Der Freiberger Dom

Architektur als Sprache und Raumkunst als Geschichte
Buch
196 Seiten
2018
Stekovics, J (Verlag)
978-3-89923-385-8 (ISBN)
19,80 inkl. MwSt
Üblicherweise werden Kirchenbauwerke als räumlich und zeitlich abgeschlossene baukünstlerische Werke beschrieben. Die zeitliche Eingrenzung folgt der Idee, sie einem Stil und einer Epoche zuzuordnen und sie vom Baubeginn bis zur Weihe als zeitlich abgeschlossenes Projekt zu verstehen. Verbindungen der Bauelemente untereinander oder das Zusammenspiel mit Werken anderer Kunstgattungen werden allenfalls vor dem Hintergrund aufeinanderfolgender Bau- und Ausstattungsphasen beleuchtet. Begriffe wie Gesamtkunstwerk ermöglichen es, Werke unterschiedlicher Zeiten als historisch gewachsene Einheiten zu begreifen. Doch die Funktionsfähigkeit mittelalterlicher Kirchen begann nicht erst mit ihrer Vollendung. Ihr vielfältiger und auch wechselhafter Gebrauch hinterließ höchst interessante Spuren. Eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe unter der Leitung von Prof. Stefan Bürger ist diesen Spuren im Freiberger Dom nachgegangen. Die Ergebnisse ihrer vom Üblichen abweichenden Kunstbetrachtung sind in diesem Buch nachzuverfolgen. Die Plausibilität dieser äußerst anregenden und insgesamt auf historische Architekturen übertragbaren Annäherung wird in diesem Buch gesteigert durch eine Vielzahl exzellenter Fotografien. Bauwerke tragen das Prozesshafte historischer Abläufe in sich. Überdies spiegeln sie Bedürfnisse und Intentionen der am Bau Beteiligten wider. Neue Bedeutungen verankerten sich am Alten. Architektur also ist als bildhaftes Medium zu lesen. Indem dieses Buch anhand eines exemplarischen Bauwerks dazu einlädt, sich in einem Raum durch die Zeiten zu bewegen, regt es zu neuen Betrachtungsweisen an. Es beschreibt im wahrsten Wortsinne anschaulich, wie Räume eben keine simultanen Bildkonzepte sind, sondern wie durch die Bewegung in ihnen eingeschriebene historische Erzählungen nachvollziehbar werden. Diese Verbindung von Real- und Denkräumen eröffnet dem Besucher neue Möglichkeiten und regt dazu an, sich Kulturdenkmale auf neue und aktive Weise anzueignen.

Vorwort und Dank
Einleitung
Werke sind Prozesse
Räume und Zeiten
Damals und Heute

Zu den Vorgängen in der Geschichte
Ist der Dom niedersächsisch, obersächsisch, kursächsisch oder nur sächsisch?

Zur Geschichte des Vorgängerbaus und den Vorgänge(r)n der Baugeschichtsschreibung
Geschichte bildet? Wie Geschichte bildet und gestaltet
Finden und Verbinden
Das historistische Bild
Bauhistorische Korrekturen
Kunsthistorische Korrekturen
Bauarchäologische Neufassung
Multimediale Überblendungen
Informationsgewinn und Informationsverlust
durch Bildvorstellungen
Projektionen erhellen oder überstrahlen

Die Goldene Pforte
Wie und warum soll man in ein Bild eintreten?
Prolog und Prophezeiung
Figuren erzählen
Vom Bild durch den Bildraum in ein Raumbild


Der rätselhafte Lettner
Wie erzeugte der Lettner einen mehrdimensionalen und multiperspektivischen Raum?
Baulich sinnvoll?
Inhaltlich sinnvoll: vom vierfachen Schriftsinn
Die räumlichen und zeitlichen Dimensionen der Architektur
Die zugänglichen, aber außerweltlichen, metaphysischen
Dimensionen des Bildprogramms
Die nahen, aber entzogenen Dimensionen

Der Umbau und die Inszenierung des Chores um 1400
Was vermag eine Gewölberippe zu erzählen?
Auf Druckerpapier, Hochglanz- oder Büttenpapier?
Des Chores Kern
Exkurs: Prag und das Parallelrippengewölbe
Der Vorchor als Weg und Kulisse der Geschichte
Eine einzigartige Verunsicherung als Auslöser der Erzählung
Der Ostchor als Ziel der Erzählung
Der Schritt ins Allerheiligste als Pointe
Exkurs: Eine Interpretation dieser Erzählung

