Phantastisch physikalisch (eBook)

Warum Physik manchmal nerven kann, aber immer großartig ist - und einfach alles um uns herum erklärt
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2021 | 1. Auflage
208 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-26743-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Phantastisch physikalisch -  Marcus Weber,  Judith Weber
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Alles physikalisch!

Wissen Sie, warum wir beim Fahrradfahren immer Gegenwind haben und was wir dagegen tun können? Wieso die Kavitation Schiffe bremst, uns aber hilft, Gurkengläser zu öffnen? Wie man die Kondensation austrickst und beschlagene Brillen verhindert? Ob Schwerkraft, Reibung oder Treibhauseffekt - physikalische Prinzipien machen unser ganzes Leben aus, ob uns das gefällt oder nicht. Judith und Marcus Weber erzählen humorvoll von Momenten, wo die Physik richtig nervt - und von solchen, wo sie hilft. Und sie verraten, wie wir es schaffen, uns physikalische Effekte zunutze zu machen. Denn mit den richtigen Tricks arbeitet die Physik für uns statt gegen uns - und der Gegenwind ist plötzlich gar nicht mehr so nervig.

Marcus Weber tritt regelmäßig als Physikexperte in der ARD-Quizshow »Wer weiß denn sowas XXL« auf

Marcus Weber ist Diplom-Physiker. Mit seiner Firma »Physikanten & Co.« konzipiert er Wissenschaftsshows mit spektakulären Experimenten. Er arbeitete u.a. schon für »Frag doch mal die Maus«, »Die beste Klasse Deutschlands«, den »ZDF-Fernsehgarten« und »Galileo«. Aktuell steht Marcus Weber regelmäßig für die Sendung »Wer weiß denn sowas? XXL« vor der Kamera. Wenn er sich mal über die Physik ärgert, dann meist über die mangelnde Elastizität seiner Augen - und die Notwendigkeit, eine Lesebrille zu tragen.

Superman auf dem Radweg

Warum wir immer Gegenwind haben und wie man ihn besiegt

In Reiseprospekten sehen Radtouren immer entspannt aus: Strahlende Menschen radeln durch traumhafte Landschaften, die Sonne scheint, die Wiesen blühen, und ein leichter Wind lässt die Haare elegant wehen. Unsere Urlaubsfotos sprechen eine andere Sprache: Über den Lenker gebeugt, strampeln wir voran, die Gesichter knallrot, die T-Shirts flattern um uns herum. Das Album unseres ersten gemeinsamen Urlaubs ist voll von solchen Bildern. Vier Wochen tourten wir mit dem Fahrrad durch Kuba. Fidel Castro lebte noch, unsere Kinder noch nicht – es war der perfekte Zeitpunkt. Wir gaben unsere Fahrräder am Frankfurter Flughafen als Sondergepäck auf, nahmen sie nachts in Havanna wieder in Empfang und radelten los. Im Laufe der vier Wochen stießen wir auf viele Herausforderungen, und für die allermeisten fanden wir eine Lösung:

  • Man kann nicht überall Essen kaufen? Am Straßenrand gibt es Bananen, und eine ganze Staude am Gepäckträger stört beim Fahren eigentlich kaum.
  • Man darf nicht zelten? Es finden sich immer nette Menschen, die einem ein Sofa anbieten – sofern man das Haus vor Tagesanbruch verlässt, damit die Polizei nichts merkt.
  • Mit Englisch kommt man nicht weit? Französisch »einspanischen«, also anders betonen und möglichst viele »o« an die Wörter hängen, klappt erstaunlich gut.

Nur ein Problem blieb: der Gegenwind. Egal, ob wir an der Küste entlangfuhren, ins Landesinnere oder durch Berge, nach Osten, Süden oder Norden: Der Wind war gegen uns. Solange die Route abwechslungsreich war, machte das nichts, es gab ja so viel zu gucken. Aber als wir uns eines Tages stundenlang auf einer Schotterpiste durchs Nichts gequält hatten, gab es am Abend nur noch ein Gesprächsthema: Muss das so sein? Kann man nicht Rad fahren ohne ständigen Gegenwind? Es muss doch möglich sein, den nervigen Wind zu besiegen – oder ihn sogar zu nutzen!

Gleich am nächsten Tag begannen wir mit einem kleinen Experiment: Ab sofort passten wir morgens besonders gut auf, woher der Wind wehte, bevor wir aufs Rad stiegen: Vielleicht gab es ja Windrichtungen, die keinen Gegenwind erzeugten? Oder zumindest weniger? Aber wir fuhren gerade an der Küste entlang, und in der Regel wehte der Wind vom Meer her. Diese Beobachtungen nützten uns also nicht besonders viel.

