Effekte somatosensorischer, inflammatorischer und pharmakologischer Stimuli auf Primärzellkulturen von Strukturen des thermoafferenten und nozizeptiven Systems der Ratte - Stephan Leisengang

Effekte somatosensorischer, inflammatorischer und pharmakologischer Stimuli auf Primärzellkulturen von Strukturen des thermoafferenten und nozizeptiven Systems der Ratte

Buch
179 Seiten
2019
VVB Laufersweiler Verlag
978-3-8359-6810-3 (ISBN)
34,80 inkl. MwSt
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Die Detektion thermischer und noxischer Reize aus der Umwelt dient einerseits der Aufrechterhaltung der körpereigenen Homöostase und andererseits dem Schutz des Organismus vor schädlichen Einflüssen. Hierfür verantwortlich sind hauptsächlich Rezeptoren der transient receptor potential (TRP) -Familie in freien Nervenendigungen, deren Zellkörper in den Spinalganglien (DRG) liegen. Primärzellkulturen von Spinalganglien bestehen aus Neuronen (ca. 10%), Satellitenglia-Zellen (ca. 80%) und einer geringen Anzahl an Makrophagen (ca. 1%). Mit Hilfe dieses Zellkultur-Modells lassen sich Veränderungen auf zellulärer und molekularer Ebene detailliert untersuchen.
In einer ersten Studie ging es zum einen um den Einfluss spezifischer Stimuli, wie Temperaturveränderungen, Capsaicin, Menthol und PGE2 auf einzelne Zellen in Ca++-Imaging-Versuchen. Zum anderen wurde die inflammatorische Antwort der Primärzell-kulturen auf eine Lipopolysaccharid (LPS) -Stimulation und die Beteiligung der verschiedenen Zelltypen hieran untersucht. Dabei konnte gezeigt werden, dass 75% der Neurone auf einen Capsaicin-Stimulus einen Anstieg der intrazellulären Ca++-Konzentration zeigen und damit als Nozizeptoren einzuordnen sind, während 10% auf Menthol reagieren und sich somit als Kalt-Sensoren charakterisieren lassen. Durch eine Stimulation mit LPS stieg die Responsivität auf noxische Stimuli (Capsaicin) sowie die Anzahl Hitze-responsiver Neurone signifikant an. Zu einer solchen Sensibilisierung von Nozizeptoren kommt es häufig im Rahmen von Entzündungen und Verletzungen im Bereich peripherer Nerven. Maßgeblich beteiligt an diesem Prozess sind die Zytokine Tumornekrosefaktor alpha (TNFα) und Interleukin 6 (IL-6). Für beide konnte eine signifikant gesteigerte Genexpression und Freisetzung in die Überstände der Kulturen nach LPS-Stimulation nachgewiesen werden. Immunzytochemisch war ein Signal für TNFα vor allem in Makrophagen der Kultur detektierbar. Daneben konnte mittels Immunzytochemie eine signifikant verstärkte Translokation der inflammatorischen Transkriptionsfaktoren STAT3 und NF-IL6 in die Zellkerne von Neuronen nachgewiesen werden. Für NF-IL6 war ein verstärktes nukleäres Signal auch in Makrophagen der Kultur detektierbar. Durch den Einsatz von Cisplatin wurde die Anzahl der Makrophagen signifikant reduziert und das Wachstum von Satellitenglia-Zellen gehemmt, ohne dabei die Vitalität und Stimulus-induzierte Responsivität der Neurone zu beeinflussen. Durch diese Reduktion peripherer Gliazellen wurde die Zytokinbildung in der Primärzellkultur nach LPS-Stimulation signifikant vermindert. Daneben führte die LPS-Stimulation durch zusätzlichen Einsatz von Cisplatin nicht mehr zu einem signifikanten Anstieg der Capsaicin-Antwort. Die Sensibilisierung der Nozizeptoren wurde folglich ebenfalls unterdrückt. Mit Hilfe des Zellkulturmodells konnte somit die bedeutende Rolle von Satellitenglia-Zellen und Makrophagen für die Bildung inflammatorischer Mediatoren (TNFα, IL-6) und die Sensibilisierung nozizeptiver Neurone im Rahmen von Entzündungen dargestellt werden. Die Ergebnisse lassen sich insbesondere im Zusammenhang mit der Entwicklung von inflammatorischem sowie neuropathischem Schmerz diskutieren.
