Bitch - Ein revolutionärer Blick auf Sex, Evolution und die Macht des Weiblichen im Tierreich (eBook)

Die Zeit ist reif, das Weibliche neu zu definieren!

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
432 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60487-1 (ISBN)

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Bitch - Ein revolutionärer Blick auf Sex, Evolution und die Macht des Weiblichen im Tierreich -  Lucy Cooke
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Von Matriarchaten, Pseudopenissen, Kannibalinnen Was bedeutet es, dem weiblichen Geschlecht anzugehören? Lange wurde das Weibliche in der Wissenschaft auf das Mütterliche, das Aufopfernde, das Passive reduziert. Lucy Cooke wirft in ihrem neuen Buch einen feministischen Blick auf die Tierwelt, der die überholten, patriarchal geprägten Annahmen über Bord wirft und das Weibliche neu definiert. Ein außergewöhnliches Buch, das unsere Sicht der Welt verändern wird Sie stellt kannibalische Gottesanbeterinnen vor. Lemurenweibchen, die die Männchen ihrer Art physisch und politisch dominieren. Und Albatrosweibchen, die sich zusammentun, um ihren Nachwuchs gemeinsam großzuziehen. Ihr faszinierendes Buch zeichnet ein frisches Bild des weiblichen Tiers und der Kräfte, die die Evolution beeinflusst haben. Es ist ein fundierter und gewitzter Versuch zu ergründen, was das auch für uns bedeuten kann.  »Eine schillernde, witzige und auf elegante Weise zornige Vernichtung unserer Vorurteile über weibliches Verhalten und die Geschlechter im Tierreich ... ?Bitch? ist ein Wahnsinnsspaß.« Observer

Lucy Cooke wuchs in Sussex, England, auf und studierte Zoologie in Oxford mit Schwerpunkt Evolution und Tierverhalten. Sie arbeitet als Dokumentarfilmemacherin und Moderatorin (BBC1, National Geographic u.a.), schreibt für Zeitungen wie die US Huffington Post und The Telegraph und hält TED-Talks und Vorträge. Von National Geographic erhielt sie einen Preis für ihr Engangement für »missverstandene« Tiere. 2018 erschien bei Malik ihr Buch »Die erstaunliche Wahrheit über Tiere«. www.lucycooke.tv

Lucy Cooke wuchs in Sussex, England, auf und studierte Zoologie in Oxford mit Schwerpunkt Evolution und Tierverhalten. Sie arbeitet als Dokumentarfilmemacherin und Moderatorin (BBC1, National Geographic u.a.), schreibt für Zeitungen wie die US Huffington Post und The Telegraph und hält TED-Talks und Vorträge. Von National Geographic erhielt sie einen Preis für ihr Engagement für »missverstandene« Tiere. 2018 erschien bei Malik ihr Buch »Die erstaunliche Wahrheit über Tiere«. www.lucycooke.tv

Einführung


 

Zoologie zu studieren, gab mir das Gefühl, eine bedauernswerte Außenseiterin zu sein. Nicht weil ich Spinnen liebte, gerne tote Tiere zerlegte, die ich am Straßenrand gefunden hatte, oder begeistert in Tierkot herumstocherte, um herauszufinden, was seine Urheber gefressen hatten. Alle meine Mitstudent:innen teilten diese seltsamen Vorlieben mit mir, das musste einem also nicht peinlich sein. Nein, der Quell meines Unbehagens war mein Geschlecht. Weiblich zu sein, bedeutete nur eines: Ich war eine Verliererin.

»Das weibliche Geschlecht wird ausgebeutet, und die grundlegende evolutionäre Basis für diese Ausbeutung ist die Tatsache, daß Eizellen größer sind als Samenzellen«,[1] schrieb mein Hochschullehrer Richard Dawkins in seinem Evolutions-Bestseller Das egoistische Gen.

Den Lehren der Zoologie zufolge kamen wir Eizellen-Produzentinnen durch unsere massigen Gameten schon immer zu kurz. Da wir unser genetisches Erbe wenigen nährstoffreichen Eizellen anvertrauen und es nicht in Millionen von beweglichen Spermien stecken, haben unsere Urahninnen in der Lotterie des Lebens offensichtlich den Kürzeren gezogen. Somit müssen wir bis in alle Ewigkeit die zweite Geige hinter den Spermaproduzenten spielen, als weibliche Randnotiz zum männlichen Hauptereignis.

