Historische Glashütten im Bayerischen Wald und im Böhmerwald - Marita Haller, Hans Schopf

Historische Glashütten im Bayerischen Wald und im Böhmerwald

800 Jahre Glashüttengeschichte
Buch | Hardcover
210 Seiten
2018 | 1. Auflage
Ohetaler Verlag
978-3-95511-084-0 (ISBN)
29,90 inkl. MwSt
Historische Glashütten
im Bayerischen Wald und im Böhmerwald
800 Jahre Glashüttengeschichte

Glashütten können im bayerischen und im böhmischen Grenzraum über 800 Jahre zurückverfolgt werden. Ende des 14. Jahrhunderts arbeiteten schon 49 kleine und aus Holz gebaute Glashütten auf bayerischem und 90 Glashütten auf böhmischem Gebiet. Sie fertigten vor allem "Patterl" (Rosenkranzperlen) für die Klöster, Knöpfe, Butzen, Gefäße für Alchimisten, einfaches Gebrauchsglas und Fensterglas nach dem Zylinder-Blasverfahren. Dieses geschichtliche Werk erinnert an 230 zum Teil schon längst vergessene Glashütten und an namhafte Glashüttenherrn und Glasmacher.
Ausführliches Kartenmaterial und Beschreibungen vermitteln den Standort von einstigen Glashütten, deren Reste manchmal noch in den Wäldern zu finden sind. Dieses Werk ist zudem ein Fundus an 630 historischen Fotos, Zeichnungen und Gemälden dieser einst so stolzen Traditionsindustrie. Für Genealogen kann es beim Auffinden ihrer Familienmitglieder helfen, die einst Glasmacher waren.
Dieser fantastische Bildband ist aber auch eine Hommage an die Traditionsglashütten, die bis heute den zunehmend schwierigen Zeiten in der Glasindustrie trotzen und noch immer Menschen Lohn und Brot geben.
Er basiert auf Forschungsergebnissen von namhaften Historikern und Heimatforschern und ist somit für jeden geschichtlich Interessierten ein unverzichtbares Nachschlagewerk zum Thema bayerische und böhmische Glashütten. Es ist das erste Mal, dass die grenzüberschreitende Glashüttengeschichte in einem Buch dargestellt wird.

Inhaltsverzeichnis
Erläuterungen 7
Vorwort 8
Der alte Böhmerwald 11
Handelswege des Glases 12
Bedeutende Glashüttenherren und Glasmacher 14
1. Familie Eisner, Seewieser Linie 14
2. Die Frisch, Raum Lohberg 14
3. Die Hafenbrädl 14
4. Glasmeister Hirsch 14
5. Ritter von Meyrswalden und Meyrs Neffen 15
6. Die Glasherren Hilz 15
7. Die Glasherrendynastie der Poschinger 16
8. Die Preißler 17
9. Die Schürer von Waldheim 17
10. Die Glasherrenfamilie Abele 17
Oberer Bayerischer Wald
2 Glashütte Engelshütt 20
45 Glashütte in Sommerau 22
46 Glashütte in Lohberg am Mühlbach 22
47 Rodungshütte in Schwarzenbach 23
48 Glashütte in Eggersberg 23
49 Glashütte im Regenspacherg‘spreng 24
49a Lohberghütte 24
51 Altlohberghütte, Ödhütte 25
53 Glashütten I, II, III – am Schneiderberg 26
54 Altlohberghütte/Riedlhütte 26
55 Lambacher untere Glasfabrik 27
56 Lohberghütte am Weißen Regen 28
188 Schrenkenthal zwischen Lohberg und Lam 28
52 Erste und zweite Seehütte am Kleinen Arbersee 28
50 Mooshütte (Moserhütte) 29
Mittlerer Bayerischer Wald
27 Schachtenbach, Schachtelbach, Höllhütte 32
79 Arberhütte am Teufelsbach 34
80a Neuhütte, Junghafenbrädlhütte, Neue Grafhütte 35
81 Eisensteiner Seebachhütte, Trutzhütte 36
25 Kristallglasfabrik in Regenhütte 38
78a Stangenruckhütte oder Grafenhütte 40
