Betrug und mehr -  Dipl. Ing. Herbert Schinner

Betrug und mehr (eBook)

Eine Sammlung wahrer Kriminalfälle und Prozesse aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert
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2023 | 1. Auflage
Buchschmiede von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99139-995-7 (ISBN)
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Sachbuch über wahre Kriminalfälle der letzten 2 Jahrhunderte. Verbrechen hat es damals auch schon in allen Altersstufen und Schichten gegeben. D.h. die damalige Zeit war um keinen Deut besser als die Jetztzeit

Er wollte Bekannte davon überzeugen, dass es früher im allgemeinen weniger Verbrechen als es heutzutage gab. Dazu musste er in alten Zeitungen in der Vergangenheit recherchieren. Und das Ergebnis war für ihn sehr enttäuschend. Die Größe, Anzahl und Schwere der Verbrechen war damals um keinen Deut besser als in der Gegenwart.

Fünf Mädchen und ein Mann oder lebt wie ein Pascha

Wie leicht sich oft Dienstmädchen von so manchem „Springinsfeld” täuschen lassen wenn er ihnen nur das „Heiraten" verspricht und sonst ein tüchtiger Spaßmacher ist, hievon zeigt folgen der Fall:

Der 40jährige Heinrich Paulus aus Okna im Bezirke Czernowitz, unterhielt mit fünf Mädchen in Wien Liebesverhältnisse; mit zweien wohnte er zusammen und drei andere besuchte er.

Jedem der Mädchen hat er bei Beginn des Verhältnisses die Ehe versprochen, und unter diesem Vorwande und unter dem weiteren, er brauche Geld zur Veranstaltung von Konzerten, entlockte er ihnen Beträge und auch Wertheffekten, wodurch sich Karoline Schäffer um 150 fl., Marie Wollaberger um 453 fl. und Marie Friedrich um 367 fl. in betrügerischer Weise beschädigt erklären.

Heinrich Paulus hatte sich daher am 7. d. M. wegen Betruges vor dem Schwurgerichte in Wien zu verantworten. Er hat dunkelblondes Haar und schwärmerischen Blick. Nach Verlesung der Anklageschrift schreitet der Präsident, Landesgerichtsrath Baron Wittmann, zur Vernehmung des Angeklagten.

Präs.: Bekennen Sie sich der Ihnen zur Last gelegten strafbaren Handlungen schuldig?

Angekl. (pathetisch): Durchaus nicht.

Präs.: Wollen Sie sich also im Allgemeinen über dieselben verantworten oder ziehen Sie es vor, auf einzelne Fragen zu die Anklage äußern, denn diese Anklage (mit erhobener Stimme) kommt mir vor wie ein Märchen aus Tausend und Einer Nacht. Ich habe keines der Mädchen betrügen wollen, sondern es mit jedem einzelnen ehrlich gemeint; aber jedes hat sich selbst zurückgezogen. (Heiterkeit)

Vors.: Mit welcher Frauensperson haben Sie zuerst ein Verhältniß angeknüpft? - Angekl.: Mit Marie Fischer, die ich im Jahre 1866 in Graz kennen lernte. Das Verhältniß wurde aus zwei Jahre unterbrochen und dann wieder aufgenommen, weil ich doch hoffte, sie heiraten zu können. Ich habe sie geliebt, sehr geliebt, sie sollte, wenn ihr Vater stirbt, mehrere hundert Gulden erben, allein (pathetisch) der Vater starb sie erbte nichts

Keine Verhältnisse.

Vors.: Unterhielten Sie auch von 1869 ab bis in die letzten Jahre ein Verhältniß zu ihr? - Angekl.: Ein Verhältniß? Ein Verhältniß kann man das nicht nennen.

Vors.: Es sind ja zwei Kinder da: Marie, derzeit fünf Jahre alt, und das zweite Kind, welches acht Monate alt war, ist gestorben, und zwar wann? - Angekl.: Eine halbe Stunde vor meiner Arretirung, am 30. März d. J.

