Eine kurze Geschichte von fast allem (eBook)
816 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-31725-6 (ISBN)
Wie groß ist eigentlich das Universum? Was wiegt unsere Erde? Und wie ist das überhaupt möglich - die Erde zu wiegen? Auf diese und viele andere Fragen hat Bestsellerautor Bill Bryson in der Schule nie Antworten erhalten. Um das für zukünftige Schüler zu ändern, hat er sich selbst auf die Suche nach ihnen gemacht und dabei eine atemberaubende Reise durch Raum und Zeit angetreten. Dabei entstand ein faktenreiches, kluges und höchst vergnügliches Buch über die Wunder der Welt - geschrieben mit all dem Witz und Charme, die Bryson zu einem der beliebtesten Sachbuchautoren unserer Zeit gemacht haben! Nach einer Erfolgsgeschichte von 20 Jahren ist der Weltbestseller nun in der Jubiläumsausgabe mit neuem Vorwort erhältlich.
»Eine Enzyklopädie für den Lustleser.« - Stern
Bill Bryson wurde 1951 in Des Moines, Iowa, geboren. 1977 zog er nach Großbritannien und schrieb dort mehrere Jahre u. a. für die Times und den Independent. Mit seinem Englandbuch »Reif für die Insel« gelang Bryson der Durchbruch. Heute ist er in England der erfolgreichste Sachbuchautor der Gegenwart. Seine Bücher werden in viele Sprachen übersetzt und stürmen stets die internationalen Bestsellerlisten. 1996 kehrte Bill Bryson mit seiner Familie in die USA zurück, wo es ihn jedoch nicht lange hielt. Er war erneut »Reif für die Insel«, wo er heute wieder lebt.
Einleitung
Willkommen. Und herzlichen Glückwunsch. Es freut mich, dass Sie es geschafft haben. Es war nicht einfach, so weit zu kommen, ich weiß. Ich vermute sogar, es war noch schwieriger, als Ihnen klar ist.
Damit Sie da sein können, mussten sich zunächst einmal ein paar Billionen unstete Atome auf raffinierte, verblüffend freundschaftliche Weise zusammenfinden und Sie erschaffen. Es ist eine hoch spezialisierte, ganz besondere Anordnung – sie wurde noch nie zuvor ausprobiert und existiert nur dieses eine Mal. Während der nächsten vielen Jahre (das hoffen wir jedenfalls) werden diese winzigen Teilchen klaglos an den Milliarden komplexer, gemeinschaftlicher Anstrengungen mitwirken, die notwendig sind, damit Sie unversehrt bleiben und jenen höchst angenehmen, allgemein aber unterschätzten Zustand erleben können, den man Dasein nennt.
Warum Atome so viel Mühe auf sich nehmen, ist eigentlich ein Rätsel. Ich oder du zu sein, ist auf atomarer Ebene kein lohnendes Erlebnis. Bei allem Engagement kümmern die Atome sich in Wirklichkeit nicht um Sie – sie wissen nicht einmal, dass es Sie gibt. Und sie wissen auch nicht, dass es sie gibt. Es sind ja nur geistlose Teilchen, und sie selbst sind nicht einmal lebendig. (Es ist schon eine faszinierende Vorstellung: Würden wir uns selbst mit einer Pinzette Atom für Atom auseinandernehmen, bliebe ein Haufen feiner Atomstaub übrig. Nichts davon wäre lebendig, und doch wäre alles zuvor »wir« gewesen.) Dennoch gehorchen sie für die Zeit Ihres Daseins einem einzigen, übergeordneten Impuls: Sie sorgen dafür, dass Sie Sie bleiben.
Das Unangenehme dabei: Atome sind launisch, und ihr Engagement ist etwas Vorübergehendes – sogar etwas sehr Vorübergehendes. Selbst ein langes Menschenleben summiert sich nur auf rund 650 000 Stunden. Und jenseits dieses bescheidenen Meilensteins oder an einem anderen Punkt irgendwo in der Nähe machen die Atome Ihnen aus unbekannten Gründen den Garaus – sie fallen in aller Stille auseinander, gehen ihrer Wege und werden etwas anderes. Was Sie betrifft, war’s das dann.
