Physiotherapie und Bewegungstraining für Hunde (eBook)
152 Seiten
Thieme (Verlag)
978-3-13-245370-8 (ISBN)
Macht müde Hunde wieder fit!
Hunde haben einen natürlichen Bewegungsdrang. Nutzen Sie ihn, um durch gezielte Aktivierung das Wohlbefinden bei Hunden in allen Lebensphasen zu verbessern. Ob für die Prävention und Therapie von Krankheiten, zur Leistungssteigerung im Hundesport, der motorischen Frühförderung oder im Hunde-Rentenalter - Sabine Mai liefert erprobte Übungen und Konzepte aus der Bewegungstherapie. Das Layout ist klar strukturiert und reich bebildert. Die vielen wissenswerten Praxistipps und Tricks animieren dazu, sofort mit dem Vierbeiner rauszugehen und mit dem Training zu starten.
Jederzeit zugreifen: Der Inhalt des Buches steht Ihnen ohne weitere Kosten digital in der Wissensplattform VetCenter zur Verfügung (Zugangscode im Buch).
2 Anatomie
2.1 Einleitung
Dieses Kapitel soll eine Vorstellung vom „Funktionieren des Organismus Hund” geben und sowohl in Bezug auf die Anatomie (Wo liegt was?) als auch die Physiologie (Wie funktioniert was?) und die Biomechanik (Warum bewegt sich das so?) einen Überblick verschaffen. Leider ist der Organismus Hund in keiner Weise einheitlich. Durch die unzähligen Rassezuchten mit den unterschiedlichsten Nutzungszielen haben sich völlig andersartige Tiere ausgebildet, die sich zwar in der Anzahl der Rippen oder der Art der Fußung auf den Boden noch gleichen, vom Bewegungsablauf oder der Ausdauerleistung jedoch völlig verschieden sind. Dennoch soll versucht werden, die „Art Hund” möglichst allgemein gültig darzustellen und etwaige Rasseunterschiede angemessen aufzuzeigen.
2.2 System der Grundregulation nach Pischinger
Das System der Grundregulation nach Pischinger ist eine Funktionseinheit aus verschiedenen Systemen, gebildet aus Gefäßendstrombahn, Bindegewebszelle, Axon und Lymphgefäß. Die extrazelluläre, strukturierte Grundsubstanz durchzieht alle Zellzwischenräume des Organismus, erreicht jede einzelne Zelle und reagiert stets einheitlich – sie stellt die Transitstrecke für alle Stoffe und Informationen zur Zelle hin dar. Die Grundsubstanz beschränkt durch ihre Zusammensetzung die Reaktionsmöglichkeiten der Zelle im Rahmen ihrer genetischen Vorgaben.
Von manchen Autoren wird das Bindegewebe als eigenes Organ im Körper beschrieben, das sich mit Nerven und Gefäßen über den ganzen Organismus erstreckt und eine wichtige verbindende Funktion zwischen Gefäßsystem und Zellen hat. Diese biologischen Systeme bilden Fließsysteme, die auf bestimmte Reize reagieren, ohne dass man sofort nachvollziehen kann, in welche Richtung die Reaktionen ablaufen. Diese Reaktionen bestehen in einem Austausch von Materie und Energie zwischen Zelle und Grundsubstanz, sie sind dem Zeitpunkt und dem Reiz angepasst, eine Rückkehr zur Ausgangssituation ist normalerweise nicht möglich! In diesem empfindlichen System beeinflussen sich die verschiedenen Komponenten gegenseitig.
Ein Beispiel: Kapillaren, die in der Grundsubstanz verlaufen, bringen Hormone in den extrazellulären Raum. Hier enden die Axone des Nervensystems, das direkt von den Hormonen beeinflusst werden kann. Durch Rückmeldungen zum Gehirn und die Verarbeitung der hormonellen Informationen werden Reaktionen auf humoraler Ebene gesetzt. Die Phagozyten, die im Grundsystem Grundsubstanz abbauen und beseitigen, können nicht nur Zellreste transportieren, sondern sie nehmen Informationen in Form von Enzymen und Botenstoffen auf und transportieren sie weiter. Durch diese Vernetzungen entstehen vielfältige Reaktionsmöglichkeiten, die sowohl der Anpassung als auch der Erhaltung und Funktion dienen. Aufgrund der Rückkopplungen ist es sowohl möglich, auf ganz feine Reize zu reagieren, es können aber auch nicht funktionierende Areale abgeschaltet und ersetzt werden. Die Vielfalt der Möglichkeiten erlaubt ein Optimum an Reaktionen, deren Ergebnis nicht immer vorhersehbar ist. Das Ziel, das es zu erreichen gilt, lautet immer Homöostase.
Die Kombination von negativ geladener Grundsubstanz und Wasser ist hervorragend zum Abfangen freier Radikale im Gewebe, zum Transport von Materie durch den extrazellulären Raum und zur Weiterleitung von Informationen geeignet. Gleichzeitig dienen all diese Strukturen als Speicherorgane für die verschiedenen Nährstoffgruppen.
