Die Weisheit alter Hunde (eBook)

Gelassen sein, erkennen, was wirklich zählt – Was wir von grauen Schnauzen über das Leben lernen können
eBook Download: EPUB
2018
320 Seiten
Ludwig Buchverlag
978-3-641-22941-2 (ISBN)

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Die Weisheit alter Hunde - Elli H. Radinger
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Hunde sind großartig - egal in welchem Alter! Das Leben mit einem alten Hund und die Begleitung in seinen letzten Jahren öffnen unsere Augen und unser Herz. Alte Hunde können uns viel beibringen: Nimm jeden Tag als Geschenk; bereue nichts; kümmere dich um dein Rudel; erkenne, was wirklich zählt; nimm hin, was nicht zu ändern ist; vergib, solange du lebst; du bist nie zu alt für neue Tricks; das Alter ist eine Frage der Einstellung - und vieles mehr. Elli H. Radinger, Wolfs- und Hundeexpertin, erzählt spannende Geschichten, die exemplarisch stehen für Vertrauen, Geduld, Achtsamkeit, Dankbarkeit, Intuition, Liebe, Vergebung und Witz, aber auch für den Umgang mit Trauer und Verlust. Ein warmherziges und verblüffendes Kompliment an den besten Freund des Menschen.

Elli H. Radinger, Jahrgang 1951, gab vor dreißig Jahren ihren Beruf als Rechtsanwältin auf, um sich ganz dem Schreiben und ihrer Leidenschaft, den Wölfen, zu widmen. Heute ist sie Deutschlands renommierteste Wolfsexpertin und gibt ihr Wissen in Büchern, Seminaren und Vorträgen weiter. Seit einem Vierteljahrhundert verbringt sie einen Großteil des Jahres im amerikanischen Yellowstone-Nationalpark in Wyoming, um wilde Wölfe zu beobachten. Elli H. Radinger lebt mit ihrer Hündin in Wetzlar, Hessen.

ALTER – EINE FRAGE DER EINSTELLUNG

Der Physiker Albert Einstein hat in seiner Relativitätstheorie den Begriff der Zeit einmal mit dem bekannten »Zwillingsparadoxon« erklärt: Ein Zwilling fliegt mit einem Raumschiff ins All, der andere bleibt auf der Erde. Nach einer gewissen Zeit kommt der Bruder, der ins All geflogen ist, im selben Tempo zurück zur Erde. Dort angekommen, stellen beide fest, dass der Zwilling auf der Erde wesentlich älter ist als sein Bruder aus dem Weltall. Laut Einstein ist das logisch, denn dank der raschen räumlichen Bewegung hat der Astronaut weniger Zeit »verbraucht«.1 Wie schnell oder wie langsam die Zeit vergeht, hängt also davon ab, wie rasch man sich bewegt.

Ich brauche kein Raumschiff, um die Geschwindigkeit der Zeit zu beobachten. Mir reicht mein Hund. Als acht Wochen alter Welpe kam Shira zu mir. Heute – mit dreizehn – ist sie älter als ich. Ich sehe sie an und frage sie: »Wie um alles in der Welt bist du so alt geworden?«

Shira ist in Spendierlaune und wirft mir in ihrer unendlichen Güte einen Blick zu, der sagt: »Schau dich doch selbst an.«

Und sie hat natürlich recht. Auch ich bin älter geworden. Ich weiß nicht, wie Shira sich damit fühlt, älter zu werden. Ich möchte glauben, dass sie es einfach akzeptiert und im besten Fall genießt.

Im Augenblick liegt sie unter meinem Schreibtisch, den Rücken an die Heizung gedrückt. Ab und zu streckt sie ihre Beine aus wie eine Katze, gräbt die Krallen in den Teppich und sieht mich an. Dann schnauft sie tief und schläft weiter. Eine Vorderpfote über die andere gelegt wie zum Hundegebet, ein leises Zucken.

Altern ist Neuland für jeden von uns, unabhängig von der Tatsache, dass die Menschheit es von Anbeginn an getan hat. Es gibt Schlimmeres, als die letzten Jahre unseres Lebens schlafend neben jemandem zu verbringen, den wir lieben, und davon zu träumen, was war und was noch sein könnte.

