Quantenwelt (eBook)

Wie wir zu Ende denken, was mit Einstein begonnen hat

(Autor)

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2019 | 1. Auflage
400 Seiten
Deutsche Verlags-Anstalt
978-3-641-15761-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Quantenwelt -  Lee Smolin
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Die Zukunft der Quantentheorie von einem der führenden Physiker unserer Zeit
Die Quantenphysik ist das Lieblingskind der modernen Wissenschaft. Sie ist das Fundament für unser Verständnis von allem was sich abspielt zwischen den Elementarteilchen bis hin zum Verhalten von Materie aller Art. Die Quantenphysik ist aber auch ein Problemkind: Ihre Erfinder können sich noch nicht einmal ?auf ihre Grundlagen einigen, sie ist gefangen in seltsamen Paradoxien, und was sie ausmacht, klingt eher erfunden als erforscht. Warum das so ist, zeigt uns Lee Smolin in seinem neuen Buch: Die Probleme der Quantenphysik sind ungelöst und unlösbar aus einem einzigen Grund: Die Quantentheorie ist unvollständig. Er zeigt uns, wie wir zu einem wirklich neuen Verständnis von Natur und Universum kommen können, indem wir die Theorie vervollständigen und zu Ende denken, was mit Einstein begonnen hat.

Lee Smolin, geboren 1955 in New York, ist Professor für theoretische Physik, lehrte u.a. in Princeton und Yale und ist einer der Begründer des kanadischen Perimeter Institute for Theoretical Physics, wo er heute arbeitet. Er ist einer der bedeutendsten theoretischen Physiker unserer Zeit und ein profilierter Autor. Bei DVA erschienen zuletzt »Die Zukunft der Physik« (2009) und »Im Universum der Zeit« (2014).

Eins


Die Natur liebt es, sich zu verbergen

Die Wirklichkeit ist das Geschäft der Physik.

– Albert Einstein

Die Quantenmechanik bildet seit neun Jahrzehnten den Kern unseres Naturverständnisses. Sie ist allgegenwärtig, aber auch zutiefst rätselhaft. Nur ein kleiner Teil der modernen Naturwissenschaft würde ohne sie einen Sinn ergeben. Aber die Experten finden es schwer, sich darüber zu einigen, was sie über die Natur behauptet.

Die Quantenmechanik erklärt, warum es Atome gibt und warum Atome stabil sind und charakteristische chemische Eigenschaften haben. Sie erklärt auch, wie Atome sich zu vielfältigen Molekülen verbinden. Infolgedessen ist sie die Grundlage für unser Verständnis der Formen und Interaktionen dieser Moleküle. Ohne Quanten wäre das Leben unverständlich. Vom Verhalten von Wasser bis zur Form von Proteinen und der Genauigkeit und Übertragung von Information durch die DNA und RNA hängt alles in der Biologie von Quanten ab.

Die Quantenmechanik erklärt die Eigenschaften von Materialien, wie beispielsweise, warum Metall elektrischen Strom leitet, während ein anderes Material isolierend wirkt. Sie erklärt das Licht und die Radioaktivität und ist die Grundlage der Kernphysik. Ohne sie würden wir nicht verstehen, warum die Sterne leuchten. Und wir hätten auch nicht die Chips und Laser erfinden können, auf denen ein so großer Teil unserer Technik beruht. Die Quantenmechanik ist die Sprache, die wir verwenden, um das Standardmodell der Elementarteilchenphysik aufzuschreiben, das unser gesamtes Wissen über die Elementarteilchen und die Grundkräfte enthält, durch die sie miteinander interagieren.

Unserer besten Theorie des frühen Universums zufolge entstand die gesamte Materie in Verbindung mit den Mustern, die sich schließlich zu Galaxien zusammenschlossen, aus der Zufälligkeit des Quantenvakuums des leeren Raumes durch die schnelle Ausdehnung des Universums. Ich erwarte vom Leser nicht, dass er genau versteht, was das bedeutet, aber vielleicht rufen die Worte ein Bild hervor. Wenn das stimmt, gäbe es jedenfalls ohne Quantenphysik buchstäblich nichts außer leerer Raumzeit.

Doch trotz all ihrer Erfolge gibt es im Zentrum der Quantenmechanik ein hartnäckiges Rätsel. Die Quantenwelt verhält sich auf eine Weise, die unsere Intuition infrage stellt. Man sagt häufig, dass in der Quantenphysik ein Atom gleichzeitig an zwei Orten sein kann, aber das ist erst der Anfang; die vollständige Geschichte ist weitaus merkwürdiger als dies. Wenn ein Atom hier oder dort sein kann, müssen wir von Zuständen sprechen, in denen es irgendwie gleichzeitig hier und dort ist. Das wird als Superposition bezeichnet.

