5279-3 / 9783846352793
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