Das Langhaus als Gestaltungsprozess, Bild- und Handlungsraum
Die Baugeschichte als Gestaltungsprozess
Technologiewandel und Raumkonzeptwechsel?
Exkurs: Die Baustelle als Bild
Ist das Langhaus eine räumliche Nachbildung der Goldenen Pforte?
Das Langhaus als Portal
Eingang ins Reich Gottes – zum Heil und Himmlischen Jerusalem
Eingeschlossen der Paradiesgarten
Der Raum als Bild – als historisch erzählter Zugang zur Heilsgeschichte
Der Raum als Vision – als Fenster, Ausblick und Prophezeiung zur Heilsgewissheit
Der Raum als Offenbarung – als innere Öffnung und Verheißung
Zwei Teile einer Erzählung: Goldene Pforte und spätgotisches Langhaus
Exkurs: Licht statt Finsternis – was die Formen der Freipfeiler bewirken
Exkurs: Wie gestaltet man das „Himmlische“ mit der Architektur?

Überlegungen zu Kirchenraum, Kollegiatstiftchor und Domherrenhäusern
Wie nutzte die Geistlichkeit den Dom als Bühnenraum und Bühnenbild?

Zur Inszenierung von Schloss, Westportal, Treppenanlage und Herrscherempore
Wie nahm der Fürst am sakralen Rollenspiel teil?
Gesehen werden
Emporsteigen und erhaben sitzen
Teilnehmen und sich inszenieren

Die Tulpenkanzel von 1505/10 und die ehemalige Nordempore von 1537
Wie funktionierte die Tulpenkanzel? In welches Raumbild wurde sie integriert?
Die allgemeine beständige Bildwirkung für den gewöhnlichen Betrachter und Kunstliebhaber
Die einmalige Bildwirkung und das Rollenspiel des Predigers
Die eigenmächtigen Inszenierungen der Formen und Figuren
Die elitäre Bildwirkung im Zusammenspiel mit dem Fürstenpaar
Die räumliche Bildwirkung im Zusammenspiel mit der verlorenen Nordempore
Die zeitliche Bildwirkung im Zusammenspiel verschiedener Akteure
Exkurs: Die Stadt als Bühne von Messgeschehen und Missgeschicken
Die Bergmannskanzel als überzeitliche Fortschreibung dieser Bildgeschichte
Exkurs: Die Vorbildwirkung für das Rollenspiel herrschaftlicher Nebenakteure am Beispiel der Kirche in Gnandstein. Wie ahmten Adlige das Verhalten der Fürsten in ihren Kirchenräumen nach?


Die eigentümliche Anlage des Kreuzgangs
Formte der Kreuzgang einen Prozessionsweg oder gar eine Passionserzählung?
Der Kreuzgang als Wegesystem
Der Kreuzweg als Erzählung der Passion Christi:
Leiden durch Länge
Der Lebens- und Leidensweg Mariens:
eine erzählerische Verknüpfung von Hinweisen
Der Gang (in) der Geschichte: Memoria, Magazin, Museum

Grablege, Moritzmonument und Nossenichor als Finale der frühneuzeitlichen Domerzählung
Wie lässt sich die fürstliche Grabanlage als Familienchronik lesen?
Das Gitter am Anfang vom Ende
Das Gitter als Klärung der Erzählsituation
Die Südkapelle als Palimpsest: zum Löschen und
Neuschreiben eines Rauminhaltes
Die Nordkapelle als dynastisches Manifest:
von der Idee einer „sächsischen Kosmographie“
Das Moritzmonument als Erfüllung einer dynastischen Idee
Exkurs: Das Dresdner Moritzmonument – Wie ließ sich die Kurwürde und dynastische Aufgabe vererben und leiblich übertragen?
Die kurfürstliche Begräbniskapelle: der letzte Akt aus der Feder Nossenis – Wie ließ sich die fürstliche Grablege zum Ruhmestempel umgestalten?

Schlusswort
Literaturauswahl
Abbildungsnachweis
Impressum

Erscheinungsdatum
Reihe/Serie Kulturreisen. Das Bauwerk ; 15
Illustrationen Stefan Bürger
Mitarbeit Herausgeber (Serie): Janos Stekovics
Zusatzinfo farbige Abbildungen, Computervisualisierungen, Grundrisse
Verlagsort Wettin-Löbejün OT Dößel
Sprache deutsch
Maße 165 x 240 mm
Gewicht 685 g
Themenwelt Kunst / Musik / Theater Kunstgeschichte / Kunststile
Technik Architektur
Schlagworte Bauforschung • Baugeschichte • Freiberger Dom • St. Marien
ISBN-10 3-89923-385-9 / 3899233859
ISBN-13 978-3-89923-385-8 / 9783899233858
Zustand Neuware
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