Wenn Sie ein Neuling in der Quantenwelt sind, fragen Sie sich bestimmt, was es bedeutet, dass ein Atom irgendwie sowohl hier als auch dort ist. Verlieren Sie nicht den Mut, wenn Sie das verwirrend finden. Sie haben ganz und gar das Recht, sich zu fragen, was das bedeutet. Das ist eines der zentralen Rätsel der Quantenmechanik. Im Augenblick genügt es jedoch, wenn Sie dies einfach als ein Rätsel akzeptieren, dem wir den Begriff »Superposition« beilegen. Später werden wir in der Lage sein, es zu enträtseln.

Folgendes ist ein erster Schritt. Wenn wir sagen, dass ein Quantenteilchen in einer »Superposition von hier und dort« ist, bezieht sich das auf die wellenartige Natur der Materie, denn eine Welle ist eine Störung, die ausgebreitet ist, und deshalb kann sie sowohl hier als auch dort sein.

Wir sprechen zwar von Elementarteilchen, aber alles Quantenartige, einschließlich Atome und Moleküle, ist sowohl ein Teilchen als auch eine Welle. Folgendes ist ein Vorgeschmack darauf, was das bedeutet. Wenn wir ein Experiment machen, das die Frage stellt, wo ein Atom ist, wird das Ergebnis sein, dass es sich an einem bestimmten Ort befindet. Aber zwischen den Messungen, wenn wir nicht nach ihm suchen, erweist es sich als unmöglich zu berechnen, wo es sein könnte. Es ist so, als ob die Wahrscheinlichkeit oder Tendenz, das Teilchen zu finden, sich als Welle ausbreitet, wenn wir nicht nachschauen. Aber sobald wir wieder nachschauen, ist es immer an einem bestimmten Ort.

Ein anderes Merkmal, das für die Quantenwelt einzigartig ist, wird als Verschränkung bezeichnet. Wenn zwei Teilchen miteinander interagieren und sich dann voneinander wegbewegen, bleiben sie in dem Sinne miteinander verflochten, dass sie Eigenschaften zu teilen scheinen, die sich nicht in Eigenschaften aufschlüsseln lassen, die jedes Teilchen für sich besitzt.

Wir können unsere Einbildungskraft anspannen, um diese neuen Begriffe auf Atome und Moleküle anzuwenden, die zu klein sind, um direkt sichtbar zu sein. Wir müssen sie auf indirekte Weise untersuchen, und zu diesem Zweck setzen wir große und komplexe Messvorrichtungen ein.

Diese Messgeräte sind Teil der alltäglichen, vertrauten Welt großer Gegenstände. Wir können sicher sein, dass große Alltagsgegenstände keine der merkwürdigen Verhaltensweisen zeigen, die die Quantenmechanik beschreibt. Ein Stuhl ist hier oder dort, aber nie in einer Kombination solcher Zustände. Wenn wir mitten in der Nacht in einem fremden Hotelzimmer aufwachen, mögen wir uns zwar nicht sicher sein, wo der Stuhl ist, aber wir können sicher sein, dass er an einem bestimmten Ort ist. Und nachdem wir mit ihm im Dunkeln zusammengestoßen sind, verschränkt sich unsere Zukunft nicht mit seiner Zukunft.

In der Welt, wie wir sie erfahren, sind Katzen entweder lebendig oder tot, auch wenn sie in eine Kiste gesperrt sind. Wenn wir die Kiste öffnen, entschließt sich die Katze nicht plötzlich aus einer Kombination aus totem und lebendigem Zustand dazu, tot zu sein. Wenn wir sie tot vorfinden, wird sie wahrscheinlich schon eine Weile in diesem Zustand gewesen sein, wie wir augenblicklich riechen werden.

Gewöhnliche Gegenstände teilen anscheinend keine der Quantenmerkwürdigkeiten der Atome, aus denen sie bestehen. Das scheint zwar offensichtlich zu sein, aber es wirft ein Rätsel auf. Die Quantenmechanik ist die Kerntheorie der Natur. Als solche muss sie universal sein. Wenn sie für ein Atom gilt, muss sie für zwei, zehn oder neunzig Atome gelten. Und wir haben ausgezeichnete experimentelle Belege dafür, dass sie das auch tut. Ausgefeilte Experimente, in denen große Moleküle in Zustände der Quantensuperposition gebracht werden, zeigen uns, dass sie genauso quantensonderbar sind wie Elektronen. Um nur eines zu nennen: Sie werden als Wellen gebeugt und zeigen auch Interferenzmuster von Wellen.

