Unser Immunsystem (eBook)

Wie es Bakterien, Viren & Co. abwehrt und wie wir es stärken
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2021 | 1. Auflage
224 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60038-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Unser Immunsystem -  Hendrik Streeck
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Die Wunderwaffe unseres Körpers Wo sitzt eigentlich dieses Immunsystem, wieso reagiert es manchmal über und wie halten wir es intakt? Was sind diese Antikörper und was ist gleich nochmal der Unterschied zwischen Viren und Bakterien?  Hendrik Streeck beleuchtet unser Immunsystem wissenschaftlich fundiert und allgemeinverständlich. Er erklärt, bei welchen Erregern unser Körper Alarm schlägt und warum Herpesviren immer an den Tagen ausbrechen, an denen wir besonders gut aussehen wollen. Wie viele Bakterien wir im Mund haben und warum Küssen trotzdem gesund macht. Er zeigt, warum wir Fieber bekommen, warum Impfungen notwendig sind und was wir selbst für unsere Körperabwehr tun können. Denn Fakt ist: Ohne ein funktionierendes Immunsystem könnten wir nicht überleben.

Prof. Dr. med. Hendrik Streeck ist der Direktor des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Bonn. Er begann seine medizinische Laufbahn an der Charité in Berlin und promovierte an der Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Von 2006 bis 2009 absolvierte er ein Postdoctoral Fellowship an der Harvard Medical School. Er war u. a. Assistenzprofessor am Ragon Institute of Massachusetts General Hospital, Massachusetts Institute of Technology und an der Harvard Medical School sowie Leiter der Abteilung für zelluläre Immunologie am US Military HIV Research Program. 2015 folgte Streeck dem Ruf nach Essen, wo er das Institut für HIV-Forschung gründete. Er ist Mitglied der europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste sowie Kuratoriumsvorsitzender der deutschen AIDS-Stiftung. Er war Mitglied im Corona-Expertenrat des Landes Nordrhein-Westfalen sowie der Bundesregierung. Derzeit ist er Mitglied der Enquete-Kommission II NRW »Krisen- und Notfallmanagement« sowie des Expertenrats der Bundesregierung zu Gesundheit und gesellschaftlicher Resilienz.

Prof. Dr. med. Hendrik Streeck ist Direktor der Institute für Virologie und HIV-Forschung an der Universität Bonn. Er absolvierte seine medizinische Ausbildung an der Charité in Berlin und promovierte an der Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Von 2006-2009 absolvierte er einen Postdoctoral Fellowship am Partner AIDS Research Center und war Assistenzprofessor an der Ragon Institute of MGH, MIT und Harvard sowie Assistant Immunologist am Massachusetts General Hospital.

Kein Platz für Fremde – Eine Einleitung


»Mich hat’s voll erwischt!«, knarrte es mir vom Sofa entgegen, als ich ins Wohnzimmer unserer WG trat. Ich identifizierte die Stimme rasch: Tilmann, angehender Jurist. Er saß auf dem Sofa, eingemummelt in eine Wolldecke. Aha, ein schwerer Fall von Männergrippe.

Ich ahnte, was nun kommen würde. Ich war damals Medizinstudent im vierten Semester, und wenn ich meinen Tag nicht gerade damit verbrachte, aus dicken Schinken Lateinisches zu pauken, wurde ich gerne von meinen Mitbewohnern als Ersatzarzt benutzt. Schon beim Betreten der Wohnung war mir klar gewesen: Hausbesuch. Verrotzte Taschentücher lagen verstreut auf dem Boden. Auf freundliche Nachfrage erklärte der Patient: »Mir brummt der Schädel.« Er stöhnte auf: »Und aus meiner Nase laufen Sturzbäche. Mein Hals kratzt, als wenn da Hämorrhoiden drin wären.« Wehleidig starrte er vor sich hin. »Ich sterbe.«

»Nein, tust du nicht«, entgegnete ich bestimmt. »So ein Schwachsinn. Du hast einfach einen kleinen Infekt.« »Mann, ich hab’ in drei Tagen meine Prüfung, ich kann jetzt nicht krank sein. Kannst du mir nicht etwas geben, damit ich schnell wieder gesund werde?«, drängelte er. »Tut mir leid, da kann ich nicht viel machen. Da wird sich dein Immunsystem schon selber durchboxen.«

»Immunsystem, wenn man es braucht, ist es nicht da.« Missmutig zog er die Schultern hoch. Noch bevor ich etwas erwidern konnte, fragte er vorsichtig interessiert: »Und wie soll das funktionieren?« Ich seufzte. Eigentlich musste ich noch mein Augenpraktikum nachbereiten, aber das konnte auch noch ein bisschen warten.

