Statistik für die Pflegewissenschaft -  Isabella Hager

Statistik für die Pflegewissenschaft (eBook)

Teil 1: Grundbegriffe und wichtigste Testverfahren
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
168 Seiten
myMorawa von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99110-872-6 (ISBN)
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Jeder Mensch kann Statistik verstehen und anwenden! In diesem Buch werden Sie die wichtigsten Grundbegriffe und Verfahren der quantitativen Pflegeforschung am Beispiel von echten Daten und Musterbeispielen erlernen und verstehen. Statistische Verfahren in der Pflegewissenschaft stehen vor einer großen Herausforderung: Die Datengewinnung ist in der Praxis meist sehr mühsam und zeitaufwändig. Es besteht die Herausforderung, trotz geringer Fallzahlen möglichst viel 'aus den Daten herauszuholen' und dabei alle wissenschaftlichen Kriterien zu erfüllen. Die praktische Anwendbarkeit sowie der unmittelbare Nutzen stehen dabei im Vordergrund. Statistik ist ein Werkzeug, das Ihnen dazu dient, Ihre Arbeit zu beobachten und dadurch zu verbessern. Die Evaluation von Pflegeinterventionen schließt neben der Überprüfung von Gruppenunterschieden auch ein, dass Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit untersucht werden. Statistische Methoden sind bestens dazu geeignet! Das vorliegende Buch dient als Gebrauchsanweisung für die Konzeption und Auswertung Ihrer Forschungsprojekte!

Isabella Hager ist diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin, war unter anderem in der Palliativ-Pflege und Behindertenarbeit tätig, hat sich im Rahmen ihres Soziologiestudiums auf Statistik spezialisiert und ist heute Forschende, Beratende und Lehrende, unter anderem an der Universität Wien, der FH Campus Wien, bei prospect - Research & Solutions und beim Wiener Projektzentrum, Institut für Sozialforschung, Bildung, Integration und Kunst.

Grundgesamtheit und Stichprobe

Nachdem eine Fragestellung formuliert und die darin enthaltenen Begriffe und Messdimensionen definiert und operationalisiert sind, wird im nächsten Schritt die Grundgesamtheit (GG) bestimmt. Welche Personen (oder Elemente) betrifft meine Fragestellung?

Die Grundgesamtheit stellt die Menge aller Elemente (Personen, Texte, Interaktionen, Gerichtsakten, Regionen u.a.) dar, für welche die Fragestellung beantwortet werden bzw. für die die Ergebnisse gelten sollen. Die Grundgesamtheit muss explizit definiert und eingegrenzt werden.

Warum ist auch hier wieder eine genaue Definition erforderlich? Weil wir ganz genau wissen müssen, auf wen unsere Ergebnisse anwendbar sind und auf wen nicht.

Beispiel: Wenn die Mitarbeiter*innen eines Betriebes hinsichtlich ihrer Arbeitszufriedenheit und ihres Gesundheitszustandes befragt werden, dann ist die Grundgesamtheit einfach zu definieren, es sind alle Mitarbeiter*innen des betreffenden Betriebes zum Befragungszeitpunkt.

Beispiel: Wenn die Klient*innen einer Beratungseinrichtung befragt werden, dann sind alle Klient*innen der betreffenden Einrichtung in einem bestimmten Zeitraum oder zu einem bestimmten Zeitpunkt die Grundgesamtheit.

Wenn wir untersuchen wollen, ob betagte Patient*innen auf einer Station mit Bezugspflegesystem zum Zeitpunkt ihrer Entlassung eine höhere Selbständigkeit aufweisen als Patient*innen auf einer Station mit Funktionspflegesystem, dann müssen wir erst mal überlegen… Wichtig ist die Eingrenzung der Erhebung:

Räumlich: in ganz Österreich? nur in Wien? nur Niederösterreich? Welche Einrichtungen?

Sachlich: Alle Patient*innen? Welche Altersgruppen? Ausschluss von psychiatrischen Patient*innen?

Zeitlich: Einmalig? In welchem Zeitraum? Oder Panelstudie (immer dieselben Personen) zu mehreren Zeitpunkten?

