In aller Munde (eBook)

Unsere Zähne und ihre Bedeutung für die Gesundheit des gesamten Körpers
eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
288 Seiten
Mosaik bei Goldmann (Verlag)
978-3-641-23225-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

In aller Munde -  Dominik Nischwitz
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Unser Mund ist nicht bloß zum Lächeln da, unsere Zähne können mehr als Kauen und unsere Zunge leistet mehr als nur zu schmecken und zu schlucken. Die Mundhöhle ist ein empfindliches Ökosystem und das Tor zu unserem Körper. Durch den Mund ernähren wir uns, durch ihn sprechen wir mit anderen - und er ist zentral für die Gesundheit des gesamten Körpers. Ist der Mund nicht gesund, entstehen Krankheiten: Von Gereiztheit, Müdigkeit und Übergewicht über Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis hin zu Schlaganfall, Alzheimer und Krebs - im Mund nimmt alles seinen Anfang. Dr. Dominik Nischwitz, Vorreiter der biologischen Zahnmedizin, erklärt mithilfe der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse alles, was wir noch nicht über unsere Zähne wussten, und wie man über einen gesunden Mundraum zu einem gesunden Körper gelangt.

Dr. Dominik Nischwitz ist niedergelassener Zahnarzt und Heilpraktiker. Zusammen mit seinem Vater gründete er das Zentrum für Biologische Zahnmedizin in Tübingen. Er ist Vorreiter auf dem Gebiet der ganzheitlichen Zahnheilkunde und hält dazu regelmäßig Vorträge auf wissenschaftlichen Kongressen rund um den Globus. Dass er mit seinen Thesen bei herkömmlich praktizierenden Zahnärzten für Debatten sorgt, dient ihm als Motivation. Denn der Mundraum darf endlich nicht mehr nur für sich betrachtet, sondern muss als zentrale Schaltstelle für die Gesundheit des gesamten Körpers angesehen werden. Dominik Nischwitz lebt mit seiner Familie in Tübingen.

Süßes macht sauer, und sauer macht krank

Solange wir ihnen nichts anderes bieten, verhalten sich viele unserer Mundbakterien sehr genügsam und ernähren sich hauptsächlich von dem, was unser Speichel so hergibt, also etwa von den Glykoproteinen, die im Pellikel enthalten sind. Die Bakterien verstoffwechseln sie zu Milchsäure, Essigsäure und Propionsäure. Das ist aber nicht tragisch, denn diese Art von Säure kann das Puffersystem des Speichels recht flott wieder ausgleichen, und selbst innerhalb eines schon recht fortgeschrittenen Biofilms herrscht ein neutrales Klima. Sobald im Mund aber fermentierbare Kohlenhydrate, also etwa Zucker, Frucht- oder Milchzucker, auftauchen, sind Glykoproteine schnell vergessen, und einige der Bakterien machen sich über den Zucker her, als gäbe es kein Morgen. Die Säure, die sie anschließend ausscheiden, ist sehr viel ätzender, als wenn sie Glykoproteine zu sich nehmen. Innerhalb von drei Minuten nach Zuckergenuss sinkt der pH-Wert im Speichel ziemlich tief und erreicht erst nach 20 bis 30 Minuten wieder einen normalen Wert. Bakterien verdauen Zucker aber nicht nur, sie benutzen Moleküle aus ihm, um sich damit Polymere zu bauen, also chemische Stoffe, mit denen sie besser anhaften und in denen sie sich verschanzen können.

Während manche Gruppen unserer Bakterien durch Zucker ordentliche Überlebensvorteile bekommen, gibt es andere, die Zucker überhaupt nicht verstoffwechseln können und sogar eingehen, wenn großes Zuckerüberangebot herrscht. Bei anderen erledigt das der pH-Wert. Es gibt Bakterien, die zum Wachsen einen neutralen pH-Wert brauchen, auf sauren aber sehr empfindlich reagieren. Viele Bakterien, die eine gesunde Flora ausmachen, können niedrige pH-Werte nur für kurze Zeit tolerieren. Dauert das saure Milieu länger an, dann werden sie gehemmt oder sterben. Dafür kann zum einen unsere Nahrung verantwortlich sein, zum anderen aber auch in der Mundhöhle eingebaute zahnärztliche Werkstoffe. In so einem Klima sind die säuretolerierenden und säurebildenden Bakterien bald an der Überzahl, und sie produzieren mehr von den Stoffen, die Bestandteile aus dem Zahnschmelz herauslösen. Genauso wie andere Ökosysteme ist unsere Mund- und Darmflora vor allem dann gesund, wenn sie vielfältig ist. Ein Ungleichgewicht zwischen den Teilnehmern ist immer schlecht – das sehen wir in unserer Umwelt, wenn die Ökologie durch Umweltzerstörung aus den Fugen gerät und bestimmten Arten das Leben schwermacht. Das Gleiche gilt für unseren Organismus.

