Wien im Barock -  Barbara Dmytrasz,  Friedrich Öhl

Wien im Barock (eBook)

Aufstieg zur Weltstadt
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2023 | 1. Auflage
384 Seiten
Braumüller Verlag
978-3-99100-391-5 (ISBN)
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Das moderne Österreich beginnt in der Barockzeit. Der Hochbarock setzt nach der abgeschlagenen Türkenbelagerung von 1683 ein. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts hatte das Haus Österreich seine größte territoriale Ausdehnung erreicht. Die Pracht der Residenzstadt Wien sollte diese Macht und Größe widerspiegeln. Erstmals entstanden zahlreiche Prunkbauten auch außerhalb der befestigten Stadt, so unter anderem die Karlskirche, die Hofstallungen oder Schönbrunn, die meistbesuchte Sehenswürdigkeit in Österreich. Unter den 1400 Sommerpalais, die der Adel erbauen ließ, ist das Spektakulärste das Belvedere von Prinz Eugen, dem damals reichsten Mann Europas. Die Habsburger förderten seit Beginn ihrer Herrschaft Kunst und Künstler. Im 18. Jahrhundert öffneten sie sich im Zuge der Aufklärung auch wieder den Wissenschaften und die 'Barockkaiser' Leopold I. (1658-1705), Joseph I. (1705-1711) und Karl VI. (1711-1740) holten seit dem 17. Jahrhundert mit viel Geld die bedeutendsten Architekten, Musiker, Bühnenbildner und Theaterarchitekten an ihren Hof. Auch die führenden Ärzte Europas wurden mit hohen Gehältern und unbegrenzten Forschungsmöglichkeiten nach Wien gelockt. Eine Weltstadt entstand.

Barbara Dmytrasz studierte Geschichte und Anglistik an der Universität Wien und setzt sich seit ihrer Studienzeit intensiv mit der Stadtgeschichte Wiens und der faszinierenden 'sprechenden' Architektur dieser Stadt auseinander. 2006 erhielt sie den Erasmus-Preis, 2018 wurde ihr die Otto-Glöckel-Medaille verliehen. Sie ist Lehrbeauftragte an der Universität Wien und an der Pädagogischen Hochschule Wien. Friedrich Öhl, geb. 1951 war Lehrbeauftragter am Institut für Geschichte der Universität Wien, schrieb Schulbücher, Drehbücher und Artikel in Fachzeitschriften. 2006 war er Erasmus-Preisträger für die 3-Sat Produktion 'Carl Szokoll und die Zivilcourage'.

Barbara Dmytrasz studierte Geschichte und Anglistik an der Universität Wien und setzt sich seit ihrer Studienzeit intensiv mit der Stadtgeschichte Wiens und der faszinierenden "sprechenden" Architektur dieser Stadt auseinander. 2006 erhielt sie den Erasmus-Preis, 2018 wurde ihr die Otto-Glöckel-Medaille verliehen. Sie ist Lehrbeauftragte an der Universität Wien und an der Pädagogischen Hochschule Wien. Friedrich Öhl, geb. 1951 war Lehrbeauftragter am Institut für Geschichte der Universität Wien, schrieb Schulbücher, Drehbücher und Artikel in Fachzeitschriften. 2006 war er Erasmus-Preisträger für die 3-Sat Produktion "Carl Szokoll und die Zivilcourage".

Wiens barocke Gegenwart


Das moderne Österreich begann in der Zeit des Barock. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts hatte das Haus Österreich seine größte territoriale Ausdehnung erreicht, selbst Neapel gehörte unter Karl VI. zum Herrschaftsbereich der Habsburger. Die Pracht der Residenzstadt Wien sollte diese Macht und Größe widerspiegeln. Das Barock ist in Wien bis in die Gegenwart präsent. Die Schlösser Belvedere und Schönbrunn sowie viele Kirchen prägen noch heute mit den verbliebenen Adelspalais das Stadtbild. Das Barock war stilgebend. Viele ältere Bauwerke wurden barockisiert, zahlreiche neue im Barockstil erbaut. So wie sich das Bedürfnis der Herrschenden nach Repräsentation in der barocken Architektur niederschlug, wurden Kultur und Wissenschaft gefördert. Die Oper, das Theater und die Wiener Küche gelten als Charakteristika bunter Lebensfülle Wiens und locken jedes Jahr Millionen Touristen an.

Der Begriff „Barock“ leitet sich von dem portugiesischen Wort „barocco“ ab und bezeichnet eine unregelmäßig geformte Perle, die durch ihre Struktur von der Norm abweicht. Diese Bezeichnung entstand in der Zeit der Aufklärung und war zunächst abschätzig gemeint, da man die üppigen Formen des Barockstils vielfach als zu überladen empfand.