Vors.: Also Sie hatten auch noch in den Jahren 1869—1874 ein Verhältniß mit ihr? - Angekl.: Bitte, bitte, es soll kein Mißverständniß entstehen, das war kein Verhältniß. (Heiterkeit)

Vors.: Aber wenn ein Kind zur Welt kommt. Angekl.: Bitte sehr, es kommt manchmal ein Kind zur Welt, ohne daß man von einem intimen Verhältnis sprechen kann. Man hat .

Vors.: Wir wollen keine weiteren Details. Im Jahre 1872, als die Marie Friedrich zu Ihnen ins Hotel „Hungaria” zog, befand sich die Marie Fischer bei Ihnen und da möchte man doch glauben… Angekl.: (unterbrechend): O, Herr Präsident, der Schein trügt. Ein Verhältniß habe ich mit ihr nicht gehabt, was man mit Recht ein Verhältniß nennen kann, und mit zweien zugleich oh, so charakterlos war ich nie

Vors.: Sie haben aber doch in der Geiselbergstraße mit der Marie Fischer und der Marie Wimmer zugleich gewohnt und wurden dort von einer Dritten besucht. So sagt Marie Fischer, die doch gar keinen Anspruch an Sie stellt. Angekl.: O, hätte sie doch lieber Ansprüche gestellt, wohl mir (Mit gehobener Stimme.) Herr Präsident, sie war kein Weib, sie war durchaus schlecht

Vors.: Wie hat die Zweite geheißen, mit der Sie ein Verhältniß hatten? - Angekl: Die Marie Wimmer? Das kann man doch kein Verhältniß nennen?

Vors.: Sie hatten ja noch ein drittes Kind? - Angekl.: Ja, meinen armen kleinen Eugen.

Vors.: Wer war die Mutter dieses Kindes? - Angekl.: Marie Wimmer

Vors.: Nun also? - Angekl.: Das war doch kein Verhältniß (Heiterkeit) Ich bitte, Herr Präsident, ich fasse die Sache von meinem Standpunkte aus. Ich habe mich vergessen, das gebe ich zu, allein… es war kein Verhältniß.

Die Köchin des „Kikeriki."

Vors.: Marie Wimmer sagt, daß Ihre Beziehungen vom Jahre 1868 bis zum Jahre 1873 währten. Sie scheinen ja wie ein Pascha gelebt zu werden. Angekl.: Herr Präsident, es hat den Anschein …

Vors.: Allerdings. Angekl.: Ich bitte, mich nur wohl zu verstehen. Ich habe die Marie Fischer und das Kind aus dem Spital genommen, ich habe die Marie Fischer.

Vors. (berichtigend): Wimmer, Herr Angeklagter, Wimmer, verwechseln Sie nur nicht Sie haben freilich so Viele, daß sie

sich die Namen nicht gut merken können. Angekl.: Ja. ja, Wimmer, Richtig (Heiterkeit)

Vors.: Wurden Sie von der Marie Wimmer unterstützt? - Angekl.: Sie hat fürs Kind viel gethan.

Vors.: Und für Sie? - Angekl.: Nun, ich habe das Kind bei mir gehabt.

Vors.: Zeuge Pfandler sagt, daß Sie sie förmlich ausgesogen haben. Sie mußte den Wäscherlohn im Vorhinein nehmen und Ihnen geben. Angekl. (verächtlich): Der Pfandler

Vors.: Diese beiden Verhältnisse sind übrigens nicht Gegenstand der Anklage. Wie sind Sie mit Karoline Schäffer bekannt geworden? -

Angekl.: Im August 1871.

Vors.: Wie lange hat es gedauert? - Angekl.: Nicht einmal vier bis fünf Wochen, was man so ein Verhältniß nennen kann.

