Der Stoffwechsel-Kompass / Muskeln - die Gesundmacher (eBook)
765 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-3212-3 (ISBN)
PROF. INGO FROBÖSE, geboren 1957, leitet das Zentrum für Gesundheit durch Sport und Bewegung und das Institut für Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Prävention und Rehabilitation an der Deutschen Sporthochschule in Köln. Außerdem berät er als Sachverständiger den Bundestag in Fragen der Prävention und arbeitet als wissenschaftlicher Berater für die Gesundheitsvorsorge der Krankenkassen. Er schreibt regelmäßig Bücher zu den Themen Gesundheit, Sport und Ernährung, von denen viele Bestseller wurden wie 'Der Stoffwechsel-Kompass'.
PROF. INGO FROBÖSE, geboren 1957, leitet das Zentrum für Gesundheit durch Sport und Bewegung und das Institut für Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Prävention und Rehabilitation an der Deutschen Sporthochschule in Köln. Außerdem berät er als Sachverständiger den Bundestag in Fragen der Prävention und arbeitet als wissenschaftlicher Berater für die Gesundheitsvorsorge der Krankenkassen. Er schreibt regelmäßig Bücher zu den Themen Gesundheit, Sport und Ernährung, von denen viele Bestseller wurden wie "Der Stoffwechsel-Kompass".
Verdauung –
aus Nahrung werden Nährstoffe
Wissen Sie noch, was Sie gestern im Verlauf des Tages alles gegessen und getrunken haben? Was immer es auch war: Es ist genau jetzt in Ihrem Körper, und Ihr Stoffwechsel verarbeitet es noch. Doch angefangen hat er mit der Verarbeitung schon gestern, und zwar in dem Moment, als Sie den Mund geschlossen und (hoffentlich gut) gekaut haben, denn bereits damit beginnt der Verdauungsprozess.
Wenn das Wort »Verdauung« fällt, denken wir meist spontan an zwei Organe: Magen und Darm. Und wir bewerten unwillkürlich sofort, ob unsere Verdauung gut funktioniert oder nicht. Ganz besonders wichtig erscheint uns dabei die sogenannte Darmdurchgangszeit. Damit ist der Zeitraum gemeint, den der Organismus benötigt, um die Lebensmittel komplett zu bearbeiten und danach die Reste zu entsorgen. Das dauert manchmal ganz schön lange, was aber überhaupt nicht schlimm ist und schon gar kein Grund, mit Abführmitteln nachzuhelfen, denn gerade damit bringen Sie die Verdauung durcheinander.
Im Durchschnitt benötigen die Lebensmittel von der Mundhöhle bis zum Darmausgang bei Männern etwa 48 bis 54 Stunden und bei Frauen 60 bis zu 72 Stunden. Jede Mahlzeit verbringt also einige Tage in unserem Körper! Die wenigste Zeit liegt sie dabei im Magen – meist nur vier bis sechs Stunden – oder im Dünndarm (fünf bis acht Stunden). Tatsächlich am längsten befindet sich der Nahrungsbrei im Dickdarm und kann dort schon mal einige Tage richtig »versauern«.
Leider wissen wir immer noch nicht, warum die Darmpassage bei Frauen bis zu 24 Stunden, also einen gesamten Tag, länger dauern kann. Bekannt ist nur, dass die Verdauungszeit vielen Einflüssen unterliegt und sogar individuell schwanken kann. Wenn Sie einen bewegten und aktiven Tag hatten, geht es üblicherweise bei den gleichen Speisen viel schneller, als wenn Sie vor allem am Schreibtisch gesessen haben. Auch das Alter hat offensichtlich einen großen Einfluss, denn spätestens mit dem 50. Lebensjahr setzen die Verarbeitungsprobleme bei vielen Frauen und etwas später auch bei den Männern ein.
