Klima: Auf dem Wege zu meiner eigenen Meinung (eBook)
232 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7519-4777-0 (ISBN)
Dr. Hans-Rolf Dübal, Jahrgang 1955, hat in Göttingen Chemie studiert und im Fach physikalische Chemie promoviert. Nach Forschungsaufenthalten an der ETH Zürich und der University of Wisconsin, Madison war er über 30 Jahre lang in leitenden Positionen bei verschiedenen Unternehmen der chemischen Industrie tätig. Seit einigen Jahren befasst er sich intensiv mit der im Buch dargelegten Thematik.
2.4 Sonne und Erde
Dass die Sonne nicht ein konstant und homogen strahlender Stern ist, sondern manchmal Flecken zeigt, soll schon im Altertum chinesischen und griechischen Forschern aufgefallen sein. Daneben beobachtet man Sonnenfackeln, Granulation, Eruptionen, Sonnenwinde und koronale Massenauswürfe, sowie eine Reihe weiterer Phänomene. Seit 1610 gibt es systematische Aufzeichnungen der Sonnenfleckenhäufigkeit, die bis in unsere Zeit fortgesetzt wurden.
Häufige Sonnenflecken weisen auf eine erhöhte solare Aktivität hin. Sie erscheinen dem Auge dunkler (rötlicher) als der gelbstrahlende Hintergrund, da ihre Zentren „nur“ etwa 4000 K heiß sind, die Hauptfläche aber etwa 6000 K. Die bei hoher Sonnenfleckenzahl ausgehende Strahlung ist jedoch insgesamt energiereicher durch einen höheren ultravioletten Anteil.
Abb. 7: Entstehung von Sonnenflecken (siehe Text)
Die Sonnenaktivität wird angetrieben von einem magnetohydrodynamischen Effekt („Dynamo-Modell“), der dadurch entsteht, dass sich der solare Äquator schneller dreht (Umlaufzeit 25 Tage) als die solaren Polregionen (38 Tage). Es entsteht eine Scherströmung des Plasmas in der Konvektionszone, die bei etwa 70% des Sonnenradius beginnt. Dadurch verändert sich das Magnetfeld der Sonne dramatisch (Abb. 7) – die magnetischen Feldlinien werden gewissermaßen um die Drehachse gewickelt. Es entsteht so eine Art magnetischer „Schlauch“ ringförmig am Boden der Konvektionszone mit stark verdichteten magnetischen Feldlinien. Diesem hohen „magnetischen Druck“ weicht das System aus, indem Feldlinien ausbrechen und auf der Sonnenoberfläche bogenartig eine bipolare magnetische Störung hervorrufen, deren resultierendes Feld wiederum das Aufsteigen von heißem Plasma aus dem Inneren blockiert. So bleiben diese Zonen relativ kalt. Eine anschauliche Präsentation findet man im Netz bei Schlichenmaier [SCH_20xx].
Die Häufigkeit der Sonnenflecken besitzt eine ausgeprägte Periodizität. Besonders auffällig ist der 11-jährige Schwabezyklus. Die Häufigkeit korreliert wiederum mit der Intensität des Sonnenlichts. Ein Maß für diese Intensität ist die „Total Solar Irradiance (TSI)“, die in W/m2 angegeben wird und daher im physikalischen Sinne eine Leistung pro Fläche angibt. Landläufig bezeichnet man sie als „Solarkonstante“ und gibt im physikalischen Lehrbuch den Wert 1361 W/m2 an. Die Größe ist, wie bereits erwähnt, aber nur ungefähr konstant. Bei genauer Betrachtung schwankt sie um einige W/m2, wenn man längere Zeiträume betrachtet. Innerhalb eines 11-jährigen Schwabezyklus sind die Änderungen kleiner, typischerweise im Bereich um 0,5 bis 1 W/m2 für das Jahresmittel.
Fachleute können die historischen TSI-Werte rekonstruieren, sogar um tausende Jahre zurück. Daher hat man heute gewisse Vorstellungen von der solaren Aktivität in der Vergangenheit. Eine hohe Sonnenaktivität korreliert wiederum mit dem Magnetfeld der Sonne (Abb.7). Über die Lorentzkraft beeinflussen diese magnetischen Felder die Bewegung der elektrisch geladenen kosmischen Strahlung, die ohne diese Ablenkung ihren Weg in die Erdatmosphäre gefunden hätten. Somit korreliert auch der Fluss der kosmischen Strahlung (invers) mit der Sonnenaktivität. Bei der Diskussion des Svensmark-Effekts wird von dieser Kausalkette noch die Rede sein. Abb. 8 zeigt eine langfristige TSI-Rekonstruktion und Abb. 9 einen kurzfristigen Ausschnitt. Das Maximum gegen Ende des 20. Jahrhunderts war die höchste Solaraktivität seit über 10000 Jahren [SOL_2004].