Dennoch können Sie sich darüber freuen, dass es überhaupt geschieht. In der Regel tut es das im Universum nämlich nicht, soweit wir wissen. Das ist ausgesprochen seltsam, denn die Atome, die sich so zwanglos und sympathisch zusammentun und Lebewesen bilden, sind auf der Erde genau die gleichen wie anderenorts, wo sie es verweigern. Was das Leben sonst auch sein mag, auf der Ebene der Chemie ist es erstaunlich profan: Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff, ein wenig Calcium, ein Schuss Schwefel, eine kleine Prise von ein paar anderen ganz gewöhnlichen Elementen – nichts, was man nicht in jeder normalen Apotheke finden würde –, das ist alles, was man braucht. Das einzig Besondere an den Atomen, die Sie bilden, besteht darin, dass sie Sie bilden. Und das ist natürlich das Wunder des Lebens.
Ob Atome nun in anderen Winkeln des Universums etwas Lebendiges bilden oder nicht, in jedem Fall bilden sie vieles andere; sie bilden sogar alles andere. Ohne sie gäbe es weder Wasser noch Luft oder Gestein, weder Sterne noch Planeten, weder weit entfernte Gaswolken noch Spiralnebel, und keines von den anderen Dingen, die das Universum zu etwas so Nützlich-Materiellem machen. Atome sind so zahlreich und notwendig, dass wir eines leicht übersehen: Es müsste sie eigentlich nicht geben. Kein Gesetz verlangt, dass das Universum sich mit kleinen Materieteilchen füllt oder dass es Licht, Schwerkraft und die vielen anderen physikalischen Phänomene hervorbringt, von denen unser Dasein abhängt. Es müsste sogar überhaupt kein Universum geben. Die meiste Zeit war es nicht da. Es gab keine Atome und kein Universum, in dem sie herumschwirren konnten. Es gab nichts – einfach nichts, nirgendwo.
Also können wir froh über die Atome sein. Aber die Tatsache, dass Sie aus Atomen bestehen und dass sie sich so bereitwillig zusammenfinden, erklärt Ihr Dasein nur zum Teil. Damit Sie da sind, im 21. Jahrhundert leben und so klug sind, dass Sie es auch wissen, mussten Sie außerdem zum Nutznießer einer außergewöhnlichen Verkettung glücklicher biologischer Ereignisse werden. Überleben ist auf der Erde ein erstaunlich schwieriges Geschäft. Von den Milliarden und Abermilliarden biologischer Arten, die seit Anbeginn der Zeit existiert haben, sind die meisten – 99,99 Prozent – nicht mehr da. Sie sehen: Das Leben auf der Erde ist nicht nur kurz, sondern auch schrecklich empfindlich. Es ist ein wahrhaft seltsamer Aspekt unseres Daseins: Wir stammen von einem Planeten, der Leben sehr gut hervorbringen und noch besser auslöschen kann.
Eine biologische Art bleibt auf der Erde im Durchschnitt nur vier Millionen Jahre erhalten. Wer also Jahrmilliarden überstehen will, muss so launenhaft sein wie die Atome, aus denen wir bestehen. Man muss bereit sein, sich in allem zu verändern – in Form, Farbe, Spezies-Zugehörigkeit, einfach in allem –, und das immer und immer wieder. Das ist leichter gesagt als getan, denn die Veränderung ist ein Zufallsprozess. Um vom »protoplasmatischen urtümlichen Atomkügelchen« (wie es in einem Lied von Gilbert und Sullivan heißt) zu einem fühlenden, aufrecht gehenden Jetzt-Menschen zu werden, mussten Sie durch Mutationen immer wieder neue Eigenschaften erwerben, und das auf zeitlich genau abgestimmte Weise über ausgesprochen lange Zeit hinweg. Während verschiedener Phasen innerhalb der letzten 3,8 Milliarden Jahre haben Sie den Sauerstoff zunächst verabscheut und dann geliebt, Flossen und Gliedmaßen und flotte Flügel getragen, Eier gelegt, die Luft mit einer gespaltenen Zunge gefächelt, glatte Haut und einen Pelz besessen, unter der Erde und auf Bäumen gelebt, sich zwischen der Größe eines Hirsches und einer Maus bewegt und Millionen Dinge mehr. Die winzigste Abweichung bei einer dieser entwicklungsgeschichtlichen Wandlungen, und Sie würden jetzt vielleicht Algen von Höhlenwänden lecken, sich wie ein Walross an einer Felsküste rekeln oder durch ein Blasloch oben auf dem Kopf die Luft ausstoßen, bevor Sie wegen eines Mauls voller leckerer Sandwürmer 20 Meter in die Tiefe tauchen.
