Der Zorn des Oktopus (eBook)

Spiegel-Bestseller
Roman
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Aufl. 2021
605 Seiten
Lübbe (Verlag)
978-3-7517-2130-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Zorn des Oktopus - Dirk Rossmann, Ralf Hoppe
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In wessen Händen liegt unsere Zukunft?

Das Jahr 2029, die Klimakatastrophe ist da, und die Menschheit kämpft ums Überleben. Die Klima-Allianz, ein Bündnis der großen Machtblöcke, will Chaos und Hungerkriege verhindern. Ihr wichtigstes Instrument: ein Supercomputer.

Doch dann fällt dieser Quantencomputer in die Hände eines ebenso brillanten wie besessenen Verbrechers. Und plötzlich sind da nur noch zwei Menschen, die das Allerschlimmste verhindern müssen - Thomas Pierpaoli, ein kleiner Beamter, und Ariadna, eine temperamentvolle Millionärin. Gejagt und in Gefahr - und mit nur einem Ziel vor Augen: die Welt zu retten.



<p><strong>Dirk Rossmann</strong>, geboren 1946, ist verheiratet und hat zwei Söhne. Er ist erfolgreicher Unternehmer undSchriftsteller, unter anderem Mitgründer der "Deutschen Stiftung Weltbevölkerung". BisherigeVeröffentlichungen: <i><b>... DANN BIN ICH AUF DEN BAUM GEKLETTERT!</b></i> (2018) und <i><b>DER NEUNTE ARM DES OKTOPUS</b></i> (2020). Seine Autobiografie wie auch der Thriller erreichten Platz 1 der <i><b>SPIEGEL</b></i>-Bestsellerliste. DirkRossmann setzt sich intensiv für den Klimaschutz ein.</p>

DIRK ROSSMANN, geboren 1946, ist verheiratet und hat zwei Söhne. Er ist erfolgreicher Unternehmer und Schriftsteller, unter anderem Mitgründer der "Deutschen Stiftung Weltbevölkerung". Bisherige Veröffentlichungen: "... dann bin ich auf den Baum geklettert!" (2018) und "Der neunte Arm des Oktopus" (2020). Seine Autobiografie wie auch der Thriller erreichten Platz 1 der SPIEGEL-Bestsellerliste. Dirk Rossmann setzt sich intensiv für den Klimaschutz ein. RALF HOPPE, geboren 1959 in Teheran, Iran, verbrachte seine Kindheit im Orient. Er studierte Kunst und Wirtschaft, wurde Journalist und arbeitete fast drei Jahrzehnte für die ZEIT und den SPIEGEL. Seine Reportagen, die ihn in zahlreiche Krisengebiete führten, wurden vielfach preisgekrönt (u. a. Henri-Nannen-Preis, Theodor-Wolff-Preis). Zwischendurch war er Drehbuchautor und schrieb an mehreren SPIEGEL-Büchern mit. Der Autor lebt im Osten von Hamburg.

Mittwoch, 6. Mai 2026


Creek Road, westlich des Highways 69, zwischen Story City und Eagle Grove, USA


Kamala D. Harris, siebenundvierzigste Präsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika, saß im Fond ihrer Regierungslimousine. Sie waren seit zwei Stunden unterwegs, im tiefsten Farmland, die Kolonne fuhr durch den Bundesstaat Iowa. Auf der lederbezogenen Sitzbank hinter ihr saßen zwei ihrer PR-Berater, Phil Goldman und Chang Mai.

Die Präsidentin hatte die Augen geschlossen, aber sie schlief nicht. Sie ging in Gedanken den Ablauf durch, über den sie eben noch gesprochen hatten, dabei konnte sie nicht umhin, den Witz mitzuhören, den Goldman jetzt seiner Kollegin erzählte, flüsternd zwar, aber immer noch laut genug.

»Hör zu, Chang, der ist gut. Also, kommt so ’n Iowa-Farmer, so ein richtiger Hinterwäldler, zu seinem Nachbarn. Klopft an die Tür vom Farmhaus. Ein kleiner Junge macht die Tür auf.

›Hey, sind deine Eltern zu Hause?‹, fragt der Farmer.

›Nö‹, sagt der kleine Junge, ›sind in der Stadt.‹

›Damn. Und dein Bruder Billy?‹

›Ist auch in der Stadt.‹

›Damn. Ich muss mit jemandem reden. Weil Billy meine Tochter Rosie geschwängert hat.‹

›Hm, geschwängert‹, erwidert der kleine Junge. ›Also, bei unserem Zuchtstier nimmt Dad fünfhundert Dollar. Beim Schweinedecken fünfundsiebzig Dollar pro Sau. Aber wie viel er für Billy berechnet, das weiß ich leider nicht.‹«

So also Phils Witz, ein Iowa-Witz – das Pendant zu Ostfriesenwitzen oder ähnlichen Scherzen, die man sich in Turin oder Mailand über die angebliche Dummheit der Süditaliener erzählte.