Heute bezeichnet „Barock“ sowohl eine kunstgeschichtliche als auch eine historische Epoche, also die Zeit vom Ende des 16. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. Die Ordenskirche der Jesuiten in Rom, „Il Gesu“, entworfen von Giacomo Barozzi da Vignola (1507–1573) und 1584 fertiggestellt von Giacomo della Porta (1532–1602), wird als erster Barockbau angesehen. Die Jesuiten vertraten vehement die Gegenreformation, sodass barocke Architektur auch als Zeichen der Rekatholisierung galt. Der Spätbarockstil, das Rokoko, leitet sich von dem französischen Wort „rocaille“ ab, welches das Muschelornament bezeichnet. Diese Stilrichtung weicht vom Barock ab. Der Symmetrie wird die Asymmetrie vorgezogen, der Stil wirkt leicht, die Verzierungen muten verspielter an und die dominierenden Dekorelemente sind die Muschel sowie Blumengirlanden.

Die Bezeichnung „Barock“ setzte sich erst Ende des 19. Jahrhunderts in Zusammenhang mit der Architektur des „Neobarock“ durch. Im 20. Jahrhundert bekam der Epochenbegriff „Barock“ eine positive Wertung: Barockstil, früher meist in absprechendem oder spöttischem Sinn gebraucht, bezeichnet jetzt allgemein die zu üppiger malerischer, oft auch großartig wuchtiger Wirkung gesteigerte Baukunst, liest man in „Meyers Kleines Konversationslexikon“ von 1910.

Der repräsentative Stil des Barock, der pompös und zugleich förmlich anmutet, kennzeichnet die Phase in Europa, in der nach dem Dreißigjährigen Krieg, Mitte des 17. Jahrhunderts, die triumphierenden Machthaber selbstsicher ihren Luxus zur Schau stellten. Understatement war nicht das Motto der Zeit.

Mit der Rekatholisierung Wiens begann der barocke Ausbau der Stadt. Im Schlossbau entstanden Gesamtkunstwerke mit raffinierter Symbolik. Das Barock spielt mit der Täuschung. Spiegel lassen enge Räume optisch ausladender erscheinen. Sind sie am Ende einer Zimmerflucht angebracht, entsteht der Eindruck, die Räume führten ins Unendliche. Säulen und Kuppeln entpuppen sich durch die geschickt und perspektivisch richtig angebrachte Scheinarchitektur vielfach als reine Illusion. Die Irreführung ist allerdings leicht zu enttarnen, denn nur von einem bestimmten Standort aus ist die Illusionsmalerei wirklich perfekt (vgl. dazu die gemalte Scheinkuppel der Wiener Jesuitenkirche, S. 221). Säulen sind aus echtem Marmor oder aus Stuckmarmor. In Wien verwendeten die Künstler „Marmorkuchen“, der aus Gips und anderen Materialien geknetet wurde und somit haltbarer war. Der Bluff ist leicht zu durchschauen, wenn man die Hand auf die Säule legt – bleibt der Stein kalt, handelt es sich um echten Marmor, wird er wärmer, ist es Stuckmarmor.

Das Zitat des Historikers Johan Huizinga fasst zusammen: Pracht und Würde, die theatralische Geste, die strenge Regel und das geschlossene Lehrsystem herrschen; gehorsame Ehrfurcht vor Kirche und Staat ist das Ideal. (Huizinga, S. 13)

Im deutschen Sprachraum wird diese Epoche heute in Anlehnung an das italienische „il barocco“ auch als „der“ Barock genannt. Der italienische Stil erfreute sich in der Habsburgermonarchie wachsender Popularität. Zu Beginn der Barockzeit bauten italienische Architekten in Österreich (u.a. in Wien). Der Erste, auf dem Gebiet des heutigen Österreichs, in Graz, geborene Baumeister des österreichischen Barocks war Johann Bernhard Fischer von Erlach (1656–1723), der Sohn eines Bildhauers. Seine Ausbildung erhielt er in Italien. Er lernte von 1670 bis 1683 bei Gian Lorenzo Bernini (1596–1680) in Rom. Danach verbrachte er drei Jahre in Neapel, bevor er 1687 nach Österreich zurückkehrte und sich in Wien niederließ. Bereits 1688 entwarf er den später nicht realisierten Erstentwurf von Schönbrunn, bevor er sich dem Schlossbauprojekt am Fuß des Schönbrunner Berges zuwandte.

Das unbestrittene Meisterwerk des 1697 geadelten Johann Bernhard Fischer von Erlach ist die Karlskirche. Die ursprünglich außerhalb der Stadt auf einem Hügel am Wienfluss gelegene Anlage ist der bedeutendste hochbarocke Bau der Stadt.

