Der kleine Darwin. Alles, was man über Evolution wissen muss (eBook)
224 Seiten
Anaconda Verlag
978-3-641-32444-5 (ISBN)
Ernst Peter Fischer nimmt uns mit auf eine kurzweilige Reise durch Darwins Leben, Denken und Wirken und fasst dabei knapp und anschaulich alles zusammen, was man über Evolution wissen muss. Ein aufschlussreicher und unterhaltsamer Einstieg in die Evolutionstheorie - jetzt als aktualisierte Neuausgabe.
Ernst Peter Fischer, geboren 1947 in Wuppertal, studierte Mathematik, Physik und Biologie und promovierte 1977 am California Institute of Technology. 1987 habilitierte er sich im Fach Wissenschaftsgeschichte und lehrte in den Jahren darauf an den Universitäten Konstanz und Heidelberg. Als Wissenschaftspublizist schreibt er unter anderem für Die Welt und Focus. Fischer ist Autor zahlreicher Bücher, darunter der Bestseller »Die andere Bildung« (2001) und die Max-Planck-Biographie »Der Physiker« (2007). Für seine Arbeit erhielt er mehrere Preise, u. a. den Sartorius-Preis der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Bei Siedler erschien zuletzt »Die Verzauberung der Welt. Eine andere Geschichte der Naturwissenschaft« (2014).
Leben und Familie
Auch ein folgenreiches Leben kann in nüchternen Daten erfasst werden, von denen zunächst einige mit ein paar Ausschmückungen aufgeführt werden sollen, um danach auf erste Zusammenhänge eingehen zu können:
Charles Darwin wird am 12. Februar 1809 in Mittelengland in der mittelalterlichen Stadt Shrewsbury als Sohn eines wohlhabenden Arztes geboren. Er sammelt in seiner Jugend leidenschaftlich Käfer, studiert einige Jahre eher gelangweilt Medizin und Theologie – das eine im schottischen Edinburgh und das andere im englischen Cambridge – und kann anschließend zwischen 1831 und 1836 an der weltumspannenden Vermessungsfahrt des königlichen Schiffes HMS Beagle (»Her Majesty’s Ship«) teilnehmen, die ihn 1835 für fünf Wochen auf die Galapagosinseln führt. Nach seiner Rückkehr in die Heimat lebt Darwin zunächst in Cambridge und London, bevor er sich 1842 auf den Landsitz seiner Familie einige Meilen südlich von London, in das Dörfchen Down in der Grafschaft Kent, zurückzieht. In der selbst gewählten Abgeschiedenheit bringt er im Verlauf der ihm verbleibenden vier Jahrzehnte ein erstaunlich umfangreiches und äußerst vielfältiges Werk zu Papier. Zuerst erscheint Die Fahrt der »Beagle«, und zwar in Form eines »Tagebuchs mit Erforschungen der Naturgeschichte und Geologie der Länder, die auf der Fahrt von HMS Beagle unter dem Kommando von Kapitän Robert FitzRoy besucht wurden«, wie der Untertitel lautet. Dann macht sich Darwin Gedanken über das Züchten von Tieren und verfasst riesige Wälzer über Rankenfußkrebse und Entenmuscheln, bevor er sich schließlich seinem Hauptwerk zuwendet, das 1859 erscheint. Der Entstehung der Arten lässt er unter anderem noch Bücher über die Befruchtung von Orchideen durch Insekten, die Ausweitung seines evolutionären Gedankens auf die Herkunft des Menschen und das Bewegungsvermögen von Kletterpflanzen folgen, bevor er sich in seiner letzten Lebensphase der Bedeutung von Würmern für den Erdboden zuwendet und deren ökologisches Treiben ein Jahr vor seinem Tod umfangreich darstellt.
Darwin stirbt am 19. April 1882 in seinem Haus in Down und wird wenige Tage später feierlich in London – in der Westminsterabtei – neben anderen Heroen der Wissenschaft wie Isaac Newton beigesetzt. So ruhig und bescheiden Darwin gelebt hat, so aufregend und anspruchsvoll erweisen sich seine Gedanken, die zwar einigen Ideologen und Ideologien gefährlich erscheinen, die aber von Down aus die Kulturwelt bereichern und für die ihm sein Land zuletzt Dank, Ehre und Anerkennung zuteilwerden lässt.
