Rechtsfragen im Katastrophenschutz -  Ralf Fischer

Rechtsfragen im Katastrophenschutz (eBook)

(Autor)

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2023 | 1. Auflage
293 Seiten
Kohlhammer Verlag
978-3-17-041108-1 (ISBN)
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Im Katastrophenfall muss stets fachlich richtig, aber auch schnell entschieden werden. Überbordende bürokratische Verfahrensweisen und falsche Gewichtung von Gesetzen und Verordnungen sind im wahrsten Sinne tödliche Feinde eines funktionierenden Katastrophenschutzes. Entscheidungen im Katastrophenfall werden auf der anderen Seite im Nachhinein immer in Frage gestellt werden, und zwar gerade von denen, die immer alles besser wissen, aber nicht selbst entscheiden oder entscheiden müssen. Der Autor bietet mit seinem Buch einen Überblick zu Katastrophen, die Organisation des Katastrophenschutzes und die mit dem Katastrophenschutz im Zusammenhang stehenden Rechtsfragen. Unabdingbar bei allen Überlegungen im Katastrophenschutzrecht ist immer die dialektische Betrachtungsweise, um eine angemessene Balance zwischen einer effektiven Gefahrenabwehr einerseits und der Wahrung der Grundrechte und der elementaren Grundsätze des demokratischen Verfassungsstaates andererseits zu gewährleisten.

Ralf Fischer ist Stadtbrandinspektor einer Freiwilligen Feuerwehr und Direktor eines Amtsgerichtes in Nordrhein-Westfalen.

Ralf Fischer ist Stadtbrandinspektor einer Freiwilligen Feuerwehr und Direktor eines Amtsgerichtes in Nordrhein-Westfalen.

[13]1Historische Entwicklung des Katastrophenschutzes


1.1Antike


Bereits in der Antike werden zahlreiche Katastrophen beschrieben (Sonnabend 1999), die teilweise in der Weltliteratur verarbeitet und verfilmt wurden. Beispielhaft wurde die Eruption des Vesuvs im Jahr 79 n.Ch. in »Die letzten Tage von Pompeji« (1959) und der große Stadtbrand im Jahr 64 n.Ch. Roms in »Quo vadis?« (1951) filmisch inszeniert. Im Folgenden werden exemplarisch einige Katastrophen genannt.

1.1.1Der Untergang Pompejis


In der zweiten Jahreshälfte des Jahres 79 n. Chr. kam es in dem bei Neapel gelegenen Vesuv zu einer plinianischen Eruption. Bei einer solchen Eruption handelt es sich um [14]einen explosiven Vulkanausbruch, bei dem innerhalb weniger Stunden mehrere Millionen Kubikmeter Magma ausgestoßen werden können und die Eruptionssäule bis in die Stratosphäre reichen kann. Tödlich und häufig alles vernichtend ist dann der sogenannte pyroklastische Strom, der sich mit Geschwindigkeiten über 500 km/h, teilweise sogar mit Schallgeschwindigkeit (über 1.235 km/h = 343 m/s) ausbreiten kann. Pompeji lag nach der Eruption des Vesuvs über 1.500 Jahre unter einer bis zu 25 Meter dicken Schicht aus vulkanischer Asche und Bimsstein. Neben Pompeji wurden auch weitere römische Städte vollständig verschüttet.

Bild 1: Der Ausbruch des Vesuvs, Gemälde Karl Bryullov

1.1.2Der große Brand Roms


Einige Jahre zuvor kam es am 19.07.64 n.Ch. im Bereich des Circus Maximus, der an die Hügel Palatin und Caelius grenzt, zu einem katastrophalen Brand. Der römische Geschichtsschreiber Tacitus schrieb darüber: »Dort gab es Geschäfte mit brennbaren Handelswaren, wo das Feuer, kaum, dass es ausgebrochen war, verstärkt wurde und vom Wind angefacht, schnell den Circus auf seiner ganzen Länge erfasste.« Fehlende Brandmauern, was Tacitus im weiteren Verlauf seines Berichtes beklagt, sowie die engen, dicht bebauten Gassen taten ein Übriges. Dies führte rasch zu einem Großbrand (Rauchhaupt o.A.).