78b Steinhütte bei Eisenstein 41
82 Spiegelglasfabrik Ludwigsthal 42
83 Kgl. privileg. Kristallglasmanufaktur Theresienthal 43
85 Annathalhütte, Zwiesel Kristallglas AG 44
86 Versuchsglashütte der Glasfachschule Zwiesel 45
87 Gistl-Hütte in Frauenau 46
88 Glashütte Eisch in Frauenau 48
89 Bleikristall-Glashütte Klokotschnik, Ambiente 49
7/9 Glashütte auf der Zell, später Althütte 50
84 Lichtenthal, bei Zwiesel 51
176 Falkenstein-Glashütte 51
8 Glashütte am Kleinen Regen 51
10/12 Altposchingerhütte oder Tafelhütte 52
11 Glashütte bei den Glaserhäusern 53
13 Hütte am Kleinen Regen, Regen-Häng-Hütte 53
14 Neuhütte in Oberfrauenau 54
15 Spiegelfabrik in Oberfrauenau 55
16 Moosauhütte in Frauenau 56
17 Unterzwieselau, Oberzwieselau 57
18 Jungmaierhütte 58
19 Glashütte Buchenau, Hilzenhütte 59
20 Regenhütte, Dampfsäge 60
21 Spiegelhütte am Vorderscheuereckbach 61
22 Hirschbachhütte 62
23 Rabensteiner Hütte, Paternosterhütte 63
24/26 Rabensteiner Althütte 64
38 Flanitzhütte, Maiernhütte 65
28 Glashütt zu Schönau, auch Kayserhütte genannt 66
29 Waldglashütte unterm Lusen, „dö eizeihnt Hüttn" 67
30 Riedlhütte, Glashütte am Reichenberg 68
31 Glashütte Guglöd 69
32 Neuriedlhütte am Feistenberg 69
33/34 Spiegelau und Klingenbrunn 70
37 Spiegelau, Stanglhütte 71
35 Althütte bei Klingenbrunn 72
36 Neuhütte bei Spiegelau 72
63 Grafenhütt bei Bärnstein 73
64 Oedhof bei Schönberg 73
65 Glashütte Hirschschlag oder Hierschlag 73
Unterer Bayerischer Wald
66 Vierecklhütte, Höldenhütte, Fürstenhütte 76
67 Glashütte auf dem Hobelsberg bei Grainet 77
69 Pleuerhütte, Pleyerhütten, Bierhütte 77
70/75 Schönbrunner Glashütte 78
71 Altreichenau 79
72 Glashütte Neureichenau 79
73 Neuhütte bei Mauth 80
74 Duschelberger Glashütten I und II 82
76 Weidhütte, Alte Schönbrunnerhütte 82
77 „Vordere Glashütte Schwarzenthal“ 83
Vorderer Bayerischer Wald
1 Glashütt, St. Englmar 86
61 Optische Werke Rodenstock, Regen 87
41 Glaser und Glashütte in Mais bei Bodenmais 88
42 Hammerhütte am Moosbach 88
43 Kurfürstlich-gewerkschaftliche Glashütte Bodenmais 89
44 JOSKA Glasparadies 90
57a Breitenauer Glashütte 91
57b Glashütte Oberbreitenau 91
57c Glashütte in Unterbreitenau, „d’Hütten“ 93
58 Glashütte beim Markt Regen 93
59 Schönbacher Spiegelhütte 94
60 Poschingerhütte, Gashütte, Gemeinde Arnbruck 95
62 Weinfurtner Arnbruck 96
Glasmacherbrauch - das „Auskehren“ 97
Nördlicher Böhmerwald
Eisensteiner Glashütten 99
3 Neuern (Nýrsko) 100
103 Hüttstadt bei Neuern (Nýrsko) 100
91 Althütte am Hüttenberg (Stará Huť ) 101
92 Neue Hütte bei Böhmisch Eisenstein 102
93 Stifthütte am Büchelbach, heute Althütte 103
94 Obere Spiegelhütte (Horní zrcadlová huť) 104
95 Rothsalhütte 105
96 Deffernikhütte, später Ferdinandsthal 106
97 Pamferhütte (Pamferova Hut‘) 107
98a Obere Deffernikhütte, Neue Deffernikhütte 108
98b Kameralhütte, auch Neue Deffernikhütte 108
98c Glashütten des Anton Ziegler 108
104 Bockbastlhütte, Gerlhütte (Gerlova Hut‘) 109
107 Hinterhäuser (Zadní Domky) bei Neuern (Nýrsko) 109
100 Elisenthal (Alžbětín) 110
193 Müllerhütte, Grasslhütte (Grasslovská huť) 112
194 Stornhütte, Stornerhütte, Schindlerhütte 112
