Vom Mitarbeiter zur Führungskraft (eBook)
XV, 295 Seiten
C.H.Beck (Verlag)
978-3-406-73898-2 (ISBN)
Für angehende Führungskräfte
Gestern Kollege - heute Chef: Mit diesem Buch erhalten Sie Hinweise, Tipps und praktische Hilfen, um den Übergang von einer Fachfunktion zu einer Leitungsaufgabe erfolgreich zu meistern. Der Autor beschreibt, wie Sie sich auf die neue Rolle als Teamleiter vorbereiten können - im Zeitraum von der Entscheidung bis zur ersten Ausübung der Führungsaufgabe. Er macht vor allem Mut und hilft, die teils verborgenen Klippen in der Managementpraxis sicher zu umschiffen. Denn eine Führungsaufgabe soll Spaß machen und Gestaltungsspielräume bieten.
Die Inhalte im Einzelnen:
- Was es bedeutet, eine Führungsaufgabe auszuüben
- Ein Team führen: Anforderungen und worauf es ankommt
- Was Ihre Vorgesetzten von Ihnen erwarten
- Wie Sie sich auf anspruchsvolle Erwartungen und Wünsche einstellen
- Wie Sie wirkungsvoll 'an sich selbst arbeiten'
- Wie Sie Ihr Selbst- und Stressmanagement in der neuen Rolle gestalten
Gunnar C. Kunz, Diplompsychologe, ist selbständiger Managementberater und Coach in Ginsheim-Gustavsburg. Er hat zahlreiche Bücher zum Thema Karriere- und Führungskräfteentwicklung verfasst.
292. Kapitel
Auf dem Weg zur Führungskraft – Wie können Sie sich auf eine Führungsaufgabe vorbereiten?
Wenn Sie den Sprung „ins kalte Wasser“ vermeiden wollen, benötigen Sie einen individuellen Plan, in dem Sie vorausschauend die wesentlichen Schritte im Vorfeld festhalten. Auf die Führungsrolle können Sie sich aber nicht so vorbereiten, wie es bei der Übernahme einer komplexen Fachaufgabe sicher angemessen wäre: Es hilft Ihnen nur begrenzt, umfangreiche Literatur zu studieren, Spezialseminare zu besuchen oder gar Vorlesungen zu hören. Führung lernen Sie am besten durch praktisches Tun! Insofern wäre es am besten, Sie könnten morgen schon damit beginnen und Ihre ersten Erfahrungen sammeln. Dies ist schon ein kleines Paradoxon: Zum einen macht es Sinn, sich auf die Führungsaufgabe mit Bedacht vorzubereiten, zum anderen sind vorbereitenden „Trockenübungen“ jedoch Grenzen gesetzt.
Zwischen fachlicher Qualifizierung und dem „Erlernen“ von Führung besteht ein grundlegender Unterschied: Während Sie bei neuen fachlich-methodischen Anforderungen gut beraten sind, sich zuvor durch geeignete Maßnahmen tief in die Materie einzuarbeiten, stoßen Sie bei der Vorbereitung auf die Führungsaufgabe damit rasch an Grenzen. Führung hat wohl noch niemand aus dem Lehrbuch gelernt. Sie können auch nicht befriedigend spezielle Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten im Bereich Führung theoretisch erwerben, ohne praktisches Führungshandeln bereits in gewissem Maße auszuüben. Dies setzt wiederum die Interaktion mit Menschen voraus – etwa in einer Arbeitsgruppe, einem Team oder einem 30Projekt. Führungslernen hat insofern viel mit Kommunikation, Feedback, sozialem Lernen und eigener Persönlichkeitsentwicklung zu tun. Es gibt sogar bei manchen Experten die Sicht, dass sich Führung überhaupt nicht lernen lässt. Ich vertrete nicht diese Meinung, bin aber der Auffassung, dass Führung sehr viel mit zwischenmenschlicher Verhaltenskompetenz, Einfühlungsvermögen, Selbstreflexion und Reife im zwischenmenschlichen Umgang zu tun hat. Führungsfähigkeit lässt sich insofern am besten „on-the-job“, also in der Ausübung von Leitung und in einer bestimmten Führungsrolle vertiefen. Für den Neuling besteht somit das Problem, sich auf etwas vorzubereiten, wovon er zunächst noch kaum praktische Erfahrung besitzt. Es gibt folglich nur die zweifellos eingeschränkte Lernmöglichkeit, durch gedankliche Vorbereitung und Sammeln von vergleichbaren Erfahrungen – zum Beispiel in der Team- oder Projektarbeit –, Erkenntnisse abzuleiten, die dann wiederum nützlich sind, um die reale Führungsaufgabe zu bewältigen.