Echt ätzend

Es gibt Formen von Karies, an denen Bakterien gar nicht beteiligt sind, sondern die nur durch die Einwirkung von Säure entstehen. Zahnärzte sprechen dann von einer Erosion. Diese Säuren sind keine Stoffwechselprodukte von Bakterien, sondern stammen zum Beispiel aus säurehaltigen Getränken wie Orangensaft und Cola. Oder aus dem Magen durch Reflux oder Erbrechen. Für diese Form von Karies sind also besonders Menschen anfällig, die an einem Rückfluss der Magensäure leiden oder sich durch eine Essstörung oft erbrechen müssen. Im Magen ist ein hoher Säuregrad sehr wichtig, um zum Beispiel Proteine aufspalten zu können. Aber wenn Magensäure aufgrund einer gestörten Verdauung auf andere Gewebe einwirkt, kann sie sie empfindlich schädigen.

Karies ist heilbar

Für das Auge sichtbar wird Karies in der Regel als Erstes nicht etwa als dunkles Loch, sondern als sogenannter »White Spot«, also als eine weiße Stelle, auch Kreidefleck genannt. Die Stelle erscheint heller, weil entmineralisierte Schmelzbereiche andere optische Eigenschaften haben als mineralisierte und einfallendes Licht deshalb anders zurückstreuen. In diesem Stadium, das Zahnärzte auch als »Initialkaries« bezeichnen, muss nicht zum Bohrer gegriffen werden, wie es früher Standard war. Karies schreitet in der Regel langsam voran – über Monate und Jahre – und ist in der ersten Zeit durchaus umkehrbar. Initialkaries kann zum Stillstand gebracht oder – wie Zahnärzte sagen – »arretiert« werden, wenn man es schafft, das krankhafte Ungleichgewicht in der Mundhöhle umzukehren. Aus meiner Sicht sollte man den Zahn zunächst beobachten und in dieser Zeit die Bedingungen, die die Läsion verursacht haben, ausschalten und stattdessen die Phasen der Mineralisation durch die richtige Zufuhr von Nährstoffen unterstützen. Denn der Zahn ist jetzt noch durchaus in der Lage, sich selbst von innen neu zu mineralisieren. Bohren würde in diesem Stadium immer auch gesunden Schmelz zerstören und eine sogenannte »Füllungskarriere« starten.

Bakterienfilme in unserem Mund sind also nicht per se gefährlich. Sie wandeln sich erst zu kariogener Plaque, wenn Zucker oder andere Faktoren hinzukommen, weil sich das Milieu dann anhaltend in den sauren Bereich verschieben kann. Fehlen außerdem die schützenden Eigenschaften des Speichels, schreiten die Läsionen umso schneller voran. Bei der Kariesbehandlung geht es nun also nicht mehr vorrangig darum, einzelne mutmaßlich pathogene Mikroorganismen zu verfolgen, sondern vor allem darum, das chronische Ungleichgewicht zu korrigieren, alle demineralisierenden Faktoren zu verringern und die Remineralisation zu stärken.

Karies passiert nicht plötzlich: die fortschreitenden Kariesstadien

Über viele dieser Dinge haben wir selbst die Kontrolle: Alles, was wir essen, stärkt entweder die Bakterien, die uns gesund halten, oder verschafft denjenigen Lebensvorteile, die sich gegen uns wenden. Unsere Lebensmittel entscheiden darüber, ob wir gerade die guten oder die feindlichen Bakterien unterstützen. Ob sich die friedlichen breitmachen oder ob sie Platz machen müssen für die säurebildenden. Bakterien kommen zuhauf in unserem Mund vor, und dagegen werden und sollten wir nichts ausrichten. Ob sie uns gefährlich werden, darüber entscheiden wir selbst.

