EXPERIMENTELLE INFEKTION VON KÄLBERN MIT ESCHERICHIA COLI O104:H4 - Katharina Hamm

EXPERIMENTELLE INFEKTION VON KÄLBERN MIT ESCHERICHIA COLI O104:H4

(Autor)

Buch
182 Seiten
2015
VVB Laufersweiler Verlag
978-3-8359-6383-2 (ISBN)
32,80 inkl. MwSt
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Mit dem EHEC-Stamm des Serotyps O104:H4 trat im Jahr 2011 ein neuartiger E. coli–Stamm auf, der die Eigenschaften zweier verschiedener E. coli-Pathovare - der Shigatoxin-bildenden E. coli (STEC) und der enteroaggregativen E. coli (EAEC) - verband. EAEC-Stämme konnten bislang nicht bei Rindern nachgewiesen werden, die das Hauptreservoir für STEC-Stämme darstellen. Da nicht auszuschließen ist, dass Stämme wie der EHEC-Stamm O104:H4 in Nutztierpopulationen eingetragen werden, ergab sich die Frage, ob Stämme mit solchen genetischen Merkmalen in der Lage wären, dauerhaft den Darm von Wieder¬käuern zu kolonisieren und somit die Speziesbarriere vom Menschen zum Tier zu überwinden.
Unter Nutzung eines etablierten Infektionsmodels mit Kälbern wurden zwei Teilversuche (TV1 und TV2) mit einer Versuchsdauer von 4 d bzw. 28 d durchgeführt. Je Teilversuch wurden 5 ca. 100 Tage alte Kälber mit dem EHEC-Stamm des Serotyps O104:H4 (humanes Isolat LB226692 aus dem Ausbruchgeschehen 2011; stx2-positiv), und weitere je 5 Kälber mit dem STEC O157:H7-Stamm 86-24 Nal (Positiv¬kontrolle; stx2-positiv) bzw. mit dem kommensalen E. coli-Stamm 123 (Negativ¬kontrolle; stx-negativ) inokuliert. Alle Kälber blieben während der gesamten Versuchsdauer klinisch unauffällig. In 24 von 30 Tieren waren vor der Inokulation Shigatoxin 1 (Stx1) -neutralisierende Antikörper (Stx1-Ak) nachweisbar. Eines der Tiere inokuliert mit Stamm LB226692 entwickelte während des Versuches messbare anti-Stx1 Titer. Bei keinem der Kälber konnten vor der Inokulation oder am letzten Tag der Versuche Stx2-Ak nachgewiesen werden.
Durch Bestimmung der Zahl Kolonie-bildender Einheiten (KbE), Beurteilung der Kolonie-morphologie und Bestätigung des Serotyps wurde die Keimzahl des entsprechenden Inokulations¬stammes im Kot bestimmt und die Ergebnisse über Koloniehybridisierung und Multiplex-PCR bestätigt. In allen Inokulationsgruppen variierten die Dauer und Höhe der fäkalen Ausscheidung stark. Der Stamm LB226692 wurde am ersten und zweiten Tag nach Inokulation (dpi) mit einer maximalen Keimzahl von 2,4 x 107 KbE/g Kot ausgeschieden. Die Ausscheidung variierte 4 dpi zwischen fehlendem Nachweis und einer Ausscheidung von 6,6 x 105 KbE/g Kot. Im weiteren Versuchsverlauf fiel die Menge ausgeschiedener Bakterien des Stammes LB226692 bis unter die Nachweisgrenze ab, war jedoch bei einem Tier bis 24 dpi nachweisbar. Vier Tage nach Inokulation konnte der Stamm sowohl im Darminhalt (bis zu 5,6 x 107 KbE/g) als auch assoziiert mit dem Darmgewebe nachgewiesen werden. Der Nachweis gelang aus dem Pansen, dem Lab¬magen¬inhalt und der Galle. Ähnlich wie der Kontrollstamm 86-24 Nal war LB226692 nur vereinzelt mit Dünndarmgewebe assoziiert. Im Übergang zum und im Dickdarm erfolgte der Nachweis bei 4 Tieren an allen Beprobungs-punkten mit bis zu 1,3 x 107 KbE/g Darmgewebe. Bei 3 Tieren wurde LB226692 an der rektoanalen Übergangszone mit bis 6,5 x 106 KbE/g Darmgewebe nachgewiesen. Bei der Sektion 28 dpi war LB226692 weder im Darminhalt noch am Darmgewebe nachweisbar.
Keines der Tiere wies 4 dpi signifikante makroskopische oder histologische Veränderungen der Dünn- oder Dickdarmschleimhaut auf. Adhärierende Bakterien des Stammes LB226692 waren bei einem Tier immunhistologisch an der kutanen Schleimhaut des Rektums, nicht jedoch im Bereich der dortigen Drüsenschleimhaut, zu finden. Bei diesem Tier traten spezifisch markierte Bakterien auch an mehreren ulzerativen Veränderungen der Darm-schleimhaut auf. Bei einem anderen Tier konnten spezifisch markierte E. coli des Stammes LB226692 im Nekrosebereich einer Tonsillarkrypte (Kryptabszess) nachgewiesen werden.
Alle untersuchten Re-Isolate von LB226692 enthielten die ESBL-Genloki und das pESBL. Zehn Re-Isolate besaßen nach Tierpassage zusätzlich ein astA-Gen, das dem Ausbruchstamm fehlt. Dagegen hatten 116 von 315 untersuchten LB226692-Re-Isolaten das aggR-Gen und das entsprechende Plasmid (pAA) während der Tierpassage verloren. Der prozentuale Anteil aggR-negativer Einzelkolonien nahm über die Versuchsdauer kontinuierlich zu.
Der EHEC-Stamm LB226692 des Serotyps O104:H4 ist somit in der Lage, den Darm von Wiederkäuern klinisch inapparent über einen bestimmten Zeitraum zu kolonisieren. Der Stamm ist in deutlich höheren Keimzahlen und über einen wesentlich längeren Zeitraum als der kommensale Stamm 123 nachweisbar, jedoch in geringeren Keimzahlen und kürzer als klassische STEC. Dies spricht für eine schlechtere Adaption des Stammes LB226692 an das bovine Intestinum als bei klassischen STEC, jedoch unterliegt der Stamm nachweislich wie auch andere E. coli-Stämme einem ständigen Wandel durch Aufnahme und Verlust von Genen für Virulenzfaktoren. Es ist deshalb davon auszugehen, dass Rinder als Reservoir für STEC/EAEC-Stämme und als Quelle einer Übertragung auf den Menschen fungieren können.
Erscheint lt. Verlag 19.11.2015
Reihe/Serie Edition Scientifique
Sprache deutsch
Maße 146 x 210 mm
Gewicht 298 g
Einbandart Paperback
Themenwelt Veterinärmedizin
Schlagworte Doktorarbeit • Uni • Wissenschaft
ISBN-10 3-8359-6383-X / 383596383X
ISBN-13 978-3-8359-6383-2 / 9783835963832
Zustand Neuware
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