Die Sprache der Macht (eBook)
215 Seiten
Haufe Verlag
978-3-648-13041-4 (ISBN)
Dr. Matthias Nöllke hat Kommunikationswissenschaften, Politik und Literaturwissenschaft studiert. Er ist seit vielen Jahren als Autor und Keynote-Speaker tätig, u.a. für den Bayerischen Rundfunk und für zahlreiche Unternehmen. Im Haufe Verlag sind von ihm über 20 erfolgreiche Ratgeber und Sachbücher erschienen.
Matthias Nöllke Dr. Matthias Nöllke hat Kommunikationswissenschaften, Politik und Literaturwissenschaft studiert. Er ist seit vielen Jahren als Autor und Keynote-Speaker tätig, u.a. für den Bayerischen Rundfunk und für zahlreiche Unternehmen. Im Haufe Verlag sind von ihm über 20 erfolgreiche Ratgeber und Sachbücher erschienen.
2 Dominanz und Imponiergehabe
Wenn sich zwei Menschen begegnen, entscheidet sich schon nach kurzer Zeit, wer dominiert und wer sich unterordnet. Häufig bemerken sie das nicht einmal bewusst, es ergibt sich einfach so. Die eine Seite bestimmt und die andere gibt nach. Dabei geben oft schon kleine Details den Ausschlag: Wie wir aufeinander zugehen, welche Haltung wir einnehmen, wohin wir unseren Blick richten – und vor allem: Wie wir miteinander sprechen.
Achtung: Wer gibt den Ton an?
Wissenschaftler haben eine ganze Reihe von Gesprächen aufgezeichnet und sind auf einen bemerkenswerten Effekt gestoßen: Filtert man alle Frequenzen über 500 Hertz heraus, bleibt von den Stimmen nur ein tiefes Summen übrig. Bei jedem Menschen klingt das ein wenig anders. Doch im Laufe des Gesprächs schwingen sich beide Partner auf einen Ton ein. Nicht überraschend: Es ist der Ton, den der Dominantere der beiden vorgegeben hat.
Wir taxieren einander, senden Dominanz- oder Unterwerfungssignale und kommen schließlich überein, wer die Führungsrolle übernimmt. Solange das nicht geklärt ist, verläuft die Begegnung unharmonisch und instabil. Es ist ein wenig wie bei einem Tanz, der ebenfalls aus dem Takt gerät, wenn beide Partner führen wollen – oder keiner. Denn es ist keineswegs so, dass Menschen grundsätzlich immer die Führungsrolle übernehmen wollen. Zumal auch die niedrigere Position so ihre Vorteile hat, wie wir gleich noch sehen werden. In solchen Fällen konkurrieren beide Seiten darum, wer sich führen lassen darf. Wer den Kürzeren zieht, muss dann erst einmal die Richtung vorgeben.
2.1 Das Aushandeln der Machtpositionen
Will jemand seinen Willen durchsetzen, erscheint es naheliegend, die dominante Position zu übernehmen. Immerhin bestimmt der- oder diejenige dann den weiteren Verlauf der Dinge. Als die dominante Seite hat er (oder sie) das Sagen und kann nicht übergangen werden. Doch der Sachverhalt liegt ein wenig komplizierter. Es ist nämlich nicht immer günstig, das Steuer zu übernehmen und in manchen Fällen ist es gar nicht möglich. Hat man es beispielsweise mit jemandem zu tun, auf den man angewiesen ist, aber nicht umgekehrt, ist es keine gute Idee, allzu dominant aufzutreten, auch und gerade wenn man entschlossen ist, seinen Willen durchzusetzen. Womöglich ist es dann besser, sich bewusst zurückzunehmen.
