Von Digitalisierung zu Digitalität (eBook)
myMorawa von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99139-133-3 (ISBN)
Bevor Peter Groißböck im Jahre 2012 eine Stelle als Mitarbeiter des Departments 4 für Medienpädagogik an der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich annahm, war er seit 1999 im niederösterreichischen Mostviertel als Mittelschullehrer in den Fächern Englisch und Musikerziehung tätig. Ab 2011 publizierte er Bücher sowie Beiträge in Sammelbänden und Fachzeitschriften zu den Themen Mediendidaktik und Schulentwicklung. Als Ausgleich dazu ist er leidenschaftlicher Darsteller, Sänger und Musiker im Bereich der Popularmusik. Weiters ist er Mitglied des Ensembles kangmemory, das sich für das Musikvermittlungsprojekt Mäuschen Max verantwortlich zeigt.
2 Das Projekt Digitale Schule
Im Laufe des Jahres 2020 wurde vom österreichischen Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, kurz BMBWF (2020a) das Projekt Digitale Schule und der damit verbundene 8-Punkte-Plan für den digitalen Unterricht vorgestellt. Dieser Plan setzt einen zeitlichen Umsetzungsrahmen von September 2021 bis zum Jahr 2024 voraus und soll in seinen Zielsetzungen Pädagoginnen und Pädagogen auf digital unterstütztes Lehren und Lernen vorbereiten, digitale Strukturen unterschiedlicher Ebenen vereinheitlichen, was Organisation und Unterricht betrifft, digitale Bildungsmedien bereitstellen, infrastrukturelle Rahmenbedingungen optimieren und nicht zuletzt Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe I Zugang zu einem digitalen Endgerät und digital unterstütztem Arbeiten erschließen (BMBWF, 2020e). Dieses Initiativenpaket gilt als erste weitreichende Reaktion des BMBWF auf die Veränderungsnotwendigkeiten im österreichischen Schulsystem.
2.1 Der 8-Punkte-Plan des BMBWF im Rahmen von Digitale Schule
In diesem Kapitel wird der 8-Punkte-Plan des Projekts Digitale Schule des BMBWF in seinen Einzelheiten genauer beschrieben. Es handelt sich also um ein acht Punkte umfassendes Initiativenbündel, das bereits nach der Veröffentlichung wiederum einzelne Erweiterungen oder Veränderungen beinhaltet.
Abbildung 25: Der 8-Punkte-Plan (BMBWF, 2020e, S. 2)
An erster Stelle wird das Portal digitale Schule (PoDS) angeführt. Dieses Portal soll Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern über ein Single-Sign-On-System die wichtigsten Anwendungen so barrierefrei wie nur irgendwie möglich zur Verfügung stellen. Diese Maßnahme wurde wohl wegen dem aufgetretenen Wildwuchs zu Pandemiezeiten so prominent an erster Stelle platziert, weil an einzelnen Schulen von unterschiedlichen Lehrpersonen unterschiedliche Lernplattformen verwendet wurden, unterschiedliche Online-Konferenz Systeme, die Bücher auf unterschiedlichen Plattformen von unterschiedlichen Verlagen erreichbar waren und so weiter. Schülerinnen und Schüler und deren Eltern waren oft damit überfordert nachzuvollziehen, welche Lehrkraft bei welchem Kind auch in derselben Schule welche Plattformen verwendet hat. Dieses Single-Sign-On-System soll dem entgegenwirken (BMBWF, 2020e). Das PoDS befindet sich seit September 2021 für alle Bundesschulen im Pilotbetrieb. Nur in Tirol ist die Ausdehnung auf den Pflichtschulbereich auch bereits im September 2021 erfolgt (BMBWF, 2021b).
Abseits davon müssen aber auch einheitliche Strukturen an Schulen geschaffen werden, um diesem Wildwuchs von vorherein entgegenwirken zu können. Dies soll in Punkt zwei begonnen werden, der eben einheitliche Kommunikationsprozesse an jedem Schulstandort zum Ziel hat. In diesem Punkt wird ein Distance-Learning-Serviceportal angekündigt. Eigentlich geht es in erster Linie um eine individuelle schulinterne Strategie, welche Plattform oder Plattformen denn ausschließlich und vereinheitlicht an gewissen einzelnen Schulstandorten verwendet werden (BMBWF, 2020e). Hier scheint der Prozess der Schaffung einer digitalen Schulstrategie angeregt zu werden, an die sich alle Lehrkräfte halten müssen, um den zuvor beschriebenen Wildwuchs an Plattformen erst gar nicht mehr aufkommen zu lassen. Manche Schulen konnten ihre Schülerinnen und Schüler gar nicht erreichen, weil sie keine offiziellen Kommunikationsstrukturen mit ihnen aufzuweisen hatten. In anderen Fällen wiederum konnten die Lernenden die Aufgabenstellungen der Lehrenden gar nicht finden, weil sie nicht wussten, wo sie suchen sollten. Diese schulische Strategie soll auch in ein individuelles schulisches Digitalisierungskonzept einfließen.
Zu Beginn der Veröffentlichung des 8-Punkte-Plans wurde rein daran gedacht, die Lehrkräfte über das digitale Selbstlernangebot des Distance-Learning-MOOCs fortzubilden, um etwaige Wissenslücken schließen zu können (BMBWF, 2020e). Dieses Angebot wurde am 12. April 2021 durch den digi.konzept MOOC erweitert, nachdem im Dezember 2020 dazu eine Beauftragung der Expertinnen und Experten durch das BMBWF erfolgt ist. Hierbei wurde den Verantwortlichen des BMBWF klar, dass die Umsetzung dieses Plans auch einen Prozess von Schulentwicklung braucht, um alle Lehrkräfte ins Boot holen und damit auch Verbindlichkeiten schaffen zu können. Dadurch könnten wertvolle Kommunikationsprozesse auch innerhalb der Schulischen Entwicklungsteams initiiert und Initiativen schulintern abgestimmt werden. Der zusätzliche MOOC wurde auch bei einer Pressekonferenz des BMBWF vorgestellt (BMBWF, 2021b). Diese beiden MOOCs werden in den Kapiteln 2.2 und 2.3 beschrieben.
