Praxistipps zu Hörgeräten und Cochlea-Implantaten (eBook)

Vom Baby bis zum Teenager
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
128 Seiten
Ernst Reinhardt Verlag
978-3-497-61442-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Praxistipps zu Hörgeräten und Cochlea-Implantaten -  Kerstin Bremken,  Gisela Batliner
Systemvoraussetzungen
20,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Nach der Diagnose 'Hörschädigung' ist es beruhigend zu wissen, dass dem eigenen Kind alle technischen Hilfen zur Verfügung stehen, die es benötigt. Gleichzeitig verwirrt die Vielfalt der Produkte und Anwendungsmöglichkeiten. Dieser Ratgeber bietet Eltern Orientierung - praxisnah und mit zahlreichen Beispielen. Die Autorinnen geben nützliche Informationen über den Ablauf einer Versorgung mit Hörtechnik und einfach umsetzbare Tipps für den Alltag mit Hörgeräten und Cochlea-Implantaten - vom Baby- bis zum Teenageralter. So sind Eltern wie ihre Kinder bestens gerüstet für die auf sie zukommenden Herausforderungen.

Kerstin Bremken ist Hörgeräteakustiker-Meisterin und Pädakustikerin am Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte in Osnabrück. Seit über 30 Jahren ist ihr Spezialgebiet die technische Versorgung von Kindern mit Beratung der Familien rund ums Hören. Gisela Batliner, München, Hörgeschädigtenpädagogin und Klinische Linguistin, arbeitet als selbstständige Sprachtherapeutin, Dozentin, Supervisorin und Autorin im Bereich der Hörfrühförderung.

Kerstin Bremken ist Hörgeräteakustiker-Meisterin und Pädakustikerin am Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte in Osnabrück. Seit über 30 Jahren ist ihr Spezialgebiet die technische Versorgung von Kindern mit Beratung der Familien rund ums Hören. Gisela Batliner, München, Hörgeschädigtenpädagogin und Klinische Linguistin, arbeitet als selbstständige Sprachtherapeutin, Dozentin, Supervisorin und Autorin im Bereich der Hörfrühförderung.

1

Basiswissen

Dieses Kapitel gibt einen ersten Überblick über den Ablauf einer Hörgeräteversorgung und deren Finanzierung durch die Krankenkassen. Neben Informationen zu den verschiedenen Formen von Hörgeräten und Hörimplantaten erhalten Sie Antworten auf Fragen, die Eltern zu Beginn besonders beschäftigen.

Ein Hörtest allein reicht nicht aus!

Zu Beginn steht immer eine ausführliche Diagnostik, um die genaue Art, die Ursache und den Grad der Hörschädigung festzustellen. Fachärzte für Phoniatrie und Päd­audiologie sind die Fachleute für kindliche Hör- und Sprachstörungen. Sie arbeiten in freien Praxen oder in den entsprechenden Abteilungen in Kliniken. Wichtig ist: Ein Hörtest allein reicht nicht aus! Neben den verschiedenen Testergebnissen sind die Hör-Sprach- und Gesamtentwicklung des Kindes und Ihre Beobachtungen im Alltag von großer Bedeutung. Auf der Grundlage dieser Dia­gnostik wird die passende Hörtechnik ausgewählt und individuell angepasst. Dafür ist besonders wichtig, ob es sich um eine Schallleitungsschwerhörigkeit oder eine Schallempfindungsschwerhörigkeit handelt. Das zeigt, ob die Ursache im äußeren Ohr, im Mittelohr oder im Innenohr liegt bzw. an der Weiterleitung und Verarbeitung der Nervenimpulse im Gehirn.

Dazu werfen wir anhand von Abb. 1 einen kurzen Blick auf das Ohr und seine Funktion.

Abb. 1 Aufbau des Ohres (© Cochlear Ltd.)

1Das äußere Ohr besteht aus der Ohrmuschel und dem äußeren Gehörgang, dessen Ende das Trommelfell bildet. Musik, Sprache und Geräusche, also alle Schallereignisse, bestehen aus Wellenbewegungen der Luft. Diese Bewegungen versetzen das Trommelfell in Schwingungen.

2Das Mittelohr ist ein luftgefüllter Raum. Hier werden die Schallschwingungen über die Gehörknöchelchenkette zum ovalen Fenster weitergeleitet, einer Membran, dem Eingang zum Innenohr. Bis zu diesem Punkt spricht man von „Schallleitung“ im Gegensatz zur „Schallempfindung“, die im Innenohr stattfindet.