Doch dann kam ein fast windstiller Tag. Das Meer lag spiegelglatt da, und die Grashalme am Wegrand bewegten sich nicht. Juhu, endlich ein Tag ohne Gegenwind! Hoch motiviert stiegen wir auf die Räder, fuhren los und spürten – Gegenwind. Und zwar nicht wenig. Eigentlich ist das ja logisch: Wenn wir vorwärtsfahren, pustet der Fahrtwind uns entgegen. Wir fahren gegen die Luft an und müssen uns quasi durch sie hindurchschieben. Aber dass der gefühlte Gegenwind so stark war, wunderte uns doch.

Sobald wir wieder zu Hause waren, schmissen wir die Räder in die Ecke und begannen, uns physikalisch am Phänomen Gegenwind abzustrampeln (es ist ja immer gut, den Gegner möglichst gut zu kennen, wenn man ihn besiegen will). Schon nach kurzer Zeit kamen wir zu einer frustrierenden Erkenntnis: Wir selbst sind das Problem. Der Großteil der Leistung, die wir beim Strampeln erbringen, geht dafür drauf, gegen den Luftwiderstand anzuarbeiten, den unser eigener Körper erzeugt. Das können je nach Körperhaltung und Geschwindigkeit bis zu 90 Prozent sein. Wir bekämpfen also mit dem Großteil unserer Energie ein selbst geschaffenes Problem. Wie deprimierend kann Physik sein!

Luft ist schwerer, als man spürt

Aber es nützt ja nichts, wir müssen den Fakten ins Auge sehen: Normalerweise spüren wir die Luft um uns herum nicht wirklich. Sie ist einfach da. Trotzdem drückt sie auf uns und wiegt dabei auch noch einiges. Ein Kubikmeter Luft bringt 1,2 Kilogramm auf die Waage! Und wenn diese Masse in Bewegung ist, dann sehen wir alt aus. Wenn wir ganz ruhig mitten auf der Wiese stehen, stellen wir für die umherströmende Luft ein Hindernis dar: Wir stehen im Weg, und sie möchte da durch. Nehmen wir einmal an, der Wind weht mit 20 km/h. Auf einen einzelnen, normal großen Menschen wirken in so einem Fall knapp 7 kg Luft pro Sekunde. Pro Sekunde! Wären wir noch größer, wäre das noch mehr. Durch die Fläche, die die Rotoren eines großen Windrads überstreichen, strömen bei der gleichen Windgeschwindigkeit jede Sekunde 50 Tonnen Luft. Diese enorm große Masse gibt ein ganz gutes Gefühl dafür, warum Windkraftanlagen so viel elektrische Energie erzeugen können.

Selbst bei kompletter Windstille erfahren wir also eine bremsende Kraft aufgrund des Strömungswiderstands. Die beträgt bei einem normal großen Erwachsenen, der 20 km/h schnell fährt, etwa 10 Newton. Das ist die Kraft, die man braucht, um 1 Kilogramm, also z. B. einen Liter Milch, zu halten. Damit ist nicht gemeint, die Milch in den Fahrradkorb zu legen, sondern, dass wir kontinuierlich z. B. über ein dünnes Seil und eine Rolle eine Milchpackung in die Höhe ziehen. So viel Kraft müssen wir aufwenden, um die Luft beiseitezuschieben, die uns im Weg ist. Bei Windstille!

Die Luft macht es uns dabei hinten und vorne schwer. Hinten, weil wir einfach nicht stromlinienförmig gebaut sind. Als Radfahrerin oder Radfahrer sind Sie ein unregelmäßig geformter Körper. Klingt nicht nett, ist aber so, wenn man es physikalisch betrachtet. Ein unregelmäßig geformter Körper verursacht Luftwirbel. Diese Wirbel lösen sich und sorgen dafür, dass hinter Ihnen ein kleiner Unterdruck entsteht. Vor Ihnen herrscht höherer Druck, denn Sie schieben sich ja durch die Luft. Dieses Druckgefälle zieht Sie quasi rückwärts – jedenfalls rechnerisch. So fühlt sich schon der normale Fahrtwind wie Gegenwind an.

Und jetzt kommt ja noch der echte Wind dazu, also der, den Sie auch dann spüren, wenn Sie gerade eine wohlverdiente Pause machen (Segler sprechen von wahrem Wind). Beides zusammen, der Fahrtwind und der wahre Wind, ergeben den relativen Wind1. Das ist der Wind, den wir auf dem Rad fühlen und gegen den wir anstrampeln müssen. Wenn ich 20 km/h schnell fahre und mir zusätzlich wahrer Wind von ebenfalls 20 km/h entgegenbläst, ergibt sich also ein relativer Wind von 40 km/h. Bei solchen Windgeschwindigkeiten sprechen Meteorologen schon von »starkem Wind«, der Regenschirme zerknickt und dicke Äste schwanken lässt.