Der größte Konkurrent Johann Bernhard Fischer von Erlachs war der um zwölf Jahre jüngere, in Genua geborene Johann Lucas von Hildebrandt (1668–1745), der anfangs als Ingenieursoffizier in der Armee Prinz Eugens diente. In seinen Bauten findet man oberitalienische Einflüsse wie auch römische, denn auch er studierte in Rom, bei Carlo Fontana (1634/38–1714). Seine Werke sind weniger monumental als jene Fischers, dagegen reich an Ornamenten. Hildebrandts dekorativ gestalteten Fassaden wirken „moderner“ (Egger, S. 44) als die römisch-barocke Monumentalarchitektur Fischers. Johann Lucas von Hildebrandt war der bevorzugte Architekt des Adels und schuf zahlreiche noch heute bestehende Adelspalais. Hildebrandts Hauptwerk ist das Belvedere, dessen pavillonartig gegliederte Fassade vor allem im Dachbereich leicht und beschwingt wirkt.

Hatte Kaiser Leopold I. aus politischen Gründen noch strikt abgelehnt, dass französische Architekturakzente in die Wiener Bauten einfließen, denn der französische Sonnenkönig Ludwig XIV. war sein größter Konkurrent, so wurde unter seinen Söhnen die französische Baukunst zum Vorbild.

Prinz Eugen von Savoyen (1663–1736) wuchs im Schloss von Versailles auf. Er nahm den französischen Schlossbau zum Vorbild für die Gestaltung des Belvederes, seiner Sommerresidenz, und zeigte damit, dass er, der einst mittellos nach Wien gekommen war, sich aufgrund seiner Tüchtigkeit den neuesten französischen Wohnstil leisten konnte.

Die streng gegliederten Fassaden der Barockbauten, mit den Halb- und Dreiviertelsäulen und den Pilastern, den oft nur wenig hervorstehenden vertikalen Wandpfeilern, repräsentieren Macht, Strenge und Pomp. Im Inneren weisen bereits die Stiegenhäuser auf das strenge Zeremoniell hin. Herrschaftliche Treppen, die in den Festsaal führen, fungieren als Bühne: Wer auf welcher Höhe empfangen wurde, war durch das Protokoll streng hierarchisch geregelt. In der Diplomatie sind zeremonielle Spielregeln bis heute erhalten.

Wie politisch der Barockstil war, zeigte sich hundert Jahre später in der Gründerzeit in Wien. Neobarock war der dominierende Baustil des kaiserlichen Palastes, der Neuen Burg, auf dem Heldenplatz. Zu beiden Seiten der Ringstraße sollte sich das Kaiserforum erstrecken, das den Anspruch des Hauses Habsburg auf Herrschaft als einen in der Geschichte verankerten betrachtet.

Nach der bitteren militärischen Niederlage Österreichs 1866 bei Königgrätz gegen den Erzrivalen, das protestantische Preußen, die dessen Aufstieg zum führenden deutschen Staat in Gang setzte, stellte Kaiser Franz Joseph I. die Barockzeit bewusst in den Mittelpunkt der Erinnerungskultur. Der Kaiser machte kein Geheimnis aus seiner Vorliebe für Barock und den in dieser Zeit vorherrschenden absolutistischen Regierungsstil – eine Staatsform, die die Monarchie „vergöttlichte“. Am liebsten hätte Franz Joseph I. ohne das Parlament regiert.

Die 27 Kapitel dieses Bandes beleuchten nach drei Themen geordnet die künstlerischen, wissenschaftlichen und politischen Wendepunkte dieses Aufbruchs in die Moderne.

Das erste Thema widmet sich der Residenz einer Großmacht. Die Architektur, die das Barock noch im heutigen Stadtbild Wiens sichtbar macht, zeigt deutlich, dass Wien eine Metropole war. Die Siege über die Osmanen ermöglichten erst den Wandel zur Barockstadt. Die Kriegsgewinne des Adels leiteten um 1700 einen nie dagewesenen Bauboom ein, der mit dem der Gründerzeit 200 Jahre später vergleichbar ist. Der Kampf gegen den Protestantismus und das Niederbrennen der Vorstädte und Vororte im Widerstand gegen das...

Erscheint lt. Verlag 2.11.2023
Verlagsort Wien
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Geschichte Regional- / Ländergeschichte
Technik Architektur
Schlagworte Barock • Belvedere • Bernhard Fischer von Erlach • Karlskirche • Prater • Prinz Eugen • Schönbrunn • Türkenbelagerung • Weltstadt • Wien
ISBN-10 3-99100-391-0 / 3991003910
ISBN-13 978-3-99100-391-5 / 9783991003915
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