Mögliche Grundgesamtheit: Alle Patient*innen im AKH Wien, die über 80 Jahre sind und zwischen 1. 1. und 31.12. 2019 nach einem mehr als 3-wöchigen, aber nicht länger als 6-wöchigem Aufenthalt nach Hause entlassen wurden.

Wenn wir wissen wollen, ob die Befriedigung der Bedürfnisse von Patient*innen einer Notfallambulanz vom Personalschlüssel abhängen, dann müssen wir uns dazu wieder mehrere Fragen stellen…

Räumlich: Welche Notfallambulanzen? In ganz Österreich? nur Wien? nur NÖ? Welche Krankenhäuser?

Sachlich: Alle Patient*innen? Nur jene, wo keine Reanimation durchgeführt wurde? Nur Erwachsene? Nur Patient*innen mit gravierenden Notfällen? Was sind „gravierende“ Notfälle? Wenn ein lebensbedrohlicher Zustand besteht? Woran genau machen wir das fest?

Zeitlich: Einmalige Befragung innerhalb einer bestimmten Zeitspanne? Welche Zeitspanne? Warum genau diese Zeitspanne? Rund um die Uhr? Nur tagsüber? Nur nachts? Nur wochentags?

Mögliche Grundgesamtheit: Österreichweit alle Patient*innen ab dem 15. Lebensjahr, die am Tag X von 0 bis 24 Uhr in sämtlichen Notfallambulanzen (vollständige Liste) aufgenommen und behandelt wurden.

Oft lässt sich eine sehr „ehrgeizig“ definierte Grundgesamtheit als Grundlage für eine Stichprobenziehung nicht realisieren, dazu müssten alle in Frage kommenden Einrichtungen motiviert sein, bei der Studie mitzuwirken. Meist sind aber einige dazu nicht bereit und Grundgesamtheit sowie Fragestellung müssen dementsprechend angepasst werden. Bei wissenschaftlichen Studien wird das Design an die herrschenden Gegebenheiten angepasst (Budget, Zeitrahmen, Zugang, Reichweite, Teilnahmebereitschaft, Realisierbarkeit…). Wenn die ausgewählten und teilnahmebereiten Einrichtungen „Sonderfälle“ darstellen (z.B. Spezialisierung auf Intoxikation, auf Unfälle o.ä.), bereitet die Verallgemeinerung – das vordergründige Ziel quantitativer Forschung – oft große Schwierigkeiten bzw. ist nur mit Einschränkungen möglich.

Die Grundgesamtheit ergibt sich daher oft aus rein praktischen Gesichtspunkten, nämlich dem Zugang bzw. den faktischen Gegebenheiten. Die Definition der Grundgesamtheit erfordert also eine konkret formulierte (eingegrenzte) Fragestellung, die Abklärung des Untersuchungszeitpunktes sowie die Definitionen der verwendeten Begriffe. Meist erfolgen diese Schritte (Formulierung der Fragestellung, Operationalisierung, Eingrenzung und Festlegung der Grundgesamtheit) in einem reflexiven Abstimmungsprozess.

Sobald die Grundgesamtheit präzise definiert ist, kann überlegt werden, wer von der Grundgesamtheit untersucht werden soll. Alle? Eine Teilmenge?

Bei einer Vollerhebung = Totalerhebung werden alle Elemente der Grundgesamtheit untersucht. Bei einer Stichprobe wird eine Teilmenge aus der Grundgesamtheit untersucht.

Abbildung 10: Grundgesamtheit und Stichprobe

Die folgende Grafik veranschaulicht die Überlegungen bei der Stichprobenziehung.

Abbildung 11: Grundgesamtheit und Stichprobe – Arten von Stichproben

Grundsätzlich gelten folgende Prioritäten: Eine Totalerhebung ist der Optimalfall, sie ist aber meist zu teuer oder nicht möglich. Wenn alle Elemente der Grundgesamtheit bekannt und in einer Liste vorhanden sind, dann ist eine Zufallsstichprobe(jede*r Zweite, jede*r Dritte, jede*r Zehnte auf der Liste – je nach Fallzahl und Budget) anzustreben. Wenn sowohl eine Totalerhebung als auch eine Zufallsauswahl nicht möglich sind, dann wird eine willkürliche (=bewusste) oder teilweise willkürliche Auswahl der untersuchten Einheiten/Personen getroffen.