Aufgrund der Sieb- und Bindungseigenschaften der Grundsubstanz kann es zu einer Entgleisung und damit zur Verschlackung der Netzstruktur kommen. Dieser Zustand ist stets von einer langsam fortschreitenden Gewebsazidose, dem Anstieg von freien Radikalen und der Aktivierung des proteolytischen Systems gekennzeichnet. Es kommt zur Ausbildung einer proinflammatorischen Situation, aus der sich sowohl akute inflammatorische Zustände als auch chronische, dysregulative Zustände ausbilden können. Oft zeigen die Patienten nur Befindlichkeitsstörungen wie rasche Ermüdung, Depression oder Schlaflosigkeit ohne Veränderung der Laborparameter. In diesen Situationen ist es wichtig, die autoregulativen Kräfte des Organismus anzuregen, das Milieu umzustimmen und schädigende Noxen auszuschalten.
Das humoralpathologisch orientierte Geschehen im Grundsystem ist der Mittelpunkt dieses Kapitels. Die Humoralpathologie entwickelte sich aus der Viersäftelehre. Fast 500 Jahre v. Chr. G. entwickelten einige Mediziner einen damals revolutionären Gesundheitsbegriff. Galen schrieb diese Viersäftelehre schlussendlich nieder: Die vier Säfte sind Blut, Schleim, schwarze und gelbe Galle. Jeder dieser Säfte ist einem bestimmten Organ zugeordnet, einer bestimmten Jahreszeit oder einem Element. Solange diese vier Säfte im Gleichgewicht sind, ist der Organismus gesund, nimmt ein Saft Überhand, dann gerät das System Organismus aus dem Gleichgewicht, Krankheit ist die Folge.
Natürlich hat sich an diesem Gedankengut einiges geändert, in der holistischen Medizin wird jedoch der Humoralpathologie nach wie vor Achtung erwiesen: Das Grundsystem durchzieht den Körper ohne jede Grenze. Hier laufen alle Stoffwechselvorgänge zwischen der Zelle und der Blutkapillare ab, hier enden Nervenfasern und entspringen Lymphkapillaren, hier findet Versorgung und Entsorgung für die Zellen statt. Die von der Naturheilkunde stets postulierte Gleichwertigkeit von Zelle und umgebendem Milieu wird durch diese Erkenntnisse bestätigt.
Gesundheit wird als die reibungslose Regulation des Grundsystems, als dynamisches Gleichgewicht oder Homöostase beschrieben. Das Verständnis dieses hochkomplexen Grundsystems bildet die Grundlage jeglicher Einflussnahme auf die Zellen mit den Mitteln der Physiotherapie. Die Auswahl der Therapiemethoden wird durch das vorhandene Gewebe bestimmt. Die verschiedenen Bindegewebsarten lassen unterschiedliche physiotherapeutische Behandlungsmöglichkeiten zu.
2.2.1 Aufbau und Funktion des Bindegewebes
Alle Veränderungen im Körper finden letztendlich im Bindegewebe statt. Es besteht grundsätzlich aus den Bindegewebszellen und der Matrix. Seine zellulären Bestandteile sind so unterschiedlich wie die Bindegewebsarten selbst.
Die fixen Bindegewebszellen wie z. B. Osteoblasten oder Fibrozyten dienen der Synthese und der Regeneration des Bindegewebes, die mobilen Zellen sind vor allem für die Immunabwehr des Körpers verantwortlich. Leukozyten und Lymphozyten greifen eingedrungene Fremdkörper und Reste zu Grunde gegangener Zellen an und sorgen für den Abtransport. Makrophagen können verschiedene Komponenten des Bindegewebes abbauen, sie greifen alles an, was im Gewebe keine Funktion mehr hat, und beseitigen auch Bakterien, Schimmelpilze oder Viren – oder ortsfremde Zellen. Eine Sonderform der Makrophagen sind die nur im Knochengewebe vorkommenden Osteoklasten, die Knochengewebe abbauen und resorbieren.
Die Matrix wiederum setzt sich aus der Grundsubstanz, verschiedenen Fasertypen wie Kollagen oder Elastin, Wasser und nichtkollagenen Proteinen zusammen. Alle Bausteine der Matrix mit Ausnahme von Wasser werden von Bindegewebszellen gebildet. Sie stellen ein stabiles Netzwerk dar, das dem Gewebe sein Volumen gibt, Gewicht trägt, Stöße abfängt und Temperaturschwankungen abpuffert. Der besondere Aufbau der Grundsubstanz mit den bürstenförmigen Proteoglykanen, den Glykosaminoglykanen wie Hyaluronsäure, Chondroitinsulfat und Heparin und dem daran gebundenen Wasser verleiht dem Gewebe viskoelastische Eigenschaften und bildet eine Art Sieb, das großmolekulare Strukturen, wie z. B. Bakterien, die aus den Gefäßen ins Gewebe vordringen, herausfiltert. Wechselnde Druckverhältnisse ändern...
Erscheint lt. Verlag | 23.11.2022 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Veterinärmedizin ► Kleintier |
Schlagworte | Bewegungstherapie • Bewegungstraining • Hunde • Hundesport • Hydrotherapie • Lähmung • OP-Nachsorge • Physikalische Therapie • Tiermedizin • Tierphysiotherapie • Veterinärmedizin |
ISBN-10 | 3-13-245370-6 / 3132453706 |
ISBN-13 | 978-3-13-245370-8 / 9783132453708 |
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Größe: 18,6 MB
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