In einer weiteren Studie wurde der Einfluss von Gabapentinoiden zum einen auf noxische, zum anderen auf inflammatorische Stimuli untersucht. Gabapentinoide werden als Schmerzmittel zur Therapie von neuropathischem Schmerz eingesetzt. Ihr genauer Wirkmechanismus wird jedoch nach wie vor kontrovers diskutiert. Er scheint aber sowohl antiinflammatorische, als auch antinozizeptive Komponenten (reduzierte Schmerz-wahrnehmung / -weiterleitung / -übertragung) zu haben. Eine Inkubation der DRG Primärzellkultur mit Gabapentin bzw. Pregabalin führte nach zusätzlicher LPS-Stimulation zu einer signifikant reduzierten IL-6 Genexpression verglichen mit Zellkulturen, die mit keiner der Substanzen inkubiert worden sind. Für das an der PGE2-Synthese beteiligte Enzym mPGES-1 konnte lediglich die Tendenz einer Reduktion durch Gabapentinoide gezeigt werden. Die Freisetzung von TNFα und IL-6 in die Überstände der Primärkulturen war zum Zeitpunkt der Messung nicht beeinflusst. Zusätzlich führte eine LPS-Stimulation in der nicht mit Gabapentinoiden behandelten Gruppe zu einer Steigerung der Genexpression des TRPV1. Zu dieser LPS-induzierten Steigerung kam es nach Einsatz von Gabapentin bzw. Pregabalin nicht. Neben dem Effekt von Gabapentinoiden auf die inflammatorische Antwort der DRG Primärzellkultur, wurde deren direkter Einfluss auf eine Stimulation mit den Agonisten des TRPV1 (Capsaicin) und TRPM8 (Menthol) untersucht. Dabei zeigte sich in einzelnen Neuronen eine reduzierte Capsaicin-Antwort und insgesamt reagierten weniger Neurone in der mit Pregabalin vorbehandelten Gruppe (69% vs. 81%). Es konnte somit gezeigt werden, dass Gabapentinoide in DRG Primärzellkulturen sowohl einen inhibierenden Einfluss auf die inflammatorische Antwort nach LPS-Stimulation, als auch auf die Zellantwort einzelner Neurone auf noxische Stimuli haben.
In einer dritten Studie wurden Zellen aus Primärzellkulturen des Nucleus preopticus medianus (MnPO) auf Kälte- und Wärme-Responsivität untersucht. Der MnPO gilt als zentrale Schaltstelle der Thermoregulation und erhält Informationen von Thermo-sensoren aus der Peripherie (z.B. aus freien Nervenendigungen in der Haut), aber auch aus verschiedenen zentralnervösen Strukturen. Diese eingehenden Reize werden dort auf efferente Neurone verschaltet, welche zur Aktivierung bzw. Unterdrückung von Wärmebildungs-, -verteilungs-, und -abgabemechanismen führen. Dadurch wird die Körpertemperatur auf einem konstanten Level gehalten. Zentrale Thermosensoren haben dabei vor allem eine Feedback-Funktion und sollen vor zu großen Temperatur-schwankungen im ZNS schützen. In der vorliegenden Studie konnte gezeigt werden, dass im Bereich des MnPO nur eine geringe Anzahl an Kälte-responsiven Neuronen (2%) existiert. Diese zeigten kein Calcium-Signal auf eine Stimulation mit Menthol, weswegen eine Kälte-induzierte Aktivierung des TRPM8 auszuschließen ist. Ein für das zentrale Kälteempfinden verantwortlicher Kanal wurde bislang nicht aufgedeckt und auch die physiologische Bedeutung von Kälte-sensitiven Neuronen im Bereich des Hypothalamus wird nach wie vor kontrovers diskutiert. Auf ein Erwärmen von 37 °C auf 45 °C zeigten 7,5% der Neurone einen schnellen Anstieg der intrazellulären Calcium-Konzentration. Hierbei handelt es sich um zentrale Warmsensoren. Darüber hinaus reagierten auf einen solchen Stimulus auch 9,5% der Astrozyten. Auf Capsaicin, als Agonisten am Hitze-sensitiven TRPV1, zeigten weder Neurone noch Astrozyten eine Zellantwort. Damit konnte gezeigt werden, dass sich Primärzellkulturen des MnPO zur Untersuchung der zentralen Thermosensitivität und möglicher Modulationen im Rahmen der Fieberentwicklung eignen.
Erscheinungsdatum
Reihe/Serie Edition Scientifique
Sprache deutsch
Maße 146 x 210 mm
Gewicht 253 g
Themenwelt Veterinärmedizin Klinische Fächer Pharmakologie / Toxikologie
Schlagworte Doktorarbeit • Uni • Wissenschaft
ISBN-10 3-8359-6810-6 / 3835968106
ISBN-13 978-3-8359-6810-3 / 9783835968103
Zustand Neuware
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