Epidemiologie, Management und Begleiterkrankungen des caninen Diabetes mellitus in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung von Pankreatitis und Hypocobalaminämie

(Autor)

Buch | Softcover
158 Seiten
2024
VVB Laufersweiler Verlag
978-3-8359-7191-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Epidemiologie, Management und Begleiterkrankungen des caninen Diabetes mellitus in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung von Pankreatitis und Hypocobalaminämie - Ronja Broch
36,80 inkl. MwSt
Hintergrund und Ziele der Studie
Obwohl Diabetes mellitus (DM) eine häufige Endokrinopathie bei Hunden ist, gibt es bisher wenig Studien über Laborparameter bei Diabetikern, sodass diese Angaben derzeit vor allem aus Lehrbüchern stammen. Auch zur Epidemiologie und zum Management der Erkrankung ist nur wenig Literatur verfügbar, wobei diese Aspekte bei caninen Diabetikern in Deutschland bislang gar nicht beschrieben wurden. Ziel dieser Studie war daher die retrospektive Analyse von Abweichungen bei Laborparametern und Erfassung epidemiologischer Daten sowie die prospektive Untersuchung von bei diabetischen Hunden in Deutschland eingesetzten Therapie- und Monitoringoptionen. Dieses Wissen kann helfen, das Management diabetischer Hunde vor Ort zu verbessern.

Material und Methoden
Retrospektiv wurden 145072 Datensätze des kommerziellen tiermedizinischen Labors SYNLAB Vet im Einsendezeitraum von 2015 bis 2018 ausgewertet. Hierbei erfolgte anhand des Fruktosaminwerts eine Unterteilung in diabetische (≥ 370 µmol/l) und nicht-diabetische sowie weiterführend in gut (370 – 450 µmol/l) und schlecht eingestellte diabetische Hunde (> 450 µmol/l). Es wurden epidemiologische Daten (Prävalenz, Alter, Geschlecht und Kastrationsverhältnisse) ermittelt und ausgewählte Laborparameter des geriatrischen Profils (Hämatologie, klinische Chemie, Gesamtthyroxin) zwischen den Gruppen verglichen. Hierbei wurden nicht parametrische Tests und Effektstärkemaße verwendet, um die Relevanz der identifizierten Differenzen zu untersuchen.
Prospektiv wurden in einem Zeitraum von April 2021 bis Dezember 2022 neben Laborparametern (DGGR-Lipase und Vitamin B12 sowie die bereits ausgewählten Laborparameter des geriatrischen Profils) auch Angaben aus Fragebögen zum Signalement und medizinischen Management von 54 diabetischen Hunden in Deutschland ausgewertet. Hierbei konnten weitere epidemiologische Parameter (Alter bei Diagnosestellung, Rasseverteilung, Ernährungszustand und Vorkommen von Saisonalitäten bei der Diagnosestellung des DM) und Faktoren des Monitorings sowie der Therapie (Fütterungsmodalitäten, Insulintherapie, Einstellungsqualität, aufgetretene Begleiterkrankungen und Komplikationen) analysiert werden.