Verdauungsprobleme – die neue Volkskrankheit
Aktuell sind zwar immer noch die Rückenbeschwerden die Nummer eins unter den Volkskrankheiten, aber die Probleme im Magen-Darm-Trakt holen rasant auf. Mehr als 25 Prozent der deutschen Erwachsenen ab 50 berichten aktuell über Schwierigkeiten im Bauchraum. Neun Millionen Deutsche über 45 leiden unter Reflux, zwölf Millionen haben ein »Reizdarm-Syndrom«, und 13 Prozent quälen intensive Blähungen. Das alles kostet die deutschen Krankenkassen jährlich etwa 35 Milliarden Euro an direkten Ausgaben (Arzt, Krankenhaus, Medikamente). Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) erwartet, dass bis zum Jahr 2032 weitere 22 Prozent der Bevölkerung davon betroffen sind, sodass dann die Hälfte der Erwachsenen in Deutschland dauerhaft unter einer Erkrankung des Verdauungssystems leidet – eine neue Volkskrankheit auf dem Vormarsch.
Tatsächlich ist die Verarbeitung von Nahrungsmitteln im Körper der Prozess, bei dem Sie den Stoffwechsel manchmal ziemlich direkt bemerken können. Denken Sie nur daran, wie schnell sich der Geruch von Urin nach einem leckeren Spargelessen verändert. Betrachten wir den gesamten Verdauungsvorgang einmal von Beginn an, denn nur an Magen und Darm zu denken, greift viel zu kurz und zeigt, wie wenig wir die so wichtigen Prozesse innerhalb unseres Körpers kennen.
Im Mund –
gute Vorbereitung für ein gutes Ergebnis
Schon vor dem eigentlichen Essen, wenn wir es riechen oder uns nur darauf freuen, bereitet unser Körper die Verdauung vor und aktiviert die Speicheldrüsen. So läuft uns im wahrsten Sinne des Wortes das Wasser im Mund zusammen. Das ist zum einen für die gute Durchfeuchtung der Nahrung wichtig und zum anderen wegen der enthaltenen Enzyme. Sie beginnen nämlich bereits im Mund, Kohlenhydrate und Fette aufzuspalten.
Das klappt aber nur, wenn wir uns ausreichend Zeit nehmen und ganz in Ruhe essen und dabei sehr gründlich kauen. Beim Kauen zerkleinern wir unser Essen nicht nur, sondern vermengen es auch mit dem Speichel. Dadurch können die Enzyme besser ihre Arbeit machen, und es gelangt ein weicher Brei durch die Speiseröhre in den Magen. Die Alpha-Amylase, auch Ptyalin genannt, ist sicher das bekannteste Speichelenzym und für die Kohlenhydrate zuständig, während die Lipase Fett spaltet. Die Arbeit der Amylase können Sie auch schmecken: Wenn Sie ein Stück Brot gründlich kauen, schmeckt es nach einer Weile süßlich, weil die vielen enthaltenen Kohlenhydrate schon in ihre Grundbestandteile, also in Zuckermoleküle, zerlegt wurden.
Essen Sie dagegen hastig und kauen kaum, wird es für Magen und Darm schwierig mit der Weiterverarbeitung. Zu grobe Nahrungsbestandteile können sie eventuell gar nicht verwerten. Dann wählen Sie vielleicht gesunde Lebensmittel, aber deren Vitalstoffe können in Ihrem Organismus gar nicht ankommen, weil Sie zu wenig gekaut haben. Wenn Sie vor dem Schlucken etwa dreißigmal kauen, liegen Sie richtig.
Durch gründliches Kauen erreichen Sie aber nicht nur eine bessere Verdauung: Auch auf den Insulinspiegel soll es sich positiv auswirken. Forscher der Universität Manchester haben außerdem in Experimenten an Tieren herausgefunden, dass auch das Immunsystem profitiert. Die TH17-Zellen, die Bakterien und Schimmelpilze in der Mundhöhle bekämpfen, vermehren sich.
Im Magen –
Zerkleinerung im Säurebad
Nachdem wir den gut gekauten und zusammengepressten Nahrungsbrei geschluckt haben, gelangt er durch die Speiseröhre in den Magen. Die meisten von uns setzen den Magen mit dem Bauchraum gleich, dabei liegt er dort gar nicht. Schaut man an sich hinunter, dann befindet er sich viel weiter oben in Richtung Brustraum und auch eher auf der linken Seite des Körpers. Er ist etwa 25 Zentimeter lang und kann ein Volumen von rund 1,2 bis 1,4 Litern aufnehmen.
