Pferd - Sattel - Reiter (eBook)
Thieme (Verlag)
978-3-13-243916-0 (ISBN)
2 Angewandte Anatomie und biomechanische Zusammenhänge
Dagmar Rümens
2.1 Angewandte Anatomie
2.1.1 Für die Besattelung wichtige Knochenpunkte
Für die Besattelung wichtige tastbare Knochenpunkte werden in ▶ Abb. 2.1 dargestellt.
Abb. 2.1 Schematische Darstellung des Skeletts mit tastbaren Knochenpunkten, die für die Lage des Sattels und des Gurtes von Bedeutung sind. 1 Schulterblattknorpel, 2 Ellenbogenhöcker, 3 18. Rippe, 4 14. Brustwirbel, 5 18. Brustwirbel , 6 Hüfthöcker.
(Quelle: Foto: Horst Streitferdt, Grafik: Yvonne Oppert, Falkensee)
2.1.1.1 Schulterblatt, Skapula
Das Schulterblatt (Skapula) des Pferdes ist ein flacher dreieckiger Knochen, dessen Lateralfläche durch die Schulterblattgräte (Spina scapulae) in zwei Flächen geteilt wird (Fossa supraspinata und Fossa infraspinata). Die Spina ist gut zu ertasten und bei relativ schwach ausgebildeter Muskulatur häufig auch sichtbar.
An seinem proximalen Ende besitzt das Schulterblatt einen großen Knorpelaufsatz, der nahezu bis an den Widerrist reicht. Die obere Begrenzungslinie des Schulterblattknorpels wird als Dorsalrand (Margo dorsalis) bezeichnet und kann über seine gesamte Länge palpiert werden ( ▶ Abb. 2.2). Der vordere und der hintere Rand des Schulterblattes (Margo cranialis, Margo caudalis) können jeweils nur im proximalen Bereich ertastet werden. Die Lage des Kaudalrandes zu bestimmen, ist im Zusammenhang mit der Position des Kopfeisens wichtig. Das Kopfeisen sollte nicht an den Schulterblattknorpel grenzen, sondern ungefähr zweifingerbreit dahinter liegen. Durch eine falsche Lage des Kopfeisens kann die Bewegung des Schulterblatts Richtung kaudal erschwert werden, wodurch das Vorführen der Schultergliedmaße beeinträchtigt ist.
Merke
Das Kopfeisen muss zweifingerbreit hinter dem Kaudalrand des Schulterblatts liegen!
Abb. 2.2 Skapula.
Abb. 2.2a Schulterblatt mit Schulterblattknorpel.
(Quelle: Dr. Peter Vitzky)
Abb. 2.2b Schulterregion mit Dorsal- und Kaudalrand des Schulterblattknorpels.
2.1.1.2 Ellenbogengelenk, Articulatio cubiti
Das Ellenbogengelenk besteht aus dem distalen Ende des Oberarms (Humerus) und den proximalen Enden von Speiche (Radius) und Elle (Ulna). Der Ulnakopf (Olekranon) mit seinem Ellenbogenhöcker (Tuber olecrani)ist deutlich zu palpieren und liegt am weitesten kaudal und dorsal ( ▶ Abb. 2.3). Zwischen Haut und Tuber olecrani befindet sich in der Regel ein Schleimbeutel (Bursa subcutanea olecrani). Liegt eine Reizung dieses Schleimbeutels vor, ist das durch eine Verdickung am Ellenbogenhöcker erkennbar.
Praxistipp
Der subkutane Schleimbeutel kann durch eine falsche Lage des Gurtes oder durch eine schlechte Gurtqualität gereizt werden und sich entzünden. Ein Gurt mit einem deutlichen Ellenbogenausschnitt verhindert die mechanische Reizung des kaudalen Ellenbogenbereichs.
Merke
Der Sattelgurt darf nicht zu nah am Ellenbogenhöcker liegen!
Abb. 2.3 Ellenbogengelenk mit Lage der Oberarm- und Unterarmknochen. 1 Oberarm unter dem M. triceps, 2 Unterarm, Radius , 3 Unterarm (Ulna), 4 Ellenbogenhöcker.
Abb. 2.3a Ellenbogenregion, Lateralansicht.
Abb. 2.3b Ellenbogenregion.
2.1.1.3 Brustwirbelsäule, Columna thoracica
Die Brustwirbelsäule des Pferdes besteht aus 18 Wirbeln. Das markanteste Merkmal dieses Wirbelsäulenabschnitts sind die Dornfortsätze (Processus spinosi), die eine sehr unterschiedliche Länge besitzen. Der 3.–8. (10.) Dornfortsatz formen den Widerrist, wobei der 5. Dornfortsatz in der Regel den höchsten Punkt des Widerrists bildet. Die kranialen Dornfortsätze sind sehr lang, im kaudalen Teil der Brustwirbelsäule besitzen die Dornfortsätze nahezu die gleiche Länge wie die der Lendenwirbel.