Man lehrte mich, dass dieser offensichtlich triviale Unterschied zwischen unseren Geschlechtszellen die Ungleichheit der Geschlechter fest zementiert habe. »Wie wir sehen werden, lassen sich alle anderen Unterschiede zwischen den Geschlechtern aus diesem einen grundlegenden Unterschied ableiten«, so Dawkins. »Damit beginnt die Ausbeutung des weiblichen Geschlechts.«[2]

Männliche Tiere führten demnach ein verwegenes Leben, stets vorwärtsdrängend und aktiv. Sie kämpften miteinander um die Herrschaft oder den Besitz von Weibchen. Sie paarten sich immer und überall, getrieben von dem biologischen Imperativ, ihren Samen möglichst weit zu verbreiten. Und sie dominierten sozial; Weibchen folgten widerspruchslos den männlichen Anführern. Die Rolle des Weibchens war von Natur aus die der selbstlosen Mutter; somit hielt man alle mütterlichen Anstrengungen für gleichartig: Bei uns gab es keinerlei Konkurrenzdenken. Sex war eher eine Pflicht als ein Trieb.

Im Hinblick auf die Evolution galten die Männchen als treibende Kraft des Wandels. Wir Weibchen konnten dank gemeinsamer DNA auf den Zug mit aufspringen, solange wir schön brav waren und nicht den Mund aufmachten.

Als Eizellen produzierende Studentin der Evolutionswissenschaft fand ich mich in diesem 50er-Jahre-Modell der Geschlechterrollen einfach nicht wieder. War ich als Frau etwa vollkommen aus der Art geschlagen?

Die Antwort auf diese Frage lautet zum Glück: nein.

Um die Biologie ist eine sexistische Mythologie gewoben worden, die unsere Wahrnehmung der weiblichen Tiere verzerrt. Tatsächlich gibt es in der Natur eine enorme Vielfalt weiblicher Formen und Rollen, die ein faszinierend breites Spektrum an anatomischen Eigenschaften und Verhaltensweisen abdeckt. Ja, darunter sind auch die hingebungsvollen Mütter, ebenso aber die weiblichen Blatthühnchen, die sich einen Harem aus mehreren Männchen halten und Brut sowie Jungenaufzucht diesen überlassen. Weibchen können durchaus treu sein, doch nur sieben Prozent der Arten sind sexuell monogam – somit sind viele Weibchen »untreu« und suchen sich mehrere Partner. Zudem sind bei Weitem nicht alle tierischen Gesellschaften männlich dominiert. In den verschiedensten Tierklassen gibt es Alphaweibchen, die ihre Autorität auf unterschiedlichste Weise ausüben, von wohlwollend (Bonobos) bis brutal (Bienen). Weibchen können ebenso heftig miteinander konkurrieren wie Männchen: Topiweibchen (eine Leierantilope) kämpfen mit beachtlichen Hörnern erbittert um den Zugang zu den besten Männchen, und Erdmännchen-Matriarchinnen zählen zu den mörderischsten Säugetieren unseres Planeten; sie töten die Jungen ihrer Konkurrentinnen und unterdrücken deren Fortpflanzung. Schließlich wären da noch die Femmes fatales: kannibalistische Spinnenweibchen, die ihre Partner als post- oder gar präkoitale Snacks verputzen, sowie »lesbische« Echsen, die gar keine Männchen mehr brauchen und sich nur noch per Klonen fortpflanzen.

In den letzten Jahrzehnten wurde unser Wissen darüber, was es bedeutet, weiblich zu sein, völlig revolutioniert. Von diesem Umbruch handelt das vorliegende Buch. Ich werde Ihnen darin eine (im Wortsinne) wilde Auswahl bemerkenswerter weiblicher Tiere und der Wissenschaftler:innen, die diese erforschen, präsentieren. Gemeinsam haben sie nicht nur den Begriff des Weiblichen für die Arten, sondern auch die evolutionär wirkenden Kräfte an sich neu definiert.

 

Wenn wir den Ursprung dieser verzerrten Sicht auf die Natur verstehen wollen, müssen wir ins England des 19. Jahrhunderts zurückgehen, in die Zeit meines wissenschaftlichen Idols: Charles Darwin. Seine Theorie der Evolution durch natürliche Selektion erklärte, wie sich aus einem gemeinsamen Urahn die ganze Vielfalt des Lebens entwickeln konnte. Organismen, die besser an ihre Umwelt angepasst sind als andere, haben eine größere Chance, zu überleben und jene Gene weiterzugeben, die ihnen zu diesem Erfolg verholfen haben. Dieser Prozess führt dazu, dass sich Arten im Lauf der Zeit verändern und aufspalten. Oft mit dem fälschlich »zitierten« survival of the fittest (auf Deutsch: »Überleben der am besten Angepassten«) umschrieben – die Wendung stammt von dem Philosophen Herbert Spencer und wurde von Darwin auf Druck von außen erst in die fünfte Auflage von Über den Ursprung der Arten (1859) aufgenommen[3] –, ist diese Idee so brillant wie einfach und wird zu Recht als eine der größten intellektuellen Errungenschaften aller Zeiten gefeiert.

