Impfprophylaxe gegen aviäre Bornaviren mit Hilfe rekombinanter viraler Vektorvakzinen - Marita Olbert

Impfprophylaxe gegen aviäre Bornaviren mit Hilfe rekombinanter viraler Vektorvakzinen

(Autor)

Buch
145 Seiten
2016
VVB Laufersweiler Verlag
978-3-8359-6453-2 (ISBN)
29,80 inkl. MwSt
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Aviäre Bornaviren sind behüllte, negativsträngige RNA-Viren mit einem besonderen Tropismus für neuronales Gewebe, die bei Psittaziden die häufig tödlich verlaufende neuropathische Drüsenmagendilatation (proventricular dilatation disease, PDD) hervorrufen. Die PDD basiert auf einer nicht-eitrigen Enzephalomyelitis sowie Ganglioneuritis des peripheren und autonomen Nervensystems. Durch ihr weltweites Auftreten führt sie sowohl in Privathaltungen als auch in zoologischen Gärten immer wieder zu großen Verlusten. Neben den Psittaziden kommen Infektionen mit aviären Bornaviren auch bei einer Reihe weiterer Vogelarten vor, inklusive des Kanarienvogels. Auch wenn Kanarienvögel in der Regel nicht an der PDD erkranken, werden sie gerne als experimentelles Modell für Bornavirus-Infektionen bei Vögeln verwendet.
Bisher gibt es weder eine wirkungsvolle Prophylaxe gegen die Infektion mit aviären Bornaviren, noch existieren Möglichkeiten zur Behandlung der PDD. Ziel der vorliegenden Studie war es daher, eine Impfstrategie gegen die Infektion bei Psittaziden zu entwickeln. Basierend auf Erkenntnissen vom mit den aviären Bornaviren eng verwandten „Borna disease virus 1“ (BoDV-1) bei Säugern, wurde die Hypothese aufgestellt, dass vor allem zellvermittelte Immunmechanismen für den Schutz gegen Bornavirus-Infektionen verantwortlich sind. Um diese möglichst effizient zu stimulieren, wurden für die Impfstrategie Lebendimpfstoffe, basierend auf viralen Vektoren, ausgewählt. Rekombinante Vektorimpfstoffe sind wirkungsvolle Antigenexpressionssysteme, die im Vergleich zu einem auf einem attenuierten Bornavirus basierenden Lebendimpfstoff eine weit effektivere Stimulation der Immunantwort erwarten lassen. Weitere Vorzüge bestehen in den besseren in vitro Wachstumseigenschaften und dem bekannten und verlässlichen Sicherheitsprofil.
Als virale Vektoren wurden das „Newcastle disease virus“ (NDV) und das „modified vaccinia virus Ankara“ (MVA) ausgewählt, in deren Genome das Nukleoprotein- (N) und Phosphoprotein- (P) Gen des „parrot bornavirus 4“ (PaBV-4) bzw. „canary bornavirus 2“ (CnBV-2) eingebaut wurde. Die Schutzwirkung der Impfstrategie wurde in zwei getrennten Impfversuchen für PaBV-4 in Nymphensittichen und CnBV-2 in Kanarienvögeln getestet. Das Impfschema bestand aus einer Erstimmunisierung mit NDV und aus ein bis zwei Auffrischungsimpfungen mit MVA. Anschließend erfolgte eine Belastungsinfektion mit PaBV 4 im Nymphensittichversuch bzw. CnBV-2 im Kanarienvogelversuch.
Es wurde gezeigt, dass die verwendeten NDV- bzw. MVA-Vektoren in den genannten Versuchstieren sicher waren, da die geimpften Tiere infolge der Impfungen nicht erkrankten und die Impfviren nur in geringen Mengen ausschieden. Darüber hinaus induzierten die Impfungen eine Bornavirus-spezifische humorale Immunantwort, wie anhand der gemessenen Antikörpertiter ermittelt wurde. Obwohl der humoralen Immunantwort kein schützender Effekt gegen Bornavirusinfektionen zugeschrieben wird, wurden sie als Indikator für eine impfinduzierte virusspezifische Immunantwort gemessen. Zur Messung der zellulären Immunantwort, welche eigentlich durch die Impfung induziert werden sollte, gibt es bei Nymphensittichen oder Kanarienvögeln derzeit noch keine Möglichkeiten.
