Das Gesicht Europas (eBook)

Die Vielfalt unserer Landschaften
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
240 Seiten
Theiss in der Verlag Herder GmbH
978-3-8062-4096-2 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
39,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Wald, Wasser, Wüste, Grasland und Kulturland - da sind die wichtigsten Lebensräume Europas. Wie vielfältig sie sind, zeigt Bernd-Jürgen Seitz anschaulich in diesem Band. Er beschreibt, wo die politischen und geographischen Grenzen verlaufen, die klimatischen und geologischen Grundlagen für die artenreiche Flora und Fauna Europas, welche Umweltbedingungen zu welchen Lebensräumen führen, ihre charakteristischen Tier- und Pflanzenarten sowie das Vorgehen des europäischen Naturschutzes. »Das Gesicht Europas« zeigt das heutige Gesicht der Landschaften und Lebensräume Europas - eine Momentaufnahme der Vielfalt. Dazu bietet der Band einen kleinen Reiseführer zu den Natur- und Kulturlandschaften Europas: Gegliedert nach den Großregionen des Kontinents, werden die wichtigsten Naturräume und Schutzgebiete sowie Nationalparks und Biosphärenreservate der 47 europäischen Staaten beschrieben.

Dr. Bernd-Jürgen Seitz ist promovierter Biologe und war Leiter des Referats Naturschutz und Landschaftspflege im Regierungspräsidium Freiburg. Seine beruflichen Schwerpunkte bzw. Forschungsschwerpunkte liegen auf dem Biotop- und Artenschutz, der Geobotanik und der Landschaftsgeschichte.

Dr. Bernd-Jürgen Seitz ist promovierter Biologe und war Leiter des Referats Naturschutz und Landschaftspflege im Regierungspräsidium Freiburg. Seine beruflichen Schwerpunkte bzw. Forschungsschwerpunkte liegen auf dem Biotop- und Artenschutz, der Geobotanik und der Landschaftsgeschichte.

Inhaltsverzeichnis
Vorwort 7
Geleitwort 9

I. Das Gesicht Europas – und wodurch es geprägt wird 11
Gliederung und Grenzen Europas 12
Wie groß ist Europa? Flächen und Besiedlungsdichten 14
Flächennutzung – ein Indikator für Natur? 16
Geologie, Klima, Vegetation – Grundlagen der Vielfalt 18

II. Landschaften und Lebensräume 25
Wald 26
Wasser 46
Wüste 77
Grasland 88
Kulturland 99
Bergland 121

III. Natur oder Kultur – unser Erbe und wie wir damit umgehen 129
Wo gibt es in Europa noch Wildnis? 130
Sind auch Kulturlandschaften schützenswert? 136
Dramatischer Artenrückgang 137
Wer schützt Europas Natur- und Kulturlandschaften? 140

IV. Gesicht zu erkunden – wo gibt es was zu sehen? 151
Albanien 152
Andorra 154
Baltikum 155
Belgien 161
Bosnien und Herzegowina 163
Bulgarien 165
Dänemark 168
Deutschland 170
Finnland 175
Frankreich 177
Griechenland 179
Irland 181
Island 183
Italien 185
Kosovo 188
Kroatien 189
Liechtenstein 191
Luxemburg 192
Malta 193
Moldawien 194
Montenegro 195
Niederlande 196
Nordmazedonien 199
Norwegen 200
Österreich 202
Polen 205
Portugal 207
Rumänien 209
Russland 211
San Marino 213
Schweden 214
Schweiz . 216
Serbien 218
Slowakei 219
Slowenien 220
Spanien 222
Tschechien 224
Ukraine 227
Ungarn 228
Vereinigtes Königreich 230
Weißrussland 232
Literatur- und Quellenverzeichnis 234
Register 236

Abb. 16: Blick auf den 1062 m hohen Pfänder, den „Hausberg“ von Bregenz (Österreich).

„Landschaft ist etwas außerordentlich komplexes, nicht nur von ihrer Ausstattung her, sondern auch – oder insbesondere – bezüglich der Ansprüche, die an sie gestellt werden.“

Werner Konold (in Schindler/ Stadelbauer/Konold: Points of View)

 

II


Landschaften und Lebensräume


Abb. 17: Buchenjungwuchs in einem rumänischen „Urwald“ (Nationalpark Semenic-Cheile Carasului, Rumänien).