Meines Erachtens schreiben wir dem Magen viel zu viel Bedeutung zu. Das zeigt sich auch daran, dass er einigen Menschen entfernt wird und sie trotz allem ohne größere Probleme weiterhin gut essen und verdauen können. Die wichtigste Aufgabe des Magens ist, den Speisebrei gründlich mit Salzsäure zu vermischen. Sie ist in 0,5-prozentiger Konzentration der Hauptbestandteil der Magensäfte und tötet alle Mikroorganismen ab, die es bis hierher geschafft haben. Leider kommen aber manchmal doch welche durch, etwa die Darmbakterien E. coli (siehe Seite 31) oder Salmonellen, und verursachen dann schlimme Probleme.
In diesem Zusammenhang ist es wichtig, Folgendes zu wissen: Wir schieben die Ursache von Übelkeit und Durchfall meist auf unser letztes Essen. Doch die Bakterien oder Viren, die uns möglicherweise dieses Übel eingebrockt haben, müssen sich im Körper erst heimisch einrichten und vermehren, bevor sie ihre unangenehme Wirkung entfalten können. Dafür benötigen sie etwa 18 bis 24 Stunden. Deswegen müssen wir davon ausgehen, dass es eher eine Mahlzeit am Vortag war, die uns das Malheur beschert hat.
Eine zweite wichtige Aufgabe der Magensäure ist es, Eiweiße aufzuknacken. Dafür enthält der Magensaft Pepsine, die in der sogenannten Proteolyse die langen Proteinketten, die etwa in Fisch, Fleisch, Ei oder Linsen enthalten sind, in Peptide zerlegen. Im Unterschied zu den Proteinen, die aus langen Ketten von Aminosäuren – unseren Eiweißbausteinen – bestehen, sind Peptide deutlich kürzer: Sie enthalten »nur« bis zu 50 Eiweißbausteine, manche Wissenschaftler legen die Grenze auch bei 100 fest. Damit sind die Aminosäuren noch längst nicht bereit für die weitere Verwertung im Körper, aber einen Schritt näher dran. Sie sehen schon an diesem Beispiel, dass viel »Körperchemie« nötig ist, bis Substanzen wirklich in den Zellen ankommen.
Das berühmte Loch im Magen
1822 wurde der junge Kanadier Alexis Martin in Michigan unterhalb der linken Brust von einer Kugel aus wenigen Metern Entfernung getroffen. Erstaunlicherweise überlebte Martin, aber leider heilte seine Wunde niemals richtig zu. Sicher unangenehm für Martin, aber ein Glücksfall für die medizinische Forschung, denn zu dem Zeitpunkt wusste man nichts darüber, wie der Magen arbeitet und mit der Nahrung überhaupt umgeht: Der behandelnde Arzt William Beaumont, ein erfahrener Chirurg der US-Armee, erkannte sofort diese große, fast historische Chance, lud Martin in sein Haus ein und versorgte und behandelte ihn dort. Als Gegenleistung durfte Beaumont Experimente mit den verschiedensten Lebensmitteln bei Martin durchführen. Dazu führte er durch das offene Loch an einem seidenen Faden Nahrungsmittel in den Magen ein, ließ sie dort eine gewisse Zeit einfach hängen und zog sie dann wieder hinaus, um den entstandenen Brei zu untersuchen. Beaumont entdeckte so als Erster, dass der Nahrungsbrei mit Salzsäure im Magen vorverdaut und »gereinigt« wird.
Die Versuche zogen sich über viele Jahre hin. Dabei kam es immer wieder zu Unterbrechungen, weil Martin ab und an in die »weite Welt« hinauszog. Das Erstaunlichste daran: Martin...
Erscheint lt. Verlag | 1.1.2024 |
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Verlagsort | Berlin |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Natur / Technik ► Naturwissenschaft |
Technik | |
Schlagworte | Abnehmen • Alterungsprozess • Bestsellerautor • Bundle • Fett-Stoffwechsel • Froböse • Gehirn • Gesundheit für Körper und Seele • Gewicht • Immunsystem • Kraft • Muskeln • Prävention • Psyche • Sport • Wachstum • Zucker-Stoffwechsel |
ISBN-10 | 3-8437-3212-4 / 3843732124 |
ISBN-13 | 978-3-8437-3212-3 / 9783843732123 |
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Größe: 12,4 MB
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