109a Osserhütten I, II, III, Alte Osserhütte, Lenkhütte 113
109b Neue Osserhütte 113
112 Eisnerhütte in Seewiesen 114
108 Muckenhof bei Neuern (Nýrsko) 116
113 Bockbastlhütte, Pockbastelhütte, auch Gerlhütte 116
114 Schürerhütte I, II, III in Seewiesen (Javorná) 116
115 Neue Gerlhütte 117
99 Patterlhütte im Seewald ( Páteříková Huť ) 118
101 Theresienhütte (Terezina Hut‘) 118
105 Freihölz (Stará Lhota) 118
106 Starlitz (Starý Láz), Nähe Neuern (Nýrsko) 118
116 Alt-Fürstenhütte, Neu-Fürstenhütte 119
117 Schmaus(ß)enhütte I, II (Přední Šmauzy) 119
Mittlerer Böhmerwald
110 Jenewelt (Onen Svět) 122
111 Glashütte Altbrunst und Neubrunst 123
118 Die Eulhütte zwischen Althütte und Mochau 123
179 Chumo (Chlum) bei Hartmanitz (Hartmanice) 123
119 Mochau (Mochov) bei Hartmanitz (Hartmanice) 124
120 Althütten bei Haidl (Stará Huť) 124
121/123 Böhmische Hütte, Glashütte Hurkenthal 125
122 Neubrunn (Nová Studnice) 126
124a Obere Stubenbacherhütte ( Prášilská hořejší huť) 126
124b Spiegelhütte zu Stubenbach 126
125 Untere Stubenbacherhütte (Prášilská dolejší huť ) 127
126 Haidlerhütte, Haidl am Ahornberg (Zhůří) 128
127 Neuhurkenthal (Nová Hůrka) 129
128 Leturnerhütte 130
129 Grünbergerhütte (Nová Zelenohorská huť ) 130
130 Zwoischen I, II (Svojše) 131
134 Babilon (Babylon) 131
131 Vogelsang I, II, III (Podlesí) 132
132 Stachauer Hütte, Neue Stachauer Hütte (Stachy) 134
135 Alte und Neue Bock(s)hütte 136
136 Hirschenstein (Jelenov) 136
138 Tiefenthaler Hütte (Hluboká) 136
141 Grafenhütte (Hraběcí Huť) 137
142 Troithütte, Goldbrunn (Zlatá Studna) 137
137 Annathal I + II (Annin) 138
139 Philippshütte „Broatnhüttn“ (Filipova Hut‘) 140
192 Alte Hütte/Stará huť u Churáňova 140
140 Antiglhof, Antiglhütte (Antýgl Hut‘) 141
143 Klostermühle (Klášterský Mlýn) 142
144 Helmbacherhütte (Helmbašská Huť) 144
145 Tafelhütte bei Kubany/Boubin (Boubín – Táflova) 145
146 Rabenhütte (Havránky, Vltavská zrcadlová huť) 145
147 Gansauerhütte bei Winterberg (Vimperk) 146
148 Schlemmerhütte 146
149 Scherauer Hütte (Šeravská huť) 146
150a Magerlhütte bei Winterberg 147
150b Bürckenhaiden, Birkenhaid (Březová Lada) 147
151 Korkushütte 147
158 Glashütte Antner (Antnerova) 147
152 Kubohütten (Kubova Huť) 148
153 Kaltenbach, Neuhütte (Nové Hutě) 149
154 Biertopfhütte, Franzensthal (Františkov) 150
155 Adolfhütte in Winterberg (Vimperk) 152
5 Glashütten bei Winterberg (Vimperk) 154
181 Idahütte (Idina huť) 154
180 Kösnerhütte bei Winterberg (Vimperk) 155
182 Luisenhütte bei Winterberg (Vimperk) 155
183 Tobiashütte 155
184 Röhrenbergerhütte oder Adlerhütte 155
185 Glashüttengut Buchingerhof bei Bergreichenstein 155
Südlicher Böhmerwald
156 Eleonorenhain (Lenora) 158
157 Althütte bei Christianberg (Stará huť u Křišťanova) 160
159 Miesau (Mizava) 160
160 Reppesching bei Prachatitz 160
162 Oberschlag bei Prachatitz (Milešice) 160
161 Stögerhütte bei Wallern (Štegrova huť) 161
163 Planer Hütte, Kaltenbrunner Hütte (Huťský dvůr) 161
4 Glashütte bei Wallern (Volary) 161
164 Ernstbrunn (Arnoštov) 162
178 Schott Glas in Husinetz (Husinec) 163
187 Andreasberg (Ondřejov), Althütten 163
6 Glashut, Herrschaft Wittinghausen 164
173 Josefsthal (Josefův Důl) 166