Ich begann also: »Weißt du, Tillmann, das Immunsystem ist eines der kompliziertesten und faszinierendsten Bestandteile des Körpers. Das Verblüffende ist: Dieses Organ hat keinen festen Wohnsitz im Körper, wie zum Beispiel der Darm oder das Gehirn. Nein, es ist überall zu Hause. Was es macht, sagt schon sein Name: Es hilft uns, ›frei von‹ etwas – auf Latein immunis – zu bleiben. Tagein, tagaus verteidigt es unseren Körper gegen Eindringlinge. Oder, etwas weniger spektakulär gesagt: Es setzt sich für uns mit der Umwelt auseinander. Meist ohne dass wir es bemerken. Überwiegend unauffällig und leise perfektioniert das Immunsystem unser persönliches Hospitality Management. Willkommenskultur ist dabei meist nicht angesagt. Nach dem Motto: Better safe than sorry. Rasch und zielgenau unterscheidet das Immunsystem Eigenes und Fremdes. Bekanntes und Unbekanntes. Willkommenes und Gefährliches.

Wenn eine richtige Krise angesagt ist, bekommen wir das mit. So wie du gerade. Jetzt werden alle verfügbaren Ressourcen abgezogen, um den Erreger in mehreren Verteidigungslinien zu bekämpfen. In diesem Moment ist fassbar und spürbar, dass unser Immunsystem arbeitet. Sonst tut es eher im Stillen seinen Dienst. Mithilfe von Abermillionen kleinen Unterstützern sorgt es für unser Überleben. Das Immunsystem ist ein über Jahrmillionen stetig perfektioniertes System. Gleichzeitig ist es anfällig und verletzlich – und verdient somit unsere ganze Beachtung und Unterstützung.«

Mittlerweile waren auch die anderen WG-Mitglieder nach Hause gekommen, hatten gekocht und lümmelten nun alle im Wohnzimmer herum.

Am Tisch saß zu meiner Linken Susanne, die Kunst und Geschichte auf Lehramt studierte, sich bei Amnesty International engagierte und nur ab und zu in der WG auftauchte. Sie hatte seit einiger Zeit einen FWB, Friend with benefits. Pikanterweise handelte es sich um einen bekannten Fußballspieler. Susanne verbrachte die meiste Zeit in seinem Loft. Ähnlich abwesend war Markus, der höchstens zum Essen rauskam und jetzt rechts am Tisch Nudeln in sich hineinschaufelte. Er war unser Langzeitsoziologiestudent, was daran lag, dass er sich mehr in seiner virtuellen Welt aufhielt als anderswo. Die meiste Zeit des Tages verbrachte er in seinem leicht müffelnden, verdunkelten Zimmer. Sandra, die pummelige BWL-lerin, saß auf dem Boden und sortierte ihre Uni-Mitschriften. Dabei seufzte sie hin und wieder, um dann kopfschüttelnd weitere Blätter aus ihrer großen Kramtasche zu holen. Den Kreis beschloss Lisa, die uns regelmäßig daran erinnerte, mal zu chillen. Sie studierte, wie Tilmann, Jura, war allerdings der Meinung, dass sich die Anstrengungen dieses Studiums nur mit Kiffen aushalten ließen. Da ich gerade so gut im Fluss war, schloss ich, es noch ein bisschen spannender zu machen. Als ich von einer täglichen Alieninvasion sprach, war mir die Aufmerksamkeit aller sicher.

Ich habe mir dieses Szenario natürlich nur ausgedacht, um anhand dessen unsere typischen Berührungspunkte mit dem Immunsystem zu verdeutlichen. Ein paar der Gespräche habe ich aber tatsächlich geführt, darum kommt man als angehender Arzt in einer Studenten-WG wohl nicht herum.

 

Wo einheimische Bakterien regieren – Auf der Haut


Den auf dem Körper landenden Alienankömmling erwartet in einem tropischen Klima ein Gemisch aus toten Zellhaufen, zerklüfteten Spalten, unbekannten Seen, Wäldern – wunderbare Rückzugsmöglichkeiten und artgerechte Lebensräume für unzählige verschiedene heimische Bewohner. Hier ist oft kein Platz für einen anderen Erreger, der Einlass begehrt. Die Alteingesessenen sind zu Tausenden – der neue Erreger meist allein. Denn die erste Verteidigungslinie gegen fremde Eindringlinge sind noch nicht mal wir selber. Es sind Bakterien, denen unser Immunsystem erlaubt hat, in unserer Nähe zu wohnen. Das tut es nicht aus Zuneigung, sondern nur, wenn es sich einen klaren Nutzen davon verspricht.