Exkurs: Weston Price und die Bedeutung der Ernährung

Anfang des 20. Jahrhunderts lebte und praktizierte in den USA ein Zahnarzt, den ich als Legende bezeichnen würde. Sein Name war Weston Price. Er war auf viele Weisen außergewöhnlich, aber wenn man eine Sache besonders hervorheben müsste, dann war es seine Fähigkeit, in Zusammenhängen zu denken. Bereits Jahrzehnte bevor sich die Wissenschaft auf die ökologische Plaquehypothese geeinigt hatte, konnte Price sich nicht vorstellen, dass es einzelne Bakterien sein sollten, die für die Flut an Patienten mit kaputten Zähnen und Zahnfehlstellungen in seiner Praxis verantwortlich waren. Aber Price beobachtete nicht nur die enorme Zunahme an Zahnerkrankungen, sondern auch den immer schlechter werdenden körperlichen Zustand der Gesellschaft. Immer mehr Menschen wurden gebrechlicher, erkrankten häufiger an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Arthritis oder Gelenk- und Rückenschmerzen aufgrund von Skoliosen und Fehlstellungen. Price vermutete, dass es eine Verbindung gab, und er widmete dieser Forschung sein Leben. Sein Verdacht war, dass die Ursache für die enorme Zunahme an Zahn- und körperlichen Erkrankungen in den Essgewohnheiten lag. Die Industrialisierung und der technologische Fortschritt ermöglichten vielen Menschen zum ersten Mal den Zugang zu raffiniertem Zucker, ausgemahlenem Weißmehl und künstlich hergestellten Massenprodukten. Nahrungsmittel waren nun leichter zu beschaffen und zuzubereiten, aber Price hatte die Vermutung, dass die Menschen für die neue Bequemlichkeit einen hohen Preis zahlen mussten. Er machte sich auf den Weg, Beweise dafür zu suchen, dass die Krankheiten der Mundhöhle vor allem dadurch bestimmt sind, was wir zu uns nehmen, und dass dieselben Ursachen nicht nur unsere Zähne kaputtmachen, sondern Auswirkungen auf den Gesundheitszustand des gesamten Körpers haben. Wenn man so will, war Weston Price wahrscheinlich der erste biologisch denkende Zahnarzt.

Er begann, in seinem Labor die chemische Zusammensetzung von Nahrungsmitteln zu untersuchen, und entwickelte die Theorie, dass den Produkten aus industrieller Herstellung viele Nährstoffe fehlten, die für die Mund- und allgemeine Gesundheit entscheidend sind. Aber Price untersuchte nicht nur, was in der heimischen Ernährung fehlte, sondern unternahm auch jahrelange Expeditionen zu anderen Kulturen. Er reiste durch Afrika, segelte nach Australien, Peru, Neuseeland und die polynesischen Inseln, er bestieg die peruanischen Anden und wanderte durch Nordamerika, Kanada, zum Polarkreis, aber auch zu Bergbauern im schweizerischen Lötschental. Bei der Auswahl der Reiseziele war ihm ein Punkt besonders wichtig: Zum einen sollte vor Ort eine Bevölkerungsgruppe zu finden sein, die möglichst isoliert und ursprünglich lebte. Zum anderen bestand sein Interesse darin, die Veränderung beim Kontakt mit der Zivilisation zu dokumentieren.

Überall machte Price die gleiche Bobachtung: Solange die Menschen sich so ernährten wie ihre Vorfahren und sie kaum Kontakt zu der heutigen Ernährungsweise hatten, waren ihre Zähne nicht nur gesund, sondern auch gerade. Ihre Kiefer boten genug Platz für alle Zähne, sie hatten breite Nüstern und atmeten durch die Nase. Auch ihre Physis war in der Regel stark. Was er nicht fand, waren Menschen, die penible Mundhygiene betrieben und regelmäßig Zahnseide benutzten. Ganz im Gegenteil: Bis auf ein paar Hölzer zur Zahnreinigung wurde von den meisten Menschen, die er traf, kaum etwas Spezielles für die Zahnpflege unternommen. Die Zähne vieler Naturvölker waren fast vollständig mit stärkehaltiger Nahrung verschmiert, und sie machten keinerlei Anstrengung, ihre Zähne zu reinigen. Trotz allem wiesen sie keinen Kariesbefall auf, sie schienen gegen Karies wie immun zu sein.

Während...

Erscheint lt. Verlag 11.3.2019
Zusatzinfo ca. 20 s/w-Illustrationen
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Naturwissenschaft
Technik
Schlagworte Allergien • Beziehung • Beziehungsratgeber • Biss zum Ende • Die Wurzel allen Übels • eBooks • Eltern • Fitness • fitness kochbuch • Gesundheit • Herzerkrankungen • Immunsystem • Karies • Körper • Zahnarzt • Zahngesundheit • Zahnimplantat • Zahnmedizin • Zahnpflege
ISBN-10 3-641-23225-2 / 3641232252
ISBN-13 978-3-641-23225-2 / 9783641232252
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