191 Silberberg und Bonaventura (Stříbené hutě a Sklářské hutě) 167
Operpfälzer Wald
166 Lenkenhütte, Lenkenthalhütte, ab 1890 Neuhütte 170
167a Alte Hütte, Glashütte am Posthof 171
167b Voithenberghütte 171
167c Schächtlschleif, Voithenbergschleif (Veredelung) 171
167d Unterhütte, Neu-Voithenbergische Untere Glashütte 172
168a Ulrichsgrün, Frankenschleif 174
168b Heinzelgrün 174
168c Grasslschleif 175
168d Hammermühl-Schleif-Höll 175
168e Höllerschleif 175
169 Perlhütte oder Patterlhütte 176
170 Kesselhütte bei Gleissenberg 177
171 Ödhütte, Voithenbergödhütte, Voithenberghütte 178
172a Alt-Herzogauer-Hütte 180
172b Oberhütte, später Althütte, später Bockshütte 180
175 Glashütte Charlottenthal bei Schönsee 181
177 Die Nachtmann-Glasschneiderei in Waldmünchen 182
190 Spiegelglasfabrik FLABEG , Furth im Wald 183
Český Les
200 Hanneshüttn, Johanneshütte (Jánská Hut‘), Lenkenhütte 186
201 Schwanenbrückl (Mostek), Neuhütten 186
202 Althütten (Stará Hut‘) bei Eisenberg (Codenland) 186
203 Kreuzhütte (Křížová huť) 187
204 Mauthaus (Mýtnice) 187
205 Angerhütte (Úpor) 187
206 Alten Hütte, Wassersuppener Alte Hütte 188
207 Neue Hütte (Nová Hut‘), Friedrichshütten (Bedřichova huť) 190
208 Neubauer Hütten (Novosedlské hutě) 191
209 „Hiten Schwarza“ 191
210 Fichtenbacher Glashütten, auch Feuchtenbach 192
211 Grafenried (Lučina) 193
212 Glaserau (Skláře), Gläserdorf zwischen den Feldern 193
213 Haselberg (Lískovec) 193
214 Seeg (Pila) 194
215 Plöss (Pleš) 194
216 Rappauf (Rabov), im westböhmischen Kreis Domažlice 194
217 Neubäu (Novosedly), Glasschleifereien 194
218 Abel Hütte, Aw(b)erlhütte; 1839 Franzbrunnhütten, Aberlhütte 195
219 Straßhütte (Štráská Huť) 195
220 Karlbach 195
221 Eisendorfhütte (Eisendorfská Hut‘) 196
222 Neuglashütten 196
223 Walddorfhütte (Valdorf), Walddorfer Hütte, Weiße Hütte 196
Anhang
Ehemalige Glashütten, die noch zu erforschen sind 198
Index 199
Danke 205
Das Autorenteam 206
Glashüttenmarsch 207
Lamberts, Waldsassen 208

Vorwort von Marita Haller Glashütten im bayerisch-böhmischen Grenzraum können über 800 Jahre zurückverfolgt werden. Es wird vermutet, dass die ersten Glasmacher aus Bayern in den Böhmerwald kamen. Im 13. Jahrhundert sind beidseits der Grenze bereits Glashütten belegt. Ortsnamen verweisen auf diese frühe Glashüttentätigkeit. Ende des 14. Jahrhunderts sollen schon 49 kleine Glashütten auf bayerischem und 90 Glashütten auf böhmischem Gebiet gearbeitet haben. Sie fertigten überwiegend „Patterl“, also Rosenkranzperlen, Knöpfe, „Butzen“ für Fensterscheiben und Scheiben nach dem Zylinderverfahren für Klöster und Kirchen, einfache Hohlkörper und auch Gefäße für Alchimisten. Landesgrenzen wurden seinerzeit kaum beachtet. Die Glasmacher zogen von einer Glashütte zur anderen. Vor dem Hussitenkrieg (1419–1434) war die bayerisch-böhmische Grenzregion bereits ein Zentrum der Glasindustrie. Die frühen Glashütten waren aus Holz gebaut und konnten so, wenn der Wald rund um die Glashütten für Wohnhütten, Pottasche, Befeuerung der Glasöfen und Schmelzhäfen abgeholzt war, immer wieder an anderer Stelle und Jahre später wieder an gleicher Stelle, teils unter einem anderen Namen, neu