Darwins Leben nach der Weltreise findet im sogenannten Viktorianischen Zeitalter statt, das seine Bezeichnung einer jungen Frau namens Victoria verdankt, die am 28. Juni 1838 – einen Monat nach ihrem achtzehnten Geburtstag – Königin von England wird und diese Position bis in das 20. Jahrhundert hinein – mehr als sechzig Jahre lang – bekleidet. Königin Victoria stirbt am 22. Januar 1901, also in einer Zeit, in der die Wissenschaft erste Klarheit über die Gesetze der Vererbung gewinnt, deren Kenntnis Darwin von Nutzen hätte sein können, da durch sie verständlich wird, wie die Weitergabe der Eigenschaften des Lebens – und damit auch die von den Naturforschern beobachteten Entwicklungen und Varianten – gelingen kann.
Dass Darwin seine späteren Jahre nahezu ausschließlich auf dem Land verbringt, wird von Biographen unter anderem durch eine merkwürdige Krankheit erklärt, die ihm unentwegt Übelkeit und Erbrechen verursacht. Schon bald nach der Rückkehr von der Weltreise treten Magenbeschwerden bei ihm auf, aber keiner seiner Zeitgenossen kann ihm helfen und den auslösenden Faktor für seinen qualvollen Zustand ausfindig machen. Sein Leiden gestattet ihm nur ein paar Stunden Arbeit täglich, was einen Beobachter umso erstaunter auf die zahlreichen, ausführlichen und stets umfangreichen Schriften – Briefe, Notate, Notizhefte und Bücher – blicken lässt, die der Kranke offenbar unermüdlich verfasst und zwischen 1838 und 1881 publiziert.
Nachdem er sein Hauptwerk – Die Entstehung der Arten – abgeschlossen hat, setzen häufig besonders langwierige Krankheitsperioden ein, die ihn verschiedentlich fast völlig in die Knie zwingen. »Als er im Jahr 1866 das Krankenzimmer wieder verlassen konnte, war er der gebrechliche Greis mit dem mächtigen, grauen Vollbart geworden, dessen Bild wir heute vor Augen haben, wenn wir den Namen Darwin hören«, wie seine Biographin Janet Browne schreibt.
Eine große Hilfe in diesen Tagen des Leidens ist ihm seine Ehefrau Emma, mit der er seit 1839 verheiratet ist. Durch diese Eheschließung hat Darwin tatsächlich bekommen, was er im Jahr zuvor als Vorteil einer Ehe notiert hat, nämlich eine »ständige Gefährtin (und Freundin im Alter) […], die sich für einen interessiert«, und so etwas sei »jedenfalls besser als ein Hund«. Es ist nicht bekannt, ob es Darwin leicht- oder schwergefallen ist, Emma einen Heiratsantrag zu machen, wobei vor allem unklar ist, ob die Tatsache, dass sie seine Cousine und ihm schon von Kindertagen her vertraut ist, darauf Einfluss gehabt hat. Sicher ist jedoch, dass Emma ihn geliebt hat, und beide gelten als ein sich herzlich zugetanes und zufrieden lebendes Paar, das mit einer großen Nachkommenschaft gesegnet ist und eine große Familie mit zehn Kindern – sechs Söhnen und vier Töchtern – bildet.
Abb. 1 Charles Darwin im Jahr 1874.
Die Auserwählte hat auch den Vorteil, aus einer wohlhabenden Familie zu stammen – Emma ist die Enkelin von Josiah Wedgwood, dem Begründer der weltberühmten Porzellanmanufaktur –, und ihre Mitgift erlaubt Darwin sowohl ein sorgenfreies Dasein als Privatgelehrter als auch den Erwerb eines Backsteingebäudes auf dem Land in Down.
Die Trauung von Emma und Charles findet am 28. Januar 1838 auf dem Landsitz der Familie Wedgwood statt, von dem es zunächst zurück nach London geht, wo die Vermählten ihren ersten gemeinsamen Lebensabschnitt verbringen. In diesen Tagen hat Darwin bereits damit begonnen, mehrere Notizbücher anzulegen, mit deren Hilfe er versucht, Ordnung in die Gedanken zu bringen, die sich ihm nach der Weltreise aufdrängen. Dazu gehört auch ein sogenanntes E-Notizbuch, das er lange Zeit geheim hält, uns aber heute zugänglich ist. Dort lesen wir, was Darwin am Tag seiner Vermählung fasziniert und ziemlich ausführlich eingetragen hat – nämlich die Ansicht, die sein auf der Hochzeit anwesender Onkel John Wedgwood über den Anbau von Rüben geäußert hat.