Wald


Wälder in Europa


Die Wälder Europas sind gegenüber denen anderer Kontinente vergleichsweise artenarm, insbesondere arm an Baumarten. Dies hängt in erster Linie damit zusammen, dass in Europa Querbarrieren wie die Alpen und der Kaukasus die Wanderung von Süd nach Nord erschweren oder gar verhindern, während dies z.B. in Nordamerika nicht der Fall ist – dort verlaufen die großen Gebirge von Nord nach Süd. Insbesondere während der Kaltzeiten (Pleistozän) verschwanden viele Baumarten aus Mitteleuropa, nur einige konnten danach wieder zurückkehren.

Nach der letzten Kaltzeit traten an die Stelle der eiszeitlichen Tundren nach und nach lichte, mit Kiefern durchsetzte Birkenwälder, später breiteten sich von den Alpen her Haselnusssträucher aus. In der sogenannten Mittleren Wärmezeit (Atlantikum) vor etwa 8000 bis 4000 Jahren dominierte der Eichenmischwald; zur Eiche gesellten sich Ulme, Linde und Esche. Danach wurde das Klima allmählich kälter und es tauchten erstmalig Buchen, Tannen und Fichten in größerer Zahl in den Wäldern auf.

Abb. 18: Alte Steineiche (Sierra de Grazalema, Andalusien, Spanien).

Für den steinzeitlichen Menschen verschlechterten sich durch zunehmende Bewaldung nach und nach die Jagdbedingungen. Zunächst konnte dies dadurch kompensiert werden, dass sich die Menschen bevorzugt an Gewässern ansiedelten, wo Fische und andere Wassertiere noch genügend Nahrung boten. Vor etwa 7000 Jahren war Mitteleuropa ein weitgehend geschlossenes Waldland. Wie dicht dieser Wald war, darüber gehen die Meinungen auseinander. Es gab zu dieser Zeit nämlich eine ganze Anzahl großer Pflanzenfresser wie Wisent, Auerochse und Wildpferd, die in der Lage waren, den Wald zurückzudrängen. Große Pflanzenfresser heißen in der Fachsprache Megaherbivoren, und daher wird die Auffassung, dass viele Wälder durch diese Pflanzenfresser stark aufgelichtet waren, als Megaherbivorenhypothese bezeichnet. Diese Frage ist auch deshalb so interessant, da vor 7000 bis 8000 Jahren die Ackerbauern und Viehzüchter der Jungsteinzeit (Neolithikum) aus Südosteuropa nach Mitteleuropa einwanderten. Wenn damals die Wälder (noch) nicht völlig geschlossen waren und z.B. baumlose „Inseln“ bestanden, sind die ersten Siedlungen wohl an diesen offenen Stellen angelegt worden (Poschlod 2015).

Abb. 19: Korkeichenwald mit teilweise abgeschälter Borke (Naturpark Los Alcornocales, Andalusien, Spanien).

Abb. 20: Mit Ausnahme des roten Samenmantels ist die Eibe sehr giftig.

Auch ohne die Megaherbivoren waren die Wälder zur Zeit der Einwanderung der Menschen nach Mitteleuropa deutlich lichter als heute, und zwar deshalb, weil ihnen ein „Schattbaum“ fehlte, der heute in unseren Laubwäldern allgegenwärtig ist: die Rotbuche, meist nur Buche genannt (Abb. 17). Sie wurde während der letzten Kaltzeit aus Mitteleuropa verdrängt und überlebte im Mittelmeerraum. Vor etwa 10.000 Jahren begann ihre Rückeroberung des europäischen Verbreitungsgebiets, vor etwa 7000 Jahren trat sie erstmals in Südostdeutschland auf. Da zu dieser Zeit die „Neolithiker“ bereits eingewandert waren, bezeichnen manche die Buche sogar als Kulturfolger. Da sie auf den meisten Standorten konkurrenzkräftiger ist als die anderen Baumarten, dominierte die Buche unsere Wälder mehr und mehr.

Heute findet man Buchenwälder von Mittel- bis Osteuropa, im Mittelmeerraum kommen sie in der Bergwaldstufe der Gebirge vor. Im osteuropäischen Tiefland werden sie nach und nach durch Eichen-Hainbuchen-Wälder ersetzt. Im Nordosten reicht die Rotbuche bis zur Weichselniederung in Polen, einzelne Bäume kommen noch bis Kaliningrad (Königsberg) vor. Nach Norden sind Buchenwälder bis Südschweden und Südengland verbreitet, in Norwegen in direkter Meeresnähe bis zu den Lofoten. Die artenreichsten Buchenwälder Europas finden sich im Norden der Balkanhalbinsel (Kroatien).

Buchenwälder können in den Süd- und Südostalpen die natürliche Baumgrenze bilden und hier bis über 1800 m Höhe wachsen. In Mitteleuropa und in den Nordalpen werden sie ab etwa 800 bis 1000 m Höhe von Nadelbaumarten, vor allem der Fichte, abgelöst.