BEISPIEL: WIE MAN EINE SPITZENKRAFT VERGRAULT
Martin Trenkle ist ein gefragter Spezialist für Werkstoffe, er arbeitet für eine kleine Firma. Der sehr viel größere Wettbewerber will Trenkle abwerben. Der zeigt sich einem Wechsel gegenüber durchaus nicht abgeneigt. Nun hat Trenkle ein etwas linkisches Auftreten. Als er zum ersten Mal mit dem Geschäftsführer zusammentrifft, behandelt der ihn von oben herab und lässt ihn seine Unterlegenheit spüren. Am folgenden Tag sagt Trenkle alle weiteren Verhandlungen ab.
2.1.1 Dominanz dosieren
Auch wenn wir bei einer Begegnung den dominanten Part übernehmen wollen, tun wir gut daran, nicht aus allen Rohren sämtliche Dominanzsignale abzufeuern, die wir aufbieten können. Wer hier zu viel des Guten tut, begeht einen schweren Fehler: Er schüchtert den anderen ein und er wirkt unsympathisch. Im Ergebnis kann das dazu führen, dass sein Gegenüber ihn zwar für mächtig und überlegen hält, dies aber zum Anlass nimmt, einen weiten Bogen um ihn zu schlagen.
Erfahrene Machtmenschen dosieren daher ihre Dominanzsignale. Ja, oftmals mischen sie den einen oder anderen Hinweis mit ein, der eine gewisse Bereitschaft zur Unterordnung erkennen lässt. Solche Signale haben nämlich den großen Vorteil, dass sie den Betreffenden etwas menschlicher wirken oder sogar liebenswürdig erscheinen lassen.
Es kommt noch etwas hinzu: Dominanzsignale haben auch ihren Preis. Sie kosten Aufwand und seelische Energie. Nun gibt es Menschen, die in dieser Hinsicht von der Natur mit überschießenden Kräften ausgestattet sind. Aber sogar sie müssen damit haushalten. Wir haben es ja schon angesprochen: Ein durchgängiges »Powerplay« ist in jeder Hinsicht ruinös. Nicht nur weil es Energien aufbraucht, sondern auch, weil es einsam macht. Schließlich unterhöhlt »Powerplay« den Einfluss auf andere sogar. Daher sollten Sie immer überlegen: Lohnt es sich überhaupt, bei dieser Begegnung die führende Rolle zu übernehmen?
Nun findet bei einer Begegnung ja normalerweise keine bewusste Kalkulation statt, sondern wir ermitteln in wenigen Augenblicken aus der Vielzahl der unterschiedlichen Statussignale eine Art Gesamtwert, auf den wir nahezu automatisch reagieren. Wer sich machttechnisch geschickt verhält, wird diesen Automatismus hin und wieder abzuschalten versuchen und seine Dominanzsignale zurücknehmen oder verstärken.
2.1.2 Die Vorteile der Dominanz
Es liegt auf der Hand: Wenn Sie in einer Beziehung den dominanten Part innehaben, dann stehen Ihre Chancen günstig, dass Sie Ihren Willen durchsetzen – »auch gegen Widerstreben«. Ihr Gegenpart hat es da viel schwerer. Kaum vorstellbar, dass er sich gegen Ihr Widerstreben durchzusetzen vermag. Er muss Sie überzeugen, Ihre Sympathie gewinnen – oder Sie überlisten.
Wer nicht in der Lage ist, in wichtigen Situationen die dominante Rolle zu ergreifen, läuft Gefahr, einfach überspielt zu werden. Das gilt insbesondere, wenn Sie eine Führungsposition innehaben. Zwar werden Sie von Haus aus mit bestimmten Machtmitteln und Statussignalen ausgestattet, doch Ihr Machtverlust fällt umso dramatischer aus, wenn Sie gegenüber jemandem zurückstecken müssen, den Sie eigentlich führen sollen.