Gewisse Anteile der Führungskompetenz erfordern durchaus ein gut strukturiertes Know-how: Dabei geht es weniger um Patentrezepte und Standardtechniken als vielmehr um einen übergeordneten Wissenshorizont im zwischenmenschlichen Bereich, der dabei helfen kann, Orientierung zu vermitteln, Führungssituationen einzuordnen, Verhaltensweisen von Teammitgliedern zu bewerten und Lösungen für anspruchsvolle Führungssituationen zu entwickeln. Denken Sie beispielsweise an die Frage, wie ein Teamkonflikt erkannt und aufgearbeitet werden kann. Oder wie eine schwierige Teamsitzung harmonisch und ergebnisorientiert zu leiten ist. Oder wie ein anspruchsvolles Mitarbeitergespräch partnerschaftlich und fair geführt werden kann.
Die Herausforderung für Sie besteht im Vorfeld der Übernahme einer Leitungsrolle darin, frühzeitig Ihre persönlichen, führungsbezogenen Handlungsmöglichkeiten zu erweitern. Und damit ein höheres Maß an Flexibilität in der bevorstehenden Führungspraxis zu erreichen. Gemeint ist damit Ihre Fähigkeit, durch ein Spektrum von zweckmäßigen Verhaltensweisen verschiedenartige Anforderungen in der Führungsfunktion effektiv bewältigen zu können – sozusagen um nicht gleich am Anfang schon in viele Fettnäpfchen 31zu tappen. Eine souveräne Führungskraft muss sich immer wieder je nach Ziel, Situation und Umfeld umstellen und trotzdem eine innere Linie bewahren. Dazu gehört, auf unterschiedliche Menschen mit Fingerspitzengefühl zuzugehen und deren Bedürfnisse glaubhaft zu respektieren.
Wenn Führung als Anspruch verstanden wird, bedeutet dies, nicht nur ad hoc zu reagieren oder alles einfach – scheinbar demokratisch – „laufen zu lassen“. Ein Laissez-faire-Führungsstil greift zu kurz! Wer so führen will, wird seiner Verantwortung in einer Schlüsselposition nicht gerecht. Eine Leitungsrolle aktiv auszuüben, heißt Richtung aufzuzeigen, Ziele zu verdeutlichen und auch Mitarbeiter zu beraten und zu unterstützen. Und behutsam fördernd durch Hinweise, Anregungen und Lösungshinweise darauf hinzuwirken, dass Meilensteine nicht verfehlt und erwünschte Ergebnisse erreicht werden.
Die eigene Vorbereitung auf die Führungsaufgabe hat auch viel damit zu tun, eine Grundhaltung zu entwickeln, also eine Art innere Einstellung zur kompetenten Bewältigung der Führungsaufgabe aufzubauen. Der Anspruch, Menschen zu führen, sollte ethisch-moralisch begründet sein. Beispielhaftes Verhalten in der Führungsverantwortung sollte „vorgelebt“ werden – nicht durch selbstherrliches Auftreten oder direktives Anweisen und Kontrollieren „von oben herab“. Der moderne Führungsstil, der heute in Unternehmen gefordert ist, setzt engagierte Vorgesetzte voraus, die auf Menschen zugehen, den Dialog auf Augenhöhe suchen und den Schwerpunkt Ihres Führungshandelns auf Unterstützung, Beratung und Kommunikation im Team ausrichten.
Manche Vorgesetzte werden (leider) ihrer Führungsverantwortung nicht vollständig gerecht. Dies wird häufig durch den Druck des Tagesgeschäftes, die Anforderungen von der nächsthöheren Führungsebene, Ressourcenengpässe oder scheinbar unausweichliche Zwänge legitimiert.
32Lassen Sie dazu einige Vorgesetzte, zu denen Sie engeren Kontakt hatten oder haben, gedanklich Revue passieren:
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■ Verwendet die einzelne Führungskraft einen bedeutsamen Anteil ihrer Arbeitszeit dafür, um Mitarbeitergespräche zu führen und Teamsitzungen zu leiten, bei denen nicht nur Fachthemen abgearbeitet werden?
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■ Sucht die Führungskraft den Dialog mit Mitarbeitern, um Orientierung und Richtung aufzuzeigen oder um individuell zu unterstützen und zu begleiten, ohne unvermittelt einzugreifen?