Abb. 8: 1000-jährige TSI-Rekonstruktion, übertragen aus der Arbeit von Egorowa et.al. (Datensatz: CHRONOS MC17), geglättet. Die ausgeprägten Minima werden nach ihren Entdeckern bezeichnet. Für etwa 2050 wird ein neues zyklisches Minimum erwartet. Datenquelle: [EGO_2018]
Abb. 9: TSI-Daten der letzten 80 Jahre mit 7 Maxima des 11-jährigen Schwabezyklus. Zurückgehend bis 1749 werden die Zyklen durchnummeriert. Datenquelle: [KOP_2016]
Die periodische Aktivität der Sonne wird also durch höhere Sonnenfleckenzahl, intensivere uv-Strahlung, durch schwächere kosmische Strahlung und -zu guter letzt- durch eine Spektralverschiebung ins Ultraviolette („Blauverschiebung“) sichtbar (Abb. 10). Im Bereich der sehr kurzwelligen uv-Strahlung ist die Zunahme im Maximum eines Solarzyklus‘ noch stärker ausgeprägt [WOO_2002].
Abb. 10: Ultravioletter (durchgezogene Linie) und infraroter Anteil an der Solarstrahlung der vergangenen 400 Jahre, übertragen aus einer Arbeit von Lean (Kurven geglättet). Insgesamt ist in diesem Zeitraum die Solareinstrahlung stark angestiegen und der energiereiche uv-Anteil noch einmal stärker, auf Kosten des ir-Anteils. Der sichtbare Anteil blieb in etwa unverändert. Datenquelle: [LEA_2000]
Aus Abb. 8 kann man schon verschiedene sich überlagernde Zyklen erraten. In Tab. 3 sind sie zusammengestellt.
Tab.3: Solare Zyklen mit ihren ungefähren Periodenlängen, entnommen aus dem Buch von Vahrenholt und Lüning [VAR_2012].
Bezeichnung | Periode (Jahre) | Schwankungsbreite [Jahre] |
Schwabe | 11 | 9-14 |
Hale | 22 | 18-26 |
Gleissberg | 87 | 60-120 |
Suess / De Vries | 210 | 180-220 |
Eddy | 1000 | 900-1100 |
Hallstadt | 2300 | 2200-2400 |
Die Sonne nimmt für das Klimasystem eine einzigartige und herausragende Rolle ein, denn sie ist die einzig relevante Energiequelle für unser Klimasystem, sie liefert 99.9% der Energie. Andere denkbaren Energiequellen, wie die Erdwärme, das Sternenlicht oder die kosmische Strahlung sind energetisch völlig vernachlässigbar. Allerdings spielt die kosmische Strahlung womöglich eine sehr wichtige indirekte Rolle, da sie die Wolkenbildung beeinflusst.
Die TSI-Werte gegen Ende des 20. Jahrhunderts waren die Höchsten seit dem Ende der letzten Eiszeit [SOL_2004]. Es ist hierbei wichtig, zu realisieren, dass die TSI physikalisch eine Leistung ist und keine Energie. Sie spielt die Rolle einer Brutto-Heizleistung für die Erde. Erst die Integration über die Zeit ergibt die Heizenergie und damit die Temperatur, natürlich erst nach Abzug aller Verluste. Letztere sind sehr groß, denn am Ende bleiben von den 1361 W/m2 derzeit nur ca. 0.8 W/m2 übrig. Da der Leistungsüberschuss aber inzwischen mehrere Jahrzehnte wirkt, entsteht dennoch ein signifikanter Heizeffekt.
Die einzige Art und Weise, mit der die Erde Energie verlieren kann, ist durch Abstrahlung. Was nicht abgestrahlt wird, verbleibt auf dem Planeten. Konvektive Energieabgabe, etwa wie bei einem Kochtopf, der von Luft umspült wird oder Wärmeleitung per Kontakt gibt es hier nicht. Es gibt nur den Weg der Abstrahlung. Das heißt aber nicht, dass Jahr für Jahr angesammelte Energie notwendigerweise in Form von Wärme verbleiben muss. Die Wärme kann unter Erhaltung der Energie in folgende Speicher abgegeben werden:
- Biosphäre (Pflanzenwachstum durch die endotherme Photosynthese)
- Phasenumwandlungen (Eisschmelze, Verdampfen von Wasser)
- Kinetische Energie von Meeres- und Luftströmungen
Diese „Energiesenken“ mitsamt ihren komplexen Austauschprozessen und Wechselwirkungen erschweren die Berechnung und Vorhersage der Temperatur.
Die Wärme wird zum überwiegenden Teil in den Ozeanen gespeichert, sehr viel mehr als auf den Kontinenten oder in der Atmosphäre. In Tabelle 4 sind einige Daten zusammengestellt. Die Ozeane dominieren den Wärmehaushalt. Sie besitzen praktisch die gesamte Wärmekapazität des Klimasystems.
Übrigens unterscheiden sich die Nord- und die Südhalbkugel stark. Der Flächenanteil der Ozeane beträgt auf der Nordhalbkugel 61%, auf der Südhalbkugel 81%. 90% der Menschen leben auf der Nordhalbkugel.
Tab. 4: Einige thermodynamische Parameter des Klimasystems
Wert | Einheit | Anteil | Bemerkung |
Fläche |
Atmosphäre | 5,10E+14 | m2 | Gesamte Erdoberfläche |
Ozeane | 3,61E+14 | m2 | 70,70% |
Land | 1,49E+14 | m2 | 29,30% |
Volumen |
Atmosphäre | 6,12E+18 (4E+18) | m3 | 82,17% | 12000 m Höhe (auf p= 1 bar... |
Erscheint lt. Verlag | 2.9.2020 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Technik |
ISBN-10 | 3-7519-4777-9 / 3751947779 |
ISBN-13 | 978-3-7519-4777-0 / 9783751947770 |
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