Das Land der Wälder, Heiden und Moore -  Uwe Zuppke,  Iris Elz

Das Land der Wälder, Heiden und Moore (eBook)

Natur und Landschaft der Dübener Heide bei der Lutherstadt Wittenberg
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2022 | 1. Auflage
244 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7562-5077-6 (ISBN)
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Inmitten der dicht besiedelten, von Industrie, Bergbau und intensiver Landwirtschaft geprägten sowie von Verkehrsadern zerschnittenen Landschaft nördlich des Ballungsraums Halle-Leipzig hat sich auf etwa 1.000 km² eine der größten zusammenhängenden Waldregionen Mitteldeutschlands erhalten - die Dübener Heide. Es ist zwar keine Heide im klassischen Sinne wie etwa die Lüneburger Heide. Es ist vielmehr eine Heide im ursprünglichen Wortsinn, also ein wildes, unbebautes Land, womit hier ein großes Waldgebiet gemeint ist. Es grenzt an ein Wunder, dass dieses Waldgebiet in dieser Größe und Ausdehnung noch existiert, denn in der Vergangenheit rieselten täglich unfassbare Mengen an Flugasche, Schwefeldioxid und Chloremissionen der angrenzenden Chemieindustrie und Kohlekraftwerke auf dieses Gebiet ungebremst nieder. Auf der Grundlage ihrer seit Jahrzehnten gewonnenen Erfahrungen und Untersuchungen in der Dübener Heide legen die Autoren eine umfassende Beschreibung der Natur und Landschaft des Gebietes vor. Es wird die immense Artenvielfalt der Tier- und Pflanzenwelt und die Schönheit der jeweiligen Landschaftselemente in ihrem Zusammenwirken und damit die Bedeutung der Dringlichkeit ihrer Erhaltung in der Gesamtheit dargestellt, in der Hoffnung, dass dies zu einem neugierigen und verantwortungsvollen Handeln beim Besuch dieser einmaligen, aber auch empfindlichen Naturlandschaft beitragen möge.

DR. UWE ZUPPKE, geboren 1938 in Wittenberg, studierte Landwirtschaft. An der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg promovierte er über die Auswirkungen der Intensivierung der Landwirtschaft auf die Vogelwelt. Seit seiner Kindheit interessiert er sich für die Tierwelt seiner Heimat und verfügt über faunistische Aufzeichnungen seit 1953. Seine langjährigen Kenntnisse der Fauna befähigten ihn zum Leiter der Fachgruppe Ornithologie und Vogelschutz Wittenberg (1968-1989), zur Mitarbeit im Landesarbeitskreis Feldherpetologie und als Mitautor der Roten Liste der Fische Sachsen-Anhalts. Es entstanden zahlreiche wissenschaftliche Veröffentlichungen über die verschiedensten Tiergruppen, besonders der Vogel-welt und der Fischfauna, zwei Tier-Kinderbücher sowie Sachbücher über die Natur und Landschaft der Aue der mittleren Elbe und des Flämings und Mitarbeit an Sach-büchern über die Natur- und Landschaftsschutzgebiete Sachsen-Anhalts sowie der Herpetofauna dieses Bundeslandes.

Die Entstehung der Dübener Heide


Die Dübener Heide gehört gemeinsam mit der Altmark, dem Fläming und der Annaburger Heide zu den Landschaften des Südlichen Landrückens am Südrand des Norddeutschen Tieflandes (MUN 1994). Ihre Oberflächengestaltung erfolgte in der vorletzten Eiszeit, der Saale-Kaltzeit.

Als vor etwa einer halben Million Jahren die Jahresdurchschnittstemperaturen um 5 − 6°C fielen, bildeten sich gewaltige Eismassen im heutigen Skandinavien, die sich nach Süden ausbreiteten. In Tausenden von Jahren wechselten die Temperaturen und das Eis zog sich wieder zurück. Dies wiederholte sich dreimal, so dass es drei „Eiszeiten“ und dazwischen liegende Warm- oder Zwischeneiszeiten gab: die Elster-, Saaleund Weichsel-Kaltzeit. Diese drei Kaltzeiten formten mit ihren gewaltigen Eisvorstößen die Oberfläche der norddeutschen Tiefebene, wobei der Eisvorstoß der Weichsel-Kaltzeit nicht mehr die Gegend um Wittenberg erreichte.