Shira war ein süßer kleiner Hundewelpe, der mit fliegenden Ohren über die Wiese tollte. Dabei stolperte sie manchmal über ihre viel zu großen Pfoten und kugelte durch das Gras, um sich gleich darauf wieder aufzurappeln und einem Schmetterling nachzujagen, den sie aufgeschreckt hatte. Zum Dahinschmelzen. An die Welpenzeit schlossen sich Pubertät und Flegelphase an. Es folgten viele schöne gemeinsame Jahre mit dem erwachsenen Hund. Und dann kam der Tag, an dem ich feststellte, dass aus dem drolligen Fellknäuel von einst eine Seniorin geworden war, die lieber gemütlich auf der Couch liegt, als Bällen nachzujagen, und deren Gelenke beim Aufstehen ächzen. Im Grunde ging es mir ähnlich. Der einzige Unterschied zwischen uns war, dass Shira im Zeitraffer gealtert ist.

Eine Freundin von mir weigert sich auch mit siebzig noch, sich als »alt« bezeichnen zu lassen. Einer Bekannten wurde zum fünfundsiebzigsten Geburtstag von ihren Kindern eine »Seniorenkreuzfahrt« geschenkt. Sie nahm das Geschenk nicht an, weil sie sich nicht zu den »alten Leuten« zählt.

Ich habe mich mein Leben lang auf das Alter gefreut, das für mich Freiheit von vielen gesellschaftlichen Erwartungen und Zwängen bedeutete. Ich würde endlich alles tun können, was ich will, und die Leute würden milde lächeln: »Schaut mal, die verrückte Alte.«

Den Beginn der Wechseljahre feierte ich mit einer »Red Hot Mamas«-Party. Eingeladen waren ausschließlich Frauen in den Wechseljahren. Wir alle trugen rote Kleider, und es gab scharfe Speisen wie Chili und thailändische Küche.

Heute bin ich siebenundsechzig, und meine Chancen, die gewünschten hundert Jahre zu erreichen, sind statistisch gesehen gut. Natürlich bleibe ich von Alterswehwehchen nicht verschont, genauso wenig wie Shira. Doch an ihrem Beispiel lerne ich, wie positives Altern geht und wie man das Beste daraus macht.

Der älteste Mensch, der jemals gelebt hat, war nach Angaben der Bibel Methusalem, der neunhundertneunundsechzig Jahre alt wurde und seinen Sohn Lamesch mit zarten einhundertsiebenundachtzig Jahren zeugte.2 Der australische Cattle-Dog Blueye war laut Guinnessbuch der Rekorde mit neunundzwanzig Jahren und fünf Monaten lange Zeit der älteste Hund der Welt. Die Kelpie-Hündin Maggie, ebenfalls in Australien, setzte 2016 eine neue Höchstmarke. Sie wurde dreißig Jahre alt.3 Allerdings gilt sie nicht offiziell als älteste Hündin der Welt, da ihr Besitzer, der Farmer Brian McLaren, ihre Geburtsurkunde und die entsprechenden Papiere verloren hat. Somit lässt sich ihr exaktes Alter nicht bestimmen. Aber als McLaren den damals acht Wochen alten Welpen Maggie zu sich nahm, war sein Sohn Liam gerade vier Jahre alt. Heute ist Liam vierunddreißig.

Als ich versuchte, mithilfe eines Online-Rechners Maggies Alter in Menschenjahre umzurechnen, weigerte sich das Programm: Bitte geben Sie eine Zahl unter 25 ein. Offenbar gingen die Programmierer nicht davon aus, dass Hunde älter als fünfundzwanzig werden. Maggies Alter entspricht etwa zweihundert Menschenjahren.

Die Lebenserwartung von Mensch und Hund ist in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen und tut es immer noch. Beim Vierbeiner hat sie sich in zwanzig Jahren um drei Jahre erhöht. Ursachen sind verbesserte medizinische Versorgung und artgerechte Ernährung und Haltung.

Die meisten Hunde werden zwischen acht und fünfzehn Jahre alt. Extrem selten erreichen sie ein Alter von bis zu zwanzig Jahren. Forscher der Universität Göttingen haben in einer Studie die Daten von mehr als fünfzigtausend Hunden aus vierundsiebzig verschiedenen Rassen ausgewertet und festgestellt, dass große Hunde früher sterben als kleine.4 Auch sterben Rassehunde im Vergleich zu Mischlingen deutlich früher. Und die Bulldogge, die durchschnittlich nicht älter als sechs Jahre wird, hat die kürzeste Lebenserwartung aller Hunde.