Idiotisch und herablassend, dachte Kamala Harris. Aber sie unterdrückte den Impuls, etwas zu sagen. Kamala Harris mochte die andere PR-Assistentin, Chang Mai; Phil hingegen war ihr unsympathisch. Umso mehr fühlte sie sich verpflichtet, gerecht zu sein.

Kamala Harris nahm sich vor, später ein Wörtchen mit Goldman zu reden. Wenn sie es nicht vergaß.

Chang Mai und Phil Goldman waren gute Leute, wie alle in ihrem Team, sehr jung, sehr smart, sie hatten Marketing, Jura und Sprachen und dies und jenes in Yale und Harvard studiert. Chang sprach außerdem Chinesisch, was heutzutage wirklich nützlich war, und Phil las Tolstoi und Lermontow im Original. Sie stammten aus Elite-Familien, hatten eine Elite-Ausbildung und waren typische Großstädter – ein Mais-Farmer auf einem Traktor war Lichtjahre von ihrem Leben entfernt.

Phil Goldman war hochgewachsen, schlaksig, käsige Haut, rote Haare, er trug eine Uhr, die flach war wie eine Münze und deren Wert Kamala Harris auf etwa das Zwei-Jahres-Gehalt eines Arbeiters schätzte. Trotzdem saßen seine sehr teuren Anzüge schlabbrig an seinem knochigen Körper. Wenn er – selten – lachte, dann klang es, als hätte er sich verschluckt.

Chang Mai hingegen war klein, exakt und feingliedrig, und sie beherrschte das Kunststück, weniger Platz zu beanspruchen, als sie eigentlich beanspruchte. Wenn Phil und Chang ein Stück weit in der Präsidenten-Limousine mitfuhren, weil sie noch etwas zu besprechen hatten, schaffte es Chang Mai, physikalische Gesetze zu umgehen und sich auf dem Rücksitz so schmal zu machen, dass es wirkte, als wäre im Wagen mit ihr drin mehr Platz als ohne sie.

Nicht, dass Platz ein Problem war. Die Präsidentinnen-Limousine hatte Abmessungen fast wie ein Tanzsaal.

»The Beast«, so hieß das Fahrzeug intern, war mehr als elf Tonnen schwer, neun Meter lang, hatte eine dreizehn Zentimeter dicke Panzerung aus Stahl, Aramid, Kevlar, 1200 PS oder 800 kW, auf speziellen Wunsch von Kamala Harris war es auf eine Hybridtechnologie umgerüstet worden, die es auf kürzeren Strecken rein elektrisch fahren ließ. Es gab eine eigene Sauerstoffversorgung an Bord für den Fall eines chemischen Angriffs, schusssichere Run-Flat-Reifen. Kosten für »The Beast«, laut US-Rechnungshof: 2 554 795,37 Dollar.

Hinter dem abgeteilten Fahrer-Cockpit, also in der eigentlichen Fahrgastkabine, gab es nicht eine, sondern gleich drei komfortable, mit schwarzem Kalbsleder bezogene Rückbänke, die Präsidentin saß – aus Sicherheitsgründen – auf der ersten Rückbank.

Sie waren mit der Air Force One nach Des Moines geflogen, dann umgestiegen in die Autokolonne. Von der Interstate 35 waren sie nach Westen abgebogen, an Story City vorbei, und jetzt waren sie kurz vor Eagle Grove. Und bald am Ziel.

Die Kolonne bestand aus acht Fahrzeugen. Vorweg ein wuchtiger SUV des Secret Service, dann die Präsidentinnen-Limousine, dann weitere zwei Security-SUVs. Mit etwas Abstand gefolgt von vier Übertragungswagen, vier ausgewählte Fernsehsender, die die heutige Vorführung in die ganze Welt verbreiten würden.

Was hoffentlich für Aufregung sorgen würde. Und für Hoffnung.

Denn dies war kein gewöhnlicher Pressetermin. Dieser Tag, die geplante Präsentation, sollte der Anfang von etwas Großartigem sein.

Kamala Harris hatte eine Sensation in petto.

Sie drückte den Knopf zur Fahrer-Sprechanlage. »Wie weit noch zur Farm, Peter?«

»Knapp zehn Minuten, Ms President, Ma’am.«

Sie lehnte sich zurück und blickte aus dem Fenster. Verdorrte Felder, tote Maisstauden, auf denen fingerdick der Staub lag, hier und da ein »Zu verkaufen«-Schild, an der Zufahrt einer Farm.

Früher war Iowa, gelegen im Mittleren Westen, der »Brotkorb Amerikas« gewesen, ein Staat von Mais- und Soja-Farmern, meist vierte oder fünfte Generation der Einwanderer aus Skandinavien und vor allem Deutschland. Fruchtbare Erde, gutes Wetter für Saat und Ernte – ursprünglich.