Der römische Kaiser Nero hielt sich zu Beginn des Brandes im rund 50 km entfernten Antium auf, kehrte aber sofort nach Rom zurück und engagierte sich bei den Löscharbeiten. Die Löschmöglichkeiten der römischen Feuerwehr waren in Anbetracht der Brandausdehnung völlig unzureichend. Durch die in kollektiver Panik flüchtende Bevölkerung wurden die Löschmaßnahmen zusätzlich behindert und viele Menschen zu Tode getreten. Um das Übergreifen des Feuers zu verhindern, versuchte man Brandschneisen in die Häuserblocks zu schlagen und mit kontrollierten Gegenfeuern zu arbeiten.

Erst am sechsten Tag (24. Juli) gelang es, am äußersten Rande des Esquilin, mit einer Brandschneise das Feuer zu stoppen. Gleichwohl brach das Feuer erneut aus, diesmal in dem Vorort Aemiliana, was das Gerücht bestärkte, Nero habe Brand legen lassen, um eine neue Stadt zu erbauen und diese nach sich zu benennen. Tatsächlich spricht nach der modernen Geschichtsforschung jedoch viel gegen eine Brandstiftung auf Geheiß des Kaisers (Vandenberg 2000, S. 22 und Fini 1997, S. 151). Auch damals wurde die Katastrophe von vielen Seiten politisch ausgenutzt und führte dazu, dass Nero die Christen als Schuldige benannte und den Befehl zu deren Verfolgung gab. Die christliche Gemeinde Roms wurde als jüdische Splittergruppe betrachtet (vgl. Malitz 2016, S. 72).

[15]1.1.3Feuerschutz und Katastrophenhilfe in der Antike


Während im klassischen Griechenland Katastrophen-Management noch kein Thema war, entwickelte sich dieses dann im hellenistischen Zeitalter – Epoche der antiken griechischen Geschichte vom Regierungsantritt Alexanders des Großen von Makedonien 336 v. Chr. bis zur Einverleibung des ptolemäischen Ägyptens in das Römische Reich im Jahr 30 v. Chr. – zu einer wahren Welle an Hilfen (Sonnabend 1997, S. 208). Auch in Rom nahm man zunächst Katastrophen als von den Göttern gegeben hin. Erst unter Kaiser Augustus, im Jahr 27 v. Chr., kam es zu einer Wende und einem ersten Katastrophenmanagement (Sonnabend 1997, S. 215 ff.). Auch sorgte Augustus für den ersten gut organisierten Feuerschutz. Die Millionenstadt Rom wurde durch Großbrände immer stärker gefährdet. In Rom wurden die ersten mehrstöckigen Mietshäuser errichtet, wobei der Vorbeugende Brandschutz im heutigen Sinn nicht vorhanden war. Die Eigentümer privater Feuerwehren schlugen aus Bränden sogar noch Profit. Daher wurde es politisch erforderlich, den Brand- und Katastrophenschutz hoheitlich durch den Kaiser zu regeln. Nach einem Großbrand im Jahr 23 v. Chr. bildete Kaiser Augustus eine Feuerwehr aus 600 Sklaven. Nach einem weiteren Großbrand im Jahre 6 v. Chr. gründete Augustus die Organisation der vigiles (»Wächter«), bestehend aus 3.500 (später dann im 2. Jahrhundert aus 7.000) freigelassenen Sklaven. Die Einheit war unterteilt in sieben Kohorten unter je einem Tribun. Jede der Kohorten war für zwei Stadtbezirke verantwortlich. Diese verfügten unter anderem schon über Feuerspritzen mit konisch geformten Strahlrohren und einer Wurfweite von 25 bis 29 Metern.

Bild 2: Die heute noch in Rom existierende Wache der VII Kohorte des VIGILI (Quelle: Rabax63, Creative Commons – Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International – CC BY-SA 4.0, bearbeitet durch den Autoren)

[16]Kaiser Nero ordnete später an, dass im Vorhof jedes Hauses Feuerlöschgerät zur Verfügung zu stehen hatte. Die Vigiles hatten als römische Feuerwehr die Befugnis umstehende Bauten zu evakuieren und gegebenenfalls abzureißen, um Flächenbrände zu verhindern.