in Betrieb genommen werden. Der Volksmund gab den Hütten zudem oft zusätzliche Namen. Waren die Glashütten zum Beispiel nach dem Besitzer genannt, erhielten sie vom Volksmund noch den Namen des jeweils aktuellen Pächters. So konnte eine Glashütte im Laufe der Zeit mehrere unterschiedliche Namen haben. Wurde eine Glashütte aufgelassen, erhielt sie oft die Bezeichnung „Althütte“ oder „Altglashütte“ und die an anderer Stelle neu eröffnete Glashütte die Bezeichnung „Neuhütte“ oder „Neuglashütte“. In fast jeder Region gab es diese gleichen Namensbezeichnungen. Deshalb war es bei der Recherchearbeit sehr schwierig, nicht den Überblick zu verlieren. Ende des 15. Jahrhunderts war Gebrauchsglas auch in ärmere Haushalte eingezogen. Auch so genannte Scherzgläser waren in Mode gekommen. Ab dem 19. Jh. kam das so genannte „Bauernsilber“ in Gebrauch. Glasobjekte wurden zwischen zwei Glasmänteln innen mit Quecksilber verspiegelt und so hatten die armen Leute auch „Silber“ auf dem Tisch. Heute sind diese Glasobjekte bei Sammlern sehr beliebt, insbesondere wenn sie zusätzlich bemalt wurden. Im 16./17. Jh. fand eine weitere, überaus rege Glashütten-Bautätigkeit statt. Die Hütten wurden von den Glasherren bevorzugt in der Nähe von Handelswegen angelegt, sie wurden aber auch oft an abgelegenen, steilen Waldhängen in der Nähe eines Baches errichtet. Dort fraßen sie sich förmlich in den Wald und machten selbst ein schlecht zugängliches Gelände nutzbar. Man kann sich vorstellen, dass es nicht einfach war, auf den kaum befahrbaren steilen und steinigen Wegen das für die Glashütte notwendige Material und auch die fertigen Glaswaren zu transportieren. Die Wegebefestigungen, bei welchen Stein an Stein stößt, sind zum Teil bis heute erhalten. Reiche, venezianische Techniken hatten im 17/18. Jahrhundert Einzug in die Glashütten gehalten. Bekannte Glasmeister-Namen tauchten auf, wie Eisner, Hafenbrädl, Poschinger, Bock, Gerl, Schürer, Hirsch, Abele, Hilz, Schrenk, Frisch, Müller, Adler, Gattermayer und andere. Sie ließen die Glasbranche florieren. Im 18. und 19. Jahrhundert waren die Glasbetriebe und Veredelungsbetriebe immer größer geworden. Immer mehr Menschen fanden Brot und Lohn durch Glas. Produziert wurden u.a. Rosenkranzperlen, Knöpfe, Apothekerglas, Butzen für Scheiben, Tafel- und Spiegelglas sowie Hohlglas/Tischglas, Flaschen und Brillenglas. Mit der weiteren Entwicklung von Tafelglas wuchsen ab dem 18. Jahrhundert auch Hinterglasmaler förmlich aus dem Boden, die viele Rohglasscheiben benötigten. Die Hüttenherren mussten ihre Preise vorausschauend kalkulieren. Wenn die Glashändler mit ihren Fuhrwerken zu den Glashütten kamen, mussten sie dort oft auf ihre Bestellung warten. Das konnte bis zu 2 Monate dauern, bis die georderten Gläser fertig waren. Während dieser Zeit wohnten sie beim Hüttenmeister und wurden auch von ihm verpflegt. Es musste auch genügend Ersatzglas für Bruch auf den langen Weg zum Kunden mitgegeben werden. Mit Zunahme der sich in die Wälder fressenden Glashütten hatte sich immer mehr ein Holzmangel bemerkbar gemacht. Die Herstellung von Pottasche wurde von den Waldbesitzern und Gesetzgebern (z.B. Bayer. Hofkammer) stark eingeschränkt. Pottasche musste oft teuer aus dem Ausland bezogen werden. Es wurde versucht, der Krise entgegenzuwirken. 