Ergebnisse
Die Prävalenz für caninen DM lag in der Studienpopulation bei 5,12 % (Konfidenzintervall 5,01 – 5,24 %). Im retrospektiven Datenbestand war das mediane Alter von Diabetikern 9 (1. – 3. Quartil: 6 – 12) Jahre. Bei den prospektiv betrachteten Hunden lag das mediane Alter zum Zeitpunkt der Studienteilnahme bei 10 (1. – 3. Quartil: 8 – 12) und zum Diagnosezeitpunkt bei 9 (1. – 3. Quartil: 7,8 – 10,7) Jahren. Männlich intakte bzw. weiblich intakte Hunde waren retrospektiv signifikant häufiger diabetisch als männlich kastriert bzw. weiblich kastrierte Hunde (p < 0,001), jedoch war der Unterschied in beiden Fällen nicht relevant (jeweils Cramér V = 0,026). Nach Mischlingshunden (18/50; 36 %), stellten Terrier (9/30; 30 %) prospektiv die am häufigsten betroffene Hundegruppe dar. Diabetiker waren prospektiv vorwiegend normalgewichtig (21/49; 43 % mit Body-Condition-Score 4 – 5/9) und das mediane Gewicht lag bei 11,7 kg (7,3 – 22,5 kg) (N: 47). Die Diagnose wurde am häufigsten im Winter gestellt (18/47; 38 % im Dezember-Februar), wohingegen dies bei weiblich intakten Diabetikern vor allem im Frühling war (4/7; 57 % im März – Mai). Prospektiv wurden die meisten Diabetiker bereits 1 – 6 Monate (16/53; 30 %) mit Insulin behandelt und Caninsulin (MSD Animal Health) (35/42; 83 %) stellte das am häufigsten eingesetzte Insulinpräparat dar. Die mediane Insulindosis lag bei 1,0 IE/kg/Tag (0,7 – 1,4 IE/kg/Tag), wobei die Diabetiker überwiegend schlecht eingestellt waren (39/51; 76,5% laut Fragebogen). Es gab keinen signifikanten Unterschied (p = 0,121) zwischen der Beurteilung der Einstellung anhand von Fruktosaminwerten (bei einem Grenzwert > 450 µmol/l) und anhand des Fragebogens. Eine diabetische Diät wurde nur bei 58 % (31/53) der Diabetiker eingesetzt und generell erfolgte die Fütterung überwiegend zweimal täglich (44/53; 83 %). Zur Einstellung der Insulintherapie wurde am häufigsten eine Fruktosaminmessung eingesetzt (27/49; 55 %) und bei 49 % (24/49) der Diabetiker wurde mehr als ein Parameter hierfür verwendet. Zur Beurteilung einer schlechten Einstellung wurde überwiegend (30/38; 79 %) mehr als ein Kriterium herangezogen, wobei Polyurie und Polydipsie mit 66 % (25/38) am häufigsten genannt wurde. Komplikationen traten bei 50 % (27/54) der Diabetiker auf und diabetische Katarakt (18/54; 33 %) kam am häufigsten vor. Auch Begleiterkrankungen (29/54; 54 %), vor allem die Pankreatitis (14/54; 26 %), kamen häufig vor. Gastrointestinale Symptome (ohne Gewichtsverlust) traten bei 10/54 (19 %) Diabetikern auf.
Bei der Analyse der retrospektiven Laborparameter stellte eine erhöhte Alkalische Phosphatase (AP) (p < 0,001; r = 0,405 für die absoluten Werte; fünffach erhöhten AP mit p < 0,001 und Cramér V = 0,257) bei schlecht eingestellten Diabetikern den relevantesten Befund dar. Eine erhöhte DGGR-Lipase > 213 U/l kam prospektiv bei 24,5 % (13/53) und ein Cobalaminwert im substitutionswürdigen Bereich < 295 pmol/l bei 9,6 % (5/52) der Diabetiker vor.

Schlussfolgerungen
Die hier ermittelte Prävalenz ist vermutlich höher, als die Prävalenz in der gesamtdeutschen Hundepopulation, da die Studienpopulation nur aus Hunden, die zur Blutentnahme beim Tierarzt vorgestellt wurden, besteht. Bei den untersuchten Populationen konnten Diabetiker in die Gruppe der mittelalten Hunde eingeordnet werden und trotz leichter Tendenzen zwischen den Kastrationszuständen bei gleichem Geschlecht, konnte keine signifikante Geschlechterprädisposition oder relevante Kastrationsprädisposition abgeleitet werden. Die Therapie entspricht in Bezug auf das Insulin- und Fütterungsmanagement größtenteils den allgemeinen Empfehlungen. Die relativ häufige Verwendung von Fruktosaminwerten zur Anpassung der Insulindosis, noch vor der Durchführung von BZTP, bieten jedoch noch einen Ansatzpunkt für Verbesserungen. Da die Aktivität der AP zwischen gut und schlecht eingestellten Diabetikern klinisch relevante und signifikante Unterschiede aufwies, könnte bei Erhöhung dieses Laborparameters bei vermeintlich gut eingestellten Diabetikern eine erneute Überprüfung der Einstellungsqualität in Erwägung gezogen werden.
Diese Arbeit stellt eine Erstveröffentlichung von epidemiologischen und labordiagnostischen Daten diabetischer Hunde aus Deutschland dar und bietet somit eine Grundlage, für gezielt auf die Situation in deutschen Tierarztpraxen ausgelegte Empfehlungen und Weiterentwicklungen im Monitoring sowie der Behandlung des caninen Diabetes mellitus. Background and objectives:
Diabetes mellitus (DM) is a common endocrinopathy in dogs, but only few studies described laboratory changes in diabetic dogs and current knowledge is mainly derived from textbooks. In addition, information on epidemiology and management in general practice is limited, and no current data concerning diabetic dogs in Germany can be found in the literature. The aim of this study was therefore to evaluate retrospectively laboratory changes and epidemiological data based on laboratory submissions to a large commercial veterinary laboratory, as well as prospectively collect information on management and treatment of DM in Germany. Such information might guide future recommendations concerning management of canine DM in Germany.
Material and methods:
The basis of the retrospective examination was the dataset of 145072 records from 2015 to 2018, provided by the commercial veterinary laboratory SYNLAB Vet. Fructosamine was used to distinguish diabetic (≥ 370 µmol/l) from non-diabetic dogs as well as to differentiate between good (370 – 450 µmol/l) and bad (> 450 µmol/l) glycaemic control of diabetic dogs. Besides the evaluation of epidemiological data (prevalence, age, gender and neutering status) and selected laboratory geriatric profile data (haematology, clinical chemistry, total thyroxine) were compared between groups. Non-parametric tests and effect size measures were used to examine the relevance of the identified differences.
In the prospective part of this investigation between April 2021 and December 2022, DGGR lipase and vitamin B12 concentrations of 54 diabetic dogs in Germany were evaluated in addition to the selected laboratory parameters of the geriatric profile. Data on signalment, age at DM diagnosis, current and former nutritional status and seasonality of DM diagnosis as well as medical management (insulin type and dose, diet and feeding practices, quality of diabetic control, concomitant diseases and complications) were obtained from questionnaires submitted alongside blood samples.