Ähnlich wie in hohen Berglagen nehmen nach Norden hin die Nadelbäume zu, bis sich schließlich in Nordeuropa relativ einförmige boreale Nadelwälder breitmachen, auch Taiga genannt. Sie werden von Fichten, Kiefern, Tannen und Lärchen geprägt, Laubbäume wie Birken und Espen kommen in geschützten Lagen hinzu. Der Boden ist zumeist flächendeckend von niedrig wachsenden, sommergrünen Zwergsträuchern (z.B. Heidel- und Preiselbeeren) und von dicken „Teppichen“ aus Moosen und Flechten bedeckt.

Im warmen Mittelmeergebiet findet man dagegen häufig Hartlaubgewächse wie die Steineiche (Abb. 18) mit kleinen, steifen, ledrigen und langlebigen Blättern, die oft wie die Nadeln der Koniferen immergrün sind. Dies ist eine Anpassung an die sommerliche Trockenperiode. Im Mittelmeerraum sind die hochwüchsigen und geschlossenen Steineichenwälder, die früher für die Region kennzeichnend waren, durch Übernutzung (Holzeinschlag, Beweidung, Ackerbau) auf winzige Reste zusammengeschmolzen (s. S. 99). Im westlichen Mittelmeergebiet gibt es teilweise noch ausgedehnte Korkeichenwälder (Abb. 19).

Abb. 21: Stehendes und liegendes Totholz in einem Buchenurwald (Nationalpark Semenic-Cheile Carasului, Rumänien).

Die submediterrane Klimazone, die nördlich und in größeren Gebirgshöhen an die eigentliche mediterrane Zone anschließt, ist die Heimat der Flaumeichenwälder. Allerdings sind auch diese Wälder durch jahrhundertelange starke Übernutzung vielerorts stark zurückgedrängt und die verbliebenen Bestände degradiert worden. So wird für Italien geschätzt, dass Flaumeichenwälder in über 20 % der Landesfläche die potenzielle natürliche Vegetation bilden; ihr tatsächlicher Anteil beträgt aber nur noch 0,8 %. Die Flaumeiche erreicht u.a. am Kaiserstuhl den Süden Deutschlands.

Gibt es in Europa Urwälder?


Bevor diese Frage beantwortet werden kann, muss man zunächst fragen, was Urwälder überhaupt sind. „Ursprüngliche Wälder“ können es nicht sein, da sich die Vegetation im Lauf der Erdgeschichte in ständigem Wandel befindet und man daher keinen „Ursprung“ definieren kann. Während manche Regenwälder Millionen von Jahren alt sein können – das älteste Waldgebiet der Erde in Malaysia ist 130 Mio. Jahre alt –, ist das Alter von Wäldern in Europa durch die Kaltzeiten sehr begrenzt. Lediglich einige Baumarten wie die Eibe (Abb. 20) haben die Kaltzeiten in Refugien überdauert und gelten als sogenannte Tertiärrelikte.

Nach der Definition der FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations) sind Urwälder oder Primärwälder Waldgebiete, die eine natürliche Vegetation aufweisen, ohne sichtbaren menschlichen Einfluss sind und deren natürliche Dynamik ungestört verläuft. Zumindest in Mitteleuropa gibt es nur noch ganz wenige vom Menschen unbeeinflusste Wälder. Die aus der Nutzung genommenen Naturwaldzellen oder Bannwälder werden daher auch als „Urwälder von morgen“ bezeichnet, da sie bis vor kurzer Zeit noch genutzt wurden und erst in der Zukunft vielleicht einmal an Urwälder erinnern werden. Auch wiederhergestellte „Urwälder“ können der FAO-Definition genügen.

Unter der Bezeichnung „Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas“ führt die UNESCO zahlreiche räumlich getrennte Buchenwaldgebiete in Albanien, Belgien, Bulgarien, Deutschland, Italien, Kroatien, Österreich, Rumänien (Abb. 21), der Slowakei, Slowenien, Spanien und der Ukraine als Weltnaturerbe. Die Gesamtfläche der...

Erscheint lt. Verlag 24.2.2020
Verlagsort Darmstadt
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik
Technik
Schlagworte Botanik • Europa • Geographie • Geologie • Kulturlandschaft • Landschaft • landschaftsgeographie • Landschaftsschutz • Tiere • Umweltschutz • Wald • Wasser • Wüste
ISBN-10 3-8062-4096-5 / 3806240965
ISBN-13 978-3-8062-4096-2 / 9783806240962
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 84,8 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Über eine faszinierende Welt zwischen Wasser und Land - und warum sie …

von Franziska Tanneberger

eBook Download (2023)
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
19,99