Jene Einheimischen sind Bakterien, die in Frieden mit uns zusammenleben. Manche dieser Bakterien helfen uns sogar. Mit anderen Arten hingegen verbindet uns eine Hassliebe. Auf die sollten wir besonders achtgeben, denn sie tun uns grundsätzlich gut, können uns aber bei einem schlechten Immunstatus auch schaden. Was passiert, wenn das sorgsam austarierte Gleichgewicht (Equilibrium) gestört ist, wird im Kapitel Helfer, die gern mal die Seite wechseln klar.

Doch erst einmal zurück zum ungeheuren Nutzen der Bakterien auf der Haut. Sie engagieren sich nicht nur in der Verteidigung gegen äußere Angriffe, sondern produzieren sogar Stoffe, die unsere Haut schützen. Das können Enzyme sein, die Fremde direkt angreifen oder ein Milieu schaffen, in dem sich die Neuankömmlinge nicht wohlfühlen. Diese Bakterien haben sich ihr Revier sorgsam ausgesucht. Was auf der Nase lebt, ist nicht unbedingt glücklich mit der Witterung unter der Achsel. Bestimmte Bakterien im Darm mögen nicht die direkte Sonneneinstrahlung, die die Glatze verbrennen kann. Aber wo sich diese Bakterien einmal häuslich eingerichtet haben, entwickeln sie großen Besitzerstolz. Nur äußerst ungern werden Fremde reingelassen – glücklicherweise. Denn unserem Körper und unserem Immunsystem tut es gut, wenn hier schon einmal eine erste strenge Auswahl stattfindet.

Häufig verhungern die Alienbakterien einfach. Sie kriegen nicht genügend Nährstoffe ab, denn die ortsansässigen Bakterien haben ihre Versorgung perfektioniert und denken gar nicht daran zu teilen. Manchmal bleibt es nicht dabei, Fremde rüde vom Esstisch zu stoßen, einige der einheimischen Bakterien fressen die Neuankömmlinge sogar auf. Genüsslich verzehren sie deren Bestandteile, um sich selbst fortzupflanzen.

Damit dieses System nicht zerstört wird, sollten wir etwas dazu beitragen, in Frieden mit »unseren Hautbakterien« zu leben. Wasser und Seife, aber natürlich auch Desinfektionsmittel sind dabei Freund und Feind zugleich. Eine allzu dreckige Haut erlaubt es neuen Bakterien, Fuß zu fassen, und kann so zu gefährlichen Infektionen führen. Zu viel Seife zerstört nicht nur die Umwelt der Bakterien, sondern tötet auch viele von ihnen direkt. Bakterien sind aber im Grunde so etwas wie soziale Tiere und leben in Kolonien. Sind sie nicht zusammen, werden sie unglücklich und wachsen schlechter.

Auch Make-up kann ein Grund dafür sein, dass sich einige Bakterien nicht mehr gut verbreiten. Es verändert das Milieu der Haut, weswegen die Bakterien ihrem einstigen Wohnort schweren Herzens Adieu sagen. Da gerade Stewardessen oft mehrere Stunden lang frisch und tadellos aussehen müssen, spricht man dabei manches Mal vom Stewardess Disease. Eindrucksvoll wird bei dieser...

Erscheint lt. Verlag 28.10.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Naturwissenschaft
Technik
Schlagworte Abwehrkräfte • Abwehrkräfte stärken • AIDS • Allergie • Autoimmunerkrankung • Booster-Impfung • Christian Drosten • Corona • Coronavirus • Covid • Covid-19 • COVID19 • DETTMER • Dettmer, Immun • Drosten • Gesundheit • Heinsberg Studie • HIV • Immun • Immunabwehr • Immunologie • Immunsystem • immunsystem buch • Immunsystem Corona • Immunsystem stärken • Impfdurchburch • Impfen • Impfen ja nein • Impfung • Infektanfälligkeit • Infektions-Risiko • Ratgeber Gesundheit • Virologie
ISBN-10 3-492-60038-7 / 3492600387
ISBN-13 978-3-492-60038-5 / 9783492600385
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