In beiden Versuche induzierten die Impfungen einen reproduzierbaren Effekt. Dieser äußerte sich in Form einer signifikant verzögerten Virusausscheidung der Belastungsviren PaBV-4 bzw. CnBV-2 der mit den die Bornavirus-N- und -P-Gene exprimierenden Vektoren geimpften Tiere (Impfgruppe) gegenüber der nur mit den „leeren“ Vektoren geimpften Kontrolltiere (Kontrollgruppe). Dies weist auf einen durch die Impfung induzierten verzögerten Infektionsverlauf hin. Übereinstimmend damit wurden in den Organen der Tiere der Impfgruppen signifikant geringe Viruslevel gemessen als in denen der entsprechenden Kontrollgruppe. Während bei den Nymphensittichen nur in Milz und Auge reduzierte Virusmengen nachgewiesen werden konnten, war bei den Kanarienvögeln in allen zehn untersuchten Organen signifikant weniger Belastungsvirus im Vergleich zur Kontrollgruppe nachweisbar. Jedoch induzierte die Impfung keine sterile Immunität, da, mit Ausnahme eines Nymphensittichs, alle geimpften Tiere in mindestens einem Organ persistent mit dem Belastungsvirus infiziert waren.
Im Nymphensittichversuch erkrankten zwei Tiere der Impfgruppe infolge der Belastungsinfektion an PDD, während die Kontrolltiere keine klinischen Symptome zeigten. Trotz der kleinen Tierzahl weist dieses Ergebnis darauf hin, dass wenn das Belastungsvirus durch die Impfung nicht vollständig eliminiert wird, die Möglichkeit der impfinduzierten Immunpathogenese bestehen kann. Von BoDV-1 beim Säuger ist bekannt, dass vor allem T Lymphozyten sowohl für den Schutz vor der Infektion, als auch für die Auslösung der Erkrankung verantwortlich sind. Um die Gefahr der Immunpathogenese durch impfinduzierte T-Lymphozyten zu unterbinden, muss das Ziel für die Zukunft sein, den Impfschutz so weit zu verbessern, dass eine sterile Immunität erreicht wird, die jegliche Ausbreitung des Belastungsvirus unmittelbar verhindert.
Diese Studie ist der erste wirkungsvolle Ansatz zur Prophylaxe gegen Bornavirus-Infektionen bei Vögeln. Die durchgeführten Impfungen bewirkten in den Tiermodellen Nymphensittich als auch Kanarienvogel einen reproduzierbaren Effekt, der auf einer zeitlich verzögerten Ausscheidung der Belastungsviren und einer geringeren Viruslast in den Organen der Tiere der Impfgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe beruhte. Diese ermutigenden Ergebnisse bilden die Basis für weitere Impfstudien gegen aviäre Bornaviren und geben außerdem Antworten darauf, wie zukünftige Impfstudien optimiert werden müssen, um nach Möglichkeit eine sterile Immunität und dadurch einen sicheren klinischen Schutz zu erreichen. Dazu zählt zum einen die Erforschung des natürlichen Infektionsweges der aviären Bornaviren, um die experimentelle Belastungsinfektion unter möglichst ähnlichen Bedingungen durchführen zu können. Zum anderen ist es von großer Bedeutung immunologischer Werkzeuge zur Messung der durch die Impfung hervorgerufenen zellulären Immunantwort bei Papageienartigen zu messen, um weitere erfolgreiche Impfstrategien gegen aviäre Bornaviren durchführen zu können.
Erscheinungsdatum
Reihe/Serie Edition Scientifique
Sprache deutsch
Maße 146 x 210 mm
Gewicht 212 g
Einbandart Paperback
Themenwelt Veterinärmedizin
Schlagworte Doktorarbeit • Uni • Wissenschaft
ISBN-10 3-8359-6453-4 / 3835964534
ISBN-13 978-3-8359-6453-2 / 9783835964532
Zustand Neuware
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