Verschwendungsfreie Zone (eBook)

Wie meine Familie es schafft, sich vom Zuviel zu befreien
eBook Download: EPUB
2020
240 Seiten
Heyne Verlag
978-3-641-25196-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Verschwendungsfreie Zone - Sandra Krautwaschl
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Weniger Kram, mehr Leben - eine inspirierende Erfolgsgeschichte

Nachdem der Selbstversuch ihrer Familie, ganz ohne Plastik auszukommen, Sandra Krautwaschls Leben grundlegend verändert hatte, erkannte sie: Einfach Plastik durch andere Materialien zu ersetzen kann nicht die Lösung sein. Sie fand zu einem praktischen Minimalismus, einem Lebensstil mit möglichst wenig Verschwendung, der auch für Familien umsetzbar ist und den sie als zutiefst bereichernd und befreiend empfindet. Jetzt gibt die Grünen-Politikerin Tipps und Einblicke in ihre persönlichen Erfahrungen. Von einer, die ihre Überzeugungen lebt, ohne großes Aufhebens darum zu machen: eine Inspiration für Engagement - zuhause und in der Öffentlichkeit.

Sandra Krautwaschl, geboren 1971, ist Physiotherapeutin und lebt in einem kleinen Ort in der Nähe von Graz. Das Experiment ihrer Familie, komplett plastikfrei zu leben, hat sie in ihrem Buch 'Plastikfreie Zone' beschrieben. Heute lebt sie nicht nur einen ökologischen Minimalismus, seit 2015 setzt sie sich als Landtagsabgeordnete für die Grünen in der Steiermark auch politisch für ihre Überzeugungen ein.

Teil II: Experimente


Mobilität: ein halbes Auto und der Weniger-ist-mehr-Urlaub


Wie viel Auto braucht man wirklich?


Mein Mann Peter hatte schon immer eine sehr kritische Einstellung zum Autofahren und war noch dazu passionierter Radfahrer – vor allem in der Stadt. Im Stau stehen und Parkplatz suchen nervten ihn einfach unglaublich. Abgesehen von diesen persönlichen Befindlichkeiten waren aber auch die starke Schadstoffbelastung (vor allem Feinstaub und Schwefeldioxid) in unserer Gegend und die sich laufend zuspitzende Klimakrise ein wichtiger Grund für Peter und mich, das Autofahren auf ein natürlich subjektives Mindestmaß zu beschränken.

Trotz alledem hatten wir bald nach der Geburt unseres jüngsten Sohnes ein damals fast neues sieben-sitziges Auto gekauft, das wir zwar so selten wie möglich, aber doch regelmäßig benutzten. Als wir einige Jahre zuvor den alten Bauernhof gekauft haben, in dem wir seither leben, war die Lage ein wichtiges Entscheidungskriterium gewesen. Wir wollten mit einem Auto auskommen und vor allem nach Graz, wo wir beide arbeiteten, prinzipiell nur mit Fahrrad und Zug fahren. Für den Arbeitsweg war unser Auto also nur in sehr seltenen Ausnahmefällen im Einsatz, doch vor allem die Freizeitaktivitäten der Kinder hatten mit zunehmendem Alter doch immer wieder Autofahrten in der näheren Umgebung zur Folge. Der Fußballplatz, auf dem zeitweise alle drei Kinder trainierten, war zum Glück ganz in unserer Nähe und zu Fuß in circa fünf Minuten erreichbar, diesen Weg konnten die Kinder also von Beginn an alleine bewältigen. Doch zwischenzeitliche andere sportliche Aktivitäten, wie Judo oder Ballett und vor allem der Musikunterricht, waren ohne Auto schwer erreichbar, da es von uns aus keine öffentliche Verbindung gab beziehungsweise die Strecke mit dem Fahrrad für Kinder alleine relativ gefährlich war.

Diese Wege absolvierten wir also doch jahrelang mit dem Auto, und diverse Versuche, wenigstens eine einigermaßen sinnvolle Abgleichung der drei Musikschultermine herzustellen, waren regelmäßig zum Scheitern verurteilt. Verschärft wurde die Situation dann noch dadurch, dass die Kinder teilweise auch noch zusätzlich Orchesterproben hatten, die prinzipiell immer am Abend stattfanden. Teilweise schafften wir es dann zwar doch, manche Unterrichtsstunden zu kombinieren oder beim Gruppenunterricht beziehungsweise der Orchesterstunde zumindest Fahrgemeinschaften zu organisieren, aber insgesamt blieb die Situation unbefriedigend.