Aber dann muss die Quantenmechanik auch für die riesigen Sammlungen von Atomen gelten, aus denen Sie oder ich bestehen oder unsere Katze oder der Stuhl, auf dem sie hockt. Aber das scheint nicht der Fall zu sein. Auch gilt die Quantenmechanik anscheinend nicht für irgendeines der Instrumente und die Maschinen, die wir verwenden, um die Atome abzubilden und ihre Quantensonderbarkeiten zu enthüllen.

Wie kann das sein?

Insbesondere wenn wir eine Eigenschaft eines Atoms messen, verwenden wir große Vorrichtungen. Die Atome mögen sich in Superpositionen von Zuständen befinden und daher zugleich an mehreren Orten sein, aber das Messinstrument gibt immer genau eine der möglichen Antworten auf die Fragen an, die wir stellen. Warum ist das so? Warum gilt die Quantenmechanik nicht für eben die Vorrichtungen, die wir zur Messung von Quantensystemen verwenden?

Das wird als das Messproblem bezeichnet. Seit den 1920er-Jahren ist es umstritten und ungelöst. Die Tatsache, dass wir nach all dieser Zeit keine Einigkeit unter Experten gefunden haben, bedeutet, dass die Natur eine grundlegende Eigenschaft aufweist, die wir erst noch verstehen müssen.

Es gibt also irgendwo einen Übergang zwischen der Quantenwelt, in der ein Atom an mehreren Orten zugleich sein kann, und der gewöhnlichen Welt, in der alles immer an einem bestimmten Ort ist. Wenn ein Molekül, das aus zehn oder neunzig Atomen besteht, von der Quantenmechanik beschrieben werden kann, aber eine Katze nicht, dann gibt es irgendwo zwischen den beiden eine Grenze, die bestimmt, wo die Quantenwelt aufhört. Eine Antwort auf das Messproblem würde uns sagen, wo sich diese Grenze befindet, und den Übergang erklären.

Es gibt Menschen, die sich sicher sind, dass sie die Antwort auf das Messproblem kennen. Wir werden einigen von ihnen und ihren Ideen später begegnen. Wir sollten darauf achten, welchen Preis wir bezahlen müssen, um diesen Quantenirrsinn aus unserem Verständnis der Welt auszumerzen.

Grob gesagt, fallen die Menschen, die sich mit den Rätseln der Quantenmechanik befassen, in zwei Klassen.

Die erste Gruppe nimmt an, dass die Theorie, wie sie in den 1920er-Jahren formuliert wurde, im Wesentlichen richtig ist. Sie glauben, dass das Problem nicht bei der Quantentheorie liegt; stattdessen liegt es daran, wie wir sie verstehen oder über sie sprechen. Diese Strategie zur Linderung der Merkwürdigkeit der Quantenmechanik geht auf einige ihrer Begründer zurück, beginnend mit Niels Bohr.

Niels Bohr war ein dänischer Physiker, der noch in seinen Zwanzigern als Erster die Quantentheorie auf Atome anwandte. Als er älter wurde, wurde er zum faktischen Anführer der Quantenrevolution, zum Teil aufgrund der Attraktivität seiner Ideen und zum Teil, weil er viele der jungen Quantenrevolutionäre ausbildete und ihr Mentor war.

Die zweite Gruppe kam zu dem Schluss, dass die Theorie unvollständig ist. Man kann ihr keinen Sinn abgewinnen, weil sie nicht die ganze Geschichte ist. Sie suchen nach einer Vervollständigung der Theorie, die uns den übrigen Teil der...

Erscheint lt. Verlag 4.11.2019
Übersetzer Jürgen Schröder
Zusatzinfo 14 s/w Abbildungen
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Why the Quantum
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik
Technik
Schlagworte Atomphysik • Das hässliche Universum • Das hässliche Universum • eBooks • Elementarteilchen • Perimeter Institut • Physik • Quantenmechanik • Quantenphysik • Quantentheorie • Sabine Hossenfelder • String Theory • Theoretische Physik
ISBN-10 3-641-15761-7 / 3641157617
ISBN-13 978-3-641-15761-6 / 9783641157616
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