1788 waren in England bereits 14 Glashütten mit Kohle befeuert worden. Ab dem Jahr 1809 liefen auf der Lambacher Hütte durch Franz von Baader bereits erfolgreiche Versuche, Glaubersalz statt Pottasche zu verwenden. Die Glashütten, die sich umstellten, hatten es leichter, zu überleben. In der bayerischen Grenzregion bekam man erst nach dem Bau der Eisenbahn (1865/1877) die Möglichkeit, preiswert an Kohle zu kommen. Die Hütten mussten aber jetzt den Wald verlassen und sich in verkehrsgünstigere Regionen ansiedeln. Glashütten, welche die Wanderung nicht mitmachten und sich zudem dem technischen Fortschritt verschlossen hatten (Gasgeneratoren nach Siemens, Glasschmelzwannen, Tafelglasherstellung im Ziehverfahren für Fensterglas oder im Walzverfahren für die Spiegelherstellung), weil sie vielleicht auch das Kapital dafür nicht mehr hatten, waren dem Untergang geweiht. Der endgültige Zusammenbruch der Tafelglas-Mundglashütten begann um 1923 und dauerte bis 1935. Doch auch so manche Hohlglashütte hatte im 19. Jh. Probleme bekommen. Die Pachtpreise in den Orten waren hoch. Massenware, wie Flaschen, wurde bereits durch Maschinen hergestellt. Neue Techniken und modernere Betriebe sollten die Krise zu überbrücken helfen. Es wurden reich dekorierte und farbige Überfanggläser angeboten. Luxusglas war nun gefragt. Die Glashütten passten sich immer flexibler an die Wünsche auch von ausländischen Kunden an. Auf Weltmessen und Industrieausstellungen wurde um Medaillen und Ansehen gekämpft. Farbenfrohe Jugendstil-Gläser waren Ende des 19. Jhs. in Mode gekommen. Mit Beginn des 20. Jahrhunderts machte sich ein weiterer Umbruch auch in der Glasmode bemerkbar. In Anlehnung an die nordböhmischen Glasfachschulen in Steinschönau (Kamenický Šenov) und Haida (Nory Bór) war 1904 in Zwiesel die erste deutsche Glasfachschule gegründet worden. Die Schule bemühte sich die Glashütten auf modernere Formen und Dekore einzustimmen. Möglicherweise haben die Hohlglashütten dieser Trendwende nicht ausreichend Aufmerksamkeit geschenkt. Sie begannen den Schwerpunkt auf große Stückzahlen und Schnelligkeit bei der Fertigung zu legen, was eine maschinelle Fertigung herausforderte. Die aufgekommenen Bleiglashütten für mundgeblasenes Glas erhielten Konkurrenz durch vollautomatische Pressen für dekoriertes Bleikristall. Ausländische Konkurrenz half zudem durch preiswertere Ware und niedrigere Löhne den nicht mehr abwendbaren Abwärtstrend zu beschleunigen. Die Glashütten, die den Zweiten Weltkrieg überlebt hatten, investierten und modernisierten. Nach dem Krieg hatte man wieder Bedarf an Glas, doch der hielt nur wenige Jahrzehnte an. Trotz der Glasfachschule und den bestens ausgebildeten Glasschaffenden leben heute vergleichsweise zu früher nur noch wenige Glasmacher und heute auch Glasmacherinnen von ihrem Beruf. Glashütten und Glasveredeler können nur überleben, wenn sie flexibel auf den Markt reagieren, sich spezialisieren und Marktlücken entdecken. Niemand kann sagen, wie