Wie zehn Vögel die Welt veränderten (eBook)
320 Seiten
Gräfe und Unzer (Verlag)
978-3-8338-9197-7 (ISBN)
Stephen Moss ist einer der führenden britischen Naturautoren und Tierfilmproduzenten, der auf eine lange und erfolgreiche Karriere bei BBC Natural History zurückblicken kann. 'Als lebenslanger Naturforscher setze ich mich leidenschaftlich dafür ein, die Wunder der Natur einem möglichst breiten Publikum zu vermitteln'
Stephen Moss ist einer der führenden britischen Naturautoren und Tierfilmproduzenten, der auf eine lange und erfolgreiche Karriere bei BBC Natural History zurückblicken kann. "Als lebenslanger Naturforscher setze ich mich leidenschaftlich dafür ein, die Wunder der Natur einem möglichst breiten Publikum zu vermitteln"
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Impressum
Einleitung
1 Der Kolkrabe (Corvus corax)
2 Die Haustaube (Columba livia domestica)
3 Der Truthahn (Meleagris gallopavo)
4 Der Dodo (Raphus cucullatus)
5 Die Darwinfinken (Geospizinae)
6 Der Guanokormoran (Leucocarbo bougainvillii)
7 Der Schmuckreiher (Egretta thula)
8 Der Weißkopfseeadler (Haliaeetus leucocephalus)
9 Der Feldsperling (Passer montanus)
10 Der Kaiserpinguin (Aptenodytes forsteri)
Dank
Anmerkungen
Literaturhinweise
EINLEITUNG
Vögel haben Flügel. Sie sind frei. Sie können fliegen, wohin sie wollen, wann sie wollen. Sie haben die Art von Bewegungsfreiheit, um die viele Menschen sie beneiden.
Roger Tory Peterson
Während der gesamten Menschheitsgeschichte haben wir unsere Welt mit Vögeln geteilt.
Wir haben sie zu Nahrungszwecken und wegen ihrer Federn gejagt und domestiziert, haben sie in den Mittelpunkt unserer Rituale, Religionen, Mythen und Legenden gestellt, sie vergiftet, verfolgt und oft dämonisiert und sie in unserer Musik, Kunst und Dichtung gefeiert.
Selbst heute noch spielen Vögel – trotz einer wachsenden und sehr beunruhigenden Kluft zwischen der Menschheit und dem Rest der Natur – eine wichtige Rolle in unserem Leben.
Wie zehn Vögel die Welt veränderten erzählt die Geschichte dieser langen und ereignisreichen Beziehung, die die gesamte Menschheitsgeschichte umspannt, und handelt von Vögeln auf allen sieben Kontinenten der Welt. Dabei geht es um jene Arten, deren Leben und deren Interaktionen mit uns den Lauf der Menschheitsgeschichte auf die eine oder andere Weise verändert haben.
Aber warum Vögel? Warum nicht Säugetiere oder Falter, Käfer oder Schmetterlinge, Spinnen oder Schlangen oder sogar domestizierte Tiere wie Pferde, Hunde oder Katzen? All diese Tiere sind so wie Vögel von uns ausgebeutet und gefeiert worden und von zentraler Bedeutung für unsere Geschichte und Kultur. Doch von allen wild lebenden Kreaturen dieser Welt bilden Vögel diejenige Gruppe, zu der wir Menschen seit jeher die engste, tiefste und vielschichtigste Beziehung haben.
Dies liegt zum Teil an ihrer Allgegenwart. Es gibt keinen Ort auf diesem Planeten – von den Polen bis zum Äquator –, an dem man keine Vögel findet. Sie sind nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich omnipräsent. Man kann sie im Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter sehen und den größten Teil des Jahres auch hören.
Doch das allein erklärt nicht die Faszination, die Vögel auf uns ausüben. So wie andere Arten – und auch unbelebte Objekte wie Autos – vermenschlichen wir sie oft und feiern (und verdammen manchmal) ihre angeblich menschlichen Eigenschaften.1 Während der Menschheitsgeschichte haben Angehörige unterschiedlichster Kulturen einige Vögel als putzig und liebenswert empfunden, andere hingegen als aggressiv und hassenswert. Und dies obwohl wir Menschen für diese Vögel nur ein weiteres großes, schwerfälliges Wesen sind, dem man in der Regel besser aus dem Weg geht.