Die Frage »Wie würden wir das nur machen, wenn wir kein Auto hätten?« diskutierten wir immer wieder ausführlich. Peter war der Meinung, dass wir viel zu viel mit dem Auto durch die Gegend kurvten, ich hingegen sah den Musikunterricht der Kinder und die Fahrten zu diversen Fußballspielen eben als unvermeidbar an und war subjektiv der Meinung, dass ich ohnehin schon alles tat, um diese Fahrten immer auch mit notwendigen Einkäufen und sonstigen Erledigungen zu kombinieren, damit dafür nicht wieder extra Kilometer anfielen.

Eine weitere Entwicklung heizte unsere Diskussionen über die möglichst sparsame Verwendung des Autos immer wieder an. Ursprünglich hatte ich ja zu Beginn unseres Experiments gedacht, dass das Interesse irgendwann abflauen würde, doch genau das Gegenteil war der Fall. Die mediale Berichterstattung über das Plastikthema nahm laufend zu, und damit auch Einladungen zu Vorträgen. Schon bevor mein Buch 2012 erschien, nahm meine Vortragstätigkeit teilweise ein Ausmaß an, das tatsächlich mit Beruf und Familie schon schwer zu vereinbaren war. Obwohl ich als Physiotherapeutin nur circa zwanzig Stunden pro Woche arbeitete, war ich oft fast die ganze Woche nicht zu Hause. Und wenn ich da war, verbrachte ich die meiste Zeit schreibend am Computer, beantwortete auch noch diverse Anfragen und vereinbarte Termine. Während die grundsätzlichen und faktischen Veränderungen unseres Einkaufs- und Konsumverhaltens in der Familie nach wie vor auf große Akzeptanz stießen, war meine intensive Zusatztätigkeit vor allem auch in Verbindung mit den ständigen Medienanfragen durchaus immer wieder einmal Anlass für kleinere Konflikte.

Mein Mann fand, ich sollte einfach nur dorthin fahren, wo man mit den öffentlichen Verkehrsmitteln hin- und wieder zurückkommt, weil es nicht glaubwürdig sei, wenn man über Plastikreduktion spricht und am Weg dorthin »das Erdöl direkt in die Luft bläst«. Peter traf damit einen wunden Punkt bei mir, denn es war es mir immer wichtig, alle Versuche, Verschwendung zu reduzieren, in einem sinnvollen Gesamtkontext zu betrachten. Hinzu kam mein Anspruch an mich selbst, dabei möglichst alles richtig zu machen.

Aber Peter ist in dieser Hinsicht gnadenlos: »Das machen diejenigen, die zu den Klimakonferenzen im Flugzeug anreisen auch immer so!« Ich war kurz sprachlos. Ist das wirklich vergleichbar? Nehm ich mich und meine Botschaft schon zu wichtig, um zu erkennen, dass ich auf der anderen Seite durch mein Mobilitätsverhalten Schaden anrichte? Muss man selbst hundertprozentig »korrekt« handeln, um andere überzeugen zu können? So bleiben Diskussionen über das Autofahren ein fixer Bestandteil unserer Familienkultur. Was ist notwendig, was kann man vermeiden, und wer entscheidet das? Ich finde mich dabei immer wieder mehr oder weniger unfreiwillig in der Rolle, das Autofahren auch irgendwie zu verteidigen.

Während einer nächtlichen Heimfahrt von einem meiner Vorträge hatte unser Auto, das zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal neun Jahre alt war, auf der Autobahn einen Motorschaden. Nach dem ersten Schock meinerseits und einer Bergeaktion durch Peter und einen Freund stand einen Tag später in der Werkstatt schließlich fest, dass der Motor kaputt war und das Auto damit angesichts seines Alters quasi einen Totalschaden hatte. Abgesehen davon, dass mich die Tatsache, dass ein neun Jahre altes Auto wegen eines kaputten Motors offenbar schrottreif war, sehr beschäftigte, flammte natürlich auch unsere Diskussion erneut auf. Diesmal war es aber angesichts des »Ernstfalls« nicht möglich, sie ergebnislos abzubrechen. Wir mussten eine Entscheidung treffen. Und aus irgendeinem Grund rief genau dieser Ernstfall meinen Experimentiergeist wieder auf den Plan. Und so beschlossen wir, ein paar Tage nachdem unser Auto kaputt geworden war, zumindest vorläufig, kein neues mehr zu kaufen. Peter war anfangs sichtlich erstaunt, dass ich nun so sang- und klanglos auf seinen Vorschlag einging. Doch die Kinder waren in diesem Fall nicht gleich so begeistert von der Sache wie beim Plastikfrei-Experiment. Sie machten sich Sorgen darüber, wie sich unser neuerliches Experiment auf ihre Freizeitaktivitäten auswirken könnte. Fürs Erste war das eigentlich gar kein Problem, denn in der Nachbarschaft und im Fußballverein hatte sich recht schnell herumgesprochen, dass wir im Moment kein Auto hatten, und es gab jede Menge Angebote, uns beziehungsweise die Kinder irgendwohin mitzunehmen. Allerdings gingen in den ersten ein bis zwei Wochen wohl noch alle davon aus, dass der autofreie Zustand demnächst wieder vorbei sein würde.