lange die traditionsreichen Glashütten in der Grenzregion noch überleben können. Die Konkurrenz heute sind preiswerte Glaswaren, z.B. aus Ländern wie China und Russland. Wenn der Blick für Qualität und Preis-Leistungs-Verhältnis beim Endverbraucher verloren geht, wird auch die ruhmreichste Glashütte schließen müssen. Ein alter Glasmacherspruch hat heute wieder eine große Bedeutung: „Es ist ein unendlich Kreuz Glas zu machen“, mit der Ergänzung von heute „und Glas zu verkaufen“. Im vorliegenden Gemeinschaftswerk „historische Glashütten im Bayerischen Wald und im Böhmerwald – Glashüttenstandorte aus acht Jahrhunderten“ sind trotz der über 200 genannten Glashütten mit Sicherheit nicht alle Hütten erwähnt, die es im bayerischen und im böhmischen Grenzraum gegeben hat. Dieses Werk führt jedoch erstmals die bis heute bekannten zahlreichen Glashütten im Grenzraum in einem Buch zusammen, erinnert, da wo es noch möglich war, mit Fotos, Gemälden oder Zeichnungen an sie und ist somit für jeden geschichtlich Interessierten ein unverzichtbares Nachschlagewerk. Immer wieder tauchen in alten Schriften Namen von nicht mehr vorhandenen Glashütten auf, Namen, die im Laufe der Zeit vergessen wurden. Das ist für uns Ansporn, noch weiter über dieses spannende Thema zu forschen. Kaum Informationen gibt es zum Beispiel über einige böhmische Glashütten (siehe Seite 198 Ehemalige Glashütten, die noch zu erforschen sind) und sicher gibt es auch auf der bayerischen Seite noch ehemalige Glashüttennamen, die wir hier nicht erfasst haben. Wir bitten Sie deshalb, verehrte Leser, uns zu informieren, wenn Sie noch über weitere Kenntnisse verfügen. Herzlichen Dank

Vorwort
von Marita Haller
Glashütten im bayerisch-böhmischen Grenzraum können über 800 Jahre zurückverfolgt werden. Es wird vermutet, dass die ersten Glasmacher aus Bayern in den Böhmerwald kamen. Im 13. Jahrhundert sind beidseits der Grenze bereits Glashütten belegt. Ortsnamen verweisen auf diese frühe Glashüttentätigkeit.
Ende des 14. Jahrhunderts sollen schon 49 kleine Glashütten auf bayerischem und 90 Glashütten auf böhmischem Gebiet gearbeitet haben. Sie fertigten überwiegend "Patterl", also Rosenkranzperlen, Knöpfe, "Butzen" für Fensterscheiben und Scheiben nach dem Zylinderverfahren für Klöster und Kirchen, einfache Hohlkörper und auch Gefäße für Alchimisten. Landesgrenzen wurden seinerzeit kaum beachtet. Die Glasmacher zogen von einer Glashütte zur anderen.
Vor dem Hussitenkrieg (1419-1434) war die bayerisch-böhmische Grenzregion bereits ein Zentrum der Glasindustrie. Die frühen Glashütten waren aus Holz gebaut und konnten so, wenn der Wald rund um die Glashütten für Wohnhütten, Pottasche, Befeuerung der Glasöfen und Schmelzhäfen abgeholzt war, immer wieder an anderer Stelle und Jahre später wieder an gleicher Stelle, teils unter einem anderen Namen, neu in Betrieb genommen werden. Der Volksmund gab den Hütten zudem oft zusätzliche Namen. Waren die Glashütten zum Beispiel nach dem Besitzer genannt, erhielten sie vom Volksmund noch den Namen des jeweils aktuellen Pächters. So konnte eine Glashütte im Laufe der Zeit mehrere unterschiedliche Namen haben.