3Das Innenohr ist geformt wie ein winziges Schneckenhaus und mit Flüssigkeit gefüllt. Es hat bereits bei der Geburt seine endgültige Größe. Hier werden die Schwingungen auf die Haarzellen* übertragen und in Nervenimpulse umgewandelt. Diese gelangen über den Hörnerv und zahlreiche Verschaltungen zu den entsprechenden Zentren im Gehirn. Erst dort findet die Hörverarbeitung statt wie das Richtungshören, das Sprachverständnis oder das Erkennen von Geräuschen.

Wichtige Einheiten und Zahlen

Die Tonhöhe wird als Frequenz bezeichnet und in Hertz (Hz) angegeben:

Ein junger Mensch hört von 20–20 000 Hz, ein Hund von 15–50 000 Hz. Sprache liegt im Bereich von ca. 80–8000 Hz, Musik von ca. 50–16 000 Hz.

Die Lautstärke wird in Dezibel (dB) angegeben:

Ein Gespräch in ruhiger Umgebung liegt bei 50–60 dB, ein lauter Lastwagen bei ca. 90 dB.

leichtgradig schwerhörig: 20–40 dB

mittelgradig schwerhörig: 40–60 dB

hochgradig schwerhörig: 60–80 dB

an Taubheit grenzend schwerhörig: 80–95 dB

gehörlos: 95 dB und mehr

Übrigens: In der Altersgruppe 60–70 Jahre hat mehr als ein Drittel bereits einen deutlichen Hörverlust ab 2000 Hz.

Hörfrühförderung unterstützt die ganze Familie.

Kinder mit einer Hörschädigung haben vom Säuglingsalter bis zur Einschulung Anspruch auf Hörfrühförderung. Ihr Pädaudiologe* nennt Ihnen die zuständige Einrichtung vor Ort. Im Idealfall setzt diese bereits parallel zur Hörgeräteversorgung ein. Die Fachleute begleiten die Familien und unterstützen in erster Linie die Kommunikation zwischen Eltern und Kind über eine natürliche, ganzheit­liche Förderung im Alltag.

In der Schweiz ist vom Baby bis zum Ende der Erstausbildung der dort sogenannte audiopädagogische Dienst für die Förderung zuständig. In Österreich werden Kinder nach einer Versorgung mit Hörgeräten oder Cochlea-Implantaten (CI)* durch die Hörfrühförderung und Logopädie betreut.

Tipp

Kontakte zu ebenfalls betroffenen Familien sind oft hilfreich. Neben dem Austausch der Erwachsenen zu den vielen Themen des Alltags ist es auch für die Kinder selbst eine wertvolle Erfahrung, Mädchen und Jungen im gleichen Alter mit Hörgeräten oder CI zu treffen – eine Situation, die es für viele durch die Inklusion nicht oft gibt.

Die Pädakustik

Kinderakustiker heißen Pädakustiker.

Wird eine Schwerhörigkeit entdeckt, so stellt der zuständige Facharzt eine „ohrenärztliche Verordnung einer Hörhilfe“ aus. Damit gehen Eltern und Kind zu einem Hörgeräteakustiker mit Erfahrung in der Kinderversorgung oder noch besser zu einem Päd­akustiker*.

Das Thema „Kindliche Hörgeräteversorgung“ ist ein ganz eigenes Fachgebiet. Deshalb ist ein Hörgeräteakustiker aus dem Erwachsenenbereich nicht unbedingt der richtige Ansprechpartner. Die Ansprüche an eine Kinderversorgung sind im Gegensatz zu einer Altersschwerhörigkeit grundverschieden: Bei älteren Menschen mit Schwerhörigkeit ist es oft schwierig, sie wieder an die Lautstärke der Umwelt und das Hören bzw. Verstehen in lauter Umgebung zu gewöhnen. Bei ihnen hat sich die Schwerhörigkeit oft schleichend über viele Jahre entwickelt und sie sind in vielen akustischen Situationen „hörentwöhnt“. Diese Gewöhnung dauert oft lange und erfordert viel Training. Bei Kindern ist die Situation komplett anders: Sie entwickeln schnell eine Hörneugier und nehmen alle akustischen Informationen, die sie erstmalig oder mit der Hörtechnik einfacher wahrnehmen können, interessiert auf. Die Akzeptanz der Hörgeräte ist bei korrekter Einstellung und guter Begleitung von Eltern und Kind meist problemlos. Auch die Geräte für Kinder müssen anderen Ansprüchen genügen, z. B. deutlich robuster sein, gerade wenn es sich um die Versorgung von Säuglingen oder Kleinkindern handelt.

Mit zwei Ohren hört man besser!

Als Standardversorgung gilt die Versorgung beider Ohren. Nur mit zwei funktionierenden Ohren kann eine Richtungslokalisation gelingen. Das menschliche Gehirn braucht außerdem die Informationen von beiden Ohren, um Sprache aus Nebengeräuschen herauszufiltern, und wir hören mit zwei Ohren entspannter, benötigen also weniger Energie. Wenn die Schwerhörigkeit nur eine Seite betrifft, wird natürlich auch nur diese mit Hörtechnik versorgt.