1.2Mittelalter und Frühe Neuzeit


1.2.1Die Allerheiligenflut 1570


Die bislang schlimmste Flutkatastrophe der Niederlande, von der auch Deutschland betroffen war, war die sogenannte Allerheiligenflut vom 1.11.1570. Zum ersten Mal in der Geschichte gab es eine amtliche Warnung vor einer Sturmflut. Der Domänenrat in Bergen op Zoom (Niederlande) hatte am Morgen der Katastrophe eine Warnung vor einer sehr starken Flut herausgegeben. Möglichkeiten, die Gefahr und die Schäden zu verhindern, gab es jedoch kaum. Zahllose Deiche brachen. Die gesamte Küste von Vlanderen, über Groningen bis Nord-West-Deutschland, wurde überflutet. Insbesondere der Bereich um Antwerpen war betroffen. Dort wurden vier Dörfer unter einer dicken Schicht Schlick begraben. In Friesland kamen mehr als 3.000 Menschen durch die Flut um. In einem Brief an König Philipp II. berichtete Herzog von Alva, dass mindestens 5/6 der Niederlande unter Wasser stünden. Wahrscheinlich starben über 20.000 Menschen unmittelbar durch die Flut. Aber auch die Folgeschäden waren gravierend, da unzählige Gebäude vernichtet oder unbewohnbar und die Viehbestände und Wintervorräte vernichtet wurden.

Bild 3: Allerheiligenflut 1570 (Moser, Hans, Flugblatt: Hochwasser der Schelde in Antwerpen, 01.11.1570)

[17]1.2.2Stadtbrände


Aus dem Mittelalter sind viele Stadtbrände mit verheerenden Folgen bekannt. Im 12. und 13. Jahrhundert kam es zu Stadtbränden in Regensburg, welches in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts dreimal durch Brände völlig zerstört wurde. Heidelberg wurde 1278 vollständig vom Feuer zerstört. Der große Brand von London 1666 zerstörte 400 Straßen, 13.200 Häuser und 87 Kirchen. Der Tower of London konnte nur gerettet werden, weil man die Häuser ringsherum sprengte. 80 Prozent der Häuser innerhalb der Stadtmauern auf einer Fläche von etwa 1,3 Quadratkilometern waren verbrannt. Rund 100.000 Einwohner Londons wurden obdachlos.

Eine der größten Stadtbrände der Frühen Neuzeit in Deutschland war der Brand von Aachen 1656, bei dem die Stadt zu 90 % vernichtet wurde. Die typische Holzbauweise begünstigte die Brandausbreitung ebenso wie starker Wind. Nachdem zuerst der Nordteil der Stadt in Brand stand, drehte sich der Wind und vernichtete auch den Südteil. Das Rathaus wurde Opfer der Flammen. Ferner wurden 20 Kirchen, Spitäler und Klöster vom Brand zerstört. Von den ca. 5.300 Häusern wurden über 4.600 durch den Brand vernichtet. Da auch der überwiegende Teil der Vorräte vernichtet wurde, kam es kurze Zeit nach dem Brand zur Nahrungsmittelknappheit.

Bild 4: Stadtbrand von Aachen 1656 (Gemälde eines unbekannten Künstlers)

Zur Linderung dieser Katastrophe wurde damals schon überörtlich geholfen. Innerhalb weniger Tage trafen Lebensmittellieferungen aus Köln, Maastricht, Lüttich und anderen Städten ein.

[18]1.2.3Seuchen


Eine der schlimmsten Pandemien der Weltgeschichte war der große Pestausbruch im Mittelalter, der allein in Europa zwischen 1346 und 1353 geschätzte 25 Millionen Todesopfer forderte, was einem Drittel der damaligen Bevölkerung entsprach. Bei der Pest handelt es sich um eine hochansteckende Infektionskrankheit, welche durch das Bakterium, Yersinia pestis – auch Pestbazillus genannt –, ausgelöst wird. Dabei handelt es sind um ein gramnegatives, unbegeißeltes, sporenloses, fakultativ anaerobes Stäbchenbakterium. Die Pest ist in erster Linie eine Zoonose, also eine von Tier zum Menschen übertragbare Infektionskrankheit, die allerdings auch über Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen werden kann. Das Zwischenglied bei der...

Erscheint lt. Verlag 1.3.2023
Zusatzinfo 39 Abb., 14 Tab.
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Technik
Schlagworte Bürokratieabbau • Gefahrenabwehr • Katastrophenmanagement • Katastrophenschutzgesetz
ISBN-10 3-17-041108-X / 317041108X
ISBN-13 978-3-17-041108-1 / 9783170411081
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