Infolge des gewaltigen Drucks und der ungeheuren Schubkräfte des bis zu Tausend Meter starken Eisblocks wurden vom Untergrund Steine und Felsen los- und vom Eis mitgerissen und vor sich hergeschoben. Das unter den Eismassen lagernde Gesteinsmaterial wurde zerrieben und bedeckt nun als Grundmoräne die Ebenen. Die Eismassen der Saale-Kaltzeit kamen im Gebiet der Dübener Heide zum Stehen und die mitgeführten Geröllmassen blieben als Schuttwall liegen und bilden die Hügel der Stauchendmoräne. Die leichten und feinen Sedimente, wie Sand, wurden zwischen der Endmoräne und den Urstromtälern als sogenannte Sanderflächen abgelagert. Nachdem die Erwärmung um sich griff, tauten die Dauerfrostböden auf und der Wind konnte den losen Boden abtragen und an anderen Stellen als Dünen ablagern, bis die sich nun bildende Pflanzendecke dies verhinderte. Die Endmoräne hat die Form eines nach Nordosten offenen halbmondförmigen Bogens, der sich zwischen Bad Schmiedeberg und Gräfenhainichen erstreckt. Innerhalb dieses Moränenbogens hat das vorstoßende Eis mehrere fast parallel verlaufende Rücken mit dazwischen liegenden Talsenken gestaucht. Im Innern dieses Bogens liegt das sogenannte Bad Schmiedeberger Becken auf einem Höhenniveau von 90 bis 100 Metern. Nördlich des Endmoränenbogens befindet sich um die Ortschaften Meuro − Ogkeln die kuppige Landschaft der Grundmoräne. Nach Westen und südlich der Endmoräne schließen sich größere Sandergebiete an, die sich aus den Sedimenten des Schmelzwassers abgelagert haben und teilweise auch ältere eiszeitliche Ablagerungen überdecken. Zwischen Radis und Jüdenberg und bei Schleesen blieben die nacheiszeitlich gebildeten, inzwischen aber bewachsenen Binnendünen erhalten. Die abfließenden Schmelzwässer bildeten recht breite Talauen aus, in denen gegenwärtig schmale Bäche zur Elbe und Mulde entwässern.

Es finden sich in der Dübener Heide auch heute noch Zeugen dieser für uns schwer vorstellbaren Vorgänge − große, abgerundete Geschiebesteine. Einer der größten ist der „Lutherstein“ an der B 2 nördlich von Eisenhammer, der 3,1 x 1,8 x 0,9 m misst, etwa 15 - 17 t schwer ist und aus Biotitgranit besteht. Der Wittenberger Heimatforscher Paul WIEDE schilderte recht anschaulich, wie er vermutlich aus seiner Heimat Skandinavien bis in die Dübener Heide gelangte (RICHTER 1985). Auch der Teufelsstein bei Schköna und der Teufelshut südlich von Reinharz sind derartige eiszeitliche Gebilde. Um etliche dieser markanten Erscheinungen in der heimatlichen Natur ranken sich Sagen und Geschichten (GÖRICKE et al. 1979; WINKLER 1984). Besonders viele dieser als „Findlinge“ bezeichneten Steine wurden beim Abbau der Braunkohle gefunden, wie z. B. im Braunkohlentagebau bei Gröbern. Die tonnenschweren Gesteinsblöcke wurden mit der schweren Tagebautechnik (Schaufelrad- oder Eimerkettenbagger) aus dem Untergrund gehoben und teilweise im „Findlingsgarten Gröbern“ aufgestellt und mit Inschriften über Herkunft und mineralische Zusammensetzung versehen. Fachleute (Quartärgeologen) haben als Herkunft Gebiete in Südschweden ermittelt, von wo der riesige Eisblock diese „geologischen Zeugen“ bis in das Gebiet der heutigen Dübener Heide geschoben hat. Weitere 40 sehenswerte Findlinge sind am Findlingslehrpfad „Spur der Steine“ in Burgkemnitz zu sehen, darunter ein bereits 1898 anlässlich des Todes von Bismarck aufgestellter.

Unter dem verwitterten Geschiebematerial an der Oberfläche lagert das im Erdaltertum erstarrte variszische Grundgebirge. Bei Möhlau ragt dessen Gestein - der Porphyr (Rhyolith) - bis an die Erdoberfläche. Er entstand durch vulkanische Tätigkeit vor 290 Millionen Jahren und wurde bis 1935 in einem Steinbruch abgebaut und als Baumaterial verwendet (z. B. für den künstlichen Vulkan auf der Insel Stein im Wörlitzer Park). Am südwestlichen Abbruch der Dübener Heide zur Mulde erhebt sich der 117 m hohe Muldensteiner Berg, der ebenfalls aus vulkanischem Quarzporphyr aus dem Erdaltertum besteht.