Wurde eine Glashütte aufgelassen, erhielt sie oft die Bezeichnung "Althütte" oder "Altglashütte" und die an anderer Stelle neu eröffnete Glashütte die Bezeichnung "Neuhütte" oder "Neuglashütte". In fast jeder Region gab es diese gleichen Namensbezeichnungen. Deshalb war es bei der Recherchearbeit sehr schwierig, nicht den Überblick zu verlieren.
Ende des 15. Jahrhunderts war Gebrauchsglas auch in ärmere Haushalte eingezogen. Auch so genannte Scherzgläser waren in Mode gekommen. Ab dem 19. Jh. kam das so genannte "Bauernsilber" in Gebrauch. Glasobjekte wurden zwischen zwei Glasmänteln innen mit Quecksilber verspiegelt und so hatten die armen Leute auch "Silber" auf dem Tisch. Heute sind diese Glasobjekte bei Sammlern sehr beliebt, insbesondere wenn sie zusätzlich bemalt wurden.
Im 16./17. Jh. fand eine weitere, überaus rege Glashütten-Bautätigkeit statt. Die Hütten wurden von den Glasherren bevorzugt in der Nähe von Handelswegen angelegt, sie wurden aber auch oft an abgelegenen, steilen Waldhängen in der Nähe eines Baches errichtet. Dort fraßen sie sich förmlich in den Wald und machten selbst ein schlecht zugängliches Gelände nutzbar. Man kann sich vorstellen, dass es nicht einfach war, auf den kaum befahrbaren steilen und steinigen Wegen das für die Glashütte notwendige Material und auch die fertigen Glaswaren zu transportieren. Die Wegebefestigungen, bei welchen Stein an Stein stößt, sind zum Teil bis heute erhalten.
Reiche, venezianische Techniken hatten im 17/18. Jahrhundert Einzug in die Glashütten gehalten. Bekannte Glasmeister-Namen tauchten auf, wie Eisner, Hafenbrädl, Poschinger, Bock, Gerl, Schürer, Hirsch, Abele, Hilz, Schrenk, Frisch, Müller, Adler, Gattermayer und andere. Sie ließen die Glasbranche florieren. Im 18. und 19. Jahrhundert waren die Glasbetriebe und Veredelungsbetriebe immer größer geworden. Immer mehr Menschen fanden Brot und Lohn durch Glas. Produziert wurden u.a. Rosenkranzperlen, Knöpfe, Apothekerglas, Butzen für Scheiben, Tafel- und Spiegelglas sowie Hohlglas/Tischglas, Flaschen und Brillenglas. Mit der weiteren Entwicklung von Tafelglas wuchsen ab dem 18. Jahrhundert auch Hinterglasmaler förmlich aus dem Boden, die viele Rohglasscheiben benötigten.
Die Hüttenherren mussten ihre Preise vorausschauend kalkulieren. Wenn die Glashändler mit ihren Fuhrwerken zu den Glashütten kamen, mussten sie dort oft auf ihre Bestellung warten. Das konnte bis zu 2 Monate dau

Erscheinungsdatum
Zusatzinfo Historische Bilder und Landkarten
Sprache deutsch
Maße 210 x 300 mm
Gewicht 1000 g
Themenwelt Literatur
Geschichte Teilgebiete der Geschichte Kulturgeschichte
Geschichte Teilgebiete der Geschichte Wirtschaftsgeschichte
Technik
Schlagworte 230 historische Glashütten • Glashüttengeschichte • Haller Marita • Historische Glashütten • Schopf Hans • vergessene Glashütten • Verschwundene Glashütten
ISBN-10 3-95511-084-2 / 3955110842
ISBN-13 978-3-95511-084-0 / 9783955110840
Zustand Neuware
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