Sie hatten nicht nur das Glück, dass Sie seit undenklichen Zeiten Teil einer bevorzugten Evolutions-Abstammungslinie geblieben sind, sondern das Schicksal war Ihnen auch in Ihrer persönlichen Abstammung auf äußerste – um nicht zu sagen wundersame – Weise hold. Überlegen wir nur: 3,8 Milliarden Jahre lang – eine Zeit, die länger ist als das Alter der Gebirge und Flüsse und Ozeane – waren alle Ihre Vorfahren mütterlicher- und väterlicherseits so attraktiv, dass sie einen Partner gefunden haben, aber auch so gesund, dass sie sich fortpflanzen konnten, und von Schicksal und Umständen so begünstigt, dass sie lange genug lebten und das alles tun konnten. Kein einziger unserer unmittelbaren Vorfahren wurde erschlagen, gefressen, ertränkt, ausgehungert, ausgesetzt, festgehalten, zur Unzeit verwundet oder auf andere Weise daran gehindert, die Aufgabe seines Lebens zu erfüllen und ein winziges Päckchen genetisches Material im richtigen Augenblick an den richtigen Partner abzugeben, um so die einzig mögliche Abfolge von Erbkombinationen weiterzureichen, die – am Ende, erstaunlicherweise und für allzu kurze Zeit – Sie hervorbringen.
Dieses Buch handelt davon, wie sich das alles abgespielt hat – insbesondere von der Frage, wie der Weg vom Garnichts zum Etwas verlaufen ist, wie ein klein wenig von diesem Etwas zu uns geworden ist, und auch ein wenig von den Vorgängen dazwischen und seitdem. Das sind natürlich eine Menge Themen, und deshalb heißt das Buch Eine kurze Geschichte von fast allem, auch wenn das eigentlich nicht ganz stimmt. Es kann nicht stimmen. Aber wenn wir Glück haben, wird es uns am Ende so vorkommen, als ob es stimmt.
Mein eigener – vielleicht unmaßgeblicher – Ausgangspunkt war ein illustriertes Buch über Naturwissenschaft, das uns in der vierten oder fünften Klasse als Unterrichtsmaterial diente. Es war ein ganz normales Schulbuch im Stil der fünfziger Jahre – zerfleddert, ungeliebt, schrecklich dick –, aber fast ganz am Anfang enthielt es eine Abbildung, die mich fesselte: ein Schnittbild des Erdinneren; es sah aus, als hätte jemand mit einem großen Messer in den Planeten geschnitten und dann vorsichtig einen Keil herausgezogen, der ungefähr ein Viertel der Gesamtmasse ausmachte.
Man kann sich kaum vorstellen, dass es eine Zeit gab, in der ich noch nie ein solches Bild gesehen hatte, aber offensichtlich war es so: Ich weiß noch ganz genau, wie verblüfft ich war. Ehrlich gesagt, gründete sich mein Interesse wahrscheinlich anfangs auf ein ganz persönliches Bild: ein Strom argloser Autofahrer aus den Staaten des amerikanischen Mittelwestens, die nach Osten fahren und plötzlich, zwischen Mittelamerika und dem Nordpol, über eine 6000 Kilometer hohe Klippe stürzen. Aber es dauerte nicht lange, dann wandte sich mein vernünftigeres Interesse dem wissenschaftlichen Gehalt der Zeichnung zu, und mir wurde klar, dass die Erde aus drei Schichten besteht, mit einer glühenden Kugel aus Eisen und Nickel in der Mitte, die der Bildlegende zufolge so heiß ist wie die Sonnenoberfläche. Ich weiß noch, wie ich mich mit echtem Erstaunen fragte: »Woher wissen die das?«
Dass die Information stimmte, bezweifelte ich keinen Augenblick – noch heute neige ich dazu, den Aussagen von Naturwissenschaftlern genauso zu vertrauen wie denen von Ärzten, Klempnern und anderen Besitzern abgelegener, privilegierter Kenntnisse –, aber um nichts in der Welt konnte ich mir vorstellen, wie der Geist eines Menschen herausfinden kann, was...
Erscheint lt. Verlag | 22.5.2024 |
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Übersetzer | Sebastian Vogel |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | A Short History of Nearly Everything |
Themenwelt | Schulbuch / Wörterbuch ► Lexikon / Chroniken |
Technik | |
Schlagworte | 2024 • Allgemeinbildung • Allgemeinwissen • Bestseller • Biologie • eBooks • Eine kurze Geschichte der Menschheit • Enzyklopädie • Geschenkbuch • Geschenk Mann • geschenk teenager • Geschichte • Harari • Infotainment • Lesespaß • Neuerscheinung • Physik • Schulwissen • Universum • unnützes Wissen • Weltwissen • Wissenschaft |
ISBN-10 | 3-641-31725-8 / 3641317258 |
ISBN-13 | 978-3-641-31725-6 / 9783641317256 |
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