Bis in den Südwesten der Dübener Heide ragen die großen mitteldeutschen Braunkohlenlagerstätten. Der Ursprung dieser Ablagerungen liegt im Tertiär vor etwa 60 Millionen Jahren, als sich das bis dahin bestehende Meer aus dem mitteleuropäischen Raum zurückzog und sich Versumpfungen und riesige Wälder mit einer üppigen Vegetation herausbildeten - die sogenannten Braunkohlenwälder. In Millionen von Jahren vergingen Unmengen von Bäumen, Farnen und Gräsern und sanken ins Wasser, wo sie der Zersetzung an der Luft entzogen wurden und durch Mikroorganismen in einem biochemischen Prozess umgewandelt wurden. Durch die Überlagerung mit Sand-, Kiesund Tonschichten entstand ein riesiger Druck- und Temperaturanstieg, durch den ein Inkohlungsprozess ablaufen konnte und die pflanzliche Masse stark schrumpfte, so dass der Kohlenstoffgehalt bis auf über 70% ansteigen konnte. Diese Braunkohleschichten (Flöze) lagern hier unter einer 10 - 20 m starken Deckschicht. Bereits ab 1850 hat man an vielen Stellen versucht, Braunkohle abzubauen, z. B. im Gebiet um Gniest, wo durch den Druck des Inlandeises die darunter liegenden Schichten teilweise dachziegelartig emporgepresst worden sind (RICHTER 1985). Die jetzigen „Gniester Seen“ künden von ehemaligen Abbaugebieten, wie die ehemalige Grube „Marie“ bei Reuden, wo 1875 sogar 1061 t Braunkohle gefördert wurden, oder die Gruben „Friedrich IV“ (1901 bis 1913) und „Theodora“ (1876 bis 1905) sowie „Gustav II“ (1905 bis 1912) bei Naundorf.

Im Gebiet südlich von Bergwitz lagen die Kohleschichten unter einer 14 bis 35 m starken Deckschicht horizontal in einer Mächtigkeit zwischen 2 und 18 m, so dass sich hier der Abbau länger lohnte. Die Grube „Roberts Hoffnung“ südlich von Bergwitz wurde 1910 in Betrieb genommen und förderte bis 1955 jährlich bis zu 7 Mio. t Braunkohle (im Jahr 1935). 1950 waren es noch 1,7 Mio. t. Weitere Braunkohlelagerstätten fanden sich bei Bad Schmiedeberg, aus denen ab 1845 Braunkohle gewonnen wurde. Die älteste Grube „Alwine“ lag bei Kleinkorgau, neben Braunkohle wurde dort auch Vitriolerz abgebaut. In der Nähe des Aussichtsturms künden Restlöcher vom ehemaligen Abbau der Braunkohle. In der Grube „Victoria“ wurde von 1859 bis 1861 Braunkohle abgebaut. Von 1871 bis 1880 existierte die Grube „Theodor“ mit bis zu sieben Abbauschächten. Die Grube „Carola“ am Nordrand des Wurzelberges förderte von 1881 bis 1887. Bei Patzschwig förderte die Grube „Deutschland“ von 1881 bis 1886 Braunkohle. Weitere Braunkohlengruben im Schmiedeberger Stadtwald waren „Belfort I“ (Nord und Süd) sowie „Belfort II“, die teilweise bis 1908 Braunkohle förderten. Bis 1912 war die Grube „Hedwig“ bei Reinharz (jetzt: Blaues Auge) als einziger Tagebau in Betrieb und baute gleichzeitig Ton als Abraum ab, der in einer Ziegelei verarbeitet wurde. In den Notzeiten nach dem II. Weltkrieg wurde der Braunkohleabbau wieder aktiviert und mit Hacke und Spaten in 20 m Tiefe (die tiefste Sohle lag bei 34 m) in der Grube „Richard“ die Kohle in einer Lagerstätte unterhalb des Wurzelberges abgebaut. Diese Notlösung wurde bis 1954 betrieben (LINKE, M. und K. & F. SAUL 2010).

Weitere Zeugen der geologischen Vergangenheit der Dübener Heide sind Sand- und Kieslagerstätten in den Sandergebieten, z. B. bei Köplitz, Trebitz und Pretzsch oder die Tonvorkommen bei Bad Schmiedeberg-Patzschwig. Raseneisenstein, Vitriol und Alaun sind weitere Bodenschätze, die an verschiedenen Stellen der Dübener Heide gefunden wurden. Funde sollen darauf hinweisen, dass bereits vor 2.000 bis 2.500 Jahren in der Dübener Heide der in den sumpfigen Wiesen anstehende Raseneisenstein in schmiedbares Eisen umgewandelt wurde (SCHILD 1991). Auch inzwischen versiegte artesische Brunnen zeugten von den Stauchungen und Pressungen in den unterirdischen Schichten in der geologischen Vorzeit (ZENGER 1994).

Zeugen aus der erdgeschichtlichen Vergangenheit der Dübener Heide im „Findlingsgarten von Gröbern“: Felsblöcke aus...

Erscheint lt. Verlag 8.4.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Technik
ISBN-10 3-7562-5077-6 / 3756250776
ISBN-13 978-3-7562-5077-6 / 9783756250776
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