Emmas Vermögen ist nicht das einzige Geld, über das Darwin verfügt. Auch sein Vater, Robert Waring Darwin, hat viel zu vererben, denn dessen Vater, Erasmus Darwin, hatte sich nicht nur als Dichter, Arzt und Naturwissenschaftler einen Namen gemacht, sondern in seinem um 1795 erschienenen Hauptwerk Zoonomia sogar schon so etwas wie eine frühe Form der Abstammungsidee (Deszendenztheorie) formuliert. Das hatte ihm einen höchst ehrenvollen Platz auf dem Index der verbotenen Bücher im Vatikan eingebracht.
Mit dem – auch in biologischer Hinsicht – äußerst fruchtbaren Großvater stößt man auf den merkwürdigen Befund, dass in der Ahnentafel von Charles Darwin zwei herausragende Männer aus höchst unterschiedlichen Sphären zu finden sind: Der eine ist ein Industrieller, der mit seiner Erfindung der heute noch angebotenen »Wedgwoodware« erfolgreich zu der Industriellen Revolution beigetragen hat, die die britische Gesellschaft damals veränderte. Der andere ist ein Intellektueller, der die geistige Blüte befördert hat, die man dem England des 18. Jahrhunderts bescheinigen darf. Diese Kombination macht es für Historiker sehr verlockend, sie als einen Grund für Darwins Leistungsfähigkeit anzuführen.
Vor dieser Instrumentalisierung der beiden Vorfahren muss aber gewarnt werden. Denn, wie Janet Browne feststellt, »in Wirklichkeit wies [Darwin] im Persönlichkeitsbild mit keinem der beiden irgendeine Ähnlichkeit auf, den Umstand ausgenommen, dass auch er in einem familiären Binnenklima aufwuchs, das entschieden mitbestimmt wurde von geistiger Aufgeschlossenheit, Freidenkertum und Interesse für die Naturwissenschaften«. Unabhängig davon ist auf jeden Fall der von den Großvätern herkommende Wohlstand von Nutzen, in den Darwin hineingeboren wird. Er garantiert ihm, wie es bei Browne weiter heißt, »einen dauerhaften Platz im gesellschaftlichen Leben der oberen Mittelklasse und die sichere Aussicht auf ein ansehnliches Erbe, was beides eine wesentliche Rolle beim Zustandekommen seiner späteren Leistungen spielte«.
Der sicher glücklichen Kindheit Darwins, in deren Verlauf schon früh eine Faszination für die Natur und ihre Geschöpfe – vor allem Käfer – zutage tritt, folgen mühsamere Zeiten als Student, was mit der vom Vater vorgegebenen Wahl des Medizinstudiums zusammenhängt, die ihn schon bald – vor allem bei blutigen chirurgischen Eingriffen, die noch ohne Narkose vorgenommen werden –, sehr belastet.
Als Student fängt Darwin an, sich als Naturforscher zu betätigen, und er erkundet marine Weichtiere in der Nordsee. Er tut dies unter Anleitung von Robert Grant, der zu der medizinischen Fakultät von Edinburgh gehört und den damals bereits geäußerten und erörterten Gedanken eines evolutionären Zusammenhangs der Lebensvielfalt vertritt. Bei der Analyse von schwarzen Kügelchen, die sich ab und zu in Austernschalen finden, entdeckt der...
Erscheint lt. Verlag | 23.10.2024 |
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Zusatzinfo | SW-Abbildungen |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Natur / Technik ► Naturwissenschaft |
Technik | |
Schlagworte | 2024 • Abstammung • Abstammungslehre • Alexander von Humboldt • Biologie • Charles Darwin • Charles Darwin Evolutionstheorie • charles darwin theorie • darwin biographie • eBooks • Einführung • Entstehung des Menschen • Evolution • evolution buch • Evolutionstheorie • Genetik • Mensch • mensch affe • Naturkunde • Neuerscheinung • Über die Entstehung der Arten • Wissen • Zoologie |
ISBN-10 | 3-641-32444-0 / 3641324440 |
ISBN-13 | 978-3-641-32444-5 / 9783641324445 |
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