An den Brust- und Lendenwirbeln eines normal bemuskelten und ernährten Pferdes sind nur die Enden ihrer Dornfortsätze zu palpieren, da Wirbelköper und Querfortsätze von Muskulatur und Bindegewebe bedeckt sind ( ▶ Abb. 2.4). Die ersten beiden Dornfortsätze erreichen die dorsale Rückenlinie nicht, sodass der erste palpierbare Dornfortsatz in der Regel der dritte ist. Wenn ein Brustwirbelsegment genau lokalisiert werden muss, müssen die Brustwirbel von kaudal, beginnend am 18. Brustwirbel, nach kranial gezählt werden. Der Übergang zwischen Brust- und Lendenwirbelsäule ist dadurch zu bestimmen, dass die letzte Rippe aufgesucht wird. In ihrem Verlauf wird diese so weit wie möglich nach dorsal verfolgt und in Verlängerung die Brustwirbelsäule erreicht. Der Untersucher gelangt dann in den Zwischenraum zwischen dem 17. und 18. Dornfortsatz ( ▶ Abb. 2.1, ▶ Abb. 2.4). Richtung kaudal folgt der erste Lendenwirbel.
Praxistipp Palpation
Zum Auffinden der Brustwirbel 3–18 orientiert man sich an der letzten Rippe.
Die Dornfortsätze sind leichter am aufgewölbten Rücken zu palpieren.
Merke
Der Sattel darf nicht auf den Dornfortsätzen aufliegen, damit das Aufwölben und die Seitneigung der Brustwirbelsäule möglich ist!
Abb. 2.4 Tastbare Knochenpunkte der Brustwirbelsäule. Türkis: 5. Brustwirbeldornfortsatz, höchster Punkt des Widerrists, Gelb: 15. Dornfortsatz, antiklinaler Wirbel (Umkehr der Dornfortsatzrichtung), Grün: 18. Brustwirbeldornfortsatz.
Abb. 2.4a 2. Brustwirbel bis 2. Lendenwirbel, Lateralansicht.
Abb. 2.4b Widerrist- und Brustwirbelsäulenregion.
(Quelle: Horst Streitferdt)
2.1.1.4 Rippen, Costae
Der knöcherne Thorax besteht neben der Brustwirbelsäule aus den Rippen und dem Brustbein (Sternum). Die Zahl der Rippenpaare entspricht der Anzahl der Brustwirbel und beträgt in der Regel 18. In ihrem proximalen Abschnitt ist jede Rippe mit der Brustwirbelsäule über 2 Gelenke verbunden.
Die erste Rippe ist einer Palpation nicht zugänglich. Die Rippen 2–5 sind nur durch das Vorschieben der flachen Hand zwischen Ellenbogengelenk und Rumpf in kranialer Richtung ertastbar. Diese Palpation wird unter Umständen erschwert durch eine verkürzte Brustmuskulatur und bodenenge Gliedmaßenstellung. Die 6.–18. Rippe und ihre Interkostalräume sind leicht zu ertasten, die 6. Rippe liegt unmittelbar hinter dem Ellenbogengelenk ( ▶ Abb. 2.5). Die sichere Identifizierung einer Rippe ist nur über die Lokalisierung der letzten Rippe und der anschließenden Palpation Richtung kranial möglich. Die Palpation der Rippen ist hilfreich, um den 18. Brustwirbel aufzufinden. Der 18. Brustwirbel markiert das hintere Ende des Sattels.
Merke
Die Rippentätigkeit darf nicht durch ein zu enges Anziehen des Sattelgurtes behindert werden.
Abb. 2.5 Rumpf mit deutlich sichtbaren Rippen.
Abb. 2.5a Lage der 6., 12., 14. und 18. Rippe
Abb. 2.5b Kaudalansicht des ventralen Brustkorbs. 1 Brustbeinkörper, 2 Schaufelknorpel, 3 Rippenknorpel, 4 Rippenknochen, 5 Rippenfuge.
2.1.1.5 Brustbein, Sternum
Das Brustbein bildet zusammen mit der Brustwirbelsäule und den Rippen den knöchernen Brustkorb ( ▶ Abb. 2.5). Es ist ventral kielförmig ausgebildet und kann in drei Abschnitte eingeteilt werden. Der vordere Teil des Brustbeins wird als Habichtsknorpel (Cartilago manubrii) bezeichnet. Diesem schließt sich der mittlere Teil, der Brustbeinkörper (Corpus sterni), unmittelbar an. Der kaudale Anteil des Sternums ist der Schaufelknorpel (Cartilago xiphoidea). Dieser ist stark abgeplattet und fest mit der straffen Bauchdecke verbunden, wodurch die genaue Abgrenzung palpatorisch erschwert wird. Der Habichtsknorpel kann am oberen Ende der mittleren Brustfurche ertastet werden. Auch der Brustbeinkörper ist, abhängig von der Ausbildung der Brustmuskulatur, gut palpierbar ( ▶ Abb. 2.6). Im Bereich des Brustbeinkörpers befindet sich die Gurtlage.
Praxistipp
Erscheint lt. Verlag | 9.2.2022 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Veterinärmedizin ► Pferd |
Schlagworte | Biomechanik beim Pferd • passender Sattel • Pferderücken • Sattelanalyse • Sattelbeurteilung • Satteltypen • Übungen |
ISBN-10 | 3-13-243916-9 / 3132439169 |
ISBN-13 | 978-3-13-243916-0 / 9783132439160 |
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