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■ Steht sie hinter dem Team und jedem Einzelnen, um Rückhalt zu gewähren, wenn es vonnöten ist?
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■ Konzentriert die Führungskraft ihre Aufmerksamkeit darauf, Feedback und Beratung zu gewähren, wenn es gewünscht wird oder hilfreich ist?
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■ Kümmert sie sich darum, selbst vorzuleben, was sie von anderen fordert?
Ich hoffe, dass Ihnen Führungskräfte bekannt sind, die Sie als beispielhaft erleben und von denen Sie selbst das eine oder andere für sich abschauen können. Richten Sie sich vor allem nach Menschen, die Sie als gute Führungspersönlichkeiten erleben. Suchen Sie im Verhalten kompetenter Führungspraktiker nach Anhaltspunkten, „wie es gemacht werden sollte“. Lassen Sie sich diejenigen Erwartungen genau durch den Kopf gehen, die Sie selbst an eine Führungskraft richten würden. Entwickeln Sie Maßstäbe, um die Führungskompetenz bei Vorgesetzten genauer zu beurteilen und sich selbst auch dahingehend zu bewerten, was Sie schon leisten können und inwiefern Sie noch an sich arbeiten wollen.
Die Bereitschaft zur Eigenanalyse und zur persönlichen Standortbestimmung ist eine wichtige Kompetenz, die Sie in der Führungsaufgabe unbedingt benötigen. Dazu gehört auch der Wille, noch besser zu werden, gerade im zwischenmenschlichen Umgang, in der fairen Ausübung von Leitungsverantwortung und durch beispielgebendes Vorbild. Dies alles setzt einen Prozess der inneren Reifung voraus, der nicht kurzfristig in einigen Monaten zum Abschluss kommt, sondern wahrscheinlich sogar lebenslanges Lernen erfordert.
Man „ist“ nicht einfach Führungskraft! Auch erfahrene Führungspraktiker müssen immer wieder das Führungsleitbild und den Gestaltungsauftrag 33einerseits und die eigene Handlungspraxis in der Führungsrolle andererseits abgleichen. Führungshandeln wird selbst bei kompetenter Umsetzung in der Unternehmensrealität immer an einem hohen Anspruch zu messen sein. Eine Führungskraft, die glaubt, gute Führung ein für allemal sicher zu beherrschen – etwa indem Sie die „richtigen Führungstechniken“, den „kompletten Werkzeugkasten“ oder die „passenden Instrumente“ parat hat –, wird diesem Anspruch nicht gerecht: Professionell zu führen beinhaltet die Selbstverpflichtung, immer wieder an sich selbst und seiner eigenen Weiterentwicklung zu arbeiten.
Beachten Sie gerade in der Startphase, dass Sie „in Sachen Führung“ noch am Anfang stehen. Üben Sie konstruktive Selbstkritik, bekennen Sie sich dazu, noch hinzulernen zu wollen, und arbeiten Sie an Ihrer persönlichen Wirkung, um weiter an Reife und Profil zu gewinnen. Verfallen Sie nicht bei kleineren Rückschlägen in negatives Denken und Selbstzweifel, was Sie innerlich blockieren könnte. Wer Richtung aufzeigen will, muss optimistisch, kraftvoll und mit Mut in die Zukunft blicken, ohne jedoch den Blick für das Machbare und die eigenen Grenzen zu verlieren.
2.1 Führen lernen – was und wer können dabei helfen?
Eine gute Voraussetzung dafür, um Führungskompetenzen schrittweise zu erwerben, ist es, sich in praktischen Situationen zu erproben. Suchen Sie also nach ersten Gelegenheiten, die ein bestimmtes Maß an Führung oder führungsähnlichem Verhalten...
Erscheint lt. Verlag | 31.7.2019 |
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Reihe/Serie | Beck-Wirtschaftsberater im dtv |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft ► Bewerbung / Karriere |
Wirtschaft ► Betriebswirtschaft / Management ► Personalwesen | |
Wirtschaft ► Betriebswirtschaft / Management ► Unternehmensführung / Management | |
Schlagworte | Führungsinstrumente • Führungspraxis • Führungsrolle • Führungsverantwortung • Karriere • Personalverantwortung |
ISBN-10 | 3-406-73898-2 / 3406738982 |
ISBN-13 | 978-3-406-73898-2 / 9783406738982 |
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