Ich hatte zwar auch bisher immer versucht, bei notwendigen Fahrten mit den Kindern wenigstens Fahrgemeinschaften zu organisieren, aber nun war es mir doch ziemlich unangenehm, dass wir zwar ständig andere Eltern brauchten, die unsere Kinder mitnahmen, selbst aber nichts mehr anbieten konnten. Deswegen bot ich nach circa zwei Wochen, jedes Mal, wenn jemand eines unserer Kinder abholte, an, einen Kostenbeitrag für die Fahrt zu leisten. Aber das lehnten ausnahmslos alle Eltern mit dem Argument »Ich fahr ja sowieso« ab. Das machte mein ungutes Gefühl auch nicht besser.

Zweimal probierte ich daraufhin die Leihautovarianten aus, einmal für eine Musikschulfahrt und einmal für einen Vortragstermin am Abend. Leider musste ich sowohl zum Abholen als auch zum Zurückbringen des Autos extra nach Graz, weil es in der Nähe keinen Verleih gab, dadurch wurde das Ganze natürlich relativ umständlich und zeitaufwendig. Es war ein Modell für Städter und bei uns auf dem Land nur in Ausnahmefällen eine Option.

Auch ein E-Auto schied aus verschiedenen Gründen (die Technologie sei teilweise noch nicht wirklich ausgereift, die Infrastruktur passe nicht und die Fahrzeuge seien noch viel zu teuer) aus, und ich begann ein wenig über die Produktion und Emissionen von Autos zu recherchieren. Und das bescherte mir ziemlich erschütternde Erkenntnisse: So fand ich zum Beispiel auf der Seite des VCÖ (Verkehrsklub Österreich) die Information, dass je nach Gesamtkilometerleistung 15 bis 20 Prozent der CO2-Emissionen schon bei der Produktion eines Pkw entstehen. Und obwohl die Effizienz der Motoren in den letzten Jahrzehnten ständig verbessert worden war, ist die Senkung des Spritverbrauchs im Verhältnis weitaus geringer, als möglich wäre, man spricht hier auch vom Rebound-Effekt. Allein in den Jahren 1980 bis 2010 wurden die Fahrzeuge nämlich um 30 bis 50 Prozent schwerer! Es muss also viel mehr Masse transportiert werden, und dadurch wirkt sich die technisch erreichte Effizienzsteigerung der Motoren nur geringfügig auf den Spritverbrauch aus. Doch auch bei einem tatsächlich verminderten Treibstoffverbrauch war die Ökobilanz von neuen Autos noch alles andere als beeindruckend: Wenn ein Neuwagen einen Liter weniger Sprit pro 100 Kilometer verbraucht, wiegt das die Menge an Treibhausgasen, die bei seiner Produktion erzeugt werden, bei einer jährlichen Fahrleistung von 10000 Kilometern erst nach 20 Jahren auf! Der Vorteil von E-Autos ist natürlich, dass dabei je nachdem, wie der Strom für den Betrieb erzeugt wurde, der Betrieb nur sehr...

Erscheint lt. Verlag 13.1.2020
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Natur / Ökologie
Technik
Schlagworte Bewusst leben • eBooks • Grüne • Inspiration • leben ohne Plastik • lifestyle • Minimalismus • nachhaltig • Selbstversorger • Selbstversorgung • Selbstversuch • Zero Waste
ISBN-10 3-641-25196-6 / 3641251966
ISBN-13 978-3-641-25196-3 / 9783641251963
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