Wir beschreiben zum Beispiel Vogelgesang – und seine positive Wirkung auf unsere Stimmung – oft mit musikalischen Begriffen und sprechen von dem »Morgenkonzert« oder dem »Orchester«. Wir glauben, dass der Pfau für uns »eine Show abzieht«, wenn er ein Rad schlägt, oder lachen über die ulkigen Mätzchen von Pinguinen. Im gleichen Atemzug bezeichnen wir Raubvögel vielleicht als »skrupellose Mörder«, Krähen als »verschlagen« und Geier als »abscheuliche Aasfresser« – und übersehen dabei allzu leicht die wichtige Aufgabe, die sie erfüllen, wenn sie verwesendes Fleisch und Tierkadaver beseitigen.
Die Tatsache, dass Vögel uns so stark faszinieren, lässt sich vor allem auf zwei Aspekte ihres Lebens zurückführen: auf ihre Flugfähigkeit und ihre Gesangskunst. Am meisten beneiden wir sie um ihre Flugfähigkeit, wie die folgenden, vom Dichter und Piloten John Gillespie Magee während des Zweiten Weltkriegs verfassten Zeilen zeigen:
Ich entschlüpfte den schweren Fesseln der Erde Und tanzte im Himmel auf lächelnd versilberten Schwingen …2
Die Fähigkeit von Vögeln, sich in die Lüfte zu schwingen und zum Himmel aufzusteigen – die sich so stark von unseren eigenen Fähigkeiten unterscheidet und mit so großer Eleganz und Anmut verbunden ist –, macht uns unsere eigene bescheidene, erdgebundene Existenz umso deutlicher. Es ist eine Gabe, um die wir sie seit prähistorischen Zeiten beneiden und die nachzuahmen Menschen erst in den letzten beiden Jahrhunderten gelungen ist – zunächst dank des Heißluftballons der Gebrüder Montgolfier und dann mit dem Flugzeug der Gebrüder Wright.3
Selbst heute noch, wo wir in der Lage sind, ein Flugzeug zu besteigen und zu den entferntesten Winkeln der Erde zu reisen, begeistert uns die Fähigkeit der Zugvögel, die gleichen Reisen unternehmen und den Weg zu ihrem Ziel und wieder zurück ohne die Hilfe moderner Navigationssysteme finden zu können.
Der Vogelgesang ist in vielerlei Hinsicht von noch zentralerer Bedeutung in unserem Leben und inspiriert seit Tausenden von Jahren Musiker, Dichter und unzählige Alltagshörer. Vor Kurzem haben Wissenschaftler herausgefunden, dass uns der Vogelgesang nicht zuletzt deshalb so fasziniert, weil er nachweislich die Stimmung hebt. Für den Vogel selbst jedoch ist das Singen ein Kampf auf Leben und Tod, um Rivalen abzuwehren, ein Weibchen anzulocken und sich fortzupflanzen und damit sein genetisches Erbe an die nächste Generation weiterzugeben, bevor sein kurzes Leben endet.
Ein weiterer Grund für die große Faszination, die das Leben der Vögel auf uns ausübt, liegt darin, dass Vögel viele unserer Gewohnheiten und Verhaltensweisen teilen. Bisweilen verhalten sie sich laut dem Kulturhistoriker und Kommentator Boria Sax tatsächlich auf eine Weise, die stark an das Verhalten von Menschen erinnert.
Aber heißt das, dass Vögel den Lauf der Menschheitsgeschichte beeinflusst und sogar die Welt verändert haben, wie der Titel meines Buches nahelegt? Ich glaube, ja. Die hier erzählten Geschichten zeigen den enormen Einfluss, den bestimmte Vogelarten oder Vogelgruppen auf historische und gegenwärtige Ereignisse sowie wichtige Aspekte unseres Lebens hatten und haben.
Diese reichen von einem im Lauf von Jahrhunderten erzielten kumulativen Effekt bis hin zu spezifischen Ereignissen während einer kurzen, aber entscheidenden Phase der Menschheitsgeschichte. Vögel haben soziale Revolutionen herbeigeführt, unsere Sicht auf die Welt verändert und, wenn kritische Kipppunkte erreicht wurden, Paradigmenwechsel herbeigeführt. Und die Wirkungen – vom wirtschaftlichen bis hin zum ökologischen Bereich – sind bemerkenswert unterschiedlich gewesen.