Als Service für Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler, beziehungsweise deren Eltern wird die sogenannte Eduthek eingerichtet, in der digitale Lernmaterialien angeboten werden, die nach Schularten und Fächer gegliedert und stets nach den bestehenden Lehrplänen ausgerichtet sein sollen. Diese Eduthek darf mit der gesamten Initiative im Umsetzungsprozess mitwachsen. Mit Stand Juni 2021 sind rund 1000 Lernmaterialien verfügbar.
Weiters werden bestehende Lern-Apps unter die Lupe genommen, von denen es schon eine beträchtlich große Anzahl auf dem Markt gibt. Diese werden durch ein österreichisches Gütesiegel für Lern-Apps gekennzeichnet, um bei der Auswahl behilflich sein zu können (BMBWF, 2020e). Die Pilotphase wurde hier mit Schulbeginn 2021/22 abgeschlossen (BMBWF, 2021b).
Im Punkt sechs geht es um den Ausbau der schulischen Basis-IT-Infrastruktur. Hier werden lediglich die Bundesschulen angeführt, die bis 2023 eine Glasfaser-Breitbandanbindung und eine adäquate WLAN-Ausstattung erhalten sollen (BMBWF, 2020e, 2021b). Dies hat den Hintergrund, dass der Bund nur bei allen Bundesschulen als Schulerhalter auftritt. Alle anderen Schulen haben als Schulerhalter eine oder mehrere Gemeinden im Hintergrund, die sich einzeln auf Anfrage der Schulen um diese Basisausstattung kümmern müssen. Während in Bundesschulen also die generelle Umsetzungsbereitschaft des Schulerhalters gegeben ist, so wird für jede andere Schule in Zusammenarbeit mit der Gemeinde oder den Gemeinden, die als Schulerhalter auftreten, einzeln die Finanzierung und Umsetzung diskutiert.
Die Punkte sieben und acht beschäftigen sich nun mit der Geräteinitiative, wo die Ausstattung mit digitalen Endgeräten der Schülerinnen und Schüler der fünften und freiwillig auch der sechsten Schulstufe, beziehungsweise der Lehrkräfte mit dem Schuljahr 2021/22 angekündigt wird. Hier wird auch klar kommuniziert, dass ab dem Schuljahr 2022/23 lediglich die Schülerinnen und Schüler der fünften Schulstufe mit digitalen Endgeräten versorgt werden. Im Bereich der Geräte für Lehrkräfte steht geschrieben, dass nicht alle Lehrkräfte mit Endgeräten ausgestattet werden sollen, sondern eben nur eine bestimmte Anzahl an Geräten für die Lehrenden gedacht sind (BMBWF, 2020c). In der praktischen Umsetzung wurden drei Lehrergeräte pro Klasse im Bereich der Pflichtschulen und sieben Lehrergeräte pro Klasse im Bereich der Bundesschulen vereinbart. Diese Ungleichheit wurde auch zum Zeitpunkt deren Bekanntwerdens zum Beispiel zwischen niederösterreichischen Schulleiterinnen und Schulleitern und den Verantwortlichen der Bildungsdirektion für Niederösterreich heftig diskutiert. Den Aussagen des damaligen Bildungsministers Heinz FAßMANN zufolge würde diese Ungleichheit durch die Länder ausgeglichen werden. Eine Ausstattung von sieben Lehrkräften pro Klasse würde auch einer kompletten Ausstattung aller Lehrkräfte der fünften und sechsten Schulstufe entsprechen. Während die Lehrergeräte kostenfrei an die Schulen geliefert werden, so wurde auf Seiten der Schülergeräte die Bezahlung des 25%igen Nutzungsanteils des Gerätepreises durch die Erziehungsberechtigten festgelegt (BMBWF, 2021b). Dies wurde auch in einem Bundesgesetz geregelt, das auch in diesem Kapitel beschrieben werden soll.
Begleitend zur Umsetzung des 8-Punkte-Plans des BMBWF wurde bundesweit ein Bundesgesetz verabschiedet und von der Bildungsdirektion Niederösterreich zusätzlich ein Erlass. Beide sollen die Rahmenbedingungen für die Umsetzung des Projekts einer digitalen Schule in pädagogisch didaktischer und technischer Hinsicht abbilden.
Am 7. Jänner 2021 wurde im neunten Bundesgesetz zur Finanzierung der Digitalisierung des Schulunterrichts mit den Parametern GP SSVII RV 480 AB 572 S. 71. BR: AB 10469 S. 917 ein Nationalratsbeschluss veröffentlicht. Darin werden die Eigentumsverhältnisse klar geregelt, nämlich dass den Schülerinnen und Schülern, beziehungsweise den Familien, die Eigentumsrechte durch einen Finanzierungsbeitrag von 25% des Gerätepreises übergeben werden. Auch eine gesetzliche Regelung über den Entfall dieser finanziellen Leistung für von Mindestsicherung oder Notstandshilfe betroffene Familien wird geregelt. Außerdem werden Betriebssystem und allfällige Lizenzen zur Verfügung gestellt. Obwohl die...
Erscheint lt. Verlag | 22.7.2022 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Technik |
ISBN-10 | 3-99139-133-3 / 3991391333 |
ISBN-13 | 978-3-99139-133-3 / 9783991391333 |
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