Results:
The prevalence of canine DM was 5.12 % (confidence interval 5.01 – 5.24 %). Median age of diabetic dogs was 9 (interquartile range 6 – 12) years in the retrospective population and 10 (8 – 12) years at the time of study participation in the prospective cohort (median age at DM diagnosis was 9 [7.8 – 10.7] years). In the retrospective part, male intact and female intact dogs were significantly (p < 0.001) more frequently diabetic than male castrated and female castrated dogs. However, these differences did not reach relevance based on measures of effect sizes (Cramér V = 0.026). Mixed breed dogs (18/50; 36 %) and terriers (9/30; 30 %) were most frequently affected in the prospective study cohort. Median weight upon study participation was 11.7 kg (7.3 – 22.5 kg) (N: 47), with 43 % (21/49) of dogs having normal body condition score (4 – 5/9). The most common season of DM diagnosis was winter (18/47; 38 % diagnosed December-February) for the whole study cohort, and spring (4/7; 57 % diagnosed March – May) when only intact female dogs were considered. At the time of prospective study participation, most diabetic dogs had been receiving insulin for 1 – 6 months (16/53; 30 %) and Caninsulin (MSD Animal Health) was the most common insulin preparation (35/42; 83 %). The median insulin dose was 1.0 IE/kg/day (0.7 – 1.4 IE/kg/day) and in most diabetic dogs their disease was poorly regulated (39/51; 76.5 %) based on the questionnaires (i.e., based on veterinarian / owner opinion). There was no significant difference (p = 0.121) between the evaluation of the quality of diabetic control as reported in the questionnaire and based on fructosamin concentration (cut off > 450 µmol/l). Diabetic diets were only offered to 58 % (31/53) of dogs, and most diabetic dogs received food twice daily (44/53; 83 %). Fructosamin was most frequently (27/49; 55 %) used to make insulin dose adjustments, and in 49 % (24/49) of dogs, more than one glycaemic parameter (including clinical signs) was used. For those diabetic dogs with poor glycaemic control, this assessment was usually made based on more than one parameter (30/38; 79 %), with polyuria/polydipsia being the most common criterion (25/38; 66 %). Complications of DM were present in 50 % (27/54) of diabetic dogs and diabetic cataract was the most frequent (18/54; 33 %). Concomitant diseases (29/54; 54 %), especially pancreatitis (14/54; 26 %), were common, too. Gastrointestinal symptoms (excluding weight loss) were present in 10/54 (19 %) dogs.
In the retrospective study, the most relevant laboratory finding was an increase in alkaline phosphatase (AP) (p < 0.001; r = 0.405 for the absolute values; p < 0.001 and Cramér V = 0.257 for the fivefold increased AP) in poorly regulated diabetic dogs. Increased DGGR lipase > 213 U/l was present in 24.5 % (13/53) and low cobalamin < 295 pmol/l in 9.6 % (5/52) of diabetic dogs in the prospective study.

Conclusions:
The high DM prevalence found in this study was most likely due to the study design, including only dogs presented to veterinarians for blood sampling, and is therefore presumably higher than the true prevalence of DM in German dog population. Similar to other publications, diabetic dogs were middle aged. There was no clinically relevant DM predisposition based on gender or neutering status. Management of DM concerning insulin treatment and feeding in German diabetic dogs mostly complies with the international guidelines. The relatively frequent use of frucosamine measurements to adjust insulin dose, which has been used even more frequently than blood glucose curves, however, provides an aspect for further improvement. Because there were significant and relevant differences in AP activity between well and poorly regulated diabetic dogs, high AP activity might be a useful marker of poor diabetic control. Thus, re-evaluation of diabetic control should be considered if there is an increased AP in supposedly well-controlled diabetics.
This study represents the first publication of epidemiological and laboratory data from diabetic dogs in German general practice and might provide the basis for future development of recommendations and guidelines concerning the monitoring and treatment of canine DM, adapted to the situation in German veterinary practices.
Erscheinungsdatum
Reihe/Serie Edition Scientifique
Verlagsort Gießen
Sprache deutsch
Maße 148 x 210 mm
Gewicht 200 g
Themenwelt Veterinärmedizin Allgemein
Schlagworte Hund • Verbreitung • Zuckerkrankheit
ISBN-10 3-8359-7191-3 / 3835971913
ISBN-13 978-3-8359-7191-2 / 9783835971912
Zustand Neuware
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