Bei aller Genialität kann die natürliche Selektion jedoch nicht alles erklären, was wir in der Natur vorfinden. Darwins Evolutionstheorie wies einige große Erklärungslücken auf, etwa hinsichtlich ausgeprägter Merkmale wie dem Hirschgeweih oder dem Schwanz des männlichen Pfaus. Solche Extravaganzen bieten keinen allgemeinen Überlebensvorteil, sie können sogar das tägliche Leben erschweren. Somit konnten sie nicht durch die utilitaristische Kraft der natürlichen Selektion geformt worden sein. Darwin erkannte dies, was ihn lange quälte. Ihm war klar, dass hier ein anderer Evolutionsmechanismus am Werk sein musste, der eine eigene Zielsetzung hatte. Diese bestand, wie er schließlich realisierte, im Streben nach Sex, und so schuf er den Begriff der geschlechtlichen Zuchtwahl, sprich: der sexuellen Selektion.

Für Darwin erklärte diese weitere evolutionäre Kraft die auffälligen Merkmale – ihr einziger Zweck musste ihm zufolge darin bestehen, das andere Geschlecht für sich zu gewinnen oder anzulocken. Diese Nachrangigkeit drückte Darwin mit der Bezeichnung »secundäre Sexualcharaktere« (sekundäre Geschlechtsmerkmale) aus, um sie von den primären Geschlechtsmerkmalen (wie Fortpflanzungsorganen und äußeren Genitalien) zu unterscheiden, die für den Fortbestand des Lebens essenziell sind.

Ein gutes Jahrzehnt nachdem Darwin der Welt sein Konzept der natürlichen Selektion präsentiert hatte, veröffentlichte er sein zweites theoretisches Meisterwerk: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl (1871). In diesem kraftvollen Folgewerk skizzierte er seine neue Theorie der sexuellen Selektion, die die von ihm beobachteten grundlegenden Unterschiede zwischen den Geschlechtern erklärte. Bei der natürlichen Selektion geht es ums Überleben, bei der sexuellen Selektion letztlich um die Konkurrenz um Sexualpartner. Und in Darwins Augen war dieses Konkurrieren ganz überwiegend Männersache.

»… die Männchen beinahe aller Thiere [haben] stärkere Leidenschaften … als die Weibchen. Daher sind es die Männchen, welche miteinander kämpfen und eifrig ihre Reize vor den Weibchen entfalten«, so Darwin. »Das Weibchen ist andererseits mit sehr seltenen Ausnahmen weniger begierig als das Männchen. … [es] verlangt … im Allgemeinen geworben zu werden, es ist spröde …«[4]

In Darwins Augen erstreckte sich der Geschlechtsdimorphismus, also die körperlichen Unterschiede zwischen Geschlechtern, somit auch auf die Verhaltensweisen. Diese Geschlechterrollen waren so vorhersagbar wie körperliche Merkmale. Die Männchen treiben die Evolution voran, indem...

Erscheint lt. Verlag 28.9.2023
Übersetzer Susanne Warmuth, Jorunn Wissmann
Zusatzinfo Mit zwei Schwarz-Weiß-Abbildungen
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Natur / Ökologie
Technik
Schlagworte Albatrosse • Alphaweibchen • Anatomie • Aufopferung • Charles Darwin • Diversität • Dominanz • Erdmännchen • Erziehung • Evolution • female choice • Feminismus • Fortpflanzung • Frauen • Geschlechterrollen • Gesellschaft • Hyänen • Kannibalismus • Kooperation • Lemuren • Männchen • Männer • Matriarchat • Menschen • Mutterschaft • Nachwuchs • natürliche Selektion • Passivität • Patriarchat • Reproduktion • Sexismus • Sexualität • Sexuelle Selektion • Stereotypen • survival of the fittest • Tiere • Umbruch • Unterdrückung • Verhaltensbiologie • Weibchen • Wissenschaft • Zoologie
ISBN-10 3-492-60487-0 / 3492604870
ISBN-13 978-3-492-60487-1 / 9783492604871
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