Jeder der zehn Vögel, die ich ausgewählt habe, steht in Zusammenhang mit einem fundamentalen Aspekt unseres Menschseins: Mythologie, Kommunikation, Nahrung und Familie, Aussterben, Evolution, Landwirtschaft, Naturschutz, Politik, Hybris und Klimanotstand. All diese Aspekte sind verwoben mit unserer engen, fortdauernden und sich ständig wandelnden Beziehung zu Vögeln.
Die Geschichte der zehn Vögel, die die Welt veränderten, wird in loser chronologischer Reihenfolge erzählt, wobei sich jedes der zehn Kapitel auf eine einzige Art (oder Gruppe) konzentriert und sie über die Jahrtausende hinweg beobachtet.
Seit Noah den Raben aus der Arche entließ, bilden Vögel das Herzstück unseres Aberglaubens, unserer Mythologie und unserer Folklore. Und so nimmt meine Geschichte ihren Ausgang in prähistorischen Zeiten, als dieses riesige und furchterregende Mitglied der Familie der Rabenvögel in Schöpfungsmythen überall in der nördlichen Hemisphäre auftauchte: von den indigenen Völkern Kanadas über die nordischen Völker bis hin zu den Nomadenvölkern Sibiriens. Doch der Einfluss des Raben ist nicht auf die Vergangenheit beschränkt; er formt auch weiterhin unsere Weltsicht.
Kurz nachdem die Menschen vor rund 10.000 Jahren damit begannen, den Wandel vom nomadisch lebenden Jäger und Sammler hin zum Ackerbauern zu vollziehen, und sesshaft wurden, um Getreide anzubauen und Vieh zu züchten, erkannten sie, welchen gewaltigen Vorteil es ihnen bieten würde, die in ihrem Umfeld lebenden wilden Vögel zu domestizieren. Einer dieser Vögel war die scheue, auf Felsvorsprüngen nistende Felsentaube. Ursprünglich wurde sie zu Nahrungszwecken gezüchtet, später jedoch wegen ihrer außergewöhnlichen Fähigkeit geschätzt, Nachrichten über weite Entfernungen zu transportieren. Ihre Nachfahrin – die Haustaube – findet man nun überall auf der Welt. Dieser bescheidene Vogel, der oft verunglimpft oder ignoriert wird, hat geholfen, Schlachten zu gewinnen und sogar den Verlauf zweier Weltkriege zu ändern.
Domestizierte Vögel dienten nicht nur als leibliche Nahrung, sondern boten auch spirituelle und soziale Nahrung. Eines der wichtigsten Beispiele ist hier der Wildtruthahn Amerikas – der in Großbritannien und Europa bei Festessen zu Weihnachten und in Nordamerika an Thanksgiving nicht fehlen darf. Der Truthahn, den man heute im industriellen Maßstab züchtet, wird zunehmend zum Gegenstand erbitterter Auseinandersetzungen darüber, ob wir das Recht haben, andere Lebewesen für unsere eigenen selbstsüchtigen Zwecke auszubeuten.
Die Nachbeben der im 15. Jahrhundert beginnenden europäischen Expansion und Kolonisierung und die damit verbundenen Kosten an Menschenleben sind noch heute spürbar. Von den vielen Vogelopfern dieser Zeit ist das berühmteste Beispiel der Dodo. Dieser riesige, flugunfähige Verwandte der Tauben lebte viele Jahrtausende lang auf der ozeanischen Insel Mauritius, vermochte es jedoch nicht, die im 17. Jahrhundert erfolgende Invasion von Menschen sowie die verschiedenen Raubtiere zu überleben, die diese mitbrachten. Heute kann dieses Symbol des Artensterbens uns nützliche Lehren über unsere problematische Beziehung zu gefährdeten Spezies erteilen und dazu, wie wir sie vor dem Schicksal des Dodos bewahren könnten.
Das...
Erscheint lt. Verlag | 4.5.2023 |
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Reihe/Serie | Edition Wissenschaft | Edition Wissenschaft |
Übersetzer | Elsbeth Ranke, Ursula Pesch |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Natur / Technik |
Technik | |
Schlagworte | Aussterben • Biologie • Darwin Finken • Dodo Vogel • Klimawandel • Natur • Naturgeschichte • Naturwissenschaften • Ornithologe • Ornithologie • Pinguine • Raben Odin • Ratgeber • Sachbuch • Singvögel • Vögel • Vogelkunde • Wissenschaftsgeschichte |
ISBN-10 | 3-8338-9197-1 / 3833891971 |
ISBN-13 | 978-3-8338-9197-7 / 9783833891977 |
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