Aber dann, in den 1930er Jahren, mitten in der bislang härtesten Wirtschaftskrise, als Staubstürme im angrenzenden Kansas und Oklahoma weite Teile des Farmlandes in Wüste verwandelten, da hatte es auch Iowa getroffen. Und schon damals war es eine menschengemachte Katastrophe gewesen: Man hatte die Prärieböden zu Ackerland verwandelt, indem man den Grasboden pflügte, doch ohne die tiefen Graswurzeln war die fruchtbare Krume bei der ersten Dürre einfach weggeweht. Die Folge: ein Exodus von dreieinhalb Millionen verarmter Menschen.

Trotzdem hatte man nichts daraus gelernt. Bis dann, beginnend im Jahr 2022, das Klima auch hier kippte. Heftige Sandstürme, unkontrollierbare Brände, Überschwemmungen waren die Folge, und als man gerade dachte, das Schlimmste wäre überstanden, fielen wie aus dem Nichts Heuschreckenschwärme über die noch verschont gebliebenen Landstriche her.

Kamala Harris blätterte in ihrem Reader, den die Presse-Abteilung für sie zusammengestellt hatte. Drei Viertel der Farmer hatten aufgegeben, hatten ihre Felder und Höfe verlassen, hausten in Wohnwagenparks.

Die Familie, zu der sie jetzt fuhren, hieß Iwersen. Die PR-Leute hatten die Iwersens ausgesucht, weil sie noch nicht aufgegeben hatten – sie kämpften zäh ums Überleben. Marie und Martin Iwersen, fünf Kinder, Urgroßeltern aus Germany eingewandert, Farm und Land in Familienbesitz, las die Präsidentin.

»Ms President, Ma’am?« Das war die sympathische Bass-Stimme von Peter, dem Fahrer. »Wir sind da, dort ist die Farm.«

Die Wagenkolonne bog auf die Zufahrt ein. Das eigentliche Anwesen lag etwas erhöht, auf einem breiten Hügel. Links stand ein mächtiges Haus mit steinernem Unterbau und Holzfassade, mit Schindeldach, offenbar das Wohnhaus. Zwei Scheunen, eine rot, eine gelb. Vor der Scheune ein großer Brunnen, ein Wasserbassin. Auf dem einen Scheunendach ein riesiger Wassertank, von dem ein Schlauch hing. Hühnerstall, Zwinger mit Hunden, in der Mitte stand eine Ulme, die Krone leuchtete in frischem Grün.

Die Gebäude bildeten ein nach einer Seite offenes Viereck. Die freie Seite öffnete den Blick auf weite Felder – die jetzt allerdings verdorrt und verwüstet waren. Vor dem Wohnhaus, säuberlich aufgereiht, stand die Familie Iwersen. Der Farmer: groß, ernst; die Frau: irgendwie erschöpft; fünf Kinder, der Größe nach sortiert, und alle von demselben Blond. Sie wirkten aufgeregt. Ich wäre auch aufgeregt, wenn hier plötzlich eine Invasion einfällt, dachte die Präsidentin.

Die Kinder waren perfekt.

Die Eltern waren perfekt.

Der ganze Ort war perfekt.

Jetzt musste nur noch die Technik funktionieren: Denn die Präsidentin präsentierte eine revolutionäre Technologie, erforscht und zur Anwendungsreife gebracht von den besten Köpfen der besten Forschungslabore in den USA. Eine Technologie, die helfen würde, die Schäden des Klimawandels zu begrenzen. Eine Technologie, die die Menschheit retten könnte.

Es gibt Hoffnung: Das würde die politische Botschaft der Fernsehbilder sein.

Die Chefprogrammierer, Ingenieure, Wissenschaftler, sie alle hatten hoch und heilig geschworen, dass nichts schiefgehen würde und könnte, überhaupt nichts, alles hundertmal durchgerechnet, tausendmal ausprobiert.

Die Wolke sei so safe, als hätte Gott persönlich die Tests überwacht. Die Wolke sei serienreif. Na, dann verlasse ich mich auf Sie, meine Herren, hatte die Präsidentin gesagt. Und auf die Wolke.

Denn das war die Technologie, die heute und hier auf dem Farmgelände der wackeren Familie Iwersen vorgestellt werden sollte: eine Wolke.

Es war der Prototyp einer künstlichen Partikelwolke, bestehend aus Mikro-Drohnen,...

Erscheint lt. Verlag 18.10.2021
Reihe/Serie Die Oktopus-Reihe
Die Oktopus-Reihe
Oktopus-Reihe
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Literatur Romane / Erzählungen
Technik
Schlagworte Afrika • Band 2 • Beeinflussen • Bevölkerungskontrolle • Der neunte Arm • Drohnen • Dürre • Flutkatastrophe • Fortsetzung • G3 • Heuschrecken • Indien • Kamala Harris • Kettenreaktion • Klimakathastrophe • Klimapolitik • Klimarettung • Klimawandel • Manipulieren • Prognose • Quantencomputer • Regenwald • Russland • Schwarmbildung • Südamerika • Supercomputer • Thriller • Überschwemmung • Vorhersage
ISBN-10 3-7517-2130-4 / 3751721304
ISBN-13 978-3-7517-2130-1 / 9783751721301
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