Wir unterscheiden zwei Arten von Stichprobendesigns:

 Beim repräsentativen Stichprobendesign liegt der Schwerpunkt auf der Beschreibung. Hier ist es besonders wichtig, dass die Stichprobe die Grundgesamtheit in allen relevanten Merkmalen widerspiegelt, daher haben wir es meist mit einer sehr „bunten“ (heterogenen) Personengruppe zu tun und wollen (grob gesagt) wissen, wie es um diese Zielgruppe bestellt ist.

Ein typisches Beispiel für eine repräsentative Studie ist die Befragung des Pflegepersonals zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem bestimmten Bereich/Tätigkeitsfeld/Bezirk zu Themen wie Weiterbildung oder Arbeitsbelastung.

 Das experimentelle Design hingegen zielt auf eine Erklärung ab. Im Fokus stehen hier die Bedingungen, unter denen der Versuch/die Testreihe stattfindet. Die untersuchten Gruppen sind meist homogen, um auf diese Weise „störende“ Einflüsse möglichst auszuschalten. Denn: Der gemessene, erzielte Effekt soll ausschließlich auf der Bedingung (z.B. Behandlungsmethode) beruhen und nicht durch andere („störende“) Umstände (z.B. unterschiedliches Alter der Proband*innen) (mit-)bedingt sein.

Ein Beispiel für ein experimentelles Design ist, wenn im Rahmen einer klinischen Interventionsstudie untersucht wird, ob Mukositis durch Lasertherapie erfolgreicher behandelt werden kann als ohne Lasertherapie.

Die folgende Abbildung stellt diese beiden Designs anhand ihrer wesentlichsten Kennzeichen gegenüber.

Abbildung 12: Repräsentatives und experimentelles Stichprobendesign im Vergleich

2.1 Repräsentativität – oder: Der Zufall ist der „Master of the Universe“

Repräsentativ ist eine Stichprobe dann, wenn sie die Grundgesamtheit repräsentiert. Was heißt das?

Repräsentativ heißt, die Stichprobe ist ein Miniaturabbild der Grundgesamtheit, sie entspricht in allen relevanten Merkmalen der Grundgesamtheit. (Was „relevant“ ist, definiert der*die Forscher*in!) Rückschlüsse auf die Grundgesamtheit sind nur dann zulässig, wenn die Stichprobe ein Abbild der Grundgesamtheit ist.

Bildlich können wir uns das „Miniaturabbild“ der Grundgesamtheit für die österreichische Bevölkerung ab 16 Jahren zu einem bestimmten Zeitpunkt so vorstellen:

Abbildung 13: Die Stichprobe als Miniaturabbild der Grundgesamtheit am Beispiel Österreichische Bevölkerung Beachte die Schreibweise: Anzahl der Personen in der Grundgesamtheit = Großbuchstabe N und Anzahl der Personen in der Stichprobe = Kleinbuchstabe n. (Bildquelle: Fessel-GfK)

Gleich nach der Vollerhebung ist die reine Zufallsstichprobe die „beste“ Stichprobe: Eine reine Zufallsauswahl garantiert eine repräsentative Stichprobe! Das Prinzip: aus einer Urne werden zufällig Lose gezogen.

Wenn die untersuchten Personen oder Fälle nach einem reinen Zufallsprinzip ausgewählt werden („Lose ziehen“ oder „jede*r Zehnte von der Liste“), dann ist sichergestellt, dass alle Eigenschaften genauso vertreten sind, wie in der Grundgesamtheit: Der Anteil an Männern und Frauen, der Altersgruppen, der Bildungsabschlüsse,...

Erscheint lt. Verlag 29.9.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Technik
ISBN-10 3-99110-872-0 / 3991108720
ISBN-13 978-3-99110-872-6 / 9783991108726
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