Hörgerät und CI ergänzen sich gut.

Wenn auf einer Seite ein CI getragen wird und auf der anderen ein Hörgerät, spricht man von bimodaler Versorgung*. Dies ist gar nicht so selten der Fall, da viele Kinder und Erwachsene rechts und links ein unterschiedliches Hörvermögen haben. Eine bimodale Versorgung* zählt daher weltweit genau so zur Standardversorgung wie die Anpassung von zwei CIs oder zwei Hörgeräten. Sie kann einige Vorteile bieten, weil vor allem beim Musikhören eine detailliertere Klangwahrnehmung beschrieben wird. „Der angenehme Klang kommt eher vom Hörgeräteohr, das Sprachverstehen eher vom CI-Ohr. Mitunter kann es aber auch genau umgekehrt sein.“ (Hoppe 2019, 36).

Die Eingewöhnung geschieht in erster Linie dadurch, dass die Hörtechniken möglichst ganztags auf beiden Ohren getragen werden. So lernt das Gehirn, die akustischen Signale beider Seiten zu verarbeiten. Isolierte Übungen mit jeweils nur einem Ohr sind dagegen oft nur eine zusätzliche Maßnahme. Belastung sowie Nutzen für das Kind müssen je nach Alter und Vorgeschichte gut abgewogen werden.

Die Testphase

Die Auswahl und korrekte Einstellung der Hörgerätetechnik ist nur erfolgreich, wenn die Geräte in unterschiedlichen Alltagssituationen ausführlich ausprobiert werden können. Das dauert in der Regel mehrere Wochen, im Einzelfall auch Monate. Das gilt auch für die Programmierung eines Sprachprozessors. Bei der Hörgeräteversorgung von älteren Kindern werden mehrere Hörgerätetypen ausprobiert, bei Säuglingen ist manchmal der Versuch mit einem Gerätetyp ausreichend: Mit zunehmender Hör­erfahrung werden die Hörreaktionen sicherer; somit wäre dann das zuletzt getestete Hörgerät auch das beste, weil das Baby oder Kleinkind damit die sichersten Reaktionen zeigt. Wichtiger ist, den Verlauf der Hör- und Sprachentwicklung zu begleiten und die Hörgeräteeinstellung regelmäßig zu überprüfen bzw. zu optimieren.

Nach erfolgreicher Abnahme der Versorgung durch den Arzt, der die Verordnung dafür ausgestellt hat, rechnet der Akustiker die Kosten für die Hörgeräteversorgung mit der gesetzlichen Krankenkasse ab. Privatversicherte bekommen eine Rechnung über die Hörgeräteversorgung zur Vorlage bei ihrer Krankenkasse.

Das Cochlea-Implant-Zentrum

Sollte der Hörgewinn mit der bestmöglichen Hörgerätetechnik nicht für einen erfolgreichen Spracherwerb ausreichen, wird in der Regel eine Cochlea-Implantation* vorgeschlagen. Zur Besprechung der Details werden Eltern an ein Cochlea-Implant-Zentrum* verwiesen. Dort und in der operierenden Klinik gibt es eine umfassende...

Erscheint lt. Verlag 29.3.2021
Reihe/Serie Kinder sind Kinder
Kinder sind Kinder
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft Bewerbung / Karriere
Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Familie / Erziehung
Technik Architektur
Schlagworte Barrierefreiheit • Cochlea Implantat • Elternratgeber • Gehörlos • Gehörlosigkeit • HDO-GERÄT • Hören • HÖRFRÜHFÖRDERUNG • Hörgerät • Hörgeräteakustiker • Hörgeschädigte Kinder • hörgeschädigtenförderung • Hörgeschädigtenpädagogik • Hörschädigung • HÖRTECHNIK • Inklusion • KINDERAKUSTIKER • Kinder sind Kinder • Pädagogik • PÄDAKUSTIKER • PRAXISTIPPS HÖRSCHÄDIGUNG • Schwerhörig
ISBN-10 3-497-61442-4 / 3497614424
ISBN-13 978-3-497-61442-4 / 9783497614424
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
so wandeln Sie vermeintliche Schwächen in Stärken um

von Heiner Lachenmeier

eBook Download (2024)
Springer Berlin Heidelberg (Verlag)
19,99

von Péter Horváth; Ronald Gleich; Mischa Seiter

eBook Download (2024)
Vahlen (Verlag)
55,99
Bürgerliches Recht, Handelsrecht, Gesellschaftsrecht, …

von Wolfgang Kallwass; Peter Abels; Olaf Müller-Michaels

eBook Download (2024)
Vahlen (Verlag)
31,99