Als wir das lasen, fühlten wir uns wie echte Helden. Wir waren also quasi täglich gegen offiziellen starken Wind angeradelt! Noch heldenhafter kamen wir uns vor, als wir uns die besondere physikalische Gemeinheit ins Gedächtnis riefen, die der Strömungswiderstand bereithält: Er wird um ein Vielfaches größer, je schneller wir fahren. Denn der Luftwiderstand ist fies. Er verhält sich quadratisch zur Geschwindigkeit der Strömung. Mit »quadratisch« ist nicht gemeint, dass er um vier Ecken kommt, sondern dass er überproportional ansteigt. Fahre ich doppelt so schnell, vervierfacht er sich. Fahre ich dreimal so schnell, habe ich neunmal mehr Widerstand. Fahre ich viermal so schnell, ist der Widerstand 16-mal höher. Praktisch heißt das: Wenn ich bei Windstille 20 km/h schnell fahre, muss ich 10 Newton an Kraft aufwenden. Jetzt kommt Wind auf und bläst mir mit 20 km/h entgegen. Der relative Wind hat sich also verdoppelt. Ich muss aber nicht nur doppelt so viel Kraft aufwenden, sondern viermal so viel – 40 Newton. Das sind vier Milchtüten, die ich hochziehen muss. Dann doch lieber eine Bananenstaude durch Kuba transportieren …

Endlich Rückenwind!

Nach dieser ernüchternden Recherche waren wir ziemlich klein mit Hut (bzw. mit Helm), was unseren Plan anging, den Gegenwind zu besiegen. Und dann errangen wir doch ganz unverhofft noch einen kleinen Sieg. Das war im letzten Sommer. Auf den Rädern fuhren wir vom Ruhrgebiet an die Nordsee, bis zum Hafen in Dagebüll, wo die Fähre zur Trauminsel Amrum ablegt. 550 km ging es nach Norden, während der Wind konstant aus südwestlicher Richtung wehte. Er schob uns wirklich vor sich her – so stark, dass wir bei einer Rast am Dümmer See nicht einmal surfen konnten, ohne vom Brett geweht zu werden. Nimm das, Gegenwind!

Auf den Rädern fühlte sich das zwar nicht so deutlich nach Rückenwind an, aber wir spürten, wie leicht es war, in die Pedale zu treten, und wie gut wir vorwärtskamen. Auch das hat einen physikalischen Grund: Wenn der Wind mit 20 km/h von hinten kommt und ich ebenfalls mit 20 km/h nach vorne fahre, spüre ich gar keinen Wind. Bremsen kann uns dann nur noch der Rollwiderstand der Reifen.

Ganz großes Kino ist es natürlich, mit Rückenwind bergab zu fahren. Auf der Tour an die Nordsee haben wir dafür die 40-km/h-Challenge ausgerufen. Jeden Tag versuchten wir, mindestens eine Teilstrecke zu finden, auf der wir mit Rückenwind und bergab diese Geschwindigkeit erreichten.

Bevor Sie jetzt Ihr Fahrrad aus dem Keller holen und losfahren Richtung Norden, haben wir leider noch eine ernüchternde Zahl für Sie: Man braucht sehr viel Rückenwind, um den auch als solchen zu fühlen. Meistens ist der Wind in Deutschland zu langsam im Vergleich zur Fahrgeschwindigkeit. Er gleicht den Strömungswiderstand nicht aus. Wir nehmen mal Hannover als Beispiel, weil es so schön in der Mitte liegt: Hier beträgt die durchschnittliche Windgeschwindigkeit im Schnitt 3 Meter pro Sekunde. Das entspricht 12,6 km/h. Um einen solchen Rückenwind wirklich als Anschub zu erleben, müsste man langsamer...

Erscheint lt. Verlag 11.10.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Naturwissenschaft
Technik
Schlagworte Alltagsphänomene • Alltagsphysik • Brennglaseffekt • Diffusion • eBooks • experimente für zu hause • Galileo • Geschenk für Naturwissenschaftler • Geschenk für Physikstudent • Humor • Kavitation • Komisch, alles chemisch • Kondensation • Leitfähigkeit • lustig • lustige • Naturwissenschaft • Physik • Physikalische Phänomene • Physikanten • Physik für die ganze Familie • Physik für Dummies • Physik für Laien • Physik leicht verständlich • Physik nervt • Physik verstehen • Quarks • Schwerkraft • Schwingungen • science busters • Treibhauseffekt • Wer weiß denn sowas? • What if? • wissenschaftliche Experimente
ISBN-10 3-641-26743-9 / 3641267439
ISBN-13 978-3-641-26743-8 / 9783641267438
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