Das Ergebnis der Studie sollte mich beunruhigen: Als Labrador gehört Shira eher zu den großen Rassen. Allerdings könnte ich sie auch als »Mischling« definieren, denn ihr Vater war ein Labrador, ihre Mutter ein Flat Coated Retriever. Das bedeutet, ich habe Zeit gewonnen. Ich atme auf. Noch einmal davongekommen. Ich kenne das Gefühl, mit einer latenten Bedrohung zu leben. Bei meiner Wolfsforschung im amerikanischen Yellowstone-Nationalpark halte ich mich täglich in einem Gebiet auf, das nur etwa fünf Kilometer über einer riesigen Kammer mit glühendem Magma liegt. Jederzeit kann hier ein »Supervulkan« ausbrechen. Wissenschaftler gehen von einem Ausbruch alle sechshunderttausend Jahre aus. Der jüngste ist sechshundertvierzigtausend Jahre her, eine große Eruption ist also überfällig.

Dennoch sage ich mir unverdrossen immer wieder: Jetzt noch nicht. Mir passiert das nicht. Jetzt ist nicht die Zeit.

So geht es mir auch mit Shira. Dreizehn Jahre? Kein Alter. Natürlich möchte ich, dass sie so lange wie möglich lebt und gesund bleibt.

Gibt es eine Zauberformel für ein hohes Alter? Das habe ich versucht herauszufinden und in meinem Online-Newsletter die Besitzer alter Hunde gebeten, mir das Leben mit ihrem Vierbeiner zu schildern. Ich habe über zweihundert Zuschriften erhalten und möchte mich an dieser Stelle bei allen bedanken, die mir ihre Geschichten erzählt und ihr Herz geöffnet haben. Sie haben mich sehr berührt und oft genug zum Weinen gebracht. Vor allem aber haben mir ihre Mails Hoffnung gemacht.

Da ist zum Beispiel Kathys Hündin Peggi. Der achtzehn Jahre alte Mix aus Tibet-Terrier und Cocker Spaniel lebt überwiegend bei Kathys achtundsiebzigjähriger Mutter in Hamburg. Da haben sich zwei Seniorinnen – die übrigens beide noch topfit sind – gesucht und gefunden. Oder Heikes Malta, ein Straßenhund, der mit sechzehn Jahren starb. Pocolino, der Hund von Rosemarie, stammte aus Fuerteventura und erreichte das stolze Alter von zwanzig Jahren. Filou, der Terrier-Mix von Andrea, ist neunzehn. Viele Hunde meiner Leser wurden (oder sind) fünfzehn, sechzehn und mehr Jahre alt. Dagegen ist Shira glatt ein Jungspund, und das macht mir Hoffnung, dass dreizehn doch noch nicht sooo alt ist.

Aber habe ich nun die Zauberformel erfahren? Ich muss Sie enttäuschen: Es gibt kein magisches Geheimrezept für ein hohes Alter – weder beim Hund noch beim Menschen. Die Probleme der heutigen Zeit, die Hunde vorschnell »altern« lassen, sind dieselben wie bei uns: falsche Ernährung und Übergewicht, mangelnde Bewegung und zu wenig geistige Herausforderungen.

Trotzdem: Sie können alles »richtig« machen oder alles »falsch«, im Grunde ist es unbedeutend. Niemand garantiert Ihnen, dass Bello (oder Sie) dadurch länger leben werden. Es gibt zahlreiche Studien, die uns Menschen sagen, wie wir leben müssen, welche Lebensmittel wir essen und welchen Sport wir treiben sollten, um hundert zu werden. Dennoch können Sie morgen aus dem Haus gehen und von einem Bus überfahren werden. Was also zählt, ist die Qualität unserer Lebenszeit, nicht die Quantität.

Ich beschließe, mich nicht mehr verrückt machen zu lassen. Alter ist keine Krankheit, weder für den Zwei- noch für den Vierbeiner. Shira entspricht laut meinem Online-Rechner mit ihrem Gewicht von fünfundzwanzig Kilo einem menschlichen Alter von dreiundneunzig Jahren. Damit hat sie sogar meine siebenundachtzigjährige Mutter überholt.

Ich ziehe Bilanz. Wie hat sich Shira im Alter verändert? So wie sie jetzt unter dem Schreibtisch schläft, strahlt sie eine meditative Ruhe aus. In meinen Augen bleibt sie ewig jung. Viele Jahre lang haben wir alles gemeinsam gemacht....

Erscheint lt. Verlag 1.10.2018
Zusatzinfo 24 S. Farbbildteil
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Natur / Ökologie
Technik
Schlagworte Charakter Tiere • eBooks • Empathie Tiere • Hundeseele • Intelligenz • Kommunikation Tiere • Lebensweisheiten • Penguin Bloom • Peter Wohlleben • Seelenverwandte • Tierintelligenz
ISBN-10 3-641-22941-3 / 3641229413
ISBN-13 978-3-641-22941-2 / 9783641229412
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