Dass es überhaupt so weit kommt, kann zwei unterschiedliche Ursachen haben: Entweder unterliegen Sie im Spiel um Dominanz oder aber die dominante Rolle behagt Ihnen gar nicht so sehr. Sie wollen lieber partnerschaftlich führen. Statussymbole bedeuten Ihnen nichts, Statuskämpfe sind Ihnen zuwider. Das macht Sie einerseits sympathisch (das kann machtstrategisch auch mal ein Vorteil sein), andererseits aber signalisieren Sie anderen: Hier lässt sich ungehindert eine eigene Machtposition aufbauen.
BEISPIEL: UTE VOGT ÜBERLÄSST IHREM VORGÄNGER IHREN CHAUFFEUR
Eine Zeitlang galt die Politikerin Ute Vogt als Hoffnungsträgerin der SPD. Mit Mitte dreißig war sie Landesvorsitzende in Baden-Württemberg, später Spitzenkandidatin bei den Landtagswahlen und Fraktionsvorsitzende. Nicht nur wegen der schlechten Wahlergebnisse gab sie Ende 2009 ihre Spitzenämter auf. Zuletzt hatte sie kaum noch Rückhalt in ihrer Partei. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung erklärte sie dazu: »Ich habe einen typischen Frauenfehler gemacht und bin zu bescheiden aufgetreten. Ich dachte, ich brauche nicht hier den Aufsichtsratsposten und dort den Sitz im Verwaltungsrat. Und wenn mein Vorgänger den Fahrer noch vier Wochen länger behalten will, ist das auch kein Problem.«
Ohne ein Mindestmaß an Dominanz dürften Sie es schwer haben, sich als Führungskraft zu behaupten. Dabei ist es nicht allein damit getan, dass Sie gegenüber »Ihren Leuten« die dominante Rolle übernehmen. Auch im Kontakt mit anderen Führungskräften oder externen Fachleuten dürfen Sie nicht ins Hintertreffen geraten, sonst schwindet der Respekt – auch und gerade bei »Ihren Leuten«. Sind Sie dagegen auch nach außen hin durchsetzungsstark, finden Sie eher Unterstützung. Denn Ihre Stärke strahlt auch auf diejenigen ab, die Sie führen.
2.1.3 Die Nachteile der Dominanz
Doch hat die Dominanz auch so ihre Schattenseiten und ihre natürlichen Grenzen, denn es ist sehr kräftezehrend, ständig zu dominieren. Daher ist es ein Gebot der Ökonomie, sich dann und wann zurückzunehmen und anderen das Feld zu überlassen, vorzugsweise auf Arrealen, auf die es nach eigenem Urteil nicht so sehr ankommt, den bereits erwähnten »kleinen Machtgebieten«.
Ausgefuchste Machtstrategen werden darüber hinaus aus ganz anderen Gründen dann und wann zurückstecken. Denn wer in einer bestimmten Angelegenheit die Führungsrolle übernimmt, der kann später auch für die Folgen verantwortlich gemacht werden. Zwar gibt es Mittel und Wege, Verantwortung loszuwerden; aber sie zu nutzen erfordert nicht nur einiges Geschick, man sollte auch nicht allzu oft von ihnen Gebrauch machen. Daher halten sie es zuweilen für vorteilhafter, anderen das Steuer zu überlassen – wenn sie sich in der Sache nicht auskennen oder sich die Konsequenzen lieber nicht zurechnen lassen möchten.
Zwei weitere Aspekte sind zu beachten: Wer die dominante Rolle übernimmt, der erregt selten Sympathie, in manchen Fällen gar eine...
Erscheint lt. Verlag | 16.9.2019 |
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Reihe/Serie | Haufe Fachbuch | Haufe Fachbuch |
Verlagsort | Freiburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Wirtschaft ► Betriebswirtschaft / Management |
Schlagworte | Durchsetzen • Einfluss • Führung • Macht • Machtdemonstration • Machtinstrument • Machtmissbrauch • Manipulation • Selbstvertrauen • Souveränität • Sprache |
ISBN-10 | 3-648-13041-2 / 3648130412 |
ISBN-13 | 978-3-648-13041-4 / 9783648130414 |
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