Präs.: Wie wurden Sie mit dem Mädchen bekannt? - Angekl.: Ich saß im Stadtparke neben einem Mädchen, das sagte mir, sie sei Amme; in einem Hause dort sei eine Köchin, die Geld hat und für mich passen würde. Ich schrieb dem Mädchen, wir begegneten uns, sprachen von der Ehe, sie sagte mir, daß sie Geld besitze, und wir wurden, ich muß es zu meiner Schande gestehen, schon in der ersten Stunde so intim, daß es mich selbst überraschte. Sie redete mich „Du” an ich spreche die Wahrheit sagte: Lebe wohl sie küßte mich in einer Weise, daß ich nicht sagen kann, es sei ein züchtiger Kuß gewesen.

Präs.: Was haben Sie von ihr bekommen? — Angekl.: In den ersten acht Tagen ein Sparkassebuch.

Präs.: Haben Sie es von ihr verlangt? - Angekl.: Nein, ich habe eine Romanze gefunden, sie sagte mir: Heinrich, ich habe viel Vertrauen zur dir, ich würde keinem Manne einen Kreuzer geben, wenn ich ihn henken sehen würde, aber Heinrich, zu dir habe ich unbedingtes Ver trauen, dir gebe ich Alles, gib du selbstständig Konzerte.

Präs.: Es ist nicht glaubwürdig, daß ein Mädchen von dem Bildungsgrade dieser in Konzertsachen so versirt sei, um Ihnen Vorschläge zu machen.

Angekl.: Ich bitte, das Mädchen hatte Gelegenheit, sich Bildung anzueignen, sie diente beim Herausgeber des „Kikeriki”

Nicht auf einmal.

Präs.: Wann und wo sind Sie mit Marie Mallaberger bekannt geworden? - Angekl. Im November 1871 Sie hat sich im „Tagblatt” annonzirt als ein Mädchen in vorgeschrittenen Jahren.

Vors.: Da haben Sie sich eingefunden und was haben Sie ihr versprochen? — Angekl.: Herr Präsident, die Annonze war ja falsch Es heißt, „ein Mädchen mit einigen hundert Gulden” Unter einigen hundert Gulden versteht der Leser mehrere hundert Gulden. (Heiterkeit) Vors.: Wie viel haben Sie darunter verstanden? - Angekl.: Mindestens 40 bis 50 Gulden.

Vors.: Sie haben aber doch 453 Gulden von ihr bekommen? - Angekl.: Aber nicht auf einmal, daß ich ein Konzert hätte geben können. Ich wollte nur eine Mutter für meine Kinder haben, ich bin der Getäuschte Vors.: So - Angekl.: Später wollte ich schon ein Konzert geben, und da wollte mich die Mallaberger nicht begleiten, trotzdem sie ein Pfand meiner Liebe unter ihrem Herzen trug.

Vors.: Also auch diese. Was ist's mit der Marie Friedrich? - Angekl.: Diese habe ich durch ein Dienstvermittlungs-Bureau kennen gelernt. Die Fischer wollte sich zurückziehen, und ich brauchte eine Mutter für meine Kinder. Sie sagte mir, daß sie 400 bis 5,00 fl. hat.

Vors.: Auch dieser haben Sie 287 fl. abgenommen. Angekl.: Aber nicht auf einmal. (Heiterkeit)

Briefe und Freikarten.

Es werden nun mehrere Briefe Paulus verlesen; in diesen kommen regelmäßig die Stellen vor. „Ich erwarte dich bestimmt um 4 Uhr, aber ohne Vorwurf und mit Geld."

Präs.: Was sagen Sie zu diesen Briefen? - Angekl.: Es gibt Momente, wo man mit 10, ja mit 5 fl. helfen kann. Mädchen ohne Vermögen und in diesem Alter dürfen nicht heiratslustig sein.

Präs.: Sie schreiben „Liebe, süße Karoline”- man sollte meinen, Sie seien in das Mädchen verliebt gewesen. Angekl.: Wenn man sich mit Heiratsgedanken trägt, wird man zärtlich.

In einem der zur Verlesung gelangten Briefe Paulus an Marie Mallaberger tröstete er sie...

Erscheint lt. Verlag 27.2.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Technik
ISBN-10 3-99139-995-4 / 3991399